OGH 4Ob584/95

OGH4Ob584/9524.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dkfm.Thomas J.C.M*****, 2. Dkfm.Eugen M*****, beide vertreten durch Weiss‑Tessbach Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei T*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Friedrich, Rechtsanwalt in Wien, wegen Übergabe einer Liegenschaft (Streitwert S 1,000.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 23.Juni 1995, GZ 4 R 119/95‑16, womit der Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 10.April 1995, GZ 3 Cg 60/95f‑8, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0040OB00584.950.1024.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß (auch) der Antrag der Kläger, zur Sicherung ihres mit Klage geltend gemachten Anspruches auf Übergabe und Einverleibung des Eigentumsrechtes an den Liegenschaften EZ 4, 69 und 73 jeweils Grundbuch F*****, der beklagten Partei bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites mit sofortiger Wirkung zu verbieten, die Liegenschaften EZ 4, 69 und 73 jeweils Grundbuch F*****, zu veräußern und zu belasten und zugunsten der Kläger, beide geboren am 15.April 1949, die Anmerkung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbotes gemäß § 382 Z 6 iVm § 384 Abs 2 EO zu bewilligen und das Bezirksgericht Wiener Neustadt um den Vollzug dieses Verbotes in den EZ 4, 69 und 73 jeweils Grundbuch F*****, zu ersuchen, wird

abgewiesen.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 62.189,89 bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen (darin S 6.893,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Begründung:

 

Bis zum Jahre 1991 waren der Erstkläger mit 30 %, der Zweitkläger mit 20 % und dessen Ehegattin Ingeborg M***** mit 10 % des Stammkapitals an der beklagten Gesellschaft mbH beteiligt. Die übrigen Geschäftsanteile hielten Burkhard E***** und seine Familienangehörigen. 1991 erklärte Burkhard E*****, daß er die Geschäftsanteile der Kläger übernehmen wolle. Anläßlich der Vereinbarungen über die Vermögensauseinandersetzung gingen die Kläger und Burkhard E***** davon aus, daß die Beklagte zum Stichtag 31.Dezember 1994 bei positiver Entwicklung einen Wert von rund S 100,000.000 aufweisen werde. Da die Kläger und Ingeborg M***** 60 % der Geschäftsanteile hielten und sie von Burkhard E***** (bzw der ***** K***** GmbH) S 1,200.000 erhalten hatten, errechnete sich die Ausgleichszahlung der K***** GmbH oder Burkhard E***** mit S 58,800.000. Eine genaue Abrechnung hätte am 31.Dezember 1994 erfolgen sollen. Bei der Vermögensauseinandersetzung war den Klägern vor allem ihre Entlassung aus den von der Beklagten eingegangenen Verbindlichkeiten wichtig, für die sie gemeinsam mit Burkhard E***** persönlich gehaftet hatten. Burkhard E***** übernahm deshalb Verbindlichkeiten der Beklagten in der Höhe von etwa 500 bis 600 Mio S und erwirkte Haftungsentlassungserklärungen der Gläubiger.

Mit Notariatsakt vom 20.Dezember 1991 traten die Kläger und Ingeborg M***** der K***** GmbH ihre Geschäftsanteile an der Beklagten ab. Da das Stammkapital der Beklagten S 2,000.000 betrug, errechnete sich der Abtretungspreis für die Geschäftsanteile der Abtretenden - die 60 % davon gehalten hatten - mit S 1,200.000; dieser Betrag entfiel auf die abtretenden Gesellschafter nach ihren Anteilen und wurde am 30.Juni 1994 zur Zahlung fällig. Alle Rechte und Pflichten der abtretenden Gesellschafter an der Gesellschaft gingen ebensowie die Gefahr mit 31.Dezember 1991 auf die K***** GmbH als Erwerberin über. Dieser Abtretungsvertrag sollte rechtsunwirksam werden, wenn die K***** GmbH nicht bis längstens 29.Februar 1992 schriftliche Erklärungen der R***** AG und der B***** AG beibringen sollte, wonach diese ausdrücklich und unwiderruflich auf die von beiden Klägern (oder im Fall der B***** AG nur vom Zweitkläger) übernommene persönliche Haftung als Bürge und Zahler verzichteten. Die verbleibenden Gesellschafter verpflichteten sich weiters, unverzüglich nach Rechtswirksamkeit dieses Vertrages für die Abberufung des Zweitklägers als Geschäftsführer der Beklagten Sorge zu tragen. Diesen Vertrag unterfertigte Burkhard E***** als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der K***** GmbH.

Gleichfalls am 20.Dezember 1991 stellte die Beklagte im Zug der Vermögensentflechtung zwischen den Gesellschaftern den beiden Klägern ein "Kaufanbot". Darin erklärte die Beklagte, daß sie grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaften EZ 4, 69 und 73 je KG F***** sei, welche mit den im einzelnen aufgezählten Pfandrechten belastet seien. Sie biete den Klägern diese Liegenschaften unwiderruflich zu gleichen Teilen zum Kauf an; das Kaufanbot bleibe bis 31.Dezember 1994 rechtswirksam. Die schriftliche Annahmeerklärung der Kläger müsse ihr daher längstens bis 31.Dezember 1994, 0,00 Uhr zugehen. Damit werde der Kaufvertrag perfekt; die Kläger kauften und übernähmen die Liegenschaften mit allen Rechten und Pflichten sowie mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör. Der bei Annahme des Kaufanbotes zu zahlende Kaufpreis betrage S 17,892.000. Unverzüglich nach Zugehen der Annahme des Anbotes durch die Kläger habe die Beklagte die Liegenschaften vollkommen satz‑ und lastenfrei zu stellen oder den Klägern grundbuchsfähig ausgefertigte Löschungsquittungen sämtlicher Hypothekargläubiger zu übergeben. Die Zahlung des Kaufpreises erfolge Zug‑um‑Zug gegen Übergabe entweder der beglaubigten Grundbuchsauszüge, aus denen sich die Lastenfreiheit der Liegenschaften ergebe, oder grundbuchsfähig ausgefertigter Löschungsquittungen sämtlicher Hypothekargläubiger. Die Kläger verzichteten auf Anfechtung des durch die Annahme des Angebots zustandegekommenen Vertrages wegen Irrtums oder Verkürzung über die Hälfte. Zur Sicherstellung der Rechte der Kläger vereinbarten die Parteien die Begründung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbotes sowie eines Vorkaufsrechtes. Gleichzeitig mit der Annahme des Anbotes stehe es den Klägern frei, andere Personen namhaft zu machen, die unbeschränkt in ihre Rechte eintreten könnten. Die Beklagte erteilte sodann ihre ausdrückliche Einwilligung, daß auf Grund ihres Anbotes sowie dessen Annahme durch die Kläger deren Eigentumsrecht ob den Liegenschaften einverleibt werde.

(Wie sich aus den Rechtsausführungen des Erstgerichtes ergibt, nahm es zusätzlich noch als bescheinigt an, daß die beiden Kläger mit einer gesonderten Optionsvereinbarung vom selben Tage der K***** GmbH das Optionsrecht einräumten, die ihnen aus dem Kaufanbot der Beklagten erwachsenen Rechte gegen Zahlung eines Betrages von S 58,800.000 käuflich zu erwerben. Dieses Optionsrecht wurde mit 15.Dezember 1994 befristet [vgl Beilage ./K; Aussage des Zweitklägers S. 37 und Burkhard E*****s S. 45 f].)

Das Kaufanbot der Beklagten wurde von Burkhard E***** als Geschäftsführer firmenmäßig gezeichnet. Dieser war am 20.Dezember 1991 berechtigt, die Beklagte selbständig zu vertreten.

Dieses Kaufanbot wurde erstellt, weil weder die K***** GmbH noch Burkhard E***** den Klägern irgendwelche Sicherheiten für die Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens anbieten konnten. Es diente also zur vermögensrechtlichen Absicherung der Kläger für den Fall, daß weder die K***** GmbH noch Burkhard E***** den Auseinandersetzungsbetrag von S 58,800.000 zahlen könnten.

Mit weiterem Notariatsakt vom 20.Dezember 1991 stellten Burkhard E***** sowie Inge E*****, Burkhard W*****, Rene E*****, Gabriela L*****, Gerhard L***** und Ursula E***** den Klägern das Anbot, ihre Geschäftsanteile an der H*****gesellschaft mbH (von je S 62.500) abzutreten. Die Abtretungspreise entsprächen dem Nomiale der Geschäftsanteile und seien von den Klägern bei Annahme des Angebotes unmittelbar zu entrichten. Die Rechtswirksamkeit dieser Anbote sei durch die Annahme des Kaufanbotes der Beklagten vom selben Tag bedingt.

Dieses Angebot nahmen die Kläger nicht fristgerecht an. Daß die Angebote über die Abtretung der Geschäftsanteile an der H*****gesellschaft mbH und über den Verkauf der Liegenschaften in F***** von den Klägern nur gemeinsam angenommen werden konnten und in untrennbarem Zusammenhang standen, ist nicht bescheinigt.

Als Kaufpreis für die Liegenschaften in F***** sollte nach der Vereinbarung der Parteien die Höhe der auf ihnen zum Stichtag 31.Dezember 1994 lastenden Darlehen angesetzt werden. Die Vertragsteile gingen davon aus, daß dieser Saldo am Stichtag S 17,892.000 betragen würde.

Da die Zahlung von S 58,800.000 ausgeblieben war, nahmen die Kläger mit Annahmeerklärung vom 23.Dezember 1994 das Kaufanbot der Beklagten an. Mit Schreiben vom 27.Dezember 1994 forderten sie die Beklagte auf, auf Grund dieser Annahme unverzüglich die Liegenschaften vollkommen satz‑ und lastenfrei zu stellen und ihnen zum Nachweis dafür einen beglaubigten Grundbuchsauszug oder grundbuchsfähig ausgefertigte Löschungsquittungen sämtlicher Hypothekargläubiger zur Verfügung zu stellen.

Daraufhin erklärten die Beklagte und Burkhard E***** sowie die übrigen Gesellschafter durch ihren Rechtsanwalt Dr.Christian J***** mit Schreiben vom 3.Jänner 1995 den Rücktritt vom Vertrag über die Liegenschaften. Die Kläger hätten es ausdrücklich abgelehnt, das mit dem Kaufvertrag in untrennbarem Zusammenhang stehende Abtretungsangebot vom 20.Dezember 1991 betreffend die Geschäftsanteile an der H*****gesellschaft mbH anzunehmen und dessen Bestimmungen zu erfüllen.

Mit Schreiben vom 17.Februar 1994 hatte die B***** AG Burkhard E***** davon verständigt, daß der Zweitkläger zur Besicherung eines ihm von ihr gewährten Kredites seine Rechte aus dem Kaufanbot der Beklagten vom 20.Dezember 1991 der B***** abgetreten habe. Am 6.Dezember 1994 erfolgte eine Rückabtretung an den Zweitkläger.

Ob die Beklagte bei Kenntnis der tatsächlichen Belastungen der Liegenschaften in F***** von der Abgabe des Verkaufsanbotes gänzlich Abstand genommen oder einen entsprechend höheren Kaufpreis begehrt hätte, ist nicht bescheinigt.

Auf der Liegenschaft EZ 4 KG F***** ist zu TZ ***** je eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis 20.Dezember 1995 angemerkt; auf der Liegenschaft EZ 69 sind zu TZ ***** und auf der Liegenschaft EZ 73 zu TZ ***** jeweils Rangordnungen für die beabsichtigte Veräußerung bis 20.Dezember 1995 angemerkt.

Daß die mehrfach erwähnten Liegenschaften in F***** einen S 58,800.000 übersteigenden Marktpreis aufwiesen, ist nicht bescheinigt.

Daß die Beklagte derzeit eine Veräußerung oder Belastung der Liegenschaften plane, ist zu befürchten, weil Burkhard E***** die Beschlußausfertigungen über die Rangordnungsanmerkungen bei einem nicht feststellbaren Dritten verwahrt habe.

Die Kläger begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, 1. in Entsprechung ihrer vertraglichen Verpflichtungen aus dem Kaufanbot vom 20.Dezember 1991 die Liegenschaften EZ 4, 69 und 73 je KG F***** vollkommen satz‑ und lastenfrei ‑ auch in bezug auf sämtliche derzeit bestehenden außerbücherlichen Lasten - zu stellen oder den Klägern grundbuchsfähig ausgefertigte Löschungsquittungen sämtlicher - bücherlicher sowie außerbücherlicher - Hypothekargläubiger zu übergeben sowie 2. in Entsprechung ihrer vertraglichen Verpflichtung aus dem Kaufanbot vom 20.Dezember 1991 die Liegenschaften in den Besitz der Kläger zu übergeben.

Mit der Behauptung, daß die konkrete Gefahr einer Veräußerung der Liegenschaften durch die Beklagte an einen Dritten bestehe, begehren die Kläger zur Sicherung ihres Anspruches auf Übergabe und Einverleibung des Eigentumsrechtes an den Liegenschaften in F***** - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - der Beklagten zu verbieten, die Liegenschaften EZ 4, 69 und 73 je KG F***** zu veräußern und zu belasten und zugunsten der Kläger die Anmerkung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbotes gemäß § 382 Z 6 iVm § 384 Abs 2 EO zu bewilligen und das BG Wiener Neustadt um den Vollzug dieses Verbotes zu ersuchen. Da sie das Angebot der Beklagten angenommen hätten, sei der Kaufvertrag zustande gekommen. Die Beklagte bestreite ihren Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechtes an den Liegenschaften. Da die Beklagte eine Veräußerung der Liegenschaften vorbereite, bestehe die Gefahr eines unwiederbringlichen Nachteils für die Kläger.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Der Kaufvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen; er werde wegen Irrtums angefochten. Die Kläger hätten das Kaufanbot wirksam nur unter gleichzeitiger Annahme des Anbotes von Gesellschaftsanteilen an der Hotel F*****gesellschaft mbH annehmen können. Der Kaufvertrag bedeute in Wahrheit eine unzulässige Umgehung einer nach § 1371 ABGB unwirksamen Verfallsabrede. Überdies hätten sich die Streitteile über den wahren Wert der Liegenschaften und die Höhe der zu tilgenden Belastungen dieser Liegenschaften in einem wesentlichen Irrtum befunden. Im Hinblick darauf, daß der Beklagten bei Erlassung der einstweiligen Verfügung ein Schaden infolge mangelnder Belastbarkeit und Veräußerbarkeit der Liegenschaften während der Verfahrensdauer drohe, wäre der Sicherungsantrag jedenfalls von einer Sicherheitsleistung in der Höhe von S 4,000.000 abhängig zu machen.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die Kläger hätten ihren Anspruch auf lastenfreie Übergabe der Liegenschaften ausreichend bescheinigt. Die von der Beklagten geltend gemachten anspruchsvernichtenden Tatsachen seien nicht glaubhaft gemacht worden. Obwohl das Kaufanbot der Beklagten unzweifelhaft einem Sicherungszweck gedient habe, liege kein Verstoß gegen § 1371 ABGB vor. Eine Verpfändung oder Sicherungsübereignung der Liegenschaften sei nicht vereinbart worden. Die Kläger hätten vielmehr bis zur Annahme des Anbotes gar keine dingliche Sicherheit besessen. Burkhard E***** wäre es als Geschäftsführer der K***** GmbH freigestanden, das der K***** GmbH bis zum 13. (gemeint: 15.) Dezember 1994 eingeräumte Anbot zum Erwerb der Liegenschaften und Geschäftsanteile an der Hotel F*****gesellschaft mbH zum vereinbarten Kaufpreis von S 58,800.000 anzunehmen. Dadurch wäre die Annahme durch die Kläger hintangehalten worden.

Das Rekursgericht bestätigte insoweit den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Einwand, daß die Liegenschaften bereits übergeben worden seien, bedeute jedenfalls nicht, daß die Ansprüche aus Punkt 1 des Urteiles erfüllt seien. Das Vorliegen eines Irrtums sei nicht bescheinigt worden. Die Anspruchslegitimation des Zweitklägers sei im Hinblick auf die Rückabtretung seiner Ansprüche ausreichend bescheinigt. Der Einwand eines unerlaubten Umgehungsgeschäftes im Sinn des § 1371 ABGB vermöge nicht zu überzeugen. Schutzzweck dieser Bestimmung sei es, den Schuldner vor dem Verlust des ganzen, meist wertvolleren Pfandes zu bewahren sowie eine Verwertung nach Willkür zu verhindern. In all diesen Fällen sei jedoch Voraussetzung, daß der Gläubiger bereits Verfügungsmacht über den Gegenstand hat. Genau das liege hier jedoch nicht vor; vielmehr hätte an die Stelle einer bloßen Geldforderung ein Kaufvertrag mit der Verpflichtung der Übergabe des Kaufgegenstandes gegen Zahlung eines Kaufpreises treten sollen.

