OGH 11Os148/95

OGH11Os148/9521.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brunner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef F***** wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Mai 1995, GZ 12 f Vr 9816/88-360, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef F***** des Verbrechens der gewerbsmäßigen Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 StGB sowie des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Zeit zwischen 1986 und Oktober 1988 in Wien und anderen Orten Österreichs in (den im angefochtenen Urteil aufgelisteten) mehrfachen Angriffen in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die detailliert angeführten, aus Diebstählen in Südtirol, Trento, Venedig und Lombardia stammenden Kunstgegenstände im Gesamtwert von 2,326.300 S von Helene ***** H***** gekauft, welche Gegenstände die Genannte

A./ durch Diebstahl und Hehlerei, sohin durch mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen, erlangt und

B./ unter Umgehung des Zollverfahrens auf dem Schmuggelweg nach Österreich gebracht hat (strafbestimmender Wertbetrag 480.138 S).

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf die Z 3, 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Den Ausführungen zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 3) genügt es zu erwidern, daß gegen einen Sachverständigen erhobene Einwendungen Urteilsnichtigkeit in der Bedeutung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht zu begründen vermögen (Mayerhofer/Rieder, StPO3 § 281 Z 3 E 13a).

In der Verfahrensrüge (Z 4) erachtet sich der Beschwerdeführer zunächst dadurch in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt, daß sein Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen abgelehnt wurde, obwohl der vom Erstgericht beigezogene Sachverständige ein für ihn nicht nachvollziehbares Gutachten erstattet habe. Tatsächlich hat der Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 12. Mai 1995 die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen beantragt, dabei aber nur auf den von ihm am 18. April 1995 schriftlich gestellten Beweisantrag verwiesen. Damit fehlt es für die erfolgreiche Geltendmachung des genannten Nichtigkeitsgrundes schon an den formellen Voraussetzungen, weil - wie schon das Erstgericht in der Abweisung des Antrages zutreffend ausgeführt hat - dem Beweisantrag selbst nicht entnommen werden kann, inwieweit der Befund des Sachverständigen dunkel, unbestimmt, in Widerspruch mit sich selbst oder mit erhobenen Tatumständen sei (§ 125 StPO), der Beschwerdeführer es aber in diesem Antrag auch unterlassen hat, jene Mängel darzutun, deren Aufklärung durch eine nochmalige Vernehmung des Sachverständigen der Beiziehung eines zweiten Sachverständigen voranzugehen hat (§ 126 Abs 1 StPO). Durch das abweisliche Zwischenerkenntnis wurden daher die Verteidigung sichernde Verfahrensgrundsätze nicht hintangesetzt.

Dies gilt gleichermaßen für die Abweisung des Antrages auf Einvernahme von Zeugen. Unter diesem Aspekt wendet sich der Beschwerdeführer zunächst gegen die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung und in den Schriftsätzen ON 344 und ON 355 gestellten Beweisanträge. In der Hauptverhandlung vom 12. Mai 1995 hat der Verteidiger die Vernehmung von sechs namentlich angeführten Zeugen zum Beweis dafür beantragt, daß in den Modalitäten der Warenübergabe von Helene ***** H***** an den Angeklagten nichts Ungewöhnliches zu sehen sei, daß auch andere Antiquitätenhändler und -sammler außerhalb ihrer Geschäftslokale Übergabetermine vereinbaren und Übergabehandlungen setzen, so daß aus dem Übergabeort Ampass in Tirol keinerlei Rückschlüsse auf die Herkunft der Kunstgegenstände gezogen werden könnten. Schließlich wurde die Einvernahme der Zeugen Helene ***** H***** und Manfred ***** H***** zum Nachweis dafür beantragt, daß der Angeklagte nichts davon wußte, daß es sich um gestohlene Gegenstände handelte (46, 47 in Bd XI).

Abgesehen davon, daß die Frage, ob und wie andere Antiquitätenhändler ihre Waren übernehmen und veräußern, keine entscheidungswesentliche Tatsache in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 5 StPO betreffen, ist das Erstgericht, wie sich aus der Begründung seines abweisenden Zwischenerkenntnisses (50 in Bd XI) ergibt, davon ausgegangen, daß die Möglichkeit derartiger Übergabemodalitäten unbestritten ist; damit hat es den durch den unter Beweis zu stellenden Umstand ohnedies seinen Erwägungen mit zugrunde gelegt (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 4 E 63a). Durch die Ablehnung der Einvernahme der Zeugin Helene ***** H***** ist der Angeklagte deswegen in seinen Verteidigungsrechten nicht verkürzt worden, weil es sich nach der Aktenlage dabei um ein unerreichbares Beweismittel handelt, ist doch der derzeitige Aufenthalt dieser Zeugin unbekannt (47 in Bd XI). Davon abgesehen hätte es aber auch bei der Antragstellung auf Einvernahme der Zeugen Helene und Manfred ***** H***** der Darlegung bedurft, aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise das vom Antragsteller behauptete Ergebnis, nämlich den Nachweis der Kenntnis vom inneren Vorgang des Wissens oder Nichtwissens der Angeklagten von der diebischen Herkunft der verfahrensverfangenen Gegenstände, haben werde, zumal dies aus der Sachlage selbst nicht erhellt. Mangels derartiger Ausführungen im Beweisantrag konnte das erkennende Gericht auch in diesem Punkt ohne Verletzung von Verteidigungsrechten die Aufnahme des begehrten Beweises ablehnen (Mayerhofer/Rieder aaO E 90).

