OGH 4Ob2010/96h

OGH4Ob2010/96h26.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Langer und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg P*****, vertreten durch Dr.Manfred Trentinaglia und Dr.Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Dr.Martin N*****, wegen S 1,500.000 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. November 1995, GZ 1 R 1044/95d-49, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Klägers wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 60/269; 4 Ob 528/95) gehört die Ermittlung des Verkehrswertes eines Grundstückes dem Tatsachenbereich an. Die Verkehrswertermittlung wäre daher nur dann einer Überprüfung im Rahmen der Rechtsrüge zugänglich, wenn sie auf Schlußfolgerungen beruhte, die mit den Gesetzen der Logik und der Erfahrung unvereinbar sind (SZ 52/185; SZ 60/269; 4 Ob 524, 525/95 ua). Zur Ermittlung des Verkehrswertes kommen nach § 3 Abs 1 LBG insbesondere das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren in Betracht. Die Wahl der Ermittlungsmethode hat danach zu erfolgen, welche Methode am besten den Umständen des Einzelfalles gerecht wird (EvBl 1987/79; JBl 1991, 119; 4 Ob 528/95 je mwN). Gemäß § 7 Abs 1 LBG hat der Sachverständige selbst die geeignete Methode unter Beachtung des jeweiligen Standes der Wissenschaft und der im redlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten auszuwählen, wenn ihm das Gericht nicht eine Bewertungsmethode vorgibt (EvBl 1987/79; JBl 1995, 320). Es kann sein, daß auf Grund der Beschaffenheit der zu bewertenden Sache die Anwendung nur einer Wertermittlungsmethode nicht ausreicht, um bei der Bewertung sämtliche wertbestimmenden Faktoren zutreffend zu erfassen. In solchen Fällen müssen mehrere Ermittlungsverfahren für die Bewertung durchgeführt und miteinander verbunden werden. In allen Fällen hat der Sachverständige die Bewertung unter Darlegung des angewendeten Wertermittlungsverfahrens und der Gründe für die Auswahl des angewendeten Verfahrens oder der allenfalls angewendeten Verfahrensverbindung anzuführen (JBl 1995, 320). Die so getroffene - und begründete - Wahl ist aber nur dann als eine nicht in den Tatsachenbereich fallende Frage durch den Obersten Gerichtshof überprüfbar, wenn das Berufungsgericht - anders als hier - die vom Sachverständigen gewählte Methode ohne Änderung der Sachverhaltsgrundlage auf Grund rein abstrakter Argumente modifiziert und dadurch zu anderen Ergebnissen gelangt als das Erstgericht (1 Ob 583/87; 5 Ob 598/88; 1 Ob 41/92; 4 Ob 524, 525/95; 4 Ob 528/95).

Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige diesen an ihn gestellten Anforderungen entsprochen und hat sein Gutachten auch begründet. Das gilt nicht nur für die gewählte Ermittlungsmethodenkombination - die im übrigen auch der vom Kläger beigezogene Privatgutachter angewendet hat und die jedenfalls dem Stand der Wissenschaft entspricht (vgl Stabentheiner, LBG, Beispiel 4 des Anhanges) - sondern auch für die darauf aufbauende Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft, die ja - abgesehen vom Bestandrecht K***** - keineswegs völlig frei verfügbar ist, weil mehrere Einheiten des Hauses zu Betriebszwecken oder zu Wohnzwecken vermietet sind. Da der Oberste Gerichtshof bei dieser Sachlage an die Feststellungen der Vorinstanzen über den Wert der Liegenschaft gebunden ist, kommt der Frage, ob dafür mit Recht der Begriff des "Ertragsobjektes" verwendet wurde, keine Bedeutung zu.

Soweit der Kläger geltend macht, die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Liegenschaft von S 7,030.000 zum Stichtag 1.Juli 1994 mit dem Bestandrecht K***** und jenem Betrag, den die W***** W***** GmbH als Kaufpreis der Liegenschaft gezahlt hätte, wäre das Mietverhältnis K***** beendet gewesen, bilde einen positiven Schaden, setzt er sich in Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Wesentlich ist nämlich, daß bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger durch die dem Beklagten vorgeworfene schädigende Handlung - die Verletzung der Aufklärungspflicht - einen positiven Schaden oder nur einen Gewinnentgang erlitten hat, auf den Zeitpunkt der schädigenden Handlung und nicht auf irgendwelche späteren Ereignisse abzustellen ist. Bei Abschluß des Kaufvertrages zwischen den Streitteilen hatte der Kläger noch keine gesicherte Rechtsposition, auf Grund derer er einen bestimmten Kaufpreis hätte erzielen können, sofern das Mietverhältnis K***** tatsächlich befristet gewesen wäre. Der Entgang einer bestimmten Gewinnmöglichkeit bedeutet aber nur dann einen positiven Schaden und nicht bloß entgangenen Gewinn, wenn das Bestehen einer Gewinnmöglichkeit im Verkehr bereits als selbständiger Wert angesehen wird (SZ 53/148; JBl 1992, 392 uva) oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen wird (JBl 1979, 203; SZ 58/104; JBl 1993, 399). Im Fall der Entscheidung EvBl 1978/190 führte die Vernichtung eines Bienenvolks zu einem positiven Schaden, weil die Bienen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Honig erzeugt hätten. Hier aber hatte der Kläger bei Abschluß des Kaufvertrages mit dem Beklagten noch keine gesicherte Rechtsposition (JBl 1992, 392 ua), die ihm den Weiterverkauf der Liegenschaft zu einem bestimmten Betrag ermöglicht hätte.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß es Sache des Klägers gewesen wäre, Tatsachen zu behaupten, aus denen sich ein grobes Verschulden des Beklagten ergibt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 44/87; SZ 58/195; SZ 62/107). Soweit das Berufungsgericht auf Grund der vom Kläger behaupteten und festgestellten Umstände ein grobes Verschulden des Beklagten verneint hat, liegt darin jedenfalls keine krasse Verkennung der Rechtslage, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßte. Die Frage nach der Schwere des Verschuldens bildet aber, weil sie von den Umständen des Einzelfalles abhängt, im allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 3 zu § 502 mwN).

Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die vom Kläger dem Beklagten angelastete Unterlassung einer Aufklärung darüber, daß das Mietverhältnis K***** in Wahrheit nicht befristet ist, den geltend gemachten Schaden nicht verursacht hat. Auch bei entsprechender Aufklärung durch den Beklagten hätte nämlich der Kläger - der nach seinem eigenen Vorbringen die Liegenschaft trotzdem gekauft hätte - diese nicht zu einem Preis verkaufen können, den er ohne dieses Mietverhältnis erzielt hätte.

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