Spruch:
Die Rekurse und die Revisionen der beklagten Parteien werden mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten für ihre Rekurs- und Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Kläger begehren von den beklagten Mietern einer Wohnung der Kläger die Zahlung rückständiger Mietzinse (einschließlich rückständiger Betriebskosten) sowie die Räumung der Wohnung. Die Mietzinse und die Betriebskosten seien ordnungsgemäß vorgeschrieben worden. Eine Verrechnung offener Mietzinse mit Gegenforderungen der Mieter sei vertraglich ausgeschlossen worden.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Sie hätten ein Verfahren zur Ermäßigung des Mietzinses nach § 44 MRG eingeleitet. Aufgrund der in diesem Verfahren festgesetzten Höhe des Mietzinses stehe fest, daß die Beklagten zuviel bezahlt hätten, sodaß zu ihren Gunsten ein Guthaben bestanden habe. Die Beklagten hätten die Zahlungen jeweils mit dem Vermerk "gegen Verrechnung" geleistet, sodaß (mangels Protestes der Kläger) nicht von einem Kompensationsverbot ausgegangen werden könne. Mangels ordnungsgemäßer Abrechnung der Betriebskosten seien diese gemäß § 21 Abs 3 und 4 MRG präkludiert.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es beurteilte den auf den S 5 bis 8 seiner Entscheidung wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich im wesentlichen dahin, im Mietvertrag sei zwar die Bestimmung enthalten, daß eine Aufrechnung gegen die Mietzinse unzulässig sei, die Beklagten hätten aber seit September 1983 sämtliche Überweisungen gegen Verrechnung getätigt. Die Zahlungen seien anstandslos von den Klägern angenommen worden, ohne daß Einwendungen erhoben worden wären. Das ursprünglich vereinbarte Aufrechnungsverbot sei konkludent abgeändert worden. Die Beklagten hätten insgesamt 227.841,95 S gegen Verrechnung gezahlt, die Gesamtmietzinsforderung der Kläger betrage nur 179.771,18 S und ihre Betriebskostenforderung sei nur im Ausmaß von 19.748,49 S gerechtfertigt. Den gegen Verrechnung geleisteten Zahlungen der Beklagten von 227.841,95 S stünde eine Forderung der Kläger von nur 199.519,67 S gegenüber. Ein Teil der geltend gemachten Betriebskosten, die seit 1992 von den Klägern im Wege einer Jahrespauschalverrechnung gefordert worden seien, sei von den Klägern nicht ordnungsgemäß vorgeschrieben worden und präkludiert.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger teilweise Folge. Es hob das Urteil erster Instanz hinsichtlich des Räumungsbegehrens und des Zinsenbegehrens zur neuerlichen Entscheidung auf. Es bestätigte die Abweisung des Zahlungsbegehrens im Umfang von 22.118,71 S und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 93.012,18 S. Das Berufungsgericht übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte rechtlich im wesentlichen aus, daß bei der Beurteilung schlüssigen Verhaltens gemäß § 863 Abs 1 ABGB kein vernünftiger Grund zu Zweifeln am Vertragswillen übrigbleiben dürfe. Es sei ein strenger Maßstab anzuwenden. Auch wenn die Beklagten über mehrere Jahre die überwiesenen Beträge nur "gegen Verrechnung" geleistet hätten, so könne in der unbeanstandeten Entgegennahme der Überweisungen durch die Kläger noch kein einvernehmliches Abgehen vom im Mietvertrag vereinbarten Aufrechnungsverbot erblickt werden. Weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch die Verkehrssitte verlangten eine ausdrückliche Ablehnung. Ein schlüssiges Abgehen vom Aufrechnungsverbot sei nicht anzunehmen. Die Beklagten könnten daher gegen die Mietzinsforderungen der Kläger die festgestellten Überzahlungen nicht kompensationsweise einwenden. Das vertragliche Kompensationsverbot sei zulässig und noch vor der entgegenstehenden Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 8 KSchG vereinbart worden. Auch wenn bei der Mietzinsforderung die Zahlung der Umsatzsteuer nicht vorgeschrieben worden sei, ändere dies nichts daran, daß die Mieter auch zur Zahlung der Umsatzsteuer verpflichtet seien.
