OGH 4Ob1678/95

OGH4Ob1678/9518.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga S*****, vertreten durch Dr.Erich Proksch und Dr.Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Kurt L*****, vertreten durch Dr.Gernot Kerschhackl, Rechtsanwalt in Baden, wegen S 329.152 (Revisionsinteresse insgesamt S 322.500), infolge der außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 6.September 1995, GZ 17 R 72/95-55, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen beider Parteien werden gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Revision der Klägerin:

Die relative Berechnungsmethode dient im Gewährleistungsrecht der Berechnung der Preisminderung; nach dem Prinzip der Erhaltung der subjektiven Äquivalenz sollen dadurch die beim Vertragsabschluß zugrunde gelegten Wertrelationen zwischen Leistung und Gegenleistung aufrechterhalten bleiben (SZ 26/185; SZ 26/261; SZ 49/124; SZ 54/88 uva). Auch bei der Berechnung der Vertragsanpassung gemäß § 872 ABGB wird diese Methode angewandt (SZ 48/112; SZ 54/88; SZ 64/32), weil es auch hier um die Beibehaltung der subjektiven Äquivalenz geht. Im Schadenersatzrecht spielen diese Gedankengänge aber keine Rolle. Gemäß § 1323 ABGB ist für die Berechnung des Schadens die durch die Schädigung entstandene Vermögensverminderung maßgebend; der Vermögenswert einer Sache ist jedoch unabhängig von dem für die Sache bezahlten Preis (VersE 1297 = VersR 1987, 918 = WBl 1988, 404). In SZ 64/32 wurde zwar ausgesprochen, daß sich auch die Berechnung der Genugtuung für die nachteiligen Folgen einer listigen Irreführung an der relativen Berechnungsmethode zu orientieren habe, weil auch ein nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen zu leistender Wertausgleich zu berücksichtigen habe, daß sich eine in einem Kaufvertrag getroffene Preisvereinbarung aus den verschiedensten - auch durchaus subjektiven - Beurteilungskriterien der Partei ableite. Daher müsse der Ausgleich für den Nachteil aus der fehlenden wertbestimmenden Eigenschaft nach der subjektiven Äquivalenz beurteilt werden. Gleichzeitig wurde aber auch zum Ausdruck gebracht, daß der Geschädigte als Ausgleich für einen Minderwert des Kaufgegenstandes nicht mehr verlangen kann, als das, was ihm nach dieser Berechnungsmethode zusteht. Die Obergrenze des Geldersatzes bildet aber immer nur der tatsächliche Schaden. Dieser beträgt im vorliegenden Fall aber nur die Differenz zwischen dem Verkehrswert der gekauften Sache und dem tatsächlich gezahlten (höheren) Kaufpreis.

2. Zur Revision des Beklagten:

Die Klägerin hat sich auf die Verletzung von Aufklärungspflichten berufen und insbesondere ausgeführt, daß sie der Beklagte nicht über das tatsächliche Ausmaß der Liegenschaft und der Wohnfläche informiert habe. Darin ist auch ein ausreichendes Vorbringen in der Richtung enthalten, daß sie vom Beklagten über die Fragwürdigkeit der tatsächlich gemachten Größenangaben nicht informiert wurde. Das Berufungsgericht legt an den Beklagten auch keinen höheren Sorgfaltsmaßstab an als an einen sonstigen Vertragserrichter, der nicht gleichzeitig auch Verkäufer ist. Auch im Hinblick auf die Üblichkeit des Ausschlusses der Haftung für bestimmte Größenangaben ist es Sache des Vertragserrichters, die Tragweite dieser Ausschlußklausel auch der von ihm nicht vertretenen Kaufpartei zu erklären und vor Augen zu halten, daß gemachte Größenangaben zu prüfen sind. Der Beklagte hätte demnach die Klägerin darüber aufklären müssen, daß seine Größenangaben auf bloßen Schätzungen beruhen (die Unrichtigkeit der behaupteten Grundstücksgröße mußte ihm im übrigen aus dem seinerzeitigen Kaufvertrag, mit dem er selbst die Liegenschaft erworben hatte, bekannt sein, weil dort die Grundstücksgröße richtig mit 109 m2 angegeben ist). Diese Ansicht des Berufungsgerichts orientiert sich an der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts, nach der der Anwalt auch die wirtschaftlichen Auswirkungen des beabsichtigten Vertragsabschlusses zu berücksichtigen hat (NZ 1989, 247; AnwBl 1991, 120). Ein höherer Sorgfaltsmaßstab wurde daher nicht angelegt.

Bei rechtmäßigem Alternativverhalten hätte die Klägerin den über den angemessenen Kaufpreis hinausgehenden Kaufpreisteil nicht gezahlt. Unabhängig davon, ob der Vertrag zum angemessenen Kaufpreis zustande gekommen wäre oder nicht, ist die Klägerin durch die Zahlung des Mehrbetrages geschädigt.

Zur weiteren Schadenersatzforderung von S 22.500 hat der Beklagte in der Berufung inhaltlich nichts ausgeführt. Dieser Teil unterlag daher nicht mehr der Prüfung durch das Berufungsgericht. Er kann daher auch nicht mehr mit Revision angefochten werden (EvBl 1985/154; MR 1987, 221; MR 1989, 52; ÖBl 1991, 108).

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