OGH 7Ob2012/96z

OGH7Ob2012/96z28.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich (Österreichische Bundesforste), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei Peter G*****, vertreten durch Dr.Manfred Korn, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Zahlung von S 21.513,14 und S 72.396,72 sowie Räumung (S 50.000,--), infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 27.September 1995, GZ 22 R 45/95-81, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 7.November 1994, GZ 3 C 65/92 und 3 C 396/93-74, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Aus Anlaß der Revision der klagenden Partei wird das angefochtene Berufungsurteil in seinem Punkt A, mit dem es der Berufung der klagenden Partei, soweit sie die Abweisung des auf erheblich nachteiligen Gebrauch im Sinne des § 1118 erster Fall ABGB gestützten Räumungsbegehrens bekämpft, keine Folge gibt und in diesem Umfang das Ersturteil bestätigt, als nichtig aufgehoben.

2. Die Revisionen beider Teile gegen die Teilstattgebung mit S 6.996,80 sA und gegen die Teilabweisung von S 14.517,34 sA des zu 3 C 65/92 erhobenen Mietzinszahlungsbegehrens werden als (absolut) unzulässig zurückgewiesen.

3. Die Revisionen beider Teile gegen das zu 3 C 396/93 ergangene Teilurteil, mit dem dem Mietzinszahlungsbegehren der klagenden Partei mit S 20.110,20 sA stattgegeben und das Zahlungsmehrbegehren von S 54.057,37 sA abgewiesen wurde, werden gemäß § 508a ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs.3 ZPO).

Die wechselseitigen Anträge der Streitteile auf Kostenzuspruch für ihre Rechtsmittelschriften werden abgewiesen.

Text

Begründung

Unstrittig ist, daß die Österreichischen Bundesforste und der Beklagte nach diversen Vorbesprechungen am 14.12.1988 einen Bestandvertrag über die Vermietung des Forsthauses A***** 42 samt umliegendem Garten und darauf stehenden Nebengebäuden im Gesamtflächenausmaß von 780 m2 für die Dauer eines Jahres und einem Monat ab 1.12.1988 abgeschlossen haben. Als Bestandzins wurden S 3.600,-- monatlich (davon S 800,- für den Garten) wertgesichert vereinbart.

Der Beklagte hat nach Verlauf der Bestandzeit (31.12.1989) auch weiterhin das Bestandobjekt gebraucht und benützt; die Österreichischen Bundesforste haben es (möglicherweise in Rechtsunkenntnis) vorerst dabei bewenden lassen; ihre am 4.3.1991 zu 3 C 46/91 BG Bad Ischl auf Ablauf der Bestanddauer gestützte Räumungsklage wurde rechtskräftig abgewiesen; es ist demnach davon auszugehen, daß nunmehr ein den Kündigungsbeschränkungen des MRG unterworfenes Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit vorliegt; im Hinblick darauf, daß es sich beim Bestandobjekt um ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen handelt, liegt insbesondere hinsichtlich der Mietzinsbildung der Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs.4 Z 1 MRG vor.

Die Klägerin begehrte zu 3 C 65/92 des Erstgerichtes zunächst die restlichen Bestandzinse ab 1991 bis Juni 1992 von zuletzt insgesamt S 21.513,14 inklusive einer frustrierten Aufwendung, die ihr durch die Nichteinhaltung eines Bautermines durch den Beklagten entstanden sei, in Höhe von S 2.093,--, weiters zu 3 C 396/93 des Erstgerichtes die rückständigen Bestandzinse von Juli 1992 bis einschließlich Oktober 1993 in Höhe von letztlich S 74.157,59. In der nachfolgenden und mit 3 C 65/92 verbundenen Klage zu 3 C 396/93 begehrt die Klägerin außer dem genannten Mietzinsrückstand auch gemäß § 1118 ABGB die Räumung des Bestandgegenstandes durch den Beklagten wegen "Vernachlässigung" und wegen qualifizierten Mietzinsrückstandes.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein, das Haus sei für Wohnzwecke unbrauchbar.

Beide Vorinstanzen stellten die weitgehende bzw. gänzliche Unbewohnbarkeit des Hauses aus den einzelnen, den Feststellungen zu entnehmenden und von der klagenden Partei zu vertretenden Gründen fest.

Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab. Es bejahte die Berechtigung des Beklagten, seine Mietzinszahlungen gänzlich einzustellen und verneinte einen nachteiligen Gebrauch durch ihn. Beide Fälle des § 1118 ABGB lägen daher nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte mit dem angefochtenen Urteil zum Punkt A die Abweisung des zu 3 C 396/93 des Erstgerichtes erhobenen auf den Rechtsgrund des § 1118 erster Fall ABGB gestützten Räumungsbegehrens wegen nachteiligen Gebrauches, gab zum Punkt B seiner Entscheidung dem zu 3 C 65/92 des Erstgerichtes erhobenen Zahlungsbegehren mit S 6.996,80 sA und dem zu 3 C 396/93 des Erstgerichtes erhobenen Zahlungsbegehren mit S 20.110,20 sA statt und wies die beiden Zinsenzahlungsmehrbegehren ab. Es hob das Ersturteil hinsichtlich des auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützten Räumungsbegehrens wegen qualifizierten Mietzinsrückstandes auf (ohne Ausspruch iS des § 519 Abs 2 ZPO) und trug dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung eine neuerliche Entscheidung über diesen Teil auf. Es erklärte zum Entscheidungsteil A die Revision für unzulässig und zum Entscheidungsteil B für zulässig. Rechtlich verneinte das Berufungsgericht einen nachteiligen Gebrauch des Bestandobjektes durch den Beklagten und erachtete eine Mietzinsminderung auf monatlich S 1.000,-- für angemessen. Über das auf qualifizierte Zinssäumnis gestützte Räumungsbegehren könne nicht gleich entschieden werden, weil zunächst die Rechtskraft der über das Zahlungsbegehren gefällten Teilentscheidung abgewartet werden müsse, damit dem Mieter die Gelegenheit gegeben werde, den Mietzinsrückstand zu bezahlen und das Räumungsbegehren mit der Behauptung mangelnden groben Verschuldens abzuwehren.

Mit ihren ordentlichen Revisionen werden von der Klägerin die Teilabweisung ihrer Zahlungsbegehren, vom Beklagten die Teilstattgebung der Zahlungsbegehren, mit außerordentlicher Revision wird von der Klägerin die Abweisung des auf § 1118 erster Fall ABGB gestützten Räumungsbegehrens bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Zu 1. Eine Rechtsgrundabweisung ist dem österreichischen Recht fremd (vgl. Fasching III, 571, Fasching, LB2 Rz 1416). Die Bestätigung der Klagsabweisung hinsichtlich des auf § 1118 erster Fall ABGB gestützten Räumungsbegehrens unter gleichzeitiger Aufhebung des Ersturteiles hinsichtlich des auf qualifizierten Mietzinsrückstand gestützten Räumungsbegehrens entspricht nicht dem Gesetz und war als nichtig zu beheben. Es hat daher beim Aufhebungsbeschluß über das Räumungsbegehren zu verbleiben. Im fortgesetzten Verfahren wird deshalb auch über die Frage, ob dem Beklagten die von der klagenden Partei behauptete kontinuierliche Unterlassung der vertraglichen Instandhaltung des Objekts und insbesondere die Umstände, die im Dezember 1991 zu einem Wasserrohrbruch geführt haben, nämlich die Unterlassung der rechtzeitigen Entleerung der Wasserleitungen, als ein erheblich nachteiliger Gebrauch der Bestandsache anzulasten sind, weiterzuverhandeln sein.

2. Die Verbindung mehrerer Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung ist für die Rechtsmittelzulässigkeit ohne Bedeutung (vgl. Kodek in Rechberger ZPO § 502 Rz 1, MGA ZPO14 § 502/60). Da das erste Mietzinsbegehren über letztlich insgesamt S 21.513,14 ohne Räumungsbegehren erhoben worden ist, ist gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über dieses unter S 50.000,-- liegenden Zahlungsbegehrens die Revision gemäß § 502 Abs.2 ZPO (absolut) unzulässig.

3. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Kriterien für eine Reduktion des monatlich vereinbarten Bestandzinses auf S 1.000,-- sind nachvollziehbar und widersprechen keinesfalls der Einzelfallgerechtigkeit. Ein gänzlicher Mietzinsentfall hat schon allein deshalb nicht Platz zu greifen, weil dem Beklagten nach wie vor die im Mietvertrag angestrebte und zugesagte Hundezucht möglich war bzw. möglich gewesen wäre. Im übrigen kommt der Berufungsentscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Soweit der Beklagte die Feststellung des Berufungsgerichtes, daß er nach wie vor im gegenständlichen Haus wohne, als aktenwidrig releviert, bekämpft er damit unzulässigerweise die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes.

Da beide Teile es verabsäumt haben, die dem Berufungsgericht unterlaufene Nichtigkeit zu rügen bzw. auf die absolute Revisionsunzulässigkeit hinsichtlich des ersten Mietzinsbegehrens hinzuweisen - der Hinweis auf § 502 Abs.1 ZPO vermag derartige Behauptungen nicht zu ersetzen - waren den Streitteilen für ihre Rechtsmittelschriften keine Kosten zuzuerkennen.

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