OGH 5Ob12/96

OGH5Ob12/9629.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin M. & D. G***** Gesellschaft m.b.H., nunmehr G***** Immobilien Gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Karl Zingher und Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Margarethe D*****, Hauseigentümerin, ***** vertreten durch Dr.Friedrich Fleischmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 12 Abs 3 aF MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 29.Juni 1995, GZ 48 R 1188/94-28, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. September 1994, GZ 46 Msch 3/94y-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Hauptmieterin von Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten im Haus *****, das der Antragsgegnerin gehört. Die Mietverträge für die insgesamt drei Objekte bestehen seit den 60er Jahren und wurden von der Antragsgegnerin mit der M. & D. G***** KG abgeschlossen.

Mit Wirkung vom 1.1.1989 hat die M. & D. G***** KG ihr Unternehmen samt Mietrechten "nach den Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes" in die M. & D. G***** Gesellschaft m. b.H. (nunmehr G***** Immobilien Gesellschaft m.b.H.) eingebracht und dies der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28.9.1989 mitgeteilt. Diese verlangte daraufhin bereits im Oktober 1989 von der Antragstellerin unter Berufung auf § 12 Abs 3 MRG die Erhöhung des Hauptmietzinses, was letztere veranlaßte, am 25.10.1989 die Schlichtungsstelle und dann gemäß § 40 Abs 2 MRG das Gericht zur Überprüfung des Hauptmietzinses anzurufen.

Die Antragstellerin steht auf dem Standpunkt, daß gar keine Unternehmensveräußerung iSd § 12 Abs 3 aF MRG vorliege; die Gesellschafter der GmbH seien mit jenen der ehemaligen Kommanditgesellschaft ident, sodaß es im Grunde nur zu einer Änderung der Gesellschaftsform gekommen sei, wie sie jeder hinnehmen müsse, der mit einer Handelsgesellschaft einen Mietvertrag abschließe. Demgegenüber sieht die Antragsgegnerin im verfahrensgegenständlichen Einbringungsvorgang einen geradezu klassischen Fall der Unternehmensveräußerung, die den Vermieter zur Erhöhung des Hauptmietzinses berechtige.

Das Erstgericht stellte (dem Gutachten eines Sachverständigen folgend) fest, daß der angemessene Hauptmietzins für die drei Mietobjekte der Antragstellerin insgesamt S 23.207,60 monatlich beträgt, nachdem es die eigentlich strittige Vorfrage, ob eine Unternehmensveräußerung iSd § 12 Abs 3 aF MRG vorliege, zugunsten der Antragsgegnerin gelöst hatte (die Ausführungen zur Höhe des Mietzinses sind im Revisionsrekurs erst gar nicht mehr bekämpft worden).

Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß aus folgenden (den Veräußerungsvorgang betreffenden) Erwägungen:

Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur hier anzuwendenden Gesetzeslage vor dem 3.WÄG stelle die Einbringung eines Unternehmens nach den Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes als Sacheinlage in eine GmbH eine Einzelrechtsnachfolge und damit eine Unternehmensveräußerung gemäß § 12 Abs 3 MRG dar (Würth/Zingher19, Rz 24 zu § 12 MRG; Pfanzelt, Mietrechtsübergang bei Unternehmensveräußerung, 37 f; Gabler in ImmZ 1986, 168; Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung bei Geschäftsraum-Hauptmiete, 44 f; MietSlg 39.288/5; MietSlg 40.294). Entgegen der neuen Rechtslage nach § 12a Abs 3 MRG sei es für eine Unternehmensveräußerung nach § 12 Abs 3 MRG idF vor dem 3.WÄG ohne Belang, ob sich anläßlich der Änderung der Rechtsform der Gesellschaft auch an den Beteiligungsverhältnissen, also wirtschaftlich, Änderungen ergeben haben (vgl Reich-Rohrwig aaO, 45). Eine Einzelrechtsnachfolge liege hier also auch dann vor, wenn an der früheren KG dieselben Beteiligungsverhältnisse bestanden haben sollten wie bei der antragstellenden GmbH. Die Einbringung der früheren KG in die GmbH habe daher die Rechtsfolge der Möglichkeit einer Mietzinserhöhung nach § 12 Abs 3 aF MRG ausgelöst.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit der bereits vorhandenen, das Ergebnis des Rechtsstreites vorgebenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht die Antragstellerin geltend, daß die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, die Einbringung des Unternehmens einer Kommanditgesellschaft in eine GmbH sei auch bei gleich gebliebenen Macht- und Einflußverhältnissen der beteiligten Personen stets als Unternehmensveräußerung iSd § 12 Abs 3 aF MRG zu werten, keineswegs unumstritten sei. Der Oberste Gerichtshof habe sie im Hinblick auf die neue, durch das 3.WÄG geschaffene Rechtslage sogar ausdrücklich verneint (1 Ob 591/93 = WoBl 1995, 93/41). Im konkreten Fall liege die neuerdings geforderte wirtschaftliche Verschiebung der Eigentumsrechte nicht vor, sodaß nur von einer Änderung der Rechtsform der Gesellschaft, nicht aber von einer Unternehmensveräußerung iSd § 12 Abs 3 aF MRG gesprochen werden könne. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß so abzuändern, daß ausgesprochen werde, es berechtige die Einbringung der M. & D. G***** KG in die M. & D. G***** Gesellschaft m.b.H. die Antragstellerin nicht zur Erhöhung des Hauptmietzinses.

