OGH 3Ob15/95

OGH3Ob15/9521.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Birgit Ö*****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ria Ch. Quindt-Kronenberg, Rechtsanwältin in Unterlüß-Celle, wider die verpflichtete Partei Herwig Ö*****, vertreten durch Dr.Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wegen Erwirkung unvertretbarer Handlungen (§ 354 EO), infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 5.Dezember 1994, GZ 14 R 222/94-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg vom 1.September 1994, GZ 19 Nc 8/94g-1, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Exekutionsbewilligungsantrag abgewiesen wird.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit S 7.036,80 (darin S 1.172,80 USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die betreibende Partei ist deutsche Staatsbürgerin, der Verpflichtete ist Österreicher. Der mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Zistersdorf (vom 25.3.1993, rechtskräftig seit 19.5.1994) aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschiedenen Ehe der Parteien entstammt der *****1987 geborene Sohn Thomas. Am 4.3.1991 verließ die Mutter mit dem Sohn Österreich. Sie wohnen seither in Celle.

Mit Teilurteil des Amtsgerichtes Celle vom 27.10.1992, ergangen im Rechtsstreit der betreibenden Partei als Klägerin gegen den Verpflichteten als Beklagten über Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung von Ehegattentrennungsunterhalt sowie Kindesunterhalt, wurde der Mann verpflichtet, der Klägerin Auskunft über die Höhe seiner Einkünfte für die Zeit vom 1.4.1990 bis 31.3.1991 sowie seines Vermögens zu erteilen und näher bezeichnete Belege vorzulegen; es wurde ausgesprochen, daß dieses Urteil vorläufig vollstreckbar ist. Der Klägerin wurde eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Teilurteiles zum Zweck der Zwangsvollstreckung erteilt. Überdies ist auf dem Urteil bestätigt, daß eine Ausfertigung dem Beklagten zu Handen einer von ihm bevollmächtigten Rechtsanwältin am 30.10.1992 zugestellt wurde.

Auf Grund dieses Teilurteiles beantragte die betreibende Partei beim Erstgericht zur Erzwingung der darin dem Verpflichteten auferlegten Handlungen Exekution gemäß § 354 EO.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution und behielt dem Exekutionsgericht (BG Zistersdorf) die Bestimmung der Frist und die Androhung des Beugemittels gemäß § 354 EO vor.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Gründe für die Versagung der Anerkennung des vorliegenden Teilurteiles im Sinne des anzuwendenden (deutsch-österreichischen Anerkennungs- und) Vollstreckungsvertrages vom 6.6.1959 BGBl 1960/105 - dort im Sinne der Art 2 Z 1-3 und Art 3 Abs 1 und 2 - lägen nicht vor. Zumindest für den Kindesunterhalt seien auch die Voraussetzungen sowohl für die Zuständigkeit (§ 23 a dZPO), als auch für die Anwendung deutschen Sachrechtes (Unterhaltsstatutabkommen und deutsches internationales Privatrecht) gegeben. Auch die im Art 7 Abs 1 des Vollstreckungsvertrages genannten Voraussetzungen für die Vollstreckung rechtskräftiger Entscheidungen seien erfüllt, weil eine Entscheidungsausfertigung samt Zeugnis über die Rechtskraft und Vollstreckungsklausel vorgelegt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist berechtigt.

Rechtsgrundlage für die vorliegende Exekution aufgrund eines ausländischen (deutschen) Exekutionstitels ist der oben genannte bilateriale Vollstreckungsvertrag vom 6.10.1959, BGBl 1960/105. Gemäß Art 6 dieses Vertrages richtet sich die Bewilligung der Exekution (die Vollstreckbarerklärung) und die Durchführung der Zwangsvollsteckung, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, nach dem Rechte des Staates, in dem vollstreckt werden soll. Gemäß Art 5 Abs 2 des Vertrages werden vorläufig vollstreckbare Entscheidungen von Gerichten in der Bundesrepublik Deutschland, die auf eine Geldleistung lauten, soferne sie in dem anderen Staate (Österreich) anzuerkennen sind, in diesem Staat nach Maßgabe der Art 6, 8-10 des Vertrages vollstreckt. Gemäß Art 10 Abs 1 ist in Österreich aufgrund der im Art 5 Abs 2 genannten Entscheidungen von Gerichten in der Bundesrepublik Deutschland nur die Exekution zur Sicherstellung zulässig. In Österreich gibt es indes gemäß §§ 370 ff EO, die gemäß Art 6 des Vertrages anzuwenden sind, die Exekution zur Sicherstellung nur "zur Sicherung von Geldforderungen" (Matscher in JBl 1960, 272). Dies deckt sich insoweit mit der obgenannten Bestimmung des Art 5 Abs 2 des Vertrages.

Der vorliegende, entgegen der Auffassung der Vorinstanz nur vorläufig vollstreckbare aber nicht rechtskräftige deutsche Exekutionstitel lautet indessen nicht auf Geldforderungen, sondern auf eine Verpflichtung zu unvertretbaren Handlungen, sodaß die Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Exekution nicht erfüllt sind. Der Antrag ist daher abzuweisen, ohne daß die weiters aufgeworfenen Fragen der internationalen Zuständigkeit sowie der Rechtsanwendung (deutschen internationalen Privatrechtes und deutschen Sachrechtes) zu prüfen wären.

Da die betreibende Partei die Rechtskraft des vorgelegten Exekutionstitels gar nicht behauptet hat, besteht für die Einleitung eines sonst möglichen Verbesserungsverfahrens (SZ 63/99; EvBl 1972/130; SZ 35/119) zur Nachbringung der Bestätigung der Rechtskraft des Titels kein Anlaß.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78 EO, 50, 41 ZPO, wobei gegen die Verdienstsummenansätze von "bis S 50.000" für den Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung sowie "bis S 25.000" für den Revisionsrekurs angesichts des vorliegenden, von der betreibenden Partei nicht bewerteten Exekutionsantrages beim Gerichtshof erster Instanz keine Bedenken bestehen.

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