OGH 11Os184/95

OGH11Os184/9513.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Februar 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Brunner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dietmar Albin F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 19.Oktober 1995, GZ 7 Vr 105/93-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche enthält, wurde Dietmar Albin Fr***** des schweren gewerbsmäßigen (gemeint: des gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt (A/I 1-13 und II).

Darnach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

I. nachangeführte Personen und Verfügungsberechtigte durch die Vorgabe, zum Inkasso von Rechnungsbeträgen berechtigt zu sein, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, nämlich zur Bezahlung von Lieferungen der Firma Kr***** mittels Scheck, Barzahlung oder Überweisung an ihn verleitet, und zwar

1. am 12.November 1991 in Mattersburg Anna W***** zur Bezahlung von

20.942 S,

2. am 7.November 1991 in Ravelsbach Ing.Karl Schu***** zur Bezahlung von 47.957 S,

3. im Juli 1991, am 22.November 1991 und am 26.November 1991 in Pramet Brigitta Schn***** zur Bezahlung von 46.190,40 S,

4. am 31.Oktober 1991 und am 20.November 1991 in Zwölfaxing Elisabeth F***** als Angestellte der Firma WWLA-GesmbH zur Bezahlung von 64.680

S,

5. am 6.November 1991 in Forchtenstein Ilse Do***** zur Bezahlung von

22.386 S,

6. am 25.November 1991 in Schwanenstadt Christine Pa***** zur Bezahlung von 17.000 S,

7. am 7.November 1991 in Zistersdorf Ing.Josef G***** zur Bezahlung von 20.000 S,

8. am 26.November 1991 in Wolfersberg Angela Lo***** zur Bezahlung von 24.400 S,

9. am 26.September 1991, 24.Oktober 1991 und 9.Jänner 1992 in Etzdorf Bruno De***** zur Bezahlung von 63.375,60 S,

10. am 21.Oktober 1991 in Haitzendorf Reinhard Kl***** zur Bezahlung von 17.700 S,

11. am 12.November 1991 in Stöttera Edith Fi***** zur Bezahlung von 9.080 S,

12. am 4.Dezember 1991 in Bad St.Leonhard Ing.Carl Pf***** zur Bezahlung von 38.000 S,

13. am 11.Dezember 1991 in Sieghartskirchen Anna Le***** zur Bezahlung von 18.000 S,

II. am 11.September 1991 in Ried im Innkreis Hermann Kr***** durch die Vorgabe, daß Florian Fe***** als Vertreter der Firma Pü***** & Söhne einen Auftrag erteilt habe, somit durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zum Kauf dieses "Auftrages" um den Betrag von 44.573,22 S verleitet.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet die auf § 281 Abs 1 Z 3, 5, 5 a, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, indes zu Unrecht.

Dem vom Beschwerdeführer gestützt auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund (Z 3) unter Bezug auf die Formulierung des Urteilsspruches gemachten Einwand, "es sei nicht ausgeführt, in welcher Höhe ein Vermögensschaden bei einer anderen Person entstanden sein soll", ist zu erwidern, daß die mit dem Urteilstenor eine Einheit bildenden, zur Auslegung eines bloß mißverständlich gefaßten Urteilsspruchs heranzuziehenden (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 3 E 2 a) Entscheidungsgründe (vgl insbesondere US 8, 10, 13, 14) keinen Zweifel an der Annahme der Tatrichter lassen, daß durch die Tathandlungen des Angeklagten ein Vermögensschaden in den im Spruch jeweils einzeln angeführten Beträgen zum Nachteil des - seine Firma als Einzelunternehmer betreibenden - Hermann Kr***** eingetreten ist. Die behauptete Urteilsnichtigkeit liegt daher nicht vor.

Entgegen dem in der Mängelrüge (Z 5) zum Faktum A/I unter dem Gesichtspunkt einer unvollständigen bzw offenbar unzureichenden ("Schein"-)Begründung erhobenen Einwand hat das Erstgericht die Urteilsannahmen zum Fehlen der Inkassobefugnis des Angeklagten, der vereinbarungswidrigen Nichtablieferung der trotzdem kassierten Beträge und der Schädigung des Hermann Kr***** nicht nur auf die Angaben der Zeugen Monika Kr*****, Alois Wa*****, Gertraud Da***** und Irmgard V***** gestützt (US 11), sondern auch auf den Inhalt der Akten 5 Cg 192/92 des Landesgerichtes Wels und 3 C 248/92 des Bezirksgerichtes Gmunden sowie auf das Verhalten des Hermann Kr***** gestützt, sodaß insoweit kein formeller Begründungsmangel geltend gemacht wird.

Mit dem Vorbringen, keiner der angeführten Zeugen habe über die zwischen dem Angeklagten und Hermann Kr***** getroffenen Vereinbarungen "tatsächlich Bescheid gewußt" bzw seien jene Angaben, welche zum Vorteil des Angeklagten dienten, (daß er zum Inkasso bevollmächtigt gewesen sei) mit Stillschweigen übergangen worden, zielt die Beschwerde unzulässigerweise lediglich darauf ab, durch isolierte Betrachtung einzelner, aus dem Zusammenhang gelöster Passagen eine Umdeutung von Beweisergebnissen zugunsten des Angeklagten zu erreichen, ohne einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen. Denn gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO ist es nicht erforderlich, im Urteil zu allen Vorbringen und Aussagen Stellung zu nehmen und alle Umstände, die durch das Beweisverfahren hervorgekommen sind, einer Erörterung zu unterziehen. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof in den Entscheidungsgründen in gedrängter Form die entscheidenden (für die Schuld oder den anzuwendenden Strafsatz maßgebenden) Tatsachen bezeichnet, die er als erwiesen annimmt, und die den Denkgesetzen entsprechenden Gründe anführt, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme geführt haben (Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 5 E 5 f, 142). Daß aber aus den vom Erstgericht herangezogenen Prämissen - wie vom Beschwerdeführer behauptet - auch andere als die von den Tatrichtern abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären und das Gericht sich dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden hat, ist ein Akt richterlicher Beweiswürdigung, der einen Begründungsmangel (Z 5) nicht zu bewirken vermag (Mayerhofer-Rieder aaO § 258 E 21, 22, 24).

