OGH 1Ob521/95

OGH1Ob521/9522.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martin M*****, vertreten durch Dr.Reinhard Ratschiller, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Gottfried M*****, vertreten durch Dr.Karl Pacher und Dr.Michael Pacher, Rechtsanwälte in Graz, wegen 89.362,69 S sA, infolge von Rekursen beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichts vom 16.November 1994, GZ 6 R 254/94-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26.August 1994, GZ 3 C 3079/93-11, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird dem Rekurs der beklagten Partei Folge gegeben; der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.070,72 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 845,12 S Umsatzsteuer) und die mit 18.792,80 S bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 2.028,40 S Umsatzsteuer und 6.620 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger lieferte einer Werkbestellerin (im folgenden Schuldnerin) über deren Auftrag vom 30.Oktober 1984 einen Wintergarten und montierte diesen auf deren Liegenschaft. Zur Durchsetzung der Entgeltforderung erwirkte er gegen die Schuldnerin das schließlich in Rechtskraft erwachsene Urteil des Landesgerichts für ZRS Graz vom 12.Dezember 1991, mit dem ihm - einschließlich der Kosten - ein Betrag von 89.362,69 S zuerkannt wurde. Mit Vereinbarung vom 5.September 1991 räumte die Schuldnerin ihrem Ehegatten und ihrer in der Zwischenzeit verstorbenen Mutter auf ihrer - damals bereits „hoch belasteten“ - Liegenschaft ein auch verbüchertes Belastungs- und Veräußerungsverbot ein.

Über Vermittlung durch einen Immobilienmakler kaufte der Beklagte von der - ihm bis dahin nicht bekannten - Schuldnerin deren Liegenschaft. Vor der Unterfertigung des mit der Aufsandungserklärung der Verkäuferin versehenen Kaufvertrags hatte der Beklagte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und in Anwesenheit der Schuldnerin und deren Ehegatten die Liegenschaft besichtigt, ohne daß dabei über den Kaufpreis oder das Haus betreffende Schulden gesprochen worden wäre. Vertragsverfasser und Treuhänder bei der Abwicklung des Kaufvertrags war einer der beiden Beklagtenvertreter (im folgenden Vertragsverfasser). Die Schuldnerin und der Beklagte sahen einander erst beim Abschluß des Kaufvertrags am 9.Dezember 1992 wieder. Im Punkt III. des Kaufvertrags sind die aus dem Grundbuch ersichtlichen Belastungen im einzelnen angeführt; im Punkt V. verzichtete der Ehegatte der Schuldnerin vorbehaltlos und unwiderruflich auf das ihm bestellte Belastungs- und Veräußerungsverbot und fertigte deshalb auch den Kaufvertrag mit. Im Zuge des Vertragsabschlusses fragte der Vertragsverfasser die Schuldnerin auch, ob bis zur Erlangung des Rangordnungsbescheids für die beabsichtigte Veräußerung noch mit weiteren Hypotheken zu rechnen sei, was die Schuldnerin verneinte. Über den - vom Kläger - angebauten Wintergarten war weder früher gesprochen worden, noch wurde dieser Umstand nun erörtert. Der Beklagte wußte nicht, daß die Schuldnerin noch weitere, mit der Liegenschaft zusammenhängende, aber bücherlich nicht besicherte Schulden hatte. Am 9.Dezember 1992 unterfertigte die Schuldnerin ein Gesuch um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft, dem das Bezirksgericht für ZRS Graz mit Beschluß vom 16.Dezember 1992 mit Rechtswirksamkeit bis einschließlich 16.Dezember 1993 stattgab.

Der Vertragsverfasser erfragte schriftlich von allen Hypothekargläubigern deren ausständigen Forderungen. Am 20.Jänner 1993 befand sich der gesamte - dem damaligen Verkehrswert der Liegenschaft entsprechenden - Kaufpreis von 1,649.970 S auf dem Treuhandkonto des Vertragsverfassers. Davon überwies er bis zum 22.Jänner 1993 insgesamt an die Hypothekargläubiger einen Betrag von 1,456.473,80 S. Nach Abzug sämtlicher Spesen und seiner Kosten von (10.400 S) verblieben der Schuldnerin 183.496,20 S. Sie erhielt 68.000 S in drei Teilbeträgen (mittels Schecks) vor dem 9.März 1993 und den Rest von 115.096,20 S durch Überweisung auf ein Bankkonto ihres Ehegatten am 10.März 1993. Als (tatsächlicher) Zeitpunkt der Übernahme der Liegenschaft wurde im Kaufvertrag der 27.Februar 1993 bestimmt und auch eingehalten.

Am 8.April 1993 bemerkte der Vertragsverfasser bei einer routinemäßigen Überprüfung des Grundbuchs, daß auf der Liegenschaft eine das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Ehegatten der Schuldnerin betreffende, beim Bezirksgericht für ZRS Graz eingebrachte Anfechtungsklage des Klägers angemerkt worden war. In der Folge verfolgte der Kläger seinen Anfechtungsanspruch nicht mehr weiter, indem er die Anfechtungsklage zurücknahm. Mit Gesuch vom 5.Mai 1993 beantragte der Vertragsverfasser die Löschung der Pfandrechte, der Belastungs- und Veräußerungsverbote und der Anmerkung der Anfechtungsklage sowie die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beklagten und des Finanzierungspfandrechts zu dessen Lasten. Das Grundbuchsgericht wies diesen Antrag, soweit damit die Einverleibung des Eigentumsrechts und des Pfandrechts begehrt wurde, mit Beschluß vom 26.Mai 1993 ab, weil die Negativbescheinigung der Grundverkehrskommission fehlte; im übrigen gab es dem Antrag statt.

