OGH 8Ob26/95

OGH8Ob26/9530.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Konkurssache betreffend das Vermögen des Udo J*****, vertreten durch Dr.Dieter Klien, Rechtsanwalt in Dornbirn, infolge Revisionsrekurses des Gemeinschuldners und außerordentlichen Revisionsrekurses des Konkursgläubigers Leo S*****, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 19.Juni 1995, GZ 1 R 180/95-52, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 11. Mai 1995, GZ S 104/94-42, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Konkursgläubigers Leo S***** wird zurückgewiesen.

Dem Rekurs des Gemeinschuldners wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht faßte über den Zwangsausgleichsantrag des Gemeinschuldners nach Abhaltung der Tagsatzung vom 27.4.1995 den Beschluß ON 42, mit welchem es in Punkt 1. den Konkursgläubigern Dr.Dieter K***** und Norbert F***** das Stimmrecht im Ausmaß der jeweilig angemeldeten Forderungen zuerkannte und dem nun den außerordentlichen Revisionsrekurs erhebenden Konkursgläubiger Leo S***** hinsichtlich des bestrittenen Teiles seiner Forderung kein Stimmrecht einräumte. In Punkt 2. bestätigte es den am 27.4.1995 vom Gemeinschuldner mit seinen Gläubigern abgeschlossenen Zwangsausgleich, dessen wesentlichen Inhalt es dahin wiedergab, daß die Konkursgläubiger auf ihre Forderungen eine 21 %ige Quote, zahlbar binnen 14 Tagen ab Annahme des Ausgleichs, erhalten. Zur Stimmrechtsentscheidung führte das Erstgericht begründend aus, daß hinsichtlich der Forderung des Konkursgläubigers Dr.K***** ein Urteil vorliege, das nach Auffassung des Konkursgerichtes sachlich und rechtlich zutreffend sei. Eine weitere Auseinandersetzung mit der Frage, ob dem Konkursgläubiger F***** das Stimmrecht zustehe, sei deshalb entbehrlich, da auch bei Aberkennung der Berechtigung der Stimmführung die vom Gesetz geforderten Mehrheiten erreicht würden. Was schließlich den Konkursgläubiger Leo S***** betreffe, entfalle der strittige Teil der Forderung auf eine Konventionalstrafe, deren Zurechtbestehen der Konkursgläubiger nicht ausreichend habe bescheinigen können. Der Zwangsausgleich, der mit dem vom Gesetz geforderten Mehrheiten angenommen worden sei, sei nicht unzulässig im Sinne des § 141 KO. Auch die fakultativen Versagungsgründe des § 154 KO seien nicht gegeben, da der Gemeinschuldner den Vermögensverfall nicht durch schwere wirtschaftliche Verfehlungen herbeigeführt habe und die ihm im Ausgleich gewährten Begünstigungen auch nicht im Widerspruch mit den Verhältnissen des Gemeinschuldners stünden. Wenn man bedenke, daß aufgrund der der Forderung auf Konventionalstrafe zugrundeliegenden Konkurrenzklausel dem Gemeinschuldner die Tätigkeit als Marktfahrer verwehrt sei, erscheine es nicht rechtsmißbräuchlich, wenn dieser nunmehr Tätigkeiten nachgehe, deren Entlohnung der Höhe nach unter jenen Beträgen liege, welche eine Pfändung und sohin einen den Gläubigern zukommenden Betrag in Betracht kommen ließen. Der angenommene Zwangsausgleich sei jedenfalls günstiger als die konkursmäßige Liquidation. Daß die Erfüllung des Ausgleichs nicht möglich sein werde, sei nach den Berichten des Masseverwalters nicht anzunehmen.

