OGH 12Ns23/95

OGH12Ns23/9518.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Jänner 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Wietrzyk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander F***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB, AZ 12 f E Vr 5.712/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Erklärung des Beschuldigten, den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien Dr.Erwin F***** wegen Befangenheit abzulehnen, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Ablehnung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien Dr.Erwin F***** ist nicht gerechtfertigt.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

In der oben bezeichneten Strafsache hat der Beschuldigte Alexander F***** mit unmittelbar an den Obersten Gerichtshof gerichteter Telefax-Eingabe vom 10.September 1995 die "Ablehnung des Präsidenten der Ratskammer (des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), der Ratskammer selbst und des Gerichtshofes I.Instanz als Gesamtinstitution" (Pkt.II) sowie die "Ablehnung der Senate des Gerichtshofes II.Instanz (Wien) und des Präsidenten" (Pkt.III) erklärt. Eine gleichlautende Eingabe hat er auch an das Erstgericht gerichtet (ON 571/XX). In der Folge hat er diese Ablehnungserklärung dahin eingeschränkt, daß sie sich nur auf die Richter des Präsidiums des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, die Ratskammer und den Richter des Landesgerichtes Dr.Max O***** sowie auf bestimmte Richter des Oberlandesgerichtes Wien und auf den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien beziehe (ON 580/XX).

Eine Kompetenz des Obersten Gerichtshofes kommt hier somit nur in Ansehung der Ablehnung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien Dr.Erwin F***** in Betracht (§ 74 Abs 2 letzter Halbsatz StPO).

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Gesuches, womit ein Beteiligter die Ablehnung eines Richters geltend machen will (§ 73 StPO), ist - wie sich aus der Gesamtheit der Bestimmungen des VII.Hauptstückes der StPO klar ergibt -, daß der betreffende Richter in der Sache des Ablehnungswerbers zu einer richterlichen Entscheidung konkret berufen ist.

Dies trifft auf den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien insofern zu, als er hier über die Ablehnung bestimmter Richter des Oberlandesgerichtes zu entscheiden hat (§ 74 Abs 1 StPO).

Gemäß § 72 Abs 1 StPO kann der Beschuldigte Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des Abzulehnenden in Zweifel zu setzen. Diese Ablehnungsgründe müssen genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO). Die Ablehnung eines Richters ist nur dann gerechtfertigt, wenn Umstände vorliegen, die aus objektiver Sicht zur Befürchtung Anlaß geben, der Abgelehnte könnte sich bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (EvBl 1973/326 uva).

Solche Gründe wurden vom Einschreiter nicht dargetan.

Für die zur Begründung der Ablehnung aufgestellte Behauptung, daß der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien Aufsichtsbeschwerden (§ 15 StPO), Ablehnungserklärungen (§ 74 Abs 1 StPO) oder sonstige Anträge des Beschuldigten ignoriert und eine Entscheidung darüber verweigert hätte, finden sich in den Akten keine Anhaltspunkte. Die verschiedentlichen Anträge des Ablehnungswerbers wurden vielmehr nach der Aktenlage von den jeweils zuständigen Senaten des Oberlandesgerichtes Wien durchwegs einer Erledigung zugeführt. Der Beschuldigte unterliegt - offenbar infolge Unkenntnis der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichtes Wien - einem Mißverständnis über die Kompetenzen des Präsidenten dieses Gerichtshofes. In der Tat findet sich in den Akten kein einziger Antrag, zu dessen Entscheidung Oberlandesgerichtspräsident Dr.F***** nach den Prozeßgesetzen und der Geschäftsverteilung (mit-)berufen gewesen wäre. Dies stimmt im übrigen mit der aus Anlaß seiner Ablehnung eingeholten Stellungnahme des Genannten überein, wonach er in Angelegenheiten des Ablehnungswerbers niemals als Entscheidungsorgan berufen war oder aufgetreten ist, weshalb für ihn auch kein Befangenheitsgrund ersichtlich sei.

Die Ablehnung Dris.F***** ist daher nicht gerechtfertigt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte