OGH 5Ob139/95

OGH5Ob139/9517.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Ernst G*****, Graphiker, ***** vertreten durch Dr.Hannes Pflaum und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Dipl.Ing.Georg W*****, und 2.) Mag.Oswald W*****, beide vertreten durch Dr.Theodor Strohal und Dr.Wolfgang Kretschmer, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31.Jänner 1995, GZ 49 R 365/94-16, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28.Juni 1994, GZ 41 Msch 89/94h-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Der Antrag des Antragstellers auf Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung für die Beantwortung des Revisionsrekurses wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist seit Dezember 1979 Mieter der Wohnung top Nr.24 im Haus ***** das im Eigentum der Antragsgegner steht.

Der Antragsteller begehrt - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - den Antragsgegnern die Errichtung einer der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienenden, der zeitgemäßen Wohnkultur entsprechenden zentralen Waschküche durch Installierung einer vollautomatischen elektrischen Waschmaschine aufzutragen.

Die Antragsgegner wendeten im wesentlichen ein, die Hauseigentümerschaft habe niemals für die Waschküche eine elektrische Waschmaschine angeschafft oder auch nur die Bewilligung zur Aufstellung einer solchen erteilt. Die Waschküche befinde sich im baukonsensmäßigen Zustand und sei deshalb mit einem Waschkessel ausgestattet. Die in der Waschküche aufgestellt gewesene elektrische Waschmaschine sei offensichtlich von einem Mieter angeschafft und unfachmännisch an den Stiegenhausstrom angeschlossen worden. Sie habe über Aufforderung der Hausverwaltung entfernt werden müssen.

Die vom Antragsteller beantragten Arbeiten seien keinesfalls vordringliche Erhaltungsarbeiten. Es seien überdies dringlichere Arbeiten im Haus (Außenfenster und Dach) durchzuführen. Die vorhandenen Mitteln reichten für die Installierung einer Waschmaschine im Sinne der vorhandenen Vorschriften nicht aus (Schli-Akt; ON 5).

Das Erstgericht gab dem Antrag des Antragstellers statt.

Der Entscheidung des Erstgerichtes liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Bereits bei Einzug des Antragstellers in das gegenständliche Haus befand sich in der neben der Wohnung des Antragstellers gelegenen Waschküche neben einem funktionsuntüchtigen alten Waschkessel eine elektrische Waschmaschine, wobei die Leitungen teilweise im Raum frei verlegt waren. Die Hausbesorgerin hatte den Antragsteller dahingehend informiert, daß er die Waschmaschine jedenfalls verwenden könne. In der Folge wurde von der "Hausinhabung" die installierte Waschmaschine und die Elektroleitung entfernt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß es sich bei der Waschküche um eine Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 3 Abs 2 Z 3 MRG handle. Die Erhaltungspflicht des Vermieters für eine solche Anlage erlösche lediglich dann, wenn alle Mieter des Hauses für die Dauer ihres Mietverhältnisses auf die Benützung der Anlage verzichteten. Dies sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben, weil gerade der Antragsteller eine entsprechende Anlage in Verwendung behalten möchte. Es gelte auch der Grundsatz, daß der Ersatz einer nur mit unwirtschaftlichem Aufwand reparaturfähigen Anlage durch eine gleichartige neue Erhaltung und nicht Verbesserung darstelle. Dementsprechend spiele auch hier die Frage der Wirtschaftlichkeit einer bloßen Ausbesserung statt bei Erneuerung eine wesentliche Rolle. Die Erhaltung habe in jeweils ortsüblichen Standard zu erfolgen, sodaß im Gegensatz zu dem starren und kollektiven Erhaltungsbegriff des § 6 MRG eine Reparatur unter Anhebung auf den ortsüblichen Standard noch immer bloß als Erhaltung anzusehen sei. Die Anwendung dieser Grundsätze führe dazu, daß statt der ganz offensichtlich mit wirtschaftlichen Mitteln nicht möglichen Ausbesserung der vorhandenen Anlage die Installierung einer Waschmaschine entsprechend dem ortsüblichen Standard den Antragsgegnern zugemutet werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte im wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Den Rekursausführungen der Antragsgegner, es fehlten Feststellungen darüber, ob eine Reparatur der konsensgemäßen Waschküche wirtschaftlich vertretbar sei, sei entgegenzuhalten, daß diesbezüglich ein ausreichend konkretes Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht erstattet worden sei. Darauf komme es aber letztlich auch gar nicht an, weil es sich vorliegend nur um die Wiederherstellung der schon vorhandenen elektrischen Waschmaschine, nicht aber um die Reparatur der konsensgemäßen Waschküche (Waschkesselanlage) handle.

