OGH 4Ob5/96

OGH4Ob5/9630.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Tittel und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei d***** GesellschaftmH,***** vertreten durch Dr.Normann Dick und Dr.Michael Dick, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei F*****gesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Bertram Grass, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 500.000,--), infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 30.Oktober 1995, GZ 2 R 1024/95w-9, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 2.August 1995, GZ 8 Cg 103/95i-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt, einschließlich des bestätigten Teiles, wie folgt zu lauten haben:

"Die Beklagte ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu unterlassen, für Parfumeriewaren, insbesondere für die Produkte Eau de Toilette Spray 25 ml 'Venezia' von Laura Biagiotti und Eau de Toilette Spray 25 ml 'Roma' von Laura Biagiotti, mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere durch Anführung eines 'Statt'-Preises und einer in Prozenten angeführten Preisersparnis zu werben, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen wird, welcher Preis zum Vergleich herangezogen wurde.

Die Klägerin wird ermächtigt, den Spruch des über diese Klage ergehenden Urteiles ohne Kostenentscheidung binnen sechs Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der Beklagten mit Fettdrucküberschrift und Fettdruckumrandung sowie gesperrt geschriebenen Prozeßparteien im radaktionellen Teil einer Samstag-Ausgabe der Tageszeitung 'Neue Kronen-Zeitung', Gesamtausgabe Österreich, ganzseitig veröffentlichen zu lassen.

Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Das Mehrbegehren, der Beklagten zu untersagen, mit Preisgegenüberstellungen zu werben, wenn der gegenübergestellte 'Statt'-Preis nicht klar und bestimmt definiert ist, insbesondere Hinweise zu unterlassen, wie 'Die 'Statt'-Preise sind solche, die häufig verlangt werden. Wir haben sie ... in einer großen Parfumerie-Handelskette gesehen', sowie das Mehrbegehren, die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung in den Tageszeitungen 'Kurier' und 'Täglich alles' zu ermächtigen, werden abgewiesen."

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin vertreibt in Filialen in ganz Österreich Parfumeriewaren; die Beklagte betreibt einen Versandhandel mit Parfumeriewaren.

Im März 1995 versandte die Beklagte an Haushalte in ganz Österreich einen Werbeprospekt mit Bestellschein. Im Prospekt waren eine Vielzahl von Parfumeriewaren abgebildet und mit "Statt"-Preisen versehen: Einem höheren rot durchgestrichenen ("statt ...") Preis war jeweils ein niedrigerer Preise ("nur ...") gegenübergestellt. Der durchgestrichene Preis war mit einem Sternchen (*) versehen; auf den Abbildungen der angebotenen Parfumeriewaren war weiß auf rot der Preisunterschied in Prozenten angegeben. Erklärt wurde die Preisgegenüberstellung mit einem Vermerk auf der Bestellkarte: "*Die 'Statt'-Preise sind Preise, die häufig verlangt werden. Wir haben sie am 25.1. und 27.1.95 in einer großen Parfumerie-Handelskette gesehen." Der Vermerk war am rechten Rand der Bestellkarte senkrecht zum übrigen Text und wesentlich kleiner als dieser gedruckt. Um den Vermerk zu entdecken, mußte der Prospekt aufgefaltet und gezielt nach einer Erläuterung gesucht werden. Die Vergleichspreise wurden am 25.1. bzw. 27.1.1995 zumindest von Parfumerie-Handelsketten, die keinen Versandhandel betreiben, verlangt.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu unterlassen, für Parfumeriewaren, insbesondere für die Produkte Eau de Toilette Spray 25 ml "Venezia" von Laura Biagiotti und Eau de Toilette Spray 25 ml "Roma" von Laura Biagiotti, mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere durch Anführung eines "Statt"-Preises und einer in Prozenten angeführten Preisersparnis zu werben, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen wird, welcher Preis zum Vergleich herangezogen wurde und der gegenübergestellte "Statt"-Preis klar und bestimmt definiert ist, insbesondere Hinweise zu unterlassen, wie "Die 'Statt'-Preise sind solche, die häufig verlangt werden. Wir haben sie ... in einer großen Parfumerie-Handelskette gesehen.".

Im Prospekt werde nicht ausreichend darüber aufgeklärt, welche Preise zum Vergleich herangezogen würden. Die Erläuterung sei auch unklar und nicht ausreichend präzise, weil der Hinweis anonym und allgemein gehalten sei. Da der Prospekt an eine Vielzahl von Haushalten in ganz Österreich versandt worden sei, sei das Urteil im Interesse der Allgemeinheit zu veröffentlichen.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Die Preisgegenüberstellungen seien nicht wettbewerbswidrig, weil sie wahr seien. Die Preise seien auch miteinander vergleichbar. Es gälten die gleichen Grundsätze wie für die Beurteilung von "Schon gesehen um"-Preisen, weil beide Aussagen gleich werbewirksam seien. Der Vergleich mit "Schon gesehen um"-Preisen sei nach der neuesten Rechtsprechung zulässig. Um die beteiligten Verkehrskreise entsprechend aufzuklären, genüge es, das Urteil in einer überregionalen Zeitung zu veröffentlichen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