Erstmals durch das Schreiben des Klagevertreters vom 2.Juni 1993 erfuhr der Vertragsverfasser von einer offenen Forderung des Klägers gegen die Schuldnerin und informierte unmittelbar nach dessen Erhalt den Beklagten - der bis dahin davon gleichfalls keine Kenntnis gehabt hatte - zunächst telefonisch und in der Folge am 13.Juli und am 11.Oktober 1993 auch noch schriftlich. Mit Schreiben vom 7.Juni 1993 gab der Vertragsverfasser dem Klagevertreter bekannt, der restliche Teil des Kaufpreises sei bereits am 10.März 1993 an die Schuldnerin ausbezahlt worden; er und sein Mandant hätten erst am 8.April 1993 von der Anfechtungsklage Kenntnis erlangt.

Aufgrund des Exekutionsbewilligungsbeschlusses des Bezirksgerichts für ZRS Graz vom 21.Juni 1993 wurde die Einleitung des Versteigerungsverfahrens für den Kläger angemerkt. Dem Vertragsverfasser wurde diese Exekutionsbewilligung am 12.Juli 1993 mit der Aufforderung zugestellt, binnen vier Wochen eine Äußerung als Drittschuldner zu erstatten. Am 15.Juli 1993 langten die Drittschuldneräußerungen des Vertragsverfassers im eigenen und im Namen des Beklagten dahin, daß die gepfändete Forderung der verpflichteten Partei (Schuldnerin) gegen den Beklagten und den Vertragsverfasser und Treuhänder bereits ausbezahlt worden und die letzte Überweisung am 10.März 1993 erfolgt sei, fristgerecht beim Bezirksgericht für ZRS Graz ein.

Am 29.Juli 1993 beantragte der Vertragsverfasser unter Vorlage sämtlicher Urkunden die Löschung der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens für den Kläger sowie die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beklagten und dreier Pfandrechte. Diesem Gesuch gab das Bezirksgericht für ZRS Graz mit Beschluß vom 6.September 1993 statt, sodaß der Beklagte unter Ausnützung der Rangordnung seit diesem Tag bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft ist.

Bis 2.Juni 1993 war weder dem Beklagten noch dem Vertragsverfasser irgendeine Forderung eines Dritten gegen die Schuldnerin bekannt.

Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 89.362,69 S s.A. und hilfsweise den Ausspruch, daß der zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten geschlossene Kaufvertrag ihm gegenüber unwirksam sei und die Verurteilung des Beklagten zur Duldung „aller exekutiven Maßnahmen“ zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderung gegen die Schuldnerin in die Kaufliegenschaft. Er brachte hiezu vor, die Schuldnerin sei einkommens- und vermögenslos; ihr einziges befriedigungstaugliches Vermögen sei die Liegenschaft samt dem darauf errichteten Haus gewesen. Diese sei zwar erheblich belastet gewesen, die Belastung sei aber um zumindest rund 300.000 S unter dem Verkehrswert und dem vom Beklagten bezahlten Kaufpreis gelegen. Als der Beklagte mit der Schuldnerin zwecks Liegenschaftskaufs Kontakt aufgenommen habe, seien im Grundbuch unter anderem zwei Zwangspfandrechte sowie das Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt gewesen. Der Beklagte habe daher gewußt, hätte aber jedenfalls bei gehöriger Sorgfalt - der Durchführung weiterer Erhebungen, insbesondere durch Einholung einer Auskunft aus dem Pfändungsregister (§ 255 EO), - wissen müssen, daß die Schuldnerin auch sonst erheblich verschuldet sei; vor allem aber hätte er aus dem vom Kläger mittlerweile angefochtenen Belastungs- und Veräußerungsverbot zwingend schließen müssen, daß sie damit den exekutiven Zugriff weiterer Gläubiger auf die Liegenschaft habe verhindern wollen. Dennoch habe der Beklagte die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 9.Dezember 1992 um 1,65 Mio S erworben. Außerdem habe der Klagevertreter den Beklagten und den Vertragsverfasser bereits vorher von der vollstreckbaren Forderung des Klägers in Kenntnis gesetzt und auf die Anfechtbarkeit des Kaufvertrags und dessen bücherliche Durchführung sowie auf den Umstand hingewiesen, daß die Haftung des Beklagten nach § 1409 ABGB geltend gemacht werde, weil dieser jedenfalls bei Vornahme des Verfügungsgeschäfts nicht redlich gewesen sei. Dieser gestehe zu, daß er zumindest seit 8.April 1993 von der beim Bezirksgericht für ZRS Graz gegen den Ehegatten der Schuldnerin anhängigen Anfechtungsklage in Kenntnis gewesen sei. Der Beklagte hafte gemäß § 1409 ABGB, hilfsweise werde der Kaufvertrag gemäß § 2 AnfO angefochten.

Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, er habe von den bücherlich nicht sichergestellten Verbindlichkeiten der Schuldnerin keine Kenntnis gehabt. Sein nunmehriger Rechtsvertreter habe als Vertragsverfasser und Treuhänder bei der Abwicklung des Geschäfts vor Unterfertigung des Kaufvertrags die auf der Liegenschaft sichergestellten (und noch aushaftenden) Schulden bei den einzelnen Hypothekargläubigern erhoben und anläßlich der Vertragsunterfertigung auch die Schuldnerin befragt, ob weitere mit der Liegenschaft zusammenhängende Schulden vorhanden seien, was diese verneint habe. Die Einsicht in das Pfändungsregister wäre ihm mangels eines rechtlichen Interesses verwehrt gewesen. Der Großteil des Kaufpreises sei zur Freistellung der Liegenschaft von den Lasten verwendet worden, der letzte Teil des Kaufpreises sei der Schuldnerin am 10.März 1993 ausbezahlt worden. Demnach sei die Schuldnerin in dem nach § 1409 ABGB maßgeblichen Übernahmezeitpunkt - der Anmerkung der Rangordnung - nicht vermögenslos gewesen, sondern sei ihr damals die Kaufpreisrestforderung zugestanden. Bei der Liegenschaft handle es sich daher nicht um das einzige Vermögen im Zeitpunkt der Übernahme, und zwar selbst dann nicht, wenn man vom Tag der Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beklagten ausgehe. Der Kaufpreis sei äquivalent. Der Zugriff auf die Liegenschaft sei für den Kläger nicht befriedigungstauglich gewesen, weil das für den Ehegatten der Schuldnerin einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot anfechtungsfest gewesen sei; schließlich habe der Kläger im Anfechtungsprozeß sein Begehren zurückgezogen und damit auf seinen Anfechtungsanspruch verzichtet, sodaß ihm ein exekutiver Zugriff auf die Liegenschaft verwehrt geblieben sei und damit auch eine Haftung nach § 1409 ABGB nicht in Betracht komme. Auch eine Haftung des Beklagten nach § 2 AnfO sei ausgeschlossen, weil der Kläger einen vertraglichen Anspruch gegen die Schuldnerin gehabt habe bzw eine Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin weder gegeben, noch dem Kläger bekannt gewesen sei.