Der Antragsgegnerin wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Sie hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bestätigung des angefochtenen Sachbeschlusses beantragt.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil er in der entscheidungswesentlichen Streitfrage eine gewisse Judikaturdifferenz aufzeigt; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß der gegen einen Sachbeschluß der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs (wie die Antragsgegnerin in ihrer Rechtsmittelbeantwortung zutreffend bemerkt) gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG nicht den Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO unterliegt. Es bedarf daher nicht der von der Antragstellerin angeregten analogen Anwendung des § 502 Abs 3 Z 2 ZPO bzw der Nachholung eines Bewertungsausspruches durch das Rekursgericht, um sachlich auf das Rechtsmittel einzugehen.

Des weiteren sei vorweg bemerkt, daß der Abänderungsantrag, nimmt man ihn wörtlich, eher auf die selbständige Entscheidung der strittigen Vorfrage als auf die Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses iSd § 37 Abs 1 Z 8 MRG hinausläuft (obwohl ein die rechtliche Qualifikation des Einbringungsvorgangs betreffender Zwischenfeststellungsantrag der Antragstellerin rechtskräftig zurückgewiesen wurde), doch sind im außerstreitigen Verfahren keine strengen Anforderungen an die richtige Formulierung des Rechtsmittelantrages zu stellen. Es genügt, wenn der Rechtsmittelwerber klar zum Ausdruck bringt, wodurch er sich beschwert erachtet und welches Ziel er mit seinem Rechtsmittel anstrebt (vgl EFSlg 70.204 mwN ua). Hier soll es nach dem eindeutig erkennbaren Willen der Antragstellerin beim alten Hauptmietzins bleiben, weil sie die Voraussetzungen für eine Mietzinserhöhung nach § 12 Abs 3 aF MRG als nicht erfüllt erachtet; es geht daher um die Feststellung, daß der mit der M. & D. G***** KG ehemals vereinbarte Mietzins auch der einzig zulässige ist.

In der Sache selbst geht auch die Rechtsmittelwerberin davon aus, daß auf die gegenständliche Hauptmietzinsüberprüfung gemäß Art II Abschnitt II Z 10 des 3.WÄG noch § 12 Abs 3 MRG idF vor dem 3.WÄG anzuwenden ist (vgl Würth/Zingher, WohnR '94, 358 bei Anm 15). Unter den bisher in Geltung gestandenen Bestimmungen sind nämlich, so wie in der fast gleichlautenden Übergangsvorschroft des § 48 Abs 1 MRG, nicht nur Verfahrensvorschriften, sondern auch materiellrechtliche Normen gemeint (vgl MietSlg 35/30; 5 Ob 117/92 ua). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die durch § 12a MRG idF des 3.WÄG geschaffene neue Rechtslage (zu den diesbezüglichen Auslegungsproblemen siehe Würth, Der neue § 12a Abs 1 MRG und sein Verhältnis zu Abs 3, WoBl 1995, 73; Kerres/Freytag, Die mietrechtlichen Folgen von Unternehmensgründungen nach § 12a MRG, ÖJZ 1995, 533); es geht aber auch nicht an, die auf den konkreten Sachverhalt noch anzuwendende Bestimmung des § 12 Abs 3 aF MRG im Lichte der neuen Gesetzeslage zu interpretieren, weil dies einer - nach § 5 ABGB prinzipiell unzulässigen - Rückwirkung der Gesetzesänderung gleichkäme (vgl MietSlg 19.311; MietSlg 19.360; JBl 1973, 374 ua).

Zu § 12 Abs 3 MRG idF vor dem 3.WÄG hat der Oberste Gerichtshof mit Billigung eines großen Teils der Lehre (es kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden) wiederholt ausgesprochen, daß ein gesellschaftsrechtlicher Einbringungsvorgang, durch den eine Kommanditgesellschaft das von ihr betriebene Unternehmen samt Mietrechten als Sacheinlage in eine GmbH einbringt, als Unternehmensveräußerung zu werten ist, die dem Vermieter die Möglichkeit einer Mietzinserhöhung gibt (SZ 61/182; SZ 64/127 mwN; vgl auch SZ 61/163; ecolex 1991, 455 ua). Daran ändert auch der Umstand nichts, wenn die Gesellschafter der einbringenden Personengesellschaft an der übernehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt sind und für ihre Sacheinlage ausschließlich neue Gesellschaftsanteile erhalten, worauf die Antragstellerin offensichtlich mit ihrem Hinweis auf die dem Strukturverbesserungsgesetz entsprechende Umgründungsvariante hinauswill. In diesem Zusammenhang wird zwar vielfach von der Umwandlung einer Personalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gesprochen, doch liegt eine solche - auch wenn die Einbringung durch die Gesellschafter selbst vorgenommen wird - in Wahrheit nicht vor (SZ 61/182). Es tritt vielmehr im Wege der Einzelrechtsnachfolge ein neues Rechtssubjekt als Rechtsträger des Unternehmens an die Stelle des alten, womit der Tatbestand der Unternehmensveräußerung, wie ihn zumindest § 12 Abs 3 aF MRG ohen weitere Differenzierung enthielt, erfüllt ist.

