OGH 7Ob511/96

OGH7Ob511/9628.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Daniel K*****,***** vertreten durch das Amt für Jugend und Familie ***** als Unterhaltssachwalter, infolge Revisionsrekurses des Vaters Christopher V*****, derzeit unbekannten Aufenthaltes, vertreten durch den Abwesenheitskurator Dr.Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12.Oktober 1995, GZ 44 R 625/95-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 13. Juli 1995, GZ 2 P 118/95-1, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 27.3.1995 wurde die Vaterschaft des Christopher V***** zum mj.Daniel K***** festgestellt und der Vater ab 11.8.1993 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.400 verhalten. Der Vater erhob nur gegen die Unterhaltsfestsetzung Berufung, die zur Aufhebung dieses Teils des Urteils und zur Rückverweisung der Rechtssache an das Gericht erster Instanz führte; die Vaterschaftsfeststellung erwuchs dagegen in Rechtskraft.

Auf Grund dieses Urteiles gewährte das Erstgericht dem Minderjährigen mit Beschluß vom 13.7.1995 Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 4 UVG in der Höhe von S 2.400 für die Zeit vom 1.6.1995 bis 31.5.1998.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da der Vater die Feststellung der außerehelichen Vaterschaft nicht angefochten habe, spreche zwar der bloße Gesetzestext in § 8 Satz 2 UVG für die Argumentation im Rekurs, daß nach Rechtskraft des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens Vorschüsse gemäß § 4 Z 4 UVG nicht mehr gewährt werden könnten. Der genannte Unterhaltsvorschußgewährungstatbestand sei jedoch geschaffen worden, um Kindern bei infolge Rechtsmittelerhebung länger dauernden Verfahrens früher Unterhaltsvorschüsse zukommen lassen zu können. Was die vom Gesetzgeber mit der in § 4 Z 4 UVG dokumentierten Schutzwürdigkeit mj.Kinder während eines länger dauernden Vaterschaftsfeststellungsverfahrens betreffe, mache es keinen Unterschied, ob das Verfahren deshalb länger andauere, weil die Vaterschaft bekämpft werde, oder deshalb, weil der Unterhaltstitel bzw die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bekämpft werde. Der verwendete Begriff "rechtskräftige Beendigung des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens" sei daher dahingehend auszulegen, daß davon beide im § 4 Z 4 UVG vorausgesetzten Begehren, nämlich das Vaterschaftsfeststellungsbegehren und das Unterhaltsbegehren, erfaßt seien.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß vom Vater erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Nach § 4 Z 4 UVG sind Unterhaltsvorschüsse auch dann zu gewähren, wenn die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind in erster Instanz festgestellt und einem mit der Klage auf Feststellung der Vaterschaft verbundenen Unterhaltsbegehren zumindest mit einem Teilbetrag in erster Instanz stattgegeben oder hierüber für den Fall der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft ein gerichtlicher Vergleich geschlossen worden ist. In diesem Fall gilt als Exekutionstitel das Urteil des Erstgerichts auf Leistung des Unterhaltsbetrages oder der darüber geschlossene gerichtliche Vergleich (§ 5 Abs 1 UVG). Gemäß § 8 zweiter Satz UVG sind Vorschüsse nach § 4 Z 4 UVG einem Kind nur bis zur rechtskräftigen Beendigung des Vaterschaftsfeststellungs- verfahrens zu gewähren. Durch diesen die Leistung von Unterhaltsvorschüssen auch vor Rechtskraft des Vaterschaftsfeststellungsurteils vorsehenden Vorschußtat- bestand sollte den Klagen Rechnung getragen werden, daß während der oft recht langen Dauer des Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind keine Unterhaltsvorschüsse geleistet werden können und Väter häufig durch aussichtslose Rechtsmittel den Eintritt der Rechtskraft des Vaterschaftsfeststellungsurteils und damit auch ihre Heranziehung zu Unterhaltsleistungen verzögerten (276 Blg NR 15.GP 10 f).

Nach dem sich aus den Materialien zu § 4 Z 4 UVG ergebenden Gesetzeszweck sollen demnach Verfahrensverzögerungen nicht zum Nachteil des Kindes ausschlagen. Dieser Intention des Gesetzgebers folgend kann es keinen Unterschied machen, ob Verfahrensverzögerungen infolge eines vom Vater erhobenen Rechtsmittels gegen die Feststellung der unehelichen Vaterschaft oder aber infolge Rechtsmittels gegen den damit verbundenen Unterhaltstitel entstehen. Eine bloß wörtliche Interpretation des § 8 zweiter Satz UVG würde eine Umgehung des - der Schutzwürdigkeit des Kindes vor Verfahrensverzögerungen Rechnung tragenden - Gesetzeszweckes durch Erhebung eines lediglich gegen den Unterhaltstitel gerichteten Rechtsmittels ermöglichen. Nach diesem Gesetzeszweck erscheint es demnach gerechtfertigt, Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 4 UVG auch nach rechtskräftiger Beendigung des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über das damit verbundene Unterhaltsbegehren zu gewähren. Auch die Materialien (aaO 11) gehen davon aus, daß der Vater unmittelbar nach der durch § 4 Z 4 UVG möglicher Unterhaltsbevorschussung zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden kann. § 8 Satz 2 UVG ist daher dahin auszulegen, daß mit den Worten "bis zur rechtskräftigen Beendigung des Vaterschaftsfeststellungs- verfahrens" das gesamte im § 4 Z 4 UVG umschriebene Verfahren, nämlich das Verfahren über die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind und über das damit verbundene Unterhaltsbegehren, zu verstehen ist.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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