Das Erstgericht wies das Haupt- und das Hilfsbegehren ab.

Es stellte - über den schon eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus - fest, weder dem Beklagten noch dem Vertragsverfasser sei bekannt gewesen, daß es sich bei der Liegenschaft „grundsätzlich“ um das gesamte Vermögen der Schuldnerin gehandelt habe; es könne auch nicht festgestellt werden, ob die Liegenschaft der einzige Vermögenswert der Schuldnerin gewesen sei.

Rechtlich meinte das Erstgericht, ein Vermögen sei dann als im Sinne des § 1409 ABGB übernommen anzusehen, wenn es dem exekutiven Zugriff der Gläubiger des Veräußerers entzogen sei. Maßgebend sei also jener Zeitpunkt, von dem an den Gläubigern der Haftungsfonds des Schuldners entzogen werde. Dieser exekutive Zugriff sei dem Kläger jedoch einerseits wegen des dem Ehegatten der Schuldnerin bestellten und vom Kläger angesichts dessen Verzichts auf seinen Anfechtungsanspruch erfolglos angefochtenen Belastungs- und Veräußerungsverbots und andererseits wegen der mit Beschluß des Bezirksgerichts für ZRS Graz vom 16.Dezember 1992 verfügten Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung verwehrt gewesen. Die Anmerkung der Anfechtungsklage und die der Einleitung des Versteigerungsverfahrens seien zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Somit sei dem Kläger der Haftungsfonds der Schuldnerin spätestens seit 16.Dezember 1992 und nicht erst mit der Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beklagten entzogen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätte weder der Beklagte noch der Vertragsverfasser Kenntnis von dem Umstand gehabt, daß die Liegenschaft im wesentlichen das einzige Vermögen der Schuldnerin darstelle. Der Kaufpreis habe dem Verkehrswert der Liegenschaft entsprochen, sodaß sich das Vermögen der Schuldnerin zwar in seiner Zusammensetzung, nicht indes in seiner Höhe verändert habe und die Schuldnerin im Übernahmezeitpunkt nicht vermögenslos gewesen sei; denn an die Stelle der Liegenschaft sei die Kaufpreisforderung getreten. Auch sei die bücherlich nicht sichergestellte Verbindlichkeit weder dem Beklagten noch dem Vertragsverfasser bekannt gewesen; die beiden hätten davon auch nichts wissen müssen, weil sie ohnehin die ihnen obliegende allgemein übliche Sorgfalt (§ 1297 ABGB) angewandt hätten: Die Schuldnerin sei anläßlich der Vertragsunterfertigung über das Bestehen weiterer Schulden befragt worden. Beim Verkauf einer privaten Liegenschaft könne der Übernehmer, bestünden keine besonderen Bedenken, davon ausgehen, daß ihm der Übergeber die Wahrheit sage. Der Beklagte sei also nicht verpflichtet gewesen, über die Einsichtnahme in das Grundbuch und die Befragung der Schuldnerin über den Schuldenstand hinaus weitere Nachforschungen anzustellen, etwa gemäß § 255 EO Auskünfte aus dem Pfändungsregister einzuholen. Auch § 2 AnfO scheide als Rechtsgrund mangels Kenntnis des Beklagten von einer Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin aus; die Unkenntnis könne ihm auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil er sich durch eine gewissenhafte Prüfung der Vermögenslage der Schuldnerin davon überzeugt habe, daß die Befriedigung der Gläubiger durch die angefochtene Rechtshandlung nicht beeinträchtigt werde.

Das Gericht zweiter Instanz hob das Urteil auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es teilte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts im wesentlichen. Allerdings sei nicht die Anmerkung der Rangordnung, sondern die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beklagten Zeitpunkt der Übernahme. Sinn und Zweck des Rangordnungsbescheids lägen allein darin, daß dem berechtigten Inhaber spätere Eintragungen nicht mehr schaden könnten. Somit sei die Liegenschaft durch die Erlassung des Rangordnungsbescheids noch nicht endgültig dem Zugriff der Gläubiger entzogen. Es sei darauf abzustellen, ob der Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einverleibung seines Eigentumsrechts am 6.September 1993 die Forderung des Klägers gegenüber der Schuldnerin und den Umstand, daß es sich bei der Liegenschaft um das im wesentlichen einzige Vermögen der Schuldnerin gehandelt habe, gekannt habe oder hätte kennen müssen. Demnach müßten im fortgesetzten Verfahren Feststellungen darüber getroffen werden, in welchem Ausmaß der Beklagte die Vermögenslage der Schuldnerin bei Anwendung entsprechender Sorgfalt bis zum 6.September 1993 hätte in Erfahrung bringen können. Auch wenn bei der Übernahme eines Vermögens durch eine Privatperson nicht das gleiche Maß an Sorgfalt verlangt werden könne wie bei der Übernahme eines Unternehmens, müsse unter dem Gesichtspunkt des § 1297 ABGB dennoch jene Sorgfalt verwendet werden, die bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werde; das schließe zumindest mit ein, daß der Erwerber den Veräußerer selbst über dessen Vermögenslage und bei Bestehen eines Belastungs- und Veräußerungsverbots auf der Liegenschaft auch die Verbotsberechtigten befrage sowie - besonders bei Vorliegen von Verdachtsmomenten für eine darüber hinausgehende Vermögenslosigkeit des Veräußerers - gemäß § 255 EO Einsicht in das Pfändungsregister nehme. Für die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung komme es nicht bloß auf den Wert des übernommenen Vermögens an, sondern auch darauf, ob die Gegenleistung für den Gläubiger die gleiche Sicherheit und Befriedigungsmöglichkeit biete.

