OGH 15Os167/95(15Os168/95)

OGH15Os167/95(15Os168/95)14.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Eichinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Vehbi K***** und Romeo J***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 12.September 1995, GZ 19 Vr 897/95-29, sowie über die Beschwerde des Angeklagten K***** gegen den zugleich mit dem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO verkündeten Beschluß nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen sowie über die Beschwerde des Angeklagten K***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Vehbi K***** und Romeo J***** wurden des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall (K***** auch: zweiter und dritter Fall) SGG (A I und II) sowie des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (B I und II) schuldig erkannt.

Danach haben den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift

(zu A) in einer großen Menge von Mitte Mai bis 4.Juli 1995

I. Vehbi K***** dadurch ein- und ausgeführt sowie in Verkehr gesetzt, daß er bei mehreren Fahrten insgesamt 40 Gramm Heroin und 8 Gramm Kokain aus der Schweiz nach Vorarlberg schmuggelte und in Mäder dem Roman (gemeint: Romeo) J***** verkaufte,

II. Romeo J***** in Vorarlberg dadurch in Verkehr gesetzt, daß er 25 Gramm Heroin und 3 Gramm Kokain an Esther H*****, Michaela C***** sowie an andere Drogenkonsumenten verkaufte;

(zu B) in Vorarlberg außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG erworben und besessen, indem sie es konsumierten, und zwar

I. Vehbi K***** von Mai 1995 bis 4.Juli 1995 Heroin,

II. Romeo J***** vom 10.Mai bis 4.Juli 1995 25 Gramm Heroin und 5 Gramm Kokain.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richten sich die von beiden Angeklagten (in getrennten Rechtsmittelschriften ausgeführten) jeweils auf die Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.

Vorweg ist festzuhalten, daß sich die Rechtsmittelausführungen des Angeklagten K***** (vgl 309 fünfter Absatz: "..., sodaß das angefochtene Urteil mit Nichtigkeit behaftet ist") und dessen Rechtsmittelanträge (311: "..., das Urteil aufzuheben ...") zwar uneingeschränkt auf den gesamten Schuldspruch beziehen. Zur Konstatierung der Ausfuhr des urteilsgegenständlichen Suchtgiftes aus der Schweiz und dessen Einfuhr nach Österreich (§ 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall SGG) und zum Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG ermangelt es den Beschwerdeausführungen jedoch an der deutlichen und bestimmten Bezeichnung jener Umstände, die den angeführten Nichtigkeitsgrund auch in bezug auf diese Schuldspruchsfakten bilden sollen, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen war.

Zum (verbleibenden) Schuldspruch wegen des Kumulativtatbestandes des Inverkehrsetzens der geschmuggelten 40 Gramm Heroin und 8 Gramm Kokain in Mäder durch Verkauf an Romeo J***** erschöpft sich die Beschwerdekritik des Angeklagten K***** bloß in der Behauptung, das Erstgericht stütze sich nur auf die "belastenden Erklärungen [der Angeklagten] im Vorverfahren", nicht aber auf "ihre größtenteils übereinstimmenden Aussagen in der mündlichen Hauptverhandlung, die die tatsächliche Entscheidungsgrundlage bildet". Nach Meinung des Beschwerdeführers stimmten nämlich die Verantwortungen in der Hauptverhandlung in wesentlichen Bereichen vollkommen überein, hätten größeres Gewicht und überzeugten mehr, zumal mit ihnen auch die von Tülün A***** (richtig: A*****) im Vorverfahren abgelegte Zeugenaussage viel besser in Einklang zu bringen sei als mit den erstgerichtlichen Feststellungen. Demnach habe er dem Romeo J***** nur insgesamt 3 Gramm Heroin, aber kein Kokain übergeben.

Der Angeklagte J***** bekämpft - korrespondierend dazu - die in Widerspruch zu seiner (teilweise geständigen) Verantwortung in der Hauptverhandlung getroffenen Urteilsfeststellungen bezüglich der Suchtgiftmengen, denenzufolge er von K***** insgesamt 40 Gramm Heroin und 3 (ersichtlich gemeint: 8) Gramm Kokain erhalten habe, davon einerseits 25 Gramm (teilweise gestrecktes) Heroin sowie 3 Gramm Kokain an dritte Personen weitergegeben bzw verkauft, andererseits 15 Gramm Heroin und weitere (von anderen Personen erworbene) 10 Gramm Heroin sowie 5 Gramm Kokain konsumiert habe. Auch nach Meinung dieses Beschwerdeführers liege das Hauptgewicht auf seiner in der Hauptverhandlung abgelegten Verantwortung, die auch mit den von K***** in der Hauptverhandlung angegebenen Suchtgiftmengen übereinstimme; einem in diesem Prozeßstadium erfolgten Widerruf früherer Angaben hätte das Schöffengericht entsprechendes Gewicht beilegen und ihm im Zweifel folgen müssen.

Entgegen den Ausführungen in den Tatsachenrügen, welche sich ausschließlich auf die in der Hauptverhandlung vorgebrachten Verantwortungen der Angeklagten stützen, haben die Tatrichter - getreu den im § 258 Abs 2 StPO statuierten Grundsätzen über das Wesen der freien richterlichen Beweiswürdigung - in einer Gesamtschau aller vorhandenen Beweisergebnisse sowie unter Verwertung des gewonnenen persönlichen Eindrucks ausführlich, aktengetreu, plausibel und in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen dargelegt, warum sie die Schuldsprüche im wesentlichen auf die Einlassungen des Angeklagten Romeo J***** vor den Sicherheitsbehörden gestützt haben, die er zwei Untersuchungsrichtern gegenüber bestätigt hat, hingegen den Verantwortungen der Angeklagten in der Hauptverhandlung den Glauben versagt haben (vgl US 8 ff).

Indes kann eine für die Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen keineswegs in dem Vorbringen bestehen, daß das Erstgericht Beweisergebnisse (nach Ansicht der Beschwerdeführer) bedenklich gewürdigt habe. Der Nichtigkeitsgrund der Z 5 a gestattet nämlich nicht - wie es die Rechtsmittelwerber prozeßordnungswidrig tun - die Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer - in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen - Schuldberufung; wie überhaupt der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen oder Angeklagten auf Grund des von diesen in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologischen Vorgang als solcher einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen ist (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 3 f).

Demnach sind die Beschwerdeführer außerstande, auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung Zweifel - geschweige denn erheblicher Art - gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (Mayerhofer/Rieder aaO E 2).

Sohin war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten sowie über die Beschwerde des Angeklagten K***** das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig ist (§ 285 i StPO).

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