Die nicht rechtzeitig vorgeschriebenen Betriebskosten für den Zeitraum Dezember 1990 bis Dezember 1991 könnten wegen Präklusion gemäß § 21 Abs 4 MRG nicht gefordert werden.
Die Kläger seien im Jahr 1992 auf eine Pauschalvorschreibung der Betriebskosten "umgestiegen". Die Fälligkeit der laufenden Betriebskostenpauschalraten sei von der Legung einer Betriebskostenjahresabrechnung unabhängig. Nur wenn feststehe, daß über das vorangegangene Jahr überhaupt keine Unterlagen existierten und daher von den Betriebskosten des Vorjahres nicht ausgegangen werden könne, sei eine Jahrespauschalverrechnung unzulässig. Mit Schreiben vom 19.12.1991 hätten die Kläger die Fälligkeit der monatlichen Betriebskostenpauschalraten ausgelöst. Die Betriebskosten des Jahres 1992 seien nicht präkludiert. Diese machten 18.314,17 S aus.
Die Beklagten treffe am Mietzinsrückstand kein grobes Verschulden. Es liege eine vertretbare Verkennung der Rechtslage vor. Deshalb sei ihnen die Möglichkeit einzuräumen, vor Schluß der Verhandlung über das Räumungsbegehren den geschuldeten Betrag zu zahlen und so die Auflösungserklärung aufzuheben.
Das Berufungsgericht erklärte den "Rechtszug" an den Obersten Gerichtshof (also den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß und die Revision gegen das Teilurteil) für zulässig, weil zur Frage des Verhältnisses zwischen dem im Mietvertrag vereinbarten Aufrechnungsverbot und der "gegen Verrechnung" geleisteten Mietzinsüberzahlungen eine oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege. Dabei handle es sich um eine Rechtsfrage allgemeiner Bedeutung.
Mit ihren Rekursen beantragen die Beklagten die Behebung des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichtes, mit ihren Revisionen streben sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes an.
Die Kläger beantragen mit ihrer Rekurs- und Revisionsbeantwortung, den Rechtsmitteln der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse und Revisionen der Beklagten sind entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes unzulässig.
Die Beklagten haben ihre Zahlungen mit dem Vermerk "gegen spätere Verrechnung" geleistet. Daß in der Entgegennahme der Zahlungen durch die Kläger und dem fehlenden Protest gegen den Vermerk noch kein schlüssiger Verzicht auf das vertragliche Kompensationsverbot liegt, stellt entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerber keine rechtliche Fehlbeurteilung dar. Bei der Wertung bloßen Schweigens als Zustimmung ist stets ein strenger Maßstab anzulegen. Es darf kein vernünftiger Grund zu Zweifeln hinsichtlich des nur schlüssig erklärten rechtsgeschäftlichen Willens bestehen. Besondere Vorsicht ist bei der Annahme stillschweigenden Verzichts geboten (Rummel in Rummel ABGB I2 Rz 14 zu § 863 mwN). Einseitig konnten die Beklagten das vertragliche, zulässige Kompensationsverbot nicht abändern. Für die Annahme eines Verzichts der Kläger hätten weitere besondere Umstände festgestellt werden müssen. Solche werden im Rechtsmittel der Beklagten nicht aufgezeigt. Daß die Kläger die Klage erst knapp vor Ablauf der Verjährungsfrist eingebracht haben, reicht für die Annahme einer einverständlichen Vertragsänderung oder eines Verzichts der Kläger auf das Kompensationsverbot nicht aus. Ein solcher Verzicht ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß das außerstreitige Verfahren