Der Rekurs des Klägers ist nicht, der fälschlich als ordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rekurs des Beklagten ist hingegen berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1409 Abs 1 erster Satz ABGB ist der Übernehmer eines Vermögens oder eines Unternehmens unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen mußte, unmittelbar verpflichtet. Dieser - unabdingbare (§ 1409 Abs 3 ABGB) - gesetzliche Schuldbeitritt, der erst durch die Dritte Teilnovelle den Bestimmungen über die Schuldübernahme eingefügt wurde, geht auf die Erwägung zurück, daß das Vermögen des Schuldners objektiver Haftungsfonds für die Forderungen von dessen Gläubigern ist, die diesen durch die Übertragung des im wesentlichen gesamten Vermögen von deren Schuldnern nicht entzogen werden soll (EvBl 1995/157; SZ 59/163; SZ 56/140 ua; Ertl in Rummel, ABGB2 § 1409 Rz 1). Das Motiv des Gesetzgebers gebietet somit eine wesentliche Einschränkung: Der Haftungstatbestand greift nur ein, wenn der den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsfonds durch die Übertragung (meßbar) vermindert, also etwa mangels eines äquivalenten Kaufpreises oder wegen Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung bzw der gleichzeitigen Verfügung über diese Forderung zugunsten Dritter verringert wird (SZ 52/12). Das ist indessen nach herrschender Auffassung (ÖBA 1991, 383; SZ 61/49; SZ 56/6 ua; Ertl aaO; Honsell in Schwimann, ABGB § 1409 Rz 1) immer schon dann anzunehmen, wenn die Gegenleistung des Erwerbers den Gläubigern des Veräußerers nicht die gleiche Sicherheit bzw die gleichen Befriedigungschancen wie dessen bisheriges Vermögen gewährt. Trotz der - im vorliegenden Fall festgestellten - Wertäquivalenz der Gegenleistung (des Kaufpreises) trifft das schon dann zu, wenn die Gegenleistung - wie hier - in Geld besteht, es sei denn, daß das - dem Wert des übernommenen Vermögens entsprechende - Entgelt zur Gänze zur Befriedigung von Gläubigern des Überträgers (sei es von diesem selbst, sei es vom Erwerber für diesen) verwendet wurde. Das geschah aber hier gerade nicht, weil der Schuldnerin der Kaufpreisrest (183.496,20 S) ausgefolgt, davon der größere Teil (115.096,20 S) zudem auf das Konto ihres Ehegatten überwiesen worden ist, sodaß der gesetzliche Schuldbeitritt aus diesen Erwägungen nicht verneint werden kann.

Es gilt nun zu prüfen, ob die Kaufliegenschaft als „ein Vermögen“ der Schuldnerin im Sinne des § 1409 Abs 1 ABGB anzusehen ist. Darunter versteht die herrschende Meinung das Aktivvermögen, somit den Inbegriff aller vermögenswerten Güter und Rechte, die der Befriedigung der Gläubiger dienen (Honsell aaO Rz 7; vgl auch SZ 54/67, worin das Vermögen - im Anschluß an deutsche Begriffsbestimmungen [vgl etwa BGH in NJW 1976, 1398; Palandt/Heinrichs, BGB54 § 419 Rz 4] - als die Summe aller geldwerten Güter einer Person definiert wird). Die Haftung des Erwerbers nach § 1409 Abs 1 ABGB setzt aber nicht voraus, daß der Übernehmer alle geldwerten Vermögensgegenstände des Veräußerers ohne Ausnahme übernimmt. Mit Rücksicht auf das - schon weiter oben erörterte - Motiv für die Gesetzwerdung des § 1409 ABGB wendet die Rechtsprechung diese Bestimmung auch an, wenn das übernommene Vermögen „im wesentlichen“ das gesamte Vermögen des Überträgers darstellt (ÖBA 1994, 159; SZ 59/163; SZ 54/67 ua; Ertl aaO Rz 4), oder anders ausgedrückt, wenn vom Veräußerer „nichts Erhebliches“ zurückbehalten wird (SZ 52/12 ua). Die weitere Voraussetzung der Erwerberhaftung nach § 1409 ABGB, daß sie sich bloß auf die zum Vermögen (bzw zum Unternehmen) gehörigen Schulden erstreckt, entfällt, wenn das übernommene Vermögen in der Tat das im wesentlichen gesamte Vermögen (also nicht bloß ein Sondervermögen) bildet (EvBl 1995/157; 9 Ob A 125/93; ÖBA 1991, 383 ua; Ertl aaO Rz 6; Honsell aaO Rz 11).

