OGH 13Os6/96

OGH13Os6/966.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayerhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Archan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mohamed Amor D***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Hadjira Sonja C***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. August 1995, GZ 6 c Vr 6971/95-46, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, der Angeklagten und des Verteidigers Dr.Kozak, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß gemäß § 43 a Abs 3 StGB ein Strafteil von 6 (sechs) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen wird.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten Hadjira Sonja C***** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hadjira Sonja C***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 (vierter Fall) SGG schuldig erkannt. Darnach hat sie als Mittäterin ihres deswegen bereits rechtskräftig verurteilten Ehegatten Mohamed Amor D***** von Anfang Juni 1995 bis 21. Juni 1995 in Wien durch Verkauf von 2 bis 3 Gramm Heroin an den abgesondert verfolgten Milan N***** (Schuldspruch Punkt A/I./a/) und von ca 5 Gramm Heroin an unbekannt gebliebene Abnehmer (Schuldspruch Punkt A/I./b/) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Ihren Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge (Z 5), die Feststellungen des Erstgerichtes seien infolge mangelnder Präzision bei Bezeichnung der Art und Anzahl der Tathandlungen sowie - insbesondere - der Menge des veräußerten Suchtgiftes undeutlich, ist unbegründet. Von Undeutlichkeit kann nur dann gesprochen werden, wenn die Feststellungen des Urteils nicht erkennen lassen, welche Handlung der Angeklagte nach Ansicht des Gerichtes vorgenommen und aus welcher inneren Einstellung er sie gesetzt hat. Daß die Angeklagte sowohl den äußeren wie den inneren Tatbestand des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall SGG erfüllt hat, ist aber - trotz der gerügten "Beiläufigkeitsausdrücke" - insgesamt aus den Urteilsfeststellungen deutlich erkennbar (US 7 f, 9 ff).

Entgegen der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag die Angeklagte auch keine aus den Akten sich ergebenden Bedenken - schon gar nicht solche erheblichet Art - gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen vorzubringen. Vielmehr versucht sie, ohne dabei formelle Begründungsmängel oder eine unvertretbare Art der Beweiswürdigung aufzuzeigen, nach Art einer unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, wenn sie bemängelt, daß der Schöffensenat nur den Angaben des Zeugen N*****, nicht aber jenen der Zeugin T***** und auch nicht der - im übrigen geständigen - Verantwortung des Mitangeklagten D***** sowie ihrer eigenen - leugnenden - Verantwortung gefolgt sei. Das Erstgericht hat sich eingehend mit den im wesentlichen stets gleichlautenden, präzisen Angaben des Zeugen N***** vor der Polizei, dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung sowie mit der Verpfändung dessen Passes an den Mitangeklagten D***** auseinandergesetzt und dargelegt, aufgrund welcher Erwägungen es den Angaben des (selbst Suchtgift konsumierenden) Zeugen N***** Glauben schenkte und die Verantwortung des Mitangeklagten D***** nur als Versuch wertete, die (nicht süchtige, unbescholtene) Nichtigkeitswerberin vor einer Haftstrafe zu bewahren (US 10 bis 14).

Auch im Hinblick auf die die Angeklagte entlastenden Angaben der Zeugin T***** ergeben sich keine Bedenken gegen den Schuldspruch; konnte diese Zeugin doch mangels eigener unmittelbarer Wahrnehmungen der Polizei lediglich mitteilen, sie wisse nichts von einer Beteiligung der Beschwerdeführerin (und des Haj-Yahia Dj*****) am Suchtgifthandel des Mitangeklagten D***** (AS 143).

Insofern ist auch der Umstand, daß die Zeugin als dessen Freundin zusammen mit ihm - und der Beschwerdeführerin - in einem Zimmer wohnte, nicht weiter von Bedeutung, zumal sie ihren eigenen Angaben nach ohnedies nur "fast" ständig in der Wohnung des D***** wohnte bzw schlief (AS 137).

Soweit die Angeklagte in ihrer Subsumtionsrüge (Z 10) moniert, das Erstgericht habe ein - eine "durchschnittliche Straßenqualität" darstellendes - Mischungsverhältnis von 1/3 Suchtgift und 2/3 Streckungsmittel festgestellt, woraus sich in dem für sie relevanten Teil des Schuldspruchs nur eine Menge von 2,5 bis 3 Gramm Reinsubstanz ergeben, übersieht sie, daß diese Menge schon eine "große Menge" im Sinn des § 12 Abs 1 SGG darstellt. In Abweichung von dem (dem Einführungserlaß des BMJ, JABl 1985/28, angeschlossenen) Gutachten des Beirates zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Alkohol und Suchtmitteln, wonach die "Grenzmenge" von Heroin 5 Gramm Reinsubstanz betrage, geht nämlich die herrschende Judikatur (Mayerhofer/Rieder, Nebenstrafrecht3 E 10 und 11 zu § 12 SGG) davon aus, daß bereits eine Menge von 1,5 Gramm Reinheroin als große Menge im Sinn der zitierten Bestimmung des Suchtgiftgesetzes anzusehen ist, sodaß der Schöffensenat den von der Beschwerdeführerin gesetzten Sachverhalt rechtsrichtig dem Tatbestand des § 12 Abs 1 SGG (ergänze: vierter Fall) unterstellt hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte C***** nach § 12 Abs 1 SGG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten. Als erschwerend wertete es dabei die mehrfache Tatbegehung, als mildernd den untadeligen Lebenswandel und das Alter der Angeklagten unter 21 Jahren.

Den Strafausspruch bekämpft die Angeklagte mit Berufung, mit welcher sie die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht anstrebt.

Im ersteren Sinne ist die Berufung nicht berechtigt, weil das Schöffengericht die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig erfaßt sowie zutreffend gewichtet hat, sodaß die ohnedies im unteren Bereich der gesetzlichen (bis zu fünf Jahren reichenden) Strafdrohung ausgemessene Freiheitsstrafe tatschuldangemessen und somit einer Reduktion nicht zugänglich ist. In diesem Punkte konnte der Berufung sohin kein Erfolg beschieden sein.

Insoweit ist die Berufung jedoch berechtigt, als sie sich inhaltlich auch gegen die Anordnung des Gesamtvollzuges der Strafe wendet. Kann auch im Hinblick auf eine entsprechende Prävention beim verbrecherischen Handel mit "harten" Drogen (hier: Heroin) eine gänzlich bedingte Strafnachsicht kaum gewährt werden, so darf doch im vorliegenden Fall nicht außer Betracht bleiben, daß gegenständlich die Suchtgiftmenge die Verbrechensqualifikation nur knapp überstiegen, und die bislang unbescholtene und junge Angeklagte die Tat lediglich begangen bzw wiederholt hat, um ihrem eigenen, süchtigen Ehemann behilflich zu sein. So gesehen ist ein Teilvollzug der verhängten Strafe durchaus ausreichend, sodaß der Berufung teilweise Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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