Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ersteinschreiterin zeigte den Erwerb von 51 %, die Zweiteinschreiterin den Erwerb von 49 % der Geschäftsanteile an der I***** GmbH, Berlin, vorsorglich an. Hiezu wurde vorgebracht, die Zweiteinschreiterin sei eine 97 %ige Tochtergesellschaft der M***** Aktiengesellschaft, Wien. Der Zusammenschluß betreffe eine Gesellschaft, die ausschließlich in Deutschland tätig sei. Der Zusammenschluß habe keinerlei Auswirkungen auf den österreichischen Markt. Es seien auch keine für den österreichischen Markt relevanten Ressourcen erworben worden und es würden auch keine Arbeitskräfte aus Deutschland in Österreich eingesetzt.
Die Anmeldung wurde den Amtsparteien zugestellt; diese stellten keinen Prüfungsantrag.
Der Vorsitzende des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien faßte den nunmehr angefochtenen Beschluß ON 8, in welchem er aussprach, daß sich der angemeldete Zusammenschluß "nicht zu einer Eintragung in das Kartellregister eigne". Er begründete diesen Ausspruch damit, daß sich der Zusammenschluß zwar auch in Österreich verwirklicht habe, weil zumindest ein mittelbar beteiligtes Unternehmen, nämlich die M***** Aktiengesellschaft, Wien, ihren Sitz in Österreich habe. § 6 Abs 1 KartG schließe daher die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes und das Einschreiten des Kartellgerichtes nicht aus. Indes sei gemäß § 6 Abs 2 KartG das Kartellgesetz vorbehaltlich des § 7 KartG nicht auf einen Sachverhalt anzuwenden, soweit er sich auf den ausländischen Markt auswirke. Da das erworbene Unternehmen keine Leistungen in Österreich erbringe und auch nicht erkennbar sei, das für den inländischen Markt relevante Ressourcen erworben worden seien, könne von keiner Inlandswirkung ausgegangen werden.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Zweiteinschreiterin wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Anmeldung des Zusammenschlusses zurückgewiesen werde. Die Rekurswerberin meint, daß das Kartellgericht mit der gewählten Vorgangsweise keine Sachentscheidung getroffen habe, die im Kartellgesetz vorgesehen wäre. Bejahe das Kartellgericht seine Zuständigkeit für die Zusammenschlußkontrolle, weil ein im Inland "verwirklichter" Zusammenschluß vorliege, dann hätte es wohl eine Bestätigung im Sinn des § 42 b Abs 1 KartG auszustellen und den Zusammenschluß in das Kartellregister einzutragen gehabt. Verneine das Kartellgericht hingegen seine Zuständigkeit, dann wäre die Zusammenschlußanmeldung zurückzuweisen und nicht bloß festzustellen, daß sich der Zusammenschluß nicht zur Eintragung in das Kartellregister eigne. Nach Ansicht der Rekurswerberin sei das Kartellgericht für die Prüfung des angemeldeten Zusammenschlusses nicht zuständig, sodaß die Anmeldung zurückzuweisen gewesen wäre: Die Entscheidung sei von einem unzuständigen Gericht getroffen worden, weil keine inländische Gerichtsbarkeit vorliege.
Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte äußerte sich zu diesem Rekurs dahingehend, daß es die Argumente der Rekurswerberin für verfehlt bezeichnete.
Rechtliche Beurteilung
Noch vor Vorlage dieses Rechtsmittels faßte das Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht den Beschluß ON 10, womit die genannte Anmeldung zurückgewiesen wurde. Es führte aus, daß der Vorsitzende des Kartellgerichtes bisher nur ausgesprochen habe, daß sich der Zusammenschluß wegen des Fehlens der Inlandsauswirkung nicht für die ihm nach § 72 Abs 1 KartG zukommende Anordnung der Eintragung der Anmeldung in das Kartellregister eigne. Es fehle nunmehr noch eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Anmeldung. Die internationale Zuständigkeit des österreichischen Kartellgerichtes sei immer dann gegeben, wenn österreichisches Kartellrecht anwendbar sei. Da nach der dargelegten Sach- und Rechtslage jedoch das österreichische Kartellgesetz auf den angemeldeten Zusammenschluß nicht anzuwenden sei, mangle es auch an der inländischen Kartellgerichtsbarkeit, weshalb die Anmeldung daher - nach § 101 KartG durch den Kartellsenat, weil die Zurückweisung der Anmeldung eine Endentscheidung darstelle - zurückzuweisen sei. Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen.
Dadurch ist die Beschwer der Rekurswerberin betreffend den angefochtenen Beschluß ON 8 weggefallen; sie hat alles erreicht, was sie wollte (vgl Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1710 ff [1716]).
Der Rekurs ist daher zurückzuweisen. Es hat dahingestellt zu bleiben, ob der Beschluß ON 8 eine im Kartellgesetz vorgesehene Erledigung der Anmeldung des Zusammenschlusses darstellt und ob der Vorsitzende hiezu allein befugt war (vgl § 72 Abs 1 iVm § 71 Z 7 und 8 KartG).
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