Ebenso versagt der unter diesem Nichtigkeitsgrund erhobene Einwand einer Aktenwidrigkeit. Eine solche liegt nur vor, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage und eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird. Eine - unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels nur einen formalen Vergleich gestattende - Aktenwidrigkeit wird jedenfalls nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht, wenn - wie hier - auf Grund der aus dem Zusammenhang gerissenen Wiedergabe - ein Widerspruch zwischen den vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und den diesen zugrunde gelegten Beweisergebnissen behauptet wird. Die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlußfolgerungen kann unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden (Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 5 E 191).

Gleiches gilt für die Behauptung, zum Faktum A/II (der Angeklagte habe an die Firma Kr***** einen Auftrag verkauft, der von der Firma Pü***** & Söhne nicht verbindlich erteilt worden sei), stützen sich doch die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes auf die im Akt erliegende Auftragsbestätigung der Firma Pü***** und den Schriftverkehr zwischen den beteiligten Firmen sowie auf die Aussage des Zeugen Fe*****, wonach ein definitiver Auftrag nicht zustande gekommen ist (US 14).

Letztlich geht auch der Vorwurf fehl, die erstgerichtlichen Feststellungen zur mangelnden Verbindlichkeit des Auftrages der Fa. Pü***** & Söhne (Faktum A/II) und zur subjektiven Tatseite seien unzureichend begründet. Denn mit der Behauptung, die Verantwortung des Angeklagten im Zusammenhang mit dessen Auftragsunterfertigung indizierten - sowie die dem Schriftverkehr zu entnehmenden divergierenden Rechtsauffassungen - einerseits das Zustandekommen des Auftrags, anderseits den Mangel eines vorsätzlichen Handelns des Beschwerdeführers, unterzieht die Beschwerde lediglich den Beweiswert, die der Schöffensenat einzelnen Verfahrensergebnissen beimaß, einer Kritik und bekämpft bloß abermals unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz nach Art einer Schuldberufung.

Auch die Tatsachenrüge (5 a) versagt. Der Beschwerdeführer unternimmt nämlich dabei - in teilweiser Wiederholung des Vorbringens in der Mängelrüge - den Versuch, unter Hinweis auf die "Voreingenommenheit" von Zeugen zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Tatversion zu gelangen. Die bezügliche Argumentation bekämpft somit in diesem Zusammenhang - ebenso wie mit der Behauptung einer Verbindlichkeit der Auftragsbestätigung der Firma Pü***** & Söhne (Faktum A/II) - in unzulässiger Weise (NRsp 1994/176) die erstrichterliche Beweiswürdigung. Sie ist nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachensubstrats aufzuzeigen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die einerseits mit dem Vorbringen, durch die Tathandlungen sei kein Vermögensschaden eingetreten, die gegenteiligen, den Eintritt des Schadens (im Vermögen des Hermann Kr*****) konstatierenden Urteilsannahmen (US 8, 14) negiert, andererseits auf verfahrensfremder Grundlage materielle Feststellungsmängel einwendet, orientiert sich nicht am gesamten Urteilssachverhalt und gelangt damit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung (Mayerhofer-Rieder aaO § 281 E 26). Letzteres gilt namentlich für die Ausführungen zum "objektiven Erklärungswert" der Auftragsbestätigung der Firma Pü***** & Söhne, wobei sich die Beschwerde über die gegenteiligen Urteilsannahmen, daß ein verbindlicher Auftrag nicht zustande gekommen ist, hinwegsetzt (US 10, 14).

Schließlich vermag auch die Strafzumessungsrüge (Z 11) nicht durchzuschlagen. Die Beschwerde argumentiert zunächst dahin, das Erstgericht habe für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt, indem es mangels Erörterung einer bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 (Abs 1) StGB "offenbar davon ausging, daß diese Bestimmung nicht zur Anwendung gelange". Abgesehen davon, daß sich das Erstgericht mit der Strafbemessungproblematik ausführlich auseinandergesetzt hat (US 16), wird damit keine unrichtige rechtliche Beurteilung eines im Urteil tatsächlich festgestellten, für die Strafbemessung ausschlaggebenden Sachverhaltes dargetan (RZ 1989/19; 13 Os 75/90). Eine hiefür maßgebende Tatsache ist nämlich nur dann unrichtig beurteilt, wenn ihre Annahme oder Nichtannahme dem Ermessen entzogen ist. Derartiges wird vom Beschwerdeführer zwar behauptet, jedoch wird mit der implizit reklamierten unrichtigen Beurteilung der Prognose der genannte Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil damit weder eine rechtsfehlerhafte Bewertung von festgestellten Strafbemessungstatsachen noch einen Verstoß gegen allgemeine Strafbemessungsgründe, sondern bloß eine nicht sachgerechte Ermessensausübung des Erstgerichtes geltend gemacht wird, deren Prüfung ausschließlich in den Bereich des Berufungsverfahrens fällt (RZ 1989/19; 11 Os 64/88, 14 Os 121/93; 11 Os 67/94 ua). Dies gilt umsomehr für den weiteren Einwand, das Gericht hätte "für den Fall, daß § 43 StGB nicht zur Anwendung gelange, die Voraussetzungen des § 43 a Abs 2 StGB prüfen müssen".

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung wird demnach der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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