Die Frage, ob auch die Veräußerung eines einzelnen Vermögensgegenstands (einer Sache oder eines Rechts, namentlich einer Liegenschaft) in den - wenngleich bloß analog heranzuziehenden (vgl die Nachweise bei Riedler, Der Vermögens- und Unternehmensbegriff des § 1409 ABGB, in JBl 1992, 625, 627 in FN 170) - Anwendungsbereich des § 1409 ABGB fällt, ist - wie Riedler (aaO 626 ff) nachgewiesen hat - umstritten. Schon Geller (Zur Frage der Haftung des Nachfolgers in einem Unternehmen für dessen Passiven, in ZBl 1911, 977 ff, 991) setzte als selbstverständlich voraus, daß den redlichen Erwerber einzelner Vermögensstücke, die nicht speziell pfandrechtlich verstrickt sind, die Schulden des Veräußerers nichts angingen. Steinwenter (Vermögensübernahme und Vertragsübernahme, ZBl 1934, 401, 403 f) wandte sich gegen die damalige Praxis, die auch dem Erwerber irgendeines größeren Stücks eines Vermögens oder eines nennenswerten Teils eines Unternehmens die Haftung des § 1409 ABGB aufbürdete. Klang (§ 1409 ABGB in der Rechtsübung, JBl 1948, 437 f) führte gegen die Einbeziehung einzelner Sachen in den Vermögensbegriff des § 1409 ABGB ins Treffen, daß schon der Begriff des Vermögens einen Inbegriff von Sachen und Rechten voraussetze und die Einrichtung des Grundbuchs bei der Veräußerung von Liegenschaften Sinn und Zweck verlöre, wäre mit dem Liegenschaftserwerb die Haftung auch für nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Schulden verknüpft. Der Grundstückserwerb würde geradezu unmöglich gemacht, müßte der Erwerber eines Grundstücks danach forschen, ob der Veräußerer außer dem veräußerten Grundstück noch weiteres Vermögen besitze bzw welche Schulden dieses belasteten. Nach der neueren Rechtsprechung (ÖBA 1991, 383; EvBl 1980/141; SZ 52/12 ua) und Lehre (Wolff in Klang 2 VI, 358; Mayrhofer in Ehrenzweig 3, Schuldrecht AT, 527; Ertl aaO Rz 4; Honsell aaO Rz 7) erfüllt die Übertragung eines einzelnen Vermögensgegenstandes, namentlich einer Liegenschaft, den Tatbestand des § 1409 ABGB nicht, es sei denn, sie ist der Hauptbestandteil des Vermögens des Überträgers, war also die Grundlage für dessen Personalkredit (Mayrhofer aaO); gleicher Auffassung sind Judikatur und Schrifttum auch in der Bundesrepublik Deutschland zur insoweit vergleichbaren und im übrigen vorbildlichen Bestimmung des § 419 BGB (vgl nur BGH in DB 1991, 1828; Palandt/Heinrichs aaO Rz 5).

Die - soeben beschriebene - Einbeziehung der Übertragung einzelner Vermögensgegenstände in den Anwendungsbereich des gesetzlichen Schuldbeitritts erheischt aus Rücksicht auf den Verkehrsschutz eine wesentliche Einschränkung unter subjektiven Gesichtspunkten: Deshalb wurde die analoge Anwendung des § 1409 ABGB auf Fälle rechtsgeschäftlicher Übertragung, die nur einzelne geldwerte Güter des Überträgers von nicht unbedeutendem wirtschaftlichen Wert zum Gegenstand haben, nach dem Regelungszweck der Norm bisher jedenfalls nur dann als vertretbar angesehen, wenn dem Erwerber bei der Übernahme des Gegenstands bekannt war oder doch nach den besonderen Umständen hätte bekannt sein müssen, daß der von ihm übernommene Gegenstand jenes - „im wesentlichen“ gesamte - Vermögen des Überträgers bildete, das seinen Gläubigern als Haftungsobjekt ihrer Forderungen zur Verfügung stand (zuletzt ÖBA 1995, 475; JBl 1994, 410; ÖBA 1991, 383 ua; ebenso Ertl aaO Rz 4; Honsell aaO Rz 7). Das wurde damit begründet, daß der Erwerb einzelner Vermögensgegenstände von nicht unbedeutendem Wert ohne dieses subjektive Erfordernis mit einem den rechtsgeschäftlichen Verkehr in unvertretbarer Weise belastenden Risiko für den Erwerber verbunden wäre, das er gewiß nicht zu überschauen imstande wäre. Insoweit treffe die Beweislast auch den Gläubiger, soweit nicht deren in § 1409 Abs 2 ABGB angeordnete Umkehr eingreife. Zutreffend bemerkt Riedler (aaO 627) zu dieser Umschreibung des Anwendungsbereichs des Haftungstatbestands, daß die Erwerberhaftung praktisch bei allen bedeutenderen wirtschaftlichen Transaktionen (etwa der Veräußerung von Liegenschaften, Liegenschaftsanteilen, Gesellschaftsanteilen oder kostbarem Schmuck) eingreifen würde, sofern dem Erwerber eine Obliegenheitsverletzung - in Form der Verletzung der ihm damit aufgebürdeten Nachforschungspflicht - zur Last fiele. Eine solche Nachforschungsverpflichtung des Erwerbers würde indessen im modernen Wirtschaftsleben zu einer unerträglichen Belastung des Güter-, namentlich des Immobilienverkehrs führen. Dazu komme, daß der Veräußerer gegenüber dem Erwerber auch kaum zu einer solchen Offenlegung seiner wirtschaftlichen, besonders seiner finanziellen Verhältnisse bereit sein würde; legte etwa der Verkäufer offen, daß er dringend Barmittel benötige, würde er damit dem Erwerber wohl das beste Argument dazu liefern, auf die Gestaltung des Kaufpreises durch dessen Herabsetzung Druck auszuüben. Auch dürfe die Einrichtung des Grundbuchs nicht übergangen werden: An sich dürfe der Erwerber einer Liegenschaft darauf vertrauen, daß er mit der erworbenen Liegenschaft bloß für die im Grundbuch aufscheinenden Lasten einzustehen habe. Diesen Erwägungen ist im Grundsätzlichen beizutreten:

