OGH 9ObA13/96

OGH9ObA13/9628.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Karl Heinz Kux (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Kurt Retzer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann G*****, Angestellter, ***** vertreten durch Heinz Dürr, Sekretär der Gewerkschaft Metall - Bergbau und Energie, Plößlgasse 15, 1041 Wien, dieser vertreten durch Dr.Vera Kremslehner ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Alois N***** GmbH, Laudongasse 9, 1080 Wien, vertreten durch Dr.Hellmut Prankl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 1,028.415,52 S brutto sA (Revisionsstreitwert 1,010.134,90 S sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.November 1995, GZ 8 Ra 120/95-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7.Juni 1995, GZ 8 Cga 240/94k-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 18.977,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.162,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen war der Kläger, der bei der beklagten Partei seit 36 Jahren als Bandagist - zuletzt im Angestelltenverhältnis - beschäftigt war, von deren Geschäftsführer am 15.Juni 1994 zum 31. Dezember 1994 gekündigt worden, wobei man übereinkam, daß der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch einen offenen Urlaubsanspruch von 71 Urlaubstagen hatte, seinen Urlaub konsumieren solle. An der üblichen Vorgangsweise, daß der Urlaubstermin mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei abzusprechen sei, wurde aber nichts geändert. Der Kläger überzog sodann den für den Zeitraum vom 11.Juli bis 29. Juli 1994 genehmigten und im Urlaubsbuch eingetragenen Urlaub und erschien erst am 10.August 1994 wieder im Betrieb. Er einigte sich mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei, auch seine Abwesenheit vom 1.August bis 10.August 1994 als Urlaub zu werten. Am 21.September 1994 ersuchte der Kläger den Geschäftsführer der beklagten Partei neuerlich um Urlaub. Dieser erklärte sich damit prinzipiell einverstanden, da die Urlaubskonsumation für die beklagte Partei finanziell günstiger war als die Auszahlung einer Urlaubsentschädigung; bezüglich des Zeitpunktes des Urlaubskonsums wollte er aber noch keine Zusage abgeben, da er eine Abstimmung mit den anderen Mitarbeitern vornehmen wollte. Er ersuchte den Kläger, bis Nachmittag zu warten, um eine Terminvereinbarung zu treffen. Der Kläger wartete am 21.September 1994 die Rückkehr des Geschäftsführers aber nicht ab, sondern verließ bei Dienstschluß um 16 Uhr den Betrieb. Am 10.Oktober 1994 nahm der Kläger die Arbeit bei der beklagten Partei wieder auf; der Geschäftsführer der beklagten Partei kam an diesem Tag kurz und unter Zeitdruck in den Betrieb, sah den Kläger auch in Arbeitskleidung bei der Arbeit an seinem Arbeitsplatz, sagte ihm aber nichts. Am 11.Oktober 1994 teilte der Geschäftsführer der beklagten Partei dem Kläger die Entlassung mit. Das vom Anwalt der beklagten Partei verfaßte Entlassungsschreiben wurde dem Kläger gleichfalls am 11.Oktober 1994 zugestellt.

Wesentliches Tatbestandsmerkmal sämtlicher Entlassungstatbestände ist die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung (siehe Kuderna Entlassungsrecht2, 60 ff). Da das vorliegende Arbeitsverhältnis ohnehin durch Kündigung gelöst war, ist bei der Zumutbarkeitsprüfung auf die restliche Kündigungsfrist abzustellen und dabei überdies zu berücksichtigen, daß der Kläger während dieser Zeit seinen erheblichen Resturlaub verbrauchen sollte. Zieht man auch noch in Betracht, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei mit dem Kläger übereingekommen war, daß dieser während der Kündigungsfrist seinen Urlaub in natura verbrauchen sollte und der Kläger gemäß § 9 Abs 1 Z 4 UrlG den Verbrauch bei Zumutbarkeit nicht ablehnen konnte, sowie, daß der eigenmächtige Urlaubsverbrauch des Klägers vom 1. bis 10. August 1994 vom Geschäftsführer der beklagten Partei hingenommen worden war, dann ließ der Geschäftsführer der beklagten Partei dadurch, daß er den Kläger einen ganz Tag weiterarbeiten ließ, ohne ihn unverzüglich zur Aufklärung über sein Fernbleiben aufzufordern und bei ungenügender Rechtfertigung die Entlassung auszusprechen, erkennen, daß er die Weiterbeschäftigung des immerhin seit 36 Jahren für die beklagte Partei tätig gewesenen Klägers nicht als unzumutbar auffaßte (siehe Kuderna aaO, 14; vgl infas 1994 A 98; ARD 4615/5/95).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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