Das Gericht zweiter Instanz wies mit Punkt 1) den dagegen erhobenen Rekurs des Konkursgläubigers Leo S*****, insoweit er sich gegen Punkt 1. der angefochtenen Entscheidung richtet, als unzulässig zurück und gab ihm im übrigen in Punkt 2) dahin Folge, daß es dem am 27.4.1995 zwischen dem Gemeinschuldner und den Gläubigern abgeschlossenen Zwangsausgleich gemäß § 154 Z 1 und 2 KO die Bestätigung versagte. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in beiden Punkten seiner Entscheidung je S 50.000 übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs hinsichtlich des Punktes 1. nicht zulässig, hinsichtlich Punkt 2. jedoch zulässig sei. Der Konkursgläubiger Leo S***** habe gegen den in der Tagsatzung vom 27.4.1995 mündlich verkündeten Stimmrechtsbeschluß des Erstgerichtes bereits ein Rechtsmittel erhoben, über welches vom Rekursgericht mit Beschluß ON 48 abgesondert entschieden worden sei. Der Teil seines Rekurses, mit welchem er nunmehr neuerlich die Entscheidung über die Stimmrechte bekämpfe, sei daher aus dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels heraus unzulässig. Zur Bestätigung des Zwangsausgleiches führte das Rekursgericht aus, daß die vom Rekurswerber geltend gemachten Versagungsgründe nicht vorlägen. Die Entscheidung des Erstgerichtes enthalte den wesentlichen Inhalt des Zwangsausgleiches und entspreche daher der Bestimmung des § 152 Abs 2 KO. Auch das Vermögensverzeichnis entspreche den gesetzlichen Anforderungen, der Hinweis des Gemeinschuldners er liste hiemit sein "gesamtes Hab und Gut" auf, sei der in § 100 Abs 4 KO geforderten Erklärung, daß seine Angaben über den Aktiv- und Passivstand richtig und vollständig seien und daß er von seinem Vermögen nichts veschwiegen habe, gleichzuhalten. Es könne nicht davon gesprochen werden, daß die Erfüllung des Ausgleiches voraussichtlich nicht gesichert sei. Die angemeldeten Konkursforderungen ergäben insgesamt einen Betrag von S 600.000, der vom Gläubiger S***** weiters geforderte Betrag von S 200.000, hinsichtlich welches eine Klage anhängig sei, sei gemäß § 150 Abs 3 KO sicherzustellen. Das gesamte Erfordernis von 21 % aus S 800.000 betrage S 168.000. Der Anspruch des Masseverwalters sei mit S 48.000 geltend gemacht worden, die Masseforderung für den erlegten Kostenvorschuß betrage S 40.000. Unter Berücksichtigung des Habenstandes des Massekontos von S 39.238 sei durch die, wenngleich auf den Vertreter des Gemeinschuldners als Begünstigten lautende Bankgarantie über S 210.000 die Abdeckung aller Forderungsquoten durch Bezahlung oder Sicherstellung als weitgehend möglich zu betrachten. Daß die Garantieerklärung auf den Vertreter des Gemeinschuldners und nicht zugunsten des Masseverwalters laute, schade nicht, da eine Bürgschafts- oder Garantieverpflichtung nach dem Ausgleichsvorschlag nicht beizubringen gewesen sei. Eine materielle Insolvenz des Gemeinschuldners in den letzten fünf Jahren sei aus dem Akt nicht ersichtlich. Für die Annahme einer Begünstigung oder 100 %igen Befriedigung aller anderen Gläubiger, ausgenommen den Konkursgläubiger S*****, fehle es an Verfahrensergebnissen oder entsprechenden konkreten Behauptungen. Berechtigung komme der Rüge des Rekurswerbers jedoch insoweit zu, als das Erstgericht die Versagungsgründe des § 154 Z 1 und 2 KO nicht beachtet habe. Der Gemeinschuldner sei erst 30 Jahre alt und arbeite seit Jänner 1995 als teilzeitbeschäftigter Verkäufer in einem Fabriksverkauf mit einer Entlohnung von monatlich S 6.500 zuzüglich allfälliger Provisionen für Verkäufe außerhalb der Verkaufsstätte. Gehe man davon aus, daß ein Arbeitnehmer in Vorarlberg in jungen Jahren und bei vollem Arbeitseinsatz ein Einkommen von sicherlich rund S 15.000 netto monatlich erzielen könne, dann sei auch unter Berücksichtigung der sich aus dem Akt ergebenden bisherigen gehobenen Lebenshaltung des Gemeinschuldners nicht ersichtlich, warum dieser nicht auch in Zukunft ein entsprechendes Einkommen erzielen könne, um seine Gläubiger daraus zu befriedigen. Der Zwangsausgleichsvorschlag des Gemeinschuldners entspreche bei weitem nicht dem, was dieser bei den gegebenen Aussichten auf einen künftigen Erwerb leisten könne. Damit erscheine dem Rekursgericht, daß die Gläubiger in ihrer Gesamtheit auf längere Sicht mit einer erheblich größeren quotenmäßigen Rückzahlung ihrer Forderungen rechnen könnten als bei Annahme des vorliegenden Zwangsausgleichsvorschlages. Der Ausgleich widerspreche daher den gemeinsamen Interessen der Gläubiger, welcher Umstand von Amts wegen zu berücksichtigen sei. Die bescheidene Arbeitsbelastung, welche der Gemeinschuldner derzeit auf sich nehme, sei in diesem Zusammenhang wohl auch als unredlich zu bezeichnen, womit die Ausgleichsquote von weniger als 30 % auch den Versagungsgrund des § 154 Z 2 KO erfülle.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhobenen Revisionsrekurs des Gemeinschuldners kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 141 Z 5 KO ist der Antrag des Gemeinschuldners auf Abschließung eines Zwangsausgleiches dann unzulässig, wenn die Erfüllung des Ausgleichs voraussichtlich nicht möglich sein wird. Dieser Umstand bildet gemäß § 153 Z 1 KO einen absoluten Grund, die gerichtliche Bestätigung des Ausgleichs zu versagen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen liegt schon dieser Versagungsgrund vor, weshalb es sich erübrigt, auf die vom Rekursgericht herangezogenen relativen Versagungsgründe des § 154 KO näher einzugehen:

