OGH 5Ob117/95

OGH5Ob117/9516.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Lukas Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Antragsgegner Michael M*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Christian Margreiter, Rechtsanwalt in Hall i.T., wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 30. Juni 1995, GZ 4 R 258/95-36, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom 15.März 1995, GZ Msch 36/93-29, aufgehoben (richtig: abgeändert) wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Den Antrag der Antragstellerin auf Zuspruch von Kosten der Revsionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin hatte am 9.1.1991 zu Msch 1/91 des Erstgerichtes einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des ihr vom Antragsgegner (allerdings entsprechend dem Inhalt des Mietvertrages) vorgeschriebenen Mietzinses von monatlich S 38.500,-- eingebracht und diesen Antrag mit dem am 23.1.1991 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz unter Gebrauch folgender Formulierung zurückgezogen: "In umseits bezeichneter Rechtssache zieht die Antragstellerin nach Einigung mit dem Antragsgegner den Antrag zurück. Die Tagsatzung am 28.1.1991 wird beiderseits unbesucht bleiben" (Msch 1/91-2).

Mit dem am 25.6.1993 zu Msch 36/93 des Erstgerichtes eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG die Überprüfung der Angemessenheit des vereinbarten Mietzinses von monatlich S 32.000,--.

Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Begehrens und wendete im Zuge des Verfahrens im Hinblick auf das im Verfahren Msch 1/91 eingetretene Ruhen des Verfahrens und die damals erzielte Einigung der Parteien auch die Unzulässigkeit des Antrages ein (ON 27).

Das Erstgericht erklärte das bisherige Verfahren unter gegenseitiger Kostenaufhebung für nichtig und wies den Antrag der Antragstellerin zurück.

Das Erstgericht begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß im Verfahren Msch 1/91 zwar nicht Ruhen eingetreten sei, aber die Erklärung der Antragstellerin - insbesondere im Hinblick auf den Inhalt der nunmehr vorgelegten Vereinbarung vom 18.1.1991 (Beilage/I), in welcher die Antragstellerin ua erklärt habe, für die Dauer der Gültigkeit des Mietvertrages kein neuerliches Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit des Mietzinses mehr anzustreben oder einzuleiten - als Antragsrücknahme unter Verzicht auf den Anspruch gewertet werden müsse, sodaß eine neuerliche Geltendmachung des identischen Streitgegenstandes zwischen denselben Parteien ausgeschlossen sei.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf, trug diesem eine neuerliche Entscheidung - nach dem Inhalt der Begründung:

Sachentscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund und nicht neuerliche verfahrensrechtliche Entscheidung über den Zurückweisungsantrag - nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine - in Wahrheit abändernde - Entscheidung im wesentlichen damit, auf den in den Bestimmungen des MRG begründeten Anspruch des Mieters auf Feststellung der Angemessenheit des Hauptmietzinses könne der Mieter nicht ohne weiters wirksam verzichten, und zwar jedenfalls solange nicht, als er schutzwürdig sei. Diese Schutzwürdigkeit sei gegeben, solange der Mietvertrag aufrecht und der Mieter auf das Bestandobjekt angewiesen sei. Die Antragsrückziehung habe daher nur das anhängige Verfahren (Msch 1/91) beendet, ohne daß dadurch eine neuerliche Geltendmachung des Anspruches ausgeschlossen worden wäre.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage vorliege, ob von der Antragstellerin neuerlich ein Antrag auf Feststellung der Angemessenheit des Hauptmietzinses eingebracht werden könne, obwohl sie schon einmal einen "gegen den Antragsgegner erhobenen gleichartigen Anspruch (Msch 1/91) unter Umständen zurückgezogen habe, die einer Antragsrückziehung unter Anspruchsverzicht gleichkämen".

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Die Antragstellerin beantragt, den Rekurs des Antragsgegners zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben. Dem Antragsgegner möge der Ersatz der - ausschließlich - verzeichneten Kosten rechtsfreundlicher Vertretung auferlegt werden, weil "in sittenwidriger Art und Weise durch den Antragsgegner eine Beendigung des Mietzinsherabsetzungsverfahrens des Jahres 1991 herbeigeführt" worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 37 Abs 3 Z 16 - 18 MRG iVm § 508 a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht gebunden.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes hängt die Entscheidung über den Revisionsrekurs aus folgenden Gründen nicht von der Beantwortung der vom Rekursgericht als erheblich im Sinne des (gemäß § 37 Abs 3 Z 16 - 18 MRG im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG anzuwendenden) § 528 Abs 1 ZPO erachteten, vorhin angeführten Rechtsfrage ab:

Wie das Erstgericht zutreffend ausführte, sind bei der Auslegung von Prozeßhandlungen (hier: Antragsrückziehung zu Msch 1/91) objektive Maßstäbe anzulegen und nicht die Auslegungsregeln für Rechtsgeschäfte (§§ 914 ff ABGB) heranzuziehen. Es ist also insbesondere nicht der Parteiwille zu erforschen (Fasching, Lehrbuch2, Rz 757).

Die objektive Bedeutung des bei der Antragszurückziehung zu Msch 1/91 gebrauchten Wortlautes läßt für sich allein genommen - und nur darauf kommt es nach dem vorhin Gesagten an - nicht den Schluß zu, daß die Antragstellerin dadurch ein für alle mal auf ihren Mietzinsüberprüfungsanspruch (oder gar auf den materiellrechtlichen Anspruch auf Zahlung bloß des gesetzlich zulässigen Mietzinses) verzichtet hätte. Der inhaltslose Hinweis auf eine Einigung der Parteien ist für die prozessuale Bedeutung der Antragszurückziehung ohne Belang, weil daraus unter Beachtung der für Prozeßerklärungen maßgebenden, vorhin angeführten Auslegungsregel auch nicht mehr als eine schlichte Zurückziehung des konkreten Antrages abgeleitet werden kann.

Ist aber davon auszugehen, daß es sich bloß um eine Zurückziehung des Antrages ohne Verzicht auf den Anspruch handelt, so stellt sich die Rechtsfrage gar nicht, ob im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG, das eine ausdrückliche Rezeption der Vorschriften der ZPO über die Zurückziehung einer Klage unter Verzicht auf den Anspruch nicht kennt, wegen der Annäherung dieses Verfahrens an den Zivilprozeß diese Vorschriften der ZPO analog anzuwenden sind, obwohl das reguläre Außerstreitverfahren das prozeßrechtliche Institut der Zurückziehung des Antrages unter Verzicht auf den Anspruch nicht kennt und demgemäß daran auch nicht andere Rechtsfolgen als an die Zurückziehung des Antrages ohne solchen Verzicht knüpft.

Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens der vom Rekursgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage und mangels Aufzeigung einer anderen erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO in der Rechtsmittelschrift des Antragsgegners als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle für den Zuspruch der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung sind nicht erfüllt, sodaß der Antragstellerin trotz ihres Hinweises auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses die ausschließlich verzeichneten Kosten rechtsfreundlicher Vertretung bei der Verfassung der Revisionsrekursbeantwortung nicht zugesprochen werden können.

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