Jeder Versuch, den Anwendungsbereich des § 1409 ABGB in dieser Hinsicht einzugrenzen, hat vom Konflikt zwischen den dabei andrängenden, einander gegensätzlichen Interessen des Gläubiger- und des Verkehrsschutzes auszugehen (vgl Möschel in MünchK3 § 419 BGB Rz 9). Dieser Konflikt bleibt naturgemäß aus, wenn das ganze oder doch im wesentlichen das gesamte Vermögen Gegenstand des Übertragungsgeschäfts ist, greift dann doch der Haftungstatbestand - für den Erwerber ohne weiteres erkennbar - jedenfalls ein; daß dem Erwerber die Rechtsfolgen des § 1409 ABGB nicht geläufig waren, kann er den Gläubigern des Veräußerers nicht erfolgreich entgegenhalten (§ 2 ABGB). Mit dem Erwerb eines einzelnen Vermögensgegenstandes ist dagegen jene „warnende Wirkung“ (vgl BGH in NJW 1976, 1398, 1400), die „die Vereinbarung einer Gesamtvermögensübertragung vermitteln“ kann (Möschel aaO), nicht notwendigerweise verbunden. Deshalb knüpft auch die Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland (vgl nur die Nachweise bei Möschel aaO, dort FN 41) seit jeher die Rechtsfolgen des gesetzlichen Schuldbeitritts an die Übernahme eines Einzelvermögensgegenstands nur dann an, wenn sich der Erwerber dabei bewußt ist, daß der übertragene Gegenstand das ganze oder doch so gut wie das gesamte Vermögen darstellt, oder aber doch wenigstens jene „Verhältnisse“ kennt, aus denen sich das ergibt (BGHZ 55, 105, 107 ua; Möschel aaO; Zeiss in Soergel, BGB12 § 419 Rz 6; Palandt/Heinrichs aaO Rz 7), also Kenntnis von jenen Tatsachen hat, von welchen ohne weiteres ein einwandfreier Schluß auf eine solche Vermögensübernahme möglich ist (vgl die Nachweise bei Kaduk in Staudinger, BGB13 § 419 Rz 29 aE). Dabei komme es nicht darauf an, was der Erwerber, hätte er entsprechende Nachforschungen angestellt, aufgrund deren Ergebnissen hätte wissen müssen, sondern allein darauf, was er in der Tat wußte (BGH LM Nr. 16 zu § 419 ua). Diese Einschränkung auf den konkreten Wissenstand sei im Interesse des Verkehrsschutzes geboten, dem insoweit vor dem Schutz der Gläubiger des Veräußerers der Vorrang gebühre (Möschel aaO; Palandt/Heinrichs aaO Rz 7). Stehe allerdings fest, daß der Erwerber jene Verhältnisse kenne, aus welchen sich ergebe, daß es sich bei dem übertragenen Gegenstand um das zumindest so gut wie das ganze Vermögen des Veräußerers handle, so fielen Fehlbeurteilungen des Erwerbers infolge unrichtiger Würdigung und Einschätzung der dem Veräußerer verbliebenen Vermögensstücke oder des übertragenen Vermögensgegenstands in dessen Risikobereich, sodaß dessen Haftung nichts im Wege stehe (BGH in NJW 1976, 1398, 1400; Möschel aaO und Palandt/Heinrichs aaO Rz 7 je mwN).

Diese Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland kann - angesichts der insoweit jedenfalls vergleichbaren Rechtslage - auch für den österreichischen Rechtsbereich fruchtbar gemacht werden: Weiß etwa der Erwerber einer Liegenschaft, daß sie im wesentlichen das gesamte Vermögen des Veräußerers bildet, so darf seine Haftung gemäß § 1409 ABGB nicht bezweifelt werden. In einem solchen Fall ist die Sachlage in Wahrheit nicht anders zu beurteilen, als wenn der Erwerber so gut wie alle geldwerten Güter des Veräußerers übernimmt. Auch dabei droht den Gläubigern der Entzug ihres Haftungsfonds. In diesem Fall kann sich der Erwerber gegen die Rechtsfolgen des gesetzlichen Schuldbeitritts durch entsprechende Vorkehrungen (Vereinbarung über die Verwendung der Kaufpreisvaluta zur Schuldentilgung und deren Überwachung) vorsehen, sodaß er schon deshalb keines besonderen Schutzes bedarf; auch kann in solchen Fällen nicht mit den grundbuchsrechtlichen Haftungsregeln gegen die Anwendung des § 1409 ABGB stichhältig argumentiert werden (vgl dazu auch Riedler aaO 628).

Anders liegen die Dinge indessen, soweit der Erwerber der (positiven) Kenntnis dessen, daß der Gegenstand des Übertragungsgeschäfts das - zumindest im wesentlichen - ganze Vermögen des Veräußerers darstellt, enträt: In dieser Hinsicht beschränkte sich die Rechtsprechung bisher auf die - dem Haftungstatbestand entlehnte - Formel, daß dieser beim Erwerb einzelner Vermögensbestandteile dann eingreife, wenn das dem Erwerber bei der Übernahme den Umständen nach bekannt sein mußte (zB ÖBA 1995, 475): Diese Haftungseingrenzung, die im gesetzlichen Tatbestand auf die zu berichtigenden Schulden des Veräußerers beschränkt ist, bedarf indessen einer - im Interesse eines ausreichenden Verkehrsschutzes gebotenen - Präzisierung. Dabei fällt auf, daß sich die Judikatur bisher mit der Frage, inwieweit der Erwerber verpflichtet ist, Nachforschungen über Umfang und Wert des von der Übertragung nicht erfaßten Vermögens des Veräußerers anzustellen, bisher nicht auseinandersetzen mußte, weil teils der Erwerber dem Personenkreis des § 4 AnfO angehörte, sodaß dessen Kenntnis von den Vermögensverhältnissen zu vermuten war, teils aber den Entscheidungen Fälle von Sondervermögen zugrunde lagen.

Ist dem Erwerber nicht (positiv) bekannt, daß das Objekt seines Erwerbs das im wesentlichen gesamte Vermögen des Veräußerers bildet, so ist - im Sinne der zu § 419 BGB ganz herrschenden Auffassung - zu unterscheiden, ob der Erwerber zwar die Tatsachen kennt, die auf diese Besonderheit seines Erwerbs ohne weiteres schließen lassen, oder ob selbst diese Tatsachen seinem Wissensstand verschlossen blieben. Nur im ersteren Fall ist er der Inanspruchnahme durch die Gläubiger des Veräußerers ausgesetzt, kann er dann doch, ohne daß er besondere, meist schon von vornherein wenig erfolgversprechende Nachforschungen anstellen müßte, von den ihm bekannten Vermögensverhältnissen des Veräußerers bei deren richtigen Einschätzung darauf schließen, daß bei dieser Veräußerung nichts Erhebliches im Eigentum seines Vertragspartners zurückbleiben wird.