Es ist im Verfahren unbestritten, daß der Gemeinschuldner selbst über kein Vermögen verfügt und sein Einkommen das Existenzminimum kaum überschreitet. Eine Finanzierung des Ausgleichs aus eigenen Mitteln ist daher in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Die Erfüllung des Ausgleichs hängt daher ausschließlich von der Finanzierung durch dritte Personen ab. Der Finanzierungsvorschlag ON 20 stellt daher darauf ab, daß der Vater des Gemeinschuldners durch einen aufzunehmenden Kredit in der Höhe von S 210.000 die entsprechenden Mittel aufbringt. Wie eine überschlägige Berechnung ergibt, sind aber für die Erfüllung des Ausgleiches nicht unbeträchtlich höhere Beträge erforderlich. Ausgehend von der Summe der unbestrittenen Forderungen in der Höhe von S 598.012,57 zuzüglich der sicherzustellenden Forderung des Konkursgläubigers S***** von S 200.000 errechnet sich die 21 %ige Ausgleichsquote mit S 167.582,64. Hiezu kommen das Honorar des Masseverwalters, welches entgegen der Annahme des Gerichtes zweiter Instanz aufgrund des Antrages ON 40 mit S 72.000 begehrt wird. Zuzüglich des zurückzuzahlenden Kostenvorschusses von S 40.000 und des Honoraranspruches des Kreditschutzverbandes im Betrag von S 18.000 (ON 47), ergibt sich eine Gesamthöhe der Masseforderungen von S 130.000, welche sich um das Guthaben auf dem Massekonto von S 41.355 auf S 88.645 verringert. Insgesamt ist daher ein Erfordernis von S 256.227 gegeben, welches durch den vom Vater zur Verfügung gestellten Kredit nicht zur Gänze abgedeckt werden könnte. Abgesehen davon ist die mit ON 20 vorgelegte, zugunsten des Gemeinschuldnervertreters ausgestellte Bankgarantie mit Ablauf des 31.7.1995 erloschen. Da die Forderungen der Gläubiger aufgrund des Zwangsausgleiches erst nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses fällig werden und auch eine freiwillige frühere Zahlung nicht vor rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches angenommen werden kann (vgl SZ 64/25), wäre schon im Zeitpunkt der Tagsatzung über den Ausgleichsantrag am 27.4.1995 nur mehr eine äußerst kurze Frist zur Realisierung der Bankgarantie zur Verfügung gestanden, weshalb es Sache des Gemeinschuldners gewesen wäre, insbesondere unter Berücksichtigung des bisherigen Verfahrenslaufes entsprechend erweiterte Sicherheiten beizubringen. Es ist daher davon auszugehen, daß nach der Aktenlage die Finanzierung des Zwangsausgleiches nicht möglich ist, da das Vorhandensein entsprechender Eigenmittel des Gemeinschuldners in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist und die von dritter Seite zugesagte Finanzierung einerseits der Höhe nach nicht ausreichend und andererseits nach Erlöschen der Bankgarantie auch völlig ungewiß ist. Dies umso mehr, als sich eine unmittelbar an den Masseverwalter oder das Konkursgericht gerichtete Finanzierungszusage des Vaters des Gemeinschuldners nicht im Akt findet.

Es war daher dem Rekurs des Gemeinschuldners - wenngleich aus anderen Gründen als in der angefochtenen Entscheidung - ein Erfolg zu versagen.

Auch im Konkursverfahren gilt der Grundsatz, daß Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rekurses das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses ist (JBl 1968, 574; JBl 1987, 327). In Anbetracht des Umstandes, daß dem Zwangsausgleich die gerichtliche Bestätigung nunmehr endgültig versagt wurde, ist der Konkursgläubiger S*****, der mit seinen Rechtsmitteln gerade dieses Ziel anstrebte, durch die Zurückweisung seines die Stimmrechtsentscheidung bekämpfenden Rekurses nicht beschwert, da diese nur bei Bestätigung des Zwangsausgleichs von Relevanz sein könnte (vgl 8 Ob 5/93).

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Konkursgläubigers Leo S***** war daher zurückzuweisen.

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