Dem hält die Revisionsrekurswerberin unter Berufung auf die bereits zitierte Entscheidung WoBl 1995, 93/41 entgegen, daß im Hinblick auf die Neuregelung des Problemkreises durch § 12a MRG idF des 3.WÄG auch der in § 12 Abs 3 aF MRG verwendete Begriff der Unternehmensveräußerung nunmehr so zu verstehen sei, daß keine die Mietzinserhöhung rechtfertigende Rechtsnachfolge im Mietrecht vorliege, wenn der gesellschaftsrechtliche Einbringungsvorgang zu keiner Änderung der Eigentümerstruktur des Unternehmens bzw der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten auf das Unternehmen führt. Dem ist jedoch nicht zu folgen.

Das für die Rückwirkung des neuen § 12a MRG idF des 3.WÄG - sei es auch nur zur Klarstellung der alten Rechtslage - ins Treffen geführte Argument, es gehe um Rechte aus einem Dauerschuldverhältnis, die immer dann und so weit nach neuem Recht zu beurteilen sind, als sie in dessen zeitlichen Geltungsbereich hineinreichen, läßt sich gerade für das hier zu lösende Problem des zeitlichen Geltungsbereichs verschiedener Normen mit gleichem Regelungsgehalt nicht verwenden. Zunächst ist der aus § 5 ABGB abgeleitete Grundsatz zu beachten, daß neue Gesetze auf vorangegangene Handlungen und vorher erworbene Rechte keinen Einfluß haben, sofern im Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet wird (E 5 zu § 5 ABGB, MGA34; 5 Ob 44/92). Eine solche besondere Übergangsvorschrift wurde für § 12a MRG idF des

3. WÄG nicht erlassen und findet sich auch nicht in § 43 Abs 1 MRG, der zwar wegen der auf Dauer angelegten Rechtsbeziehungen zwischen Vermieter und Mieter anordnet, daß die Vorschriften des MRG grundsätzlich auch für solche Verträge gelten, die vor dem Inkrafttreten des MRG geschlossen wurden, aber keineswegs die Anwendung neuen Rechts auf endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte vorschreibt (MietSlg 38/5; MietSlg 39/19; MietSlg 40/3; WoBl 1993, 31/23 ua). Neues (materielles) Recht ist also, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich anderes verfügte oder der besondere Charakter einer zwingenden Norm deren rückwirkende Anordnung verlangt, nicht anzuwenden, wenn der zu beurteilende Sachverhalt vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen endgültig abgeschlossen worden ist (vgl EWr II/2/5; Würth, Anm. zu WoBl 1995, 177/85).

Daß dieser Grundsatz insbesondere für jene Normen gilt, die Rechtsfolgen für ein Mietverhältnis an die Veräußerung des vom Mieter im Mietobjekt betriebenen Unternehmens knüpfen, wurde bereits wiederholt gesagt. Mit dieser Begründung wurde es abgelehnt, § 12 Abs 3 aF MRG auf Veräußerungsvorgänge anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten des MRG stattgefunden haben (MietSlg 35/14; MietSlg 35/23; MietSlg 36/12; ecolex 1991, 455 uva). Der in § 12 Abs 3 aF MRG geregelte Mietrechtsübergang ist nämlich nicht an einen Dauerzustand, sondern an das punktuelle Ereignis der Unternehmensveräußerung geknüpft. Er muß schon deshalb auf einen rechtserheblichen Zeitpunkt konzentriert werden, weil die Unternehmensveräußerung sofort und unmittelbar zum Austausch des Mieters führt (was ja auch hauptsächliches Motiv für die "Entschädigung" des Vermieters war: vgl MietSlg 41.230; EWr I/12/47 ua) und eben damit die sechsmonatige Frist für die dem Vermieter eingeräumte Möglichkeit zur Mietzinserhöhung zu laufen beginnt (vgl MietSlg 35/14; MietSlg 37/47; SZ 64/127 ua). Damit erweist sich die Begründung, die dauernde, auch in Zukunft wirkende Mietzinserhöhung rechtfertige eine Anwendung des neuen Rechts oder auch nur des neu gewonnenen Begriffsverständnisses der Unternehmensveräußerung auch im vorliegenden Fall (wobei dahingestellt sei, ob nicht auch der gegenständliche Veräußerungsvorgang von der Regelung des § 12a Abs 1 MRG idF des

3. WÄG erfaßt wäre), als nicht tragfähig.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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