Der Kenntnis dieser Vermögensverhältnisse ist es gleichzuhalten, wenn sie der Erwerber aufgrund der ihm bekannten Umstände ohne nennenswerte Mühe und somit zumutbarerweise in Erfahrung bringen kann; er darf dann vor ihnen nicht gleichsam die Augen verschließen. Trifft das zu, ist deren Kenntnis in dem Zeitpunkt als erlangt anzusehen, in dem sie sich der Erwerber bei der entsprechenden Erkundigung hätte verschaffen können (vgl die insoweit einheitliche Rechtsprechung zur Kenntnis von Schaden- und Ersatzpflichtigem als Voraussetzung für die Ingangsetzung der schadenersatzrechtlichen Verjährung gemäß § 1489 ABGB [SZ 63/37; SZ 57/171; SZ 52/186; SZ 50/87 ua; Schubert in Rummel aaO § 1489 Rz 4; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 320]). In allen anderen Fällen greift der Haftungstatbestand des § 1409 ABGB nicht ein. Zu in der Sache ähnlichen Ergebnissen gelangt auch Riedler (aaO 628), der dem Erwerber die Pflicht zur Ausforschung der Vermögensverhältnisse des Veräußerers nur dann aufbürden will, wenn begründete Verdachtsmomente (im Sinne des § 368 ABGB) vorliegen.

In diesem Zusammenhang ist notwendigerweise die weitere Frage zu klären, von welchem Zeitpunkt an dem Erwerber die Erlangung der Kenntnis von der Beschaffenheit des Vermögens des Veräußerers nicht mehr zum Nachteil gereicht. Noch in der jüngsten Rechtsprechung (etwa ÖBA 1995, 475; JBl 1994, 410) wurde auf den Zeitpunkt der Übernahme - im Anwendungsbereich des grundbuchsrechtlichen Eintragungsgrundsatzes auf die Einverleibung des Erwerbers (vgl nur etwa SZ 59/163; SZ 56/125 ua) - abgestellt, ohne daß dieser Aussage im Einzelfall je tragende Bedeutung zugekommen wäre.

Diese - aus dem Gesetzeswortlaut nicht unmittelbar ableitbare, aus der Eingrenzung jener Schulden, für die der Erwerber einzustehen hat, übernommene - Verlegung der die Haftungsfolgen auslösenden Kenntnis trägt indessen den Erfordernissen des ausreichenden Verkehrsschutzes nicht gebührend Rechnung: Die auf das subjektive Kriterium der Kenntnis ausgerichtete Begrenzung des gesetzlichen Schuldbeitritts soll den Erwerber - aus allgemeinen Verkehrsschutzrücksichten - in seinen Dispositionen absichern, vor allem soll er sich - ohne für ihn nicht abschätzbare Risken - entscheiden können, ob er den Kauf tätigt bzw auf welche Gegenleistung er sich einläßt. Mit dem Abschluß des den Rechtstitel zum Eigentumserwerb bildenden Vertrags bleibt er an den Veräußerer vertraglich auch dann gebunden, wenn erst nach dem Vertragsabschluß in Erfahrung bringt, daß er damit so gut wie dessen gesamtes Vermögen erworben hat. Träfen ihn in solchen Fällen die Folgen des in § 1409 ABGB angeordneten Schuldbeitritts, so trüge er damit das für ihn ganz und gar unüberschaubare und zudem von ihm auch nicht mehr abwälzbare Haftungsrisiko, hätte sich der Veräußerer seines (im wesentlichen) gesamten Vermögens in der Zeit zwischen Abschluß und bücherlicher Durchführung des Vertrags entäußert oder wäre diesem sein Vermögen durch exekutive Maßnahmen in diesem Zeitraum entzogen worden. Um diesem - namentlich nach Entrichtung des bedungenen Entgelts an den Veräußerer - nicht mehr zumutbaren Haftungsrisiko zu entgehen, wäre der Erwerber letztlich auf die Anfechtung des Vertrags (wegen Willensmangels, Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder allenfalls wegen eines Rechtsmangels) angewiesen. Abgesehen davon, daß dem Veräußerer - wie schon weiter oben erörtert - die Offenlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse dem Käufer gegenüber nicht zugemutet werden kann, weil er damit seine Verhandlungsposition entscheidend schwächen würde (vgl Riedler aaO 627), und deshalb einer Irrtumsanfechtung nur wenig Aussicht auf Erfolg beschieden wäre (vgl dazu BGH in NJW 1978, 370), kann der bei Abschluß des Vertrags über die Vermögensverhältnisse nicht informierte Käufer im Interesse eines ausreichenden Verkehrsschutzes auch nicht einfach auf diese mit enormem Prozeß- und Bonitätsrisiko behafteten Behelfe verwiesen werden. Außerdem ist das Haftungsrisiko auch schon deshalb nicht wirklich überschaubar, als der Zeitpunkt der Eigentumseinverleibung auch von der Tätigkeit verschiedener Behörden (Finanzamt, Grundverkehrskommission und nicht zuletzt Grundbuchsgericht) abhängt, die nur wenig beeinflußt werden und in vielen Fällen geraume Zeit (vor allem bei Ausschöpfung des Rechtszugs) in Anspruch nehmen kann.

Sind bei der Übertragung eines einzelnen Vermögensbestandteils die anstehenden Verkehrs- und die Gläubigerschutzinteressen gegenläufig, so muß bei der Beurteilung der Frage, ob der Haftungstatbestand des § 1409 ABGB eingreift, aus diesen Erwägungen dem ersteren der Vorzug eingeräumt werden: Daraus folgt, daß sich der Erwerber eines einzelnen Vermögensbestandteils, namentlich auch einer einzelnen Liegenschaft, den Rechtsfolgen des gesetzlichen Schuldbeitritts in Analogie zu § 1409 ABGB nur dann aussetzen muß, wenn er schon bei Abschluß des dem Erwerb als Rechtstitel dienenden Verpflichtungsgeschäfts wußte, daß es sich dabei um das - zumindest im wesentlichen - einzige Vermögen des Schuldners handelt, oder er die Verhältnisse kannte, aus denen das erschlossen werden konnte. Jedenfalls dann, wenn der Erwerber nicht dem Kreis der nahen Angehörigen (§ 4 AnfO) zuzurechnen ist, hat der Gläubiger zu behaupten und zu beweisen, daß das Erwerbsobjekt das im wesentlichen einzige Vermögen des Veräußerers ist und der Erwerber dieses bei Vertragsabschluß wußte oder die Verhältnisse kannte, aus denen dieser ohne weiteres darauf schließen konnte. Risken bei der Vermögensbeurteilung treffen aber dann den Erwerber.