Die übrigen, in den schriftlichen Beweisanträgen ON 354 und 355 gestellten Anträge hat der Verteidiger schließlich in der dem Urteil vorangehenden Hauptverhandlung nicht wiederholt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Verfahrensrüge ist jedoch, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde. Eine Nichtigkeit liegt daher hinsichtlich der schriftlich gestellten Beweisanträge nicht vor.

Einen Begründungsmangel (Z 5) behauptet die Beschwerde in Ansehung der Feststellung des Schöffengerichtes, wonach dem Angeklagten bekannt war, daß Helene ***** H***** in den Jahren 1979 und 1980 cirka elf Monate in Untersuchungshaft angehalten worden ist, er selbst beim Schmuggel von Gewehren zugegen war sowie, daß er Kenntnis von der diebischen Herkunft der inkriminierten Kunstgegenstände und von dem Umstand gehabt hat, daß diese durch Schmuggel nach Österreich gelangten. Dem ist zu erwidern, daß das erkennende Gericht die diesbezüglichen Feststellungen mit dem Hinweis auf eine Mehrzahl von Beweisergebnissen untermauert hat und damit seiner Begründungspflicht iS des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nachgekommen ist. So konnte es zunächst auf die Einlassungen des Angeklagten selbst zurückgreifen, wonach er von einer Untersuchungshaft der Helene ***** H***** gewußt hat (457/X und 7/XI). Daß er sich dahin verantwortet hat, er habe geglaubt, Helene ***** H***** sei wegen eines Verkehrsunfalls in Untersuchungshaft angehalten worden, hat das Schöffengericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) als unglaubwürdig abgetan, ohne damit seine Begründungspflicht zu verletzen. Die zentrale Feststellung, wonach der Angeklagte wußte, daß die von ihm erworbenen Kunstgegenstände aus Diebstählen stammten und durch Schmuggel über die Grenzen gebracht wurden, hat das Erstgericht aus einer Reihe von Indizien, wie den Protokollen über die Telefonüberwachung, den Übergabemodalitäten, der Kenntnis des Angeklagten von mehreren Strafverfahren gegen Helene ***** H***** in einer mit den Erfahrungen des täglichen Lebens übereinstimmenden und vom Akteninhalt gedeckten Weise mit logischer Begründung abgeleitet, so daß auch insoweit dem angefochtenen Urteil der behauptete Begründungsmangel nicht anhaftet.

Mit seinen dagegen erhobenen Einwendungen bekämpft der Beschwerdeführer - wie im übrigen auch im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5a) - auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Weise (NRsp 1984/176) - nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung der erkennenden Richter. Das gilt insbesondere auch für den Versuch des Beschwerdeführers, in der Tatsachenrüge die Protokolle über das Abhören der Telefongespräche zwischen ihm und Helene ***** H***** dahin auszulegen, daß sich daraus keine Schlüsse auf seine Kenntnis von der unredlichen Herkunft der Kunstgegenstände ziehen ließen. Gleiches gilt hinsichtlich des gegen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens gerichteten Beschwerde- vorbringens, dem im übrigen zusammenfassend entgegenzuhalten ist, daß im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen B***** im Verein mit den Depositionen des sachverständigen Zeugen Wolfgang S***** erhebliche Bedenken gegen die darauf basierenden, dem Schuldspruch zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen nicht geweckt werden konnten.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Angeklagte schließlich das Fehlen von Feststellungen hinsichtlich der diebischen Herkunft der Gegenstände, der gewerbsmäßigen Tatbegehung und der Grundlage der Wertberechnung; er übergeht dabei aber die ausdrücklichen Feststellungen des Erstgerichtes, wonach die Kunstgegenstände in Oberitalien bei Einbruchsdiebstählen erbeutet worden sind (US 17), daß der Angeklagte bei Übernahme der Gegenstände jeweils wußte, daß diese aus Diebstählen stammten und durch Schmuggel über die Grenze nach Österreich gebracht wurden und, daß er sich durch An- und Verkauf dieser so erworbenen Gegenstände ein regelmäßiges und ständiges Einkommen verschaffen wollte (US 18). Gewerbsmäßiger Schmuggel wurde dem Angeklagten indes gar nicht vorgeworfen, er wurde vielmehr des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei schuldig erkannt. Daß sich die Schätzwerte jeweils auf den Zeitpunkt der Begutachtung beziehen, ergibt sich aus dem Gutachten selbst und bedurfte keiner weiteren Erwähnung im Urteil. Die Rechtsrüge erweist sich daher insgesamt als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie sich nicht an den wiedergegebenen Urteilskonstatierungen orientiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zum Teil als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2, zum Teil als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z 1 StPO (iVm § 285 a Z 2 StPO) schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus sich ergibt, daß über die Berufung des Angeklagten das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben wird (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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