über die Höhe des zulässigen Hauptmietzinses "überlang" gewesen sei und daß die Beklagten den sich aufgrund des noch nicht rechtskräftigen Sachbeschlusses zweiter Instanz ergebenden Rückstand "unter Vorbehalt" zahlten. Von einer Sittenwidrigkeit der Annahme der Zahlungen unter gleichzeitigem Bestehen auf das Kompensationsverbot kann keine Rede sein. Wenn die Beklagten Schwierigkeiten bei einer Rückforderung allenfalls zuviel gezahlter Beträge befürchteten, wie sich dies aus der noch zu erwartenden Endentscheidung ergeben könnte, so stand ihnen die Hinterlegung des Mietzinses bei Gericht offen. Der vertragsmäßige Ausschluß der Aufrechnung ist nicht sittenwidrig (SZ 60/15). Dagegen können die Beklagten auch nicht Gründe der Prozeßökonomie ins Treffen führen. Wenn die Vereinbarung eines Kompensationsverbots zulässig ist, ist die Notwendigkeit eines weiteren Prozesses zur Durchsetzung der Gegenforderung die unvermeidbare Folge; sie macht jedoch das Kompensationsverbot nicht sittenwidrig und damit nichtig.
Auch in der Frage der Präklusion der von den Klägern pauschal vorgeschriebenen, nach den Feststellungen der Vorinstanzen aber nicht rechtzeitig abgerechneten Betriebskosten ist das Berufungsgericht nicht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Die Revisionswerber stehen auf dem Standpunkt, daß die Verletzung der Abrechnungspflicht des Vermieters gemäß § 21 Abs 3 MRG die Präklusion der Betriebskostenforderung bewirke. Der Mieter schulde zwar zunächst die Pauschalraten, die Schuld werde aber bei fehlender Abrechnung zur Nichtschuld. Mit dieser Frage hat sich der erkennende Senat schon in der in MietSlg 40.389 (= WoBl 1989/29) veröffentlichten Entscheidung auseinandergesetzt. Er ist zum Ergebnis gelangt, daß der Vermieter nach Ablauf der für die Abrechnung bestimmten Frist zwar nicht die allenfalls sich aufgrund der Abrechnung ergebenden, die Pauschalraten übersteigenden Betriebskosten, wohl aber die tatsächlich aufgelaufenen, noch nicht bezahlten Betriebskosten verlangen könne. Daß das Unterbleiben der rechtzeitigen Abrechnung nicht eo ipso den vollständigen Anspruchsverlust der nicht abgerechneten Betriebskosten nach sich zieht, wurde auch in der in WoBl 1989/28 veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen und dies im wesentlichen damit begründet, daß bei gegenteiliger Auffassung die Bestimmung des § 21 Abs 5 MRG, also die dem Mieter eingeräumte Möglichkeit, die Abrechnung des Vermieters gemäß § 20 Abs 4 MRG durchsetzen zu können, unverständlich und widersprüchlich wäre, wenn die Versäumung der Abrechnungsfrist ohnehin den Anspruchsverlust zur Folge hätte. Gegen diese Rechtsauffassung kann auch nicht die in WoBl 1992/80 veröffentlichte Entscheidung ins Treffen geführt werden. Dort war ein anderer Sachverhalt zu beurteilen, nämlich die Aufrechnung mit tatsächlich aufgewendeten, aber nicht verrechneten Betriebskosten durch den Vermieter; entscheidungswesentlich war, daß ein allfälliger Saldo erst an dem der Abrechnung folgenden zweiten Zinstermin fällig wird, sodaß zuvor keine Aufrechnungsmöglichkeit entstanden sein konnte.
Die unzulässigen Rechtsmittel der Beklagten sind zurückzuweisen. Da die Kläger auf die Zurückweisungsgründe in ihrer Rechtsmittelbeantwortung nicht hinwiesen, steht ihnen ein Kostenersatzanspruch nicht zu.
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