Wenn bei Einzug des Mieters in die Wohnung in der Waschküche eine Waschmaschine vorhanden gewesen sei und er von der Hausbesorgerin darauf hingewiesen worden sei, daß er diese jederzeit benutzen könne, so liege in dieser Nutzungseinräumung in Verbindung mit einem Fehlen eines Widerspruches des Vermieters die Rechtsfolge, daß damit die Waschmaschine Teil der Gemeinschaftsanlage geworden sei. Der Vermieter sei daher zu deren Erhaltung bzw. Wiederherstellung verpflichtet.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zu entscheiden gewesen wäre.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragsabweisendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller beantragte in der ihm freigestellten Rechtsmittelbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Eventualantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der hier entscheidungswesentlichen Frage besteht, ob der Hauseigentümer verpflichtet ist, eine in einer Waschküche mit nicht funktionstüchtigem Waschkessel nicht vom Hauseigentümer vorschriftswidrig aufgestellte, aber jahrelang von einem einzigen Mieter benützte elektrische Waschmaschine durch eine den Vorschriften entsprechend montierte, vollautomatische, elektrische Waschmaschine zu ersetzen. Überdies ließ das Rekursgericht den Einwand der technischen Unmöglichkeit (AS 11), der auch den Einwand der Unwirtschaftlichkeit enthält, unberücksichtigt.

b) Zum Aufhebungsbeschluß:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß das festgestellte Verhalten der Hausbesorgerin (Mitteilung an den neu in das Haus eingezogenen Antragsteller, daß er die Waschmaschine jedenfalls verwenden könne) nicht bedeutet, daß die Hauseigentümer die vorhandene Waschküche mit einer elektrischen Waschmaschine ausgestattet und diese den Mietern zur Benützung (statt des vorhandenen heizbaren Waschkessels) zur Verfügung gestellt hätten. Es wurde nämlich überhaupt kein Verhalten der Hauseigentümer festgestellt, aus dem eine solche Mitteilung der Hausbesorgerin als in ihrem Namen gemacht oder zumindest geduldet abgeleitet werden könnte. Dagegen spricht vielmehr die vom Antragsteller selbst aufgestellte Behauptung, die Waschmaschine sei bereits ein Jahr nach seinem Einzug aus der Waschküche entfernt worden. Dies stimmt auch insoweit mit dem Vorbringen der Antragsgegner überein, daß diese Entfernung erfolgt sei, als die Hauseigentümer diese Waschmaschine, ihre unsachgemäße Montage sowie den widerrechtlichen Bezug von Strom durch den Benützer der Waschmaschine bemerkt hätten. Dieser Problemkreis wird daher mit den Parteien eingehend zu erörtern sein. Erforderlichenfalls werden nach Aufnahme der hiezu allenfalls angebotenen Beweise die erforderlichen Feststellungen zu treffen sein. Sollten die Vermieter den funktionsuntüchtigen Waschkessel durch eine Waschmaschine ersetzt haben, so wären sie in der Folge zur Aufrechterhaltung der dadurch bewirkten Standardanhebung und damit zur Beseitigung allfälliger Mängel der elektrischen Leitung verpflichtet, weil es sich dabei um Erhaltungsarbeiten an einer bestehenden zentralen Waschküche im Sinne des § 3 Abs 2 Z 3 MRG handelte, es sei denn, daß Kostendeckung auch nicht durch die in § 3 Abs 3 Z 1 und Z 2 Satz 1 MRG genannten Beträge erreicht werden könnte. Um privilegierte und daher jedenfalls durchzuführende Arbeiten im Sinne des § 3 Abs 2 Z 2 lit a bis c MRG handelt es sich dabei nämlich nicht.

Wurde jedoch die Waschmaschine von den Vermietern deswegen wieder entfernt, weil sie gegen ihren Willen aufgestellt worden war, so wird zu prüfen sein, ob die Erhaltung einer bestehenden Anlage (hier: der mit einem nicht mehr funktionstüchtigen Waschkessel ausgestatteten Waschküche) unter Bedachtnahme auf die Kosten der Errichtung und des Betriebes einer vergleichbaren neuen Anlage (hier: Ausstattung der Waschküche mit einer elektrischen Waschmaschine samt den zur Ermittlung des Anteiles am Gesamtverbrauch jedes einzelnen Benützers erforderlichen Vorrichtungen oder Geräten - § 24 Abs 1 MRG) wirtschaftlich nicht vertretbar ist, sodaß anstelle der Erhaltung der bestehenden Anlage eine vergleichbare neue Anlage zu errichten wäre. Dieser Grundsatz gilt überall dort, wo sich aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die Frage der Erneuerung statt der bloßen Ausbesserung stellt (WoBl 1992, 109; ferner zur durchaus vergleichbaren Abgrenzung der Erhaltungs- von Verbesserungsarbeiten im Wohnungseigentumsrecht MietSlg 38.632 und 38.633). Ob unter diesem Gesichtspunkt die vom Antragsteller begehrten Arbeiten Erhaltungsarbeiten sind und ob sie unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 3 MRG von den Antragsgegnern durchzuführen sind, kann erst beurteilt werden, wenn die nach der dargelegten Rechtsansicht erforderlichen Tatsachenfeststellungen getroffen sind.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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