OGH 12Os126/95

OGH12Os126/9518.10.1995

1Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Dorfner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther R***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiterFall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Günther R***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4.April 1995, GZ 7 a Vr 10560/94-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A V 1 und 2 (Betrug zum Nachteil öffentlicher Krankenanstalten), demzufolge auch im Strafausspruch und in dem auf § 369 Abs 1 StPO gestützten Zuspruch des Betrages von 2.678 S an die Verwaltung des (städtischen) Wilhelminenspitals (in Wien) als Privatbeteiligte aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die auf die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Günther Karl R***** wurde des Verbrechens des (richtig:) gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Demnach hat er - soweit im Rechtsmittelverfahren hier von Bedeutung - (A) gewerbsmäßig durch wiederkehrende Begehung schweren Betruges mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die sie oder Dritte um mehr als 25.000 S am Vermögen schädigten, nämlich (I) am 26.August 1994 in Wien Edward Joseph E***** durch die Vorgabe, ein bloß kurzfristiges Darlehen von

1.500 US-Dollar zu benötigen und zu dessen Tilgung bereit und fähig zu sein, zur Herausgabe der American Express Kreditkarte Nummer 372 805 124 461 007, womit er am 28. und 29.August 1994 (indem er sich jeweils als entsprechend Verfügungsberechtigter gerierte) den Kreditkartenberechtigten durch die Abdeckung eigener Hotelrechnungen von insgesamt 115.562 S schädigte; (II) am 3.September 1994 in Wien Angestellte des Hotels Kobenzl durch die Vorgabe seiner Verfügungsberechtigung über die für Ann D***** ausgestellte Eurocard Kreditkarte Nummer 541 065 421 275 4110 zur Annahme der entsprechenden Abdeckung einer Hotelrechnung über 101.000 S, wodurch die Kreditkartenberechtigte einen Schaden in dieser Höhe erlitt; (V) Verfügungsberechtigte von (öffentlichen) Krankenanstalten durch die Vorgabe seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Erbringung von Krankenhausleistungen, nämlich (1) am 11. und am 15.August 1994 in Salzburg im dort etablierten Landeskrankenhaus - Schaden: 9.902,20 S;

(2) am 23.September 1994 in Wien im Wilhelminenspital (der Gemeinde Wien) - Schaden: 2.678 S.

Rechtliche Beurteilung

Die aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 a StPO allein gegen die Schuldsprüche A I und II erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bedeutete die Abweisung der in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vernehmung der (in den USA wohnhaften) tatgeschädigten Zeugen Edward Joseph E***** und Ann D***** keine Beeinträchtigung entscheidender Verteidigungsinteressen. Da beide Zeugen inhaltlich der im Rahmen der sicherheitsbehördlichen Erhebungen (jeweils durch Telefax) erwirkten (eigenhändig unterfertigten) schriftlichen Erklärungen die vom Angeklagten behauptete Einräumung der Kreditkartenbenutzung in dem zu den bekämpften Schuldsprüchen inkriminierten Umfang ausdrücklich und unmißverständlich verneinten (137 und 143/II), sich dieser Erklärungsinhalt zudem vollinhaltlich mit den fernmündlichen Darstellungen der tatbetroffenen Berechtigten gegenüber den erhebenden Sicherheitsorganen decken (Zeugenaussage des Polizeibeamten Manfred D*****), hätte es bei der Antragstellung der Anführung - nach Lage des Falles selbst nicht einsichtiger - besonderer Gründe bedurft, aus denen die beantragten Beweisaufnahmen nunmehr das angestrebte gegenteilige Ergebnis hätten erwarten lassen. Der mangels eines derartigen Vorbringens bei der hier gegebenen Verfahrenskonstellation prozessual untaugliche Beweisantrag wurde demnach ohne jedweden für den Angeklagten nachteiligen Verfahrensmangel abgewiesen.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) beschränkt sich auf den Versuch, unter Hinweis auf bei höheren Rechnungsbeträgen angeblich aktuelle Rückfragegepflogenheiten die hier durchwegs effektuierte bargeldlose Zahlungsabwicklung als aussagekräftiges Indiz für ein vom Einverständnis der Kontoberechtigten getragenes Vorgehen des Angeklagten plausibel zu machen, vermag damit aber vor dem Hintergrund sämtlicher aktenkundiger Verfahrensergebnisse keine Bedenken gegen die Richtigkeit der für die bekämpften Schuldsprüche entscheidenden Tatsachengrundlagen zu erwecken.

Die insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d SPO).

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß die die weiteren Betrugsfakten A V 1 und 2 betreffenden Schuldsprüche mit dem amtswegig wahrzunehmenden Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet sind, weil die dazu getroffenen erstgerichtlichen Feststellungen Tatsachenkomponenten offen lassen, die für eine abschließende strafrechtliche Beurteilung der in Rede stehenden Handlungen entscheidend sind. Öffentliche Krankenanstalten sind nämlich nach dem Gesetz verpflichtet, Personen im Zustand der Lebensgefahr oder der Gefahr einer sonst nicht vermeidbaren Gesundheitsschädigung aufzunehmen. Liegt danach aber ein Anspruch auf Anstaltspflege und Behandlung vor, scheidet eine als strafbarer Betrug faßbare unrechtmäßige Bereicherung auch dann aus, wenn Organen der Krankenanstalt die Voraussetzungen für den Ersatz der anfallenden Betreuungskosten dolos vorgetäuscht werden (Mayerhofer-Rieder StGB4 § 146 ENr.79a). Die solcherart unabdingbar aufklärungsbedürftigen Tatsachengrundlagen für einen - von der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten wie auch vom aufrechten Bestand eines entsprechenden Versicherungsverhältnisses unabhängigen - Anspruch auf Anstaltspflege und Behandlung sind dem angefochtenen Urteil jedoch nicht zu entnehmen, weshalb von Amts wegen spruchgemäß mit teilweiser Urteilsaufhebung und Anordnung einer partiellen Verfahrenserneuerung vorzugehen war.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die (auch den Strafausspruch erfassende) Teilkassierung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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