OGH 3Nd1/95

OGH3Nd1/958.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D***** AG, ***** vertreten durch Dr.Alexander Milavec, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Berthold H*****, wegen S 13.968,32 sA, über die Anzeige des Bezirksgerichtes Rottenmann gemäß § 47 JN vom 13.Oktober 1995, GZ E 1484/95i-6, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Bezirksgericht Rottenmann zurückgestellt.

Text

Begründung

Die betreibende Partei brachte beim Exekutionsgericht Wien den Antrag auf Bewilligung der Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame des Verpflichteten, dessen Anschrift mit ***** W*****, H*****gasse 30/1/5, bekanntgegeben wurde, befindlichen beweglichen Sachen jeder Art und der im § 296 EO angeführten Papiere und Einlagebücher einschließlich Taschenpfändung sowie Gehaltsexekution gemäß § 294a EO von Dienstbezügen ein. Das Exekutionsgericht Wien bewilligte diese Exekutionen mit Beschluß vom 6.5.1994, 12 E 3818/94s-1.

Die Pfändung wurde am 13.7.1994 in W*****, H*****gasse 30/1/5, nicht vollzogen, weil die verpflichtete Partei an dieser Anschrift nicht erfragt werden konnte. Bei diesem Pfändungsversuch erfolgte eine Intervention für die betreibende Partei, für die Kostennote über S 1.225,46 gelegt wurde.

Mit Antrag vom 6.9.1995 (ON 4) gab die betreibende Partei unter Hinweis auf die Meldeauskunft der Marktgemeinde T***** vom 31.8.1995 die nunmehrige Anschrift des Verpflichteten mit ***** T*****, L***** 12, bekannt und stellte unter anderem den Antrag auf "Übersendung" an das Bezirksgericht Rottenmann. Hierauf faßte das Exekutiongericht Wien den Beschluß vom 11.9.1995 auf Überweisung gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Rottenmann. Mit Beschluß vom 14.9.1995 lehnte das Bezirksgericht Rottenmann die Übernahme dieses Exekutionsverfahrens vorerst ab; das Exekutionsgericht Wien möge vor Überweisung über den offenen Kostenbestimmungsantrag entscheiden. Das Exekutionsgericht Wien übermittelte mit Verfügung vom 22.9.1995 den Akt neuerlich dem Bezirksgericht Rottenmann, weil es dem überweisenden Gericht verwehrt sei, eine Entscheidung über die Kosten für den erfolglosen Vollzug zu fällen, wenn alle Vollzugsversuche wegen mangelnder Gewahrsame des Verpflichteten erfolglos blieben; eine dennoch ergangene Entscheidung wäre nichtig. Hierauf übermittelte das Bezirksgericht Rottenmann mit Verfügung vom 2.10.1995 den Akt neuerlich dem Exekutionsgericht Wien zur Entscheidung über den offenen Kostenbestimmungsantrag. Für den Fall, daß seitens des Exekutionsgerichtes Wien wiederum die Überweisung ohne Kostenbestimmungsbeschluß erfolge, werde seitens des Bezirksgerichtes Rottenmann ein negativer Kompetenzkonflikt eingeleitet werden. Das Exekutionsgericht Wien übermittelte den Akt mit Verfügung vom 6.10.1995 neuerlich dem Bezirksgericht Rottenmann und wies auf die Bindung des § 44 JN hin. Hierauf zeigte das Bezirksgericht Rottenmann den Kompetenzstreit gemäß § 47 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen um Entscheidung darüber an, von welchem Gericht über den offenen Kostenersatzantrag zu entscheiden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nach § 47 JN liegen nicht vor.

Der Beschluß, mit dem das Gericht seine Unzuständigkeit ausspricht, ist allen Parteien des Verfahrens zuzustellen, die das Recht haben, dagegen Rekurs zu erheben (Fasching, Komm I 281). Voraussetzung einer Entscheidung nach § 47 JN ist, daß beide konkurrierenden Gerichte rechtskräftig über ihre Zuständigkeit abgesprochen haben (EFSlg 34.293; EFSlg 29.883; EvBl 1971/9; EvBl 1965/131; RZ 1962, 139; 3 Nd 504/94). Derartige Beschlüsse liegen hier jedoch nicht vor, weil es das Bezirksgericht Rottenmann vor Anzeige des negativen Kompetenzkonfliktes an den Obersten Gerichtshof unterlassen hat, die die Zuständigkeit verneinenden Beschlüsse der für die Zuständigkeit in Betracht kommenden Gerichte den Parteien zuzustellen. Solange nicht beide die Zuständigkeit der Gerichte verneinenden Entscheidungen rechtskräftig sind, kann die Frage der Zuständigkeit noch im Rechtsmittelweg erledigt werden. Das Verfahren nach § 47 JN dient nicht dazu, die Entscheidung über die Zuständigkeit im Rechtsmittelweg zu entziehen (Fasching I 291; EvBl 1971/9).

Das Bezirksgericht Rottenmann wird daher sowohl den Überweisungsbeschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 11.9.1995 gemäß § 44 Abs 2 JN als auch den Beschluß, mit dem es selbst seine Zuständigkeit ablehnt, den Parteien zuzustellen haben. Vor Rechtskraft dieser Beschlüsse ist dem Obersten Gerichtshof eine Entscheidung gemäß § 47 JN verwehrt.

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