Nach den erstinstanzlichen Feststellungen, nach welchen einander die Schuldnerin und der Beklagte vor dem Geschäftsfall gar nicht gekannt hatten, konnte nicht festgestellt werden, ob die zum Gegenstand des Kaufvertrags gemachte Liegenschaft vor der Veräußerung den einzigen Vermögensgegenstand der Verkäuferin bildete; jedenfalls war weder dem Beklagten noch dem Vertragsverfasser bei Abschluß des Kaufvertrags eine „etwaige“ Benachteiligungsabsicht und ferner bekannt, daß das gesamte Vermögen der Schuldnerin „grundsätzlich“ nur in der Kaufliegenschaft bestand. Der Kläger bekämpfte diese Feststellungen in seiner Berufung auch nur, soweit das Erstgericht dort den Beklagten von jeder Sorglosigkeit loszählte, was er selbst richtigerweise der Rechtsrüge zuordnete; soweit es dagegen um die hier maßgebliche Tatsachenebene geht, bezweifelt selbst der Kläger die Richtigkeit dieser Feststellungen nicht ernsthaft (vgl S. 5 seiner Berufung). Auch das Gericht zweiter Instanz hegt gegen diese erstinstanzlichen Feststellungen insoweit keine Bedenken, als sie das Erstgericht auf den von ihm als ausschlaggebend beurteilten Zeitpunkt der Bewilligung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung (16.Dezember 1992) bezog (vgl S. 5 f des Berufungsurteils), sodaß diese Feststellungen - als vom Berufungsgericht in diesem Umfang als unbedenklich übernommen - ohne weiteres der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen sind, weil der nach den vorangestellten Erwägungen maßgebliche Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags (9.Dezember 1992) noch vor diesem Zeitpunkt liegt. Es steht somit weder fest, daß dem Beklagten bei Vertragsabschluß bekannt war, bei der Kaufliegenschaft handle es sich so gut wie um das ganze Vermögen der Verkäuferin, noch daß ihm die Vermögensverhältnisse der ihm bis dahin unbekannt gewesenen Schuldnerin geläufig waren, sodaß er ohne nennenswerte Mühen darauf hätte schließen können. Die Tatsache, daß die Schuldnerin ihrer Mutter und ihrem Ehegatten etwa eineinviertel Jahre vor dem Verkauf der Liegenschaft ein Veräußerungs- und Belastungsverbot bestellt hatte, ließ für sich allein einen Schluß auf die Zusammensetzung ihres Vermögens ganz gewiß nicht zu. Schon deshalb muß sich der Beklagte der vom Kläger gegen ihn geltend gemachten Haftung gemäß § 1409 ABGB nicht aussetzen, sodaß das Klagebegehren aus diesem Rechtsgrund nicht mit Erfolg gestützt werden kann.

Auch mit der auf § 2 Z 1 bzw Z 2 AnfO gestützten Anfechtung des Kaufvertrags und dessen bücherlicher Durchführung erleidet der Kläger Schiffbruch. Da der Beklagte nicht zu dem in § 4 AnfO umschriebenen Personenkreis gehört, hat der Kläger alle, auch die subjektiven Tatbestandselemente und damit auch zu beweisen, daß die Schuldnerin bei Vornahme ihrer Rechtshandlung von Benachteiligungsabsicht bestimmt war: Dieser Beweis ist ihr mißlungen, stellte das Erstgericht doch fest, daß der Beklagte (und der Vertragsverfasser) von einer „etwaigen“ (S. 11 des Urteils) Benachteiligungsabsicht der Verkäuferin keine Kenntnis hatte; unaufgeklärte Umstände gehen aber zu Lasten des beweispflichtigen Anfechtungsklägers. Fallen - wie hier - das Veräußerungsgeschäft (Kaufvertrag) und der darauf gegründete Eigentumserwerb (bücherliche Einverleibung) zeitlich (weit) auseinander, so ist der für die Schädlichkeit der Benachteiligungsabsicht des Schuldners maßgebliche Zeitpunkt der dessen Tätigkeit, also beim Verkauf einer Liegenschaft der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sofern - wie hier - der Verkäufer die Aufsandungserklärung bereits im Vertrag selbst abgegeben hat, und nicht jener, in dem der Käufer die Einverleibung seines Eigentums beim Grundbuchsgericht beantragte oder gar erst erwirkte (so zu dem insoweit völlig gleichlautenden § 28 KO auch König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 [1993], Rz 142 mwN in FN 76). Für die Benachteiligungsabsicht fehlte im übrigen auch als wesentlichstes Indiz die inkongruente Deckung (vgl dazu ÖBA 1992, 582), steht doch fest, daß der Kaufpreis dem Wert der Liegenschaft entsprach. Steht das aber nicht fest, daß die Schuldnerin beim Abschluß des Kaufvertrags (auch) von Benachteiligungsabsicht bestimmt war, so kommt eine Prüfung der Frage, ob dem Anfechtungsgegner deren Kenntnis oder deren fahrlässige Unkenntnis zur Last fällt, schon begrifflich nicht in Betracht (4 Ob 1549/95; vgl 6 Ob 617/79).

Das Haupt- und das Hilfsbegehren sind deshalb nicht berechtigt, sodaß es schon aus rechtlichen Erwägungen der vom Berufungsgericht aufgetragenen Ergänzung des Sachverhalts durch das Erstgericht nicht bedarf und dessen klagsabweisendes Urteil daher wiederherzustellen ist.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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