Auch der Einwand mangelnder Gefährdung treffe nicht zu. Soweit die Kläger eine beabsichtigte Belastung für nicht bescheinigt erachten, seien sie auf ihre eigene Äußerung verwiesen, wonach sie deshalb eine Sicherheit von S 4,000.000 begehrten, weil ihnen durch die einstweilige Verfügung eine Belastung der Liegenschaft verwehrt werde.

 

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 1371 ABGB nicht im Einklang steht; er ist auch berechtigt.

Grundlage des von den Klägern geltend gemachten Anspruches ist das von ihnen angenommene Kaufanbot der Beklagten vom 20.Dezember 1991 (Beilage ./B). Zu prüfen ist daher zunächst, ob - wie die Beklagte meint - dieser Vertrag nichtig ist, weil er zur Umgehung der Verbotsnorm des § 1371 ABGB geschlossen wurde. Dazu war zu erwägen:

Nach § 1371 ABGB sind alle der Natur des Pfand‑ und Darlehensvertrages entgegenstehenden Bedingungen und Nebenverträge ungültig; dazu gehört ua die Verabredung, daß das Pfandstück nach der Verfallszeit der Schuldforderung dem Gläubiger zufalle (Verfallsklausel) oder daß der Gläubiger es nach Willkür oder zu einem schon im voraus bestimmten Preise veräußern oder für sich behalten könne (Verfallsrechtsklausel).

Das Verbot der Verfallsklausel (= lex commissoria) geht auf ein Gesetz des römischen Kaisers Konstantin aus dem Jahre 320 zurück, welcher die lex commissoria bei Strafe der Nichtigkeit verbot (Raape, Die Verfallsklausel bei Pfand‑ und Sicherheitsübereignung 5 und 76 ff; Gaul, Lex commissoria und Sicherungsübereignung, AcP 168 (1968), 351 ff [368 f]). Dieses Verbot wurde im Laufe der Zeit in unzähligen Gesetzen wiederholt (Raape aaO 5 mwN aus der Literatur) und gilt ua in den Rechtsordnungen des deutschen Sprachraums. So ordnet § 1149 BGB an, daß der Eigentümer, so lange nicht die Forderung ihm gegenüber fällig geworden ist, dem Gläubiger nicht das Recht einräumen kann, zum Zweck der Befriedigung die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück zu verlangen oder die Veräußerung des Grundstücks auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung zu bewirken. Nach § 1229 BGB ist eine vor dem Eintritt der Verkaufsberechtigung getroffene Vereinbarung, nach welcher dem Pfandgläubiger, falls er nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird, das Eigentum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll, nichtig. Nach Art 894 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB) ist jede Abrede, wonach die Pfandsache dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt wird, als Eigentum zufallen soll, ungültig.

Zweck der Verbotsnorm ist es, den Pfandnehmer davor zu schützen, daß er sich in dem Vertrauen, er werde seine Schuld begleichen oder seine Verbindlichkeiten klaglos erfüllen können, zur Aufgabe eines die Forderung des Gläubigers (meist) übersteigenden Vermögenswertes verpflichte (Klang in Klang2 VI 257; Koziol/Welser9 II 133; Petrasch in Rummel, ABGB2 Rz 3; vgl Konzen in Soergel, BGB Rz 1 zu § 1149; Eickmann in Münch Komm Rz 1 zu § 1149; Oftinger im Kommentar zum ZGB N 4 zu Art 894). Der Verfallsvertrag ist nämlich seinem Wesen nach ein bedingter, wird er doch unter der Bedingung geschlossen, daß der Gläubiger nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird. Gerade in dieser Bedingung liegt die eigentümliche Gefahr dieses Vertrages begründet, und von ihr allein aus ist das Verbot des Vertrages zu verstehen. Der Schuldner willigt in den Verlust der Pfandsache für einen Fall ein, an dessen Eintritt er nicht glaubt und dessen Eintritt er nicht will, und wird nun später in dieser Hoffnung getäuscht. Sehr häufig liegt es ja nicht in der Willkür des Schuldners, den Eintritt der Bedingung des Verfalls hintanzuhalten, so daß er verliert, was er sicher zu behalten hoffte (Raape aaO 12 f; Oftinger aaO). Wenn auch der Schuldner vor allem vor dem Verlust des meist wertvolleren Pfandes bewahrt werden soll, gilt das Verbot doch auch, wenn im Einzelfall der Wert des Pfandes nicht höher ist als die Schuld (Raape aaO 28; vgl SZ 23/40; SZ 46/24) oder der im voraus bestimmte Verkaufspreis des Pfandes angemessen ist (SZ 23/40; SZ 46/24).

Verboten ist die Vereinbarung des Heimfalls der Sache an den Gläubiger nur vor Fälligkeit der zu sichernden Forderung (Klang aaO 256; Oftinger aaO N 10; Konzen aaO Rz 2 zu § 1149; Eickmann aaO Rz 5 zu § 1149; Scherübel in Staudinger, Rz 4 zu § 1149 BGB); eine nach Eintritt der Fälligkeit getroffene Vereinbarung gleichen Inhaltes ist hingegen gültig (Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts2 I/2, 448; Klang aaO 256; Oftinger aaO N 11; Eickmann aaO Rz 11; JBl 1961, 359).

Das Verbot der Verfalls‑ sowie der Verfallsrechtsklausel gilt nach Lehre und Rechtsprechung nicht nur für das Pfandrecht, sondern wegen der Gleichheit der Interessenlage auch analog für die Sicherungsübereignung (Raape aaO 50 ff; Klang in Klang II 304; Petrasch aaO Rz 1; Koziol/Welser aaO 147; Mader in Schwimann, Praxiskommentar Rz 2 zu §§ 1371, 1372; SZ 24/303; SZ 46/24; Oftinger aaO N 21 und 22).

Dem Erstgericht ist insoweit beizupflichten, als den Klägern im vorliegenden Fall weder ein Pfandrecht an den Liegenschaften der Beklagten eingeräumt worden ist noch eine Sicherungsübereignung dieser Liegenschaften an sie stattgefunden hat. Das aber ändert entgegen seiner Rechtsmeinung nichts am Ergebnis:

Zwar vertrat Raape (aaO 49 f) noch die Meinung, das Verbot der Verfallsklausel setze ein Pfand oder etwas Pfandgleiches voraus; fehle es daran, so sei die Verfallsabrede für gültig zu erklären. Aus der gleichen Erwägung hielt der Oberste Gerichtshof in JBl 1955, 577 noch die Abrede, daß der Schuldner (und Verpächter) die verpachtete Liegenschaft nach Ablauf von fünf Jahren gegen Verrechnung mit dem bis dahin noch nicht zurückgezahlten Darlehen dem Gläubiger (und Pächter) um einen im voraus bestimmten Preis - den ursprünglichen Darlehensbetrag - käuflich zu überlassen habe, für unbedenklich, weil eben die Grundstücke nicht verpfändet gewesen seien. Dieser Auffassung ist Gschnitzer sogleich (aaO 578) entgegengetreten. Das Wesen der Umgehung liege darin, zwar nicht den Wortlaut, wohl aber Sinn und Zweck einer Bestimmung zu übertreten; hier habe offenbar der Darlehensgläubiger durch die Verpachtung in die Lage eines Pfandgläubigers versetzt werden sollen.

In SZ 35/129 hat sodann der Oberste Gerichtshof - allerdings ohne nähere Begründung - einen Verstoß gegen § 1371 ABGB in einem Fall angenommen, wo weder Pfandrecht noch Sicherungseigentum begründet worden war. Dort hatte (nach den Klagebehauptungen) der Schuldner dem Gläubiger zur Sicherstellung eines gewährten Darlehens für den Fall der nicht fristgerechten Rückzahlung die Übertragung des Eigentums an seinen Liegenschaftsanteilen versprochen, zu diesem Zweck eine beglaubigte Vollmacht ausgestellt und Auftrag und Ermächtigung erteilt, sofort eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu erwirken und einen Kaufvertrag zu unterfertigen, mit dem die Liegenschaftsanteile an den Gläubiger um S 30.000 verkauft würden.

Die in dieser Entscheidung zum Ausdruck gebrachte Auffassung ist aufrechtzuerhalten. Das Verbot der Verfallsklausel ist auf eine entsprechende Vereinbarung mit einem nicht dinglich gesicherten Gläubiger des Eigentümers analog anzuwenden, weil die Interessenlage der Beteiligten die gleiche ist (Eickmann aaO Rz 12; Konzen aaO Rz 4; Gaul aaO 368 ff, insb 380: "Das Verfallverbot ist also ein allgemeines Prinzip unserer Rechtsordnung"). Daß der Gesetzgeber das Schicksal einer Verfallsklausel, die zugunsten eines nicht durch Pfandrecht oder sonst dinglich gesicherten Gläubigers vereinbart wird, bewußt nicht geregelt, also verboten hätte, ist nicht zu sehen; dafür fehlen alle Anhaltspunkte. Es ist daher von einer "planwidrigen Unvollständigkeit", also einer nicht gewollten Gesetzeslücke auszugehen, die durch Analogie zu schließen ist, fordert doch hier der - schon erwähnte - Gesetzeszweck in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung der gesetzlichen Norm des § 1371 ABGB auch auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall (Bydlinski in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 7 mwN aus der Rechtsprechung). Bei anderer Auffassung könnte - worauf schon Gschnitzer (JBl 1955, 578) hingewiesen hat - das Verbot der Verfallsnorm ohne weiteres umgangen werden.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes setzt die Anwendbarkeit des § 1371 ABGB auch nicht voraus, daß der Gläubiger schon Verfügungsmacht über den zur Sicherung dienenden Gegenstand hat. Zutreffend verweist die Beklagte darauf, daß das Verbot der Verfallsklausel nach ständiger Rechtsprechung insbesondere auch für Hypotheken - also besitzlose Pfandrechte - gilt (SZ 4/114; SZ 6/31; SZ 23/40).

Schließlich ist auch die Auffassung des Erstgerichtes und der Kläger, hier liege deshalb kein Verstoß gegen § 1371 ABGB vor, weil es ja Burkhard E***** oder der K***** GmbH freigestanden wäre, selbst die Liegenschaften zum vereinbarten Kaufpreis zu erwerben, verfehlt. Es gehört ja zum Wesen der Verfallsklausel, daß sie nur dann zum Tragen kommt, wenn die Schuld nicht vom Schuldner oder für ihn von einem Dritten rechtzeitig gezahlt wird. Insoweit weist der vorliegende Sachverhalt keinerlei Besonderheiten auf.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen diente das Kaufanbot der Beklagten zur vermögensrechtlichen Absicherung der Kläger, weil die Erwerber ihrer Geschäftsanteile keine anderen Sicherheiten für ihre Schuld von S 58,800.000 bieten konnten. Die den Klägern durch das unwiderrufliche Angebot rund drei Jahre vor der Fälligkeit der Kaufpreisforderung eingeräumte Möglichkeit, bei Nichtzahlung des Kaufpreises die Liegenschaften um einen im voraus bestimmten Kaufpreis für sich in Anspruch zu nehmen, verstößt in gleicher Weise gegen den Normzweck des § 1371 ABGB wie eine inhaltsgleiche Vereinbarung in bezug auf eine zum Pfand bestellte Sache.

Daß Vertragspartner der Kläger nicht ihre Schuldnerin ‑ also die K***** GmbH - war, sondern die Beklagte, ändert nichts an der Unzulässigkeit des Vertrages. Die Vereinbarung einer Verfalls‑ oder Verfallsrechtsklausel ist auch dann unzulässig, wenn sie zwischen einem Gläubiger und einem Dritten geschlossen wird, der - etwa als Pfandbesteller ‑ die Haftung für die Schuld mitübernommen hat.

Da sohin der Kaufvertrag zwischen den Streitteilen aus dem Grunde des § 1371 ABGB nichtig ist, ist der zu sichernde Anspruch zu verneinen.

Auf die übrigen Einwände der Beklagten gegen den Anspruch und die von den Vorinstanzen bejahte Gefährdung braucht daher nicht eingegangen zu werden.

In Stattgebung des Revisionsrekurses waren die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Provisorialverfahrens der ersten Instanz gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 52 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselben Gesetzesstellen in Verbindung mit § 50 Abs 1 ZPO. Für das Verfahren erster und zweiter Instanz - an dem noch ein weiterer Gegner der Kläger als Gefährdeter beteiligt war - steht der Beklagten die Hälfte der vom gemeinsamen Rechtsanwalt verzeichneten Kosten zu (ZBl 1915/82; LGZ Wien EvBl 1936/676 ua). Von den für den außerordentlichen Revisionsrekurs begehrten Kosten verzeichnete die Beklagte nicht die Umsatzsteuer.

 

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