In der Entscheidung 4 Ob 25/95 (= EvBl 1995/166) habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, daß ein Preisvergleich weder irreführend noch sittenwidrig sei, wenn aus dem Wortlaut oder dem Gesamtbild der Ankündigung ausreichend deutlich hervorgehe, auf welche Preise zu Werbezwecken hingewiesen werde. Würden die zum Vergleich herangezogenen Preise von vergleichbaren Mitbewerbern tatsächlich verlangt, so sei der Hinweis auf "Schon gesehen um" - Preise nicht wettbewerbswidrig, auch wenn die Preise nicht weiter erläutert würden. Im vorliegenden Fall wäre die Preisgegenüberstellung nur dann unzulässig, wenn die Vergleichspreise nicht tatsächlich von Mitbewerbern verlangt würden. Derartiges habe die Klägerin nicht behauptet. Die Preisgegenüberstellung sei daher nicht wettbewerbswidrig, auch wenn der erklärende Hinweis an unübersichtlicher Stelle in Kleinschrift angebracht sei.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Klägerin habe die Feststellung unbekämpft gelassen, wonach die Vergleichspreise "zumindest" von Parfumerie-Handelsketten, die keinen Versandhandel betreiben, verlangt wurden. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, daß auch andere Versandhandelsketten die Vergleichspreise verlangt haben. Im übrigen machten die unterschiedlichen Vertriebsweisen den Preisvergleich nicht unzulässig. Der Vergleich sei nicht zur Irreführung geeignet, weil er nur glauben lasse, daß die Parfumeriewaren bei der Beklagten billiger seien als bei "großen Parfumerie-Handelsketten". Daß der erklärende Hinweis kleingedruckt und nur nach Auffalten des Prospektes zu sehen sei, schade nicht, weil schon das Gesamtbild der Ankündigung ausreichend klarstelle, daß mit Preisen von Mitbewerbern verglichen werde. Da der erklärende Hinweis senkrecht neben den Bestellfeldern gedruckt sei, "springe er durchaus ins Auge". Insoweit entspreche das Ergebnis dieses Verfahrens der Entscheidung 4 Ob 25/95.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur "Statt"-Preis-Werbung abgewichen ist; sie ist auch teilweise berechtigt.

Die Klägerin verweist darauf, daß der erklärende Hinweis keineswegs "ins Auge springt", sondern, wie vom Erstgericht festgestellt, nur bei intensiverer Suche entdeckt wird. Anders als beim Vergleich mit "Schon gesehen um" - Preisen sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar, mit welchen Preisen verglichen werde. Im übrigen dürfe nur mit Preisen vergleichbarer Mitbewerber verglichen werden.

Jeder Vergleich zu Werbezwecken will die angesprochenen Verkehrskreise über für den Kaufentschluß wesentliche Umstände informieren. Die Information entspricht nur dann den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs, wenn dem angesprochenen Publikum alle wesentlichen Umstände mitgeteilt werden, die es in die Lage versetzen, sich selbst ein objektives Urteil über die Vorzüge der angebotenen Leistung gegenüber der verglichenen Leistung zu bilden (EvBl 1995/166 - irreführende Preiswerbung mwN).

Diese Voraussetzung ist bei der Werbung mit Preisgegenüberstellungen erfüllt, wenn aus dem Wortlaut oder aus dem Gesamtbild der - als Einheit zu betrachtenden - Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Werbezwecken hingewiesen wird (stRsp: ÖBl 1976, 161 - Preisgegenüberstellung mwN; ÖBl 1984, 77 - Muttertagsangebot; ÖBl 1986, 66 - Tapetenstudio; ÖBl 1988, 75 - Teppich-Ausverkauf; ÖBl 1989, 144 - Großer Schuhverkauf uva; zuletzt etwa EvBl 1995/166 - irreführende Preiswerbung). Bei der Werbung mit "Statt"-Preisen ist wegen der suggestiven Wirkung dieser Werbeform ein strenger Maßstab anzulegen. Unauffällige Erläuterungen des Vergleichpreises im Kleinstdruck - noch dazu senkrecht zum übrigen Text - hat der Oberste Gerichtshof für nicht ausreichend deutlich befunden (ÖBl 1982, 71 - Botschafts-Ausfolgescheine; s 4 Ob 65, 66/95).

Im vorliegenden Fall ist der erklärende Hinweis nur bei gezielter Suche nach einer Erläuterung der Preisgegenüberstellungen zu entdecken; er ist kleiner als der übrige Text und senkrecht zu den Bestellfeldern gedruckt, die erst nach Auffalten des Prospektes sichtbar werden. Von einer ausreichenden Aufklärung kann daher keine Rede sein. Das unterscheidet den vorliegenden Fall von dem der Entscheidung 4 Ob 25/95 = EvBl 1995/166 - irreführende Preiswerbung zugrunde liegenden Sachverhalt: Während in jenem Fall die zum Vergleich herangezogenen Preise deutlich als "schon gesehen" bezeichnet waren, kommt der Betrachter (Leser) der hier zu beurteilenden Werbeaussendung erst nach genauem Studium und gezielter Suche nach einem erklärenden Hinweis darauf, daß die Beklagte ihre Preise den in den Filialen einer Parfumerie-Handelskette verlangten Preisen gegenüberstellt.

Wer nicht aufmerksam liest und gründlich sucht, für den kann die Preisgegenüberstellung - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - verschiedene Bedeutungen haben: Die Preise können mit den eigenen früheren Preisen der Beklagten verglichen werden, die Vergleichspreise können aber auch die Preise eines anderen Versandhandelsunternehmens oder eines Detailhändlers (mit nur einem oder mit nur wenigen Geschäften) sein.

Daß mit Preisen einer Parfumerie-Handelskette (und nicht mit denen eines anderen Versandhandelsunternehmens) verglichen wird, wird vom geänderten Begehren nicht mehr erfaßt. Die verschiedenen Vertriebswege machen den Vergleich im übrigen nicht wettbewerbswidrig, wenn der erklärende Hinweis ausreichend deutlich ist. Dann ist nämlich offengelegt, daß die Preise verschiedener Vertriebsformen miteinander verglichen werden (vgl WBl 1990, 274 - Bank-Pfandverkauf).

Der Vergleich ist auch nicht deshalb wettbewerbswidrig, weil die Geschäfte, in denen die Vergleichspreise verlangt wurden, nicht namentlich genannt sind. Wer mit Preisgegenüberstellungen wirbt, hat alles Erforderliche vorzukehren, um eine einwandfreie, jedes Mißverständnis ausschließende Aufklärung des Publikums über die Art der jeweils herangezogenen Vergleichsgrundlage sicherzustellen und mögliche Irrtümer in dieser Richtung hintanzuhalten (ÖBl 1976, 161 - Preisgegenüberstellung). Der Werbende ist aber, sofern nicht eine besondere Vorschrift besteht (so nunmehr BGBl 1993/852 für den Kleinverkauf von Orientteppichen unter der Bezeichnung "Pfandverkauf", der nicht als Versteigerung durchgeführt wird), nicht verpflichtet, die Richtigkeit seiner Behauptung dem Kunden gegenüber nachzuweisen (ecolex 1994, 237 - Schätzgutachten; EvBl 1995/166 - irreführende Preiswerbung). Es ist daher auch nicht notwendig, daß der Werbende angibt, in welchen Geschäften die Vergleichspreise verlangt wurden. Für die Zulässigkeit des Werbevergleiches genügt der deutliche Hinweis, um welche Preise es sich bei den Vergleichspreisen handelt.

Dieser Hinweis ist im vorliegenden Fall zwar (inhaltlich) klar und genügend bestimmt, aber (infolge seiner Anbringung und der Druckgröße) nicht ausreichend deutlich, so daß die "Statt"-Preiswerbung allein aus diesem Grund wettbewerbswidrig ist. Das Mehrbegehren, der Beklagten die Werbung mit Preisgegenüberstellungen auch dann zu verbieten, wenn der gegenübergestellte "Statt"-Preis nicht klar und bestimmt definiert ist, insbesondere Hinweise zu unterlassen, wie "Die 'Statt'-Preise sind solche, die häufig verlangt werden. Wir haben sie ... in einer großen Parfumerie-Handelskette gesehen", war daher abzuweisen.

Teilweise abzuweisen war auch das Urteilsveröffentlichungsbegehren. Gemäß § 25 Abs 3 UWG hat das Gericht der obsiegenden Partei, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung setzt demnach voraus, daß die obsiegende Partei ein schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung des Publikums hat (stRsp; zB SZ 51/76 = ÖBl 1978, 154 - Markenski-Ausverkauf uva; zuletzt etwa EvBl 1995/135 - Umfang der Veröffentlichungsermächtigung). Die Urteilsveröffentlichung ist in der Regel in einem solchen Umfang zuzusprechen, daß die durch die wettbewerbswidrige Ankündigung angesprochenen Verkehrskreise über den

wahren Sachverhalt aufgeklärt werden (EDVuR 1992, 91 = JBl 1992, 599

= ÖBA 1992, 829 = ÖBl 1992, 21 - Bausparer-Werbung ua). Im

vorliegenden Fall genügt dafür die Urteilsveröffentlichung in einer überregionalen Zeitung, kann doch nicht damit gerechnet werden, daß selbst bei der begehrten Veröffentlichung in drei bundesweit verbreiteten Zeitungen wirklich jeder erreicht wird, dem der Werbeprospekt zugekommen ist und der davon Kenntnis genommen hat. Nach neuerer Rechtsprechung ist die Kostenentscheidung nicht mitzuveröffentlichen (ÖBl 1993, 212 - Ringe; EvBl 1995/135 - Umfang der Veröffentlichungsermächtigung).

Der Revision war teilweise Folge zu geben.

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