Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Beklagte ist seit 1972 mit Maria Juliana S***** verheiratet. Diese führt seit ihrer Eheschließung ausschließlich den Haushalt und verfügt über kein eigenes Einkommen. Der Beklagte ist im Außendienst tätig und kommt gelegentlich während der Woche nicht nach Hause. Der Ehe entstammen die Kinder M***** und R*****. Beim mj.R***** traten in der vierten Klasse des Gymnasiums Lernschwierigkeiten auf, die zu zwei Wiederholungsprüfungen, und zwar in Englisch und in Deutsch führten. Die Gattin des Beklagten war stets bemüht, diese Probleme, solange sie nicht gravierend wurden, vom Beklagten fernzuhalten. Der Standpunkt des Beklagten war, daß der mj.R***** die Matura machen soll. Seiner Gattin war dieser Standpunkt bekannt, Gespräche über einen anderen schulischen Werdegang des Sohnes hat der Beklagte nicht zugelassen. Weder sie noch der Minderjährige setzten den Beklagten vom Wunsch des Kindes, die Datenverarbeitungsschule des Klägers in K***** zu besuchen, in Kenntnis, weil beiden von vornherein klar war, daß der Beklagte dies nicht wollte. Ohne Wissen des Beklagten fuhren daher die Mutter und der Minderjährige am 5.3.1991 nach K*****, wo der Minderjährige im Institut des Klägers einen Selektionstest erfolgreich absolvierte. Daraufhin meldete die Mutter den Minderjährