OGH 6Ob1725/95

OGH6Ob1725/9521.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Pimmer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 14. Dezember 1994 verstorbenen Hans Peter K*****, geboren am 3. Dezember 1956, zuletzt wohnhaft in *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der erblasserischen Nichte Petra Simettinger, Hausfeldstraße 22/6/14, 1220 Wien, vertreten durch Dr.Werner Zaufal, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 18.Oktober 1995, AZ 11 R 156, 157/95 (ON 24), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der erblasserischen Nichte wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Text

Begründung

Der Erblasser verfaßte am 20.11.1987 sechs Tage nach der Eheschließung ein vom ihm und seiner Ehegattin unterschriebenes wechselseitiges Testament, mit welchem die Ehegatten einander zu Alleinerben einsetzten (S 1 zu ON 5). Eine auf einem Kalenderblatt der 50.Woche des Jahres 1994 in Blockschrift geschriebene Verfügung hat folgenden Wortlaut:

"LETZTER WILLE./ DAS 1/2 HAUS PETRA S*****/ DEN SCHMUCK VERTEILT/ HANSI" (S 3 zu ON 5).

Sowohl die Witwe als auch die erbl.Nichte Petra S***** gaben jeweils bedingte Erbserklärungen zum gesamten Nachlaß ab, die Witwe aufgrund des Testaments vom 20.11.1987, die Nichte aufgrund der angeführten Verfügung auf dem Kalenderblatt.

Das Abhandlungsgericht, das zuvor bereits die Erbserklärung der Witwe angenommen hatte (ON 13), nahm auch jene der Nichte entgegen (ON 20) und verwies die Witwe mit ihrem Erbrechtstitel auf den Rechtsweg (ON 21).

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Witwe gegen die Annahme der Erbserklärung der Nichte nicht statt, änderte aber über Rekurs der Witwe die Verteilung der Parteienrollen dahin ab, daß die Nichte mit ihrem Erbrechtstitel auf den Rechtsweg verwiesen wurde. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Nichte erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.

Bei widersprechenden Erbserklärungen hat das Verlassenschaftsgericht die Parteienrollen für den Rechtsstreit festzulegen (§ 125 AußStrG), bei Widerspruch von Erbserklärungen testamentarischer Erben ist demjenigen Erbansprecher die Klägerrolle zuzuteilen, der sich auf das ältere Testament stützt (MGA AußStrG2 § 126/52), es sei denn, gegen das jüngere Testament liegen objektiv begründete Bedenken vor, vor allem in der Frage der Echtheit (SZ 23/285; NZ 1984, 131, 1980, 7). Der Rekurswerberin kann zwar zugestimmt werden, daß hier schon mangels Bestreitung der Echtheit der Verfügung aus dem Jahr 1994 durch die Witwe noch keine gewichtigen Bedenken dagegen bestehen, daß die Verfügung nicht vom Erblasser stammen könnte. Diese Verfügung ist aber aus dem Grund als schwächerer Erbrechtstitel gegenüber dem Testament aus dem Jahr 1987 zu qualifizieren, weil offenkundige Zweifel daran bestehen, ob sie eine Erbseinsetzung (§ 553 ABGB) enthält. Der Wortlaut spricht vielmehr für eine letztwillige Zuwendung in Form eines Legates (was die Rekurswerberin zunächst anerkannte: ON 14). Die vermachte Liegenschaftshälfte stellt nicht den gesamten Nachlaß dar (vgl die Schätzung der Gebrauchsgegenstände in ON 18). Wenn der Erblasser mehr als das vermachte Vermögen besaß, spricht dies für ein Legat (Koziol-Welser Grundriß II9 329). Die Unklarheit, ob die jüngere Verfügung eine Erbseinsetzung enthält, hat zur Folge, daß diese Verfügung gegenüber dem älteren Testament, das eindeutig ist, als schwächerer Erbrechtstitel anzusehen ist (6 Ob 50/66). Auf die vom Rekursgericht angestellten Erwägungen (zum Umstand, daß die jüngere Verfügung in Blockschrift verfaßt wurde sowie zur mangelnden Datierung) kommt es daher gar nicht mehr an. Da das Rekursgericht im Ergebnis nicht von der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist, war der Revisionsrekurs der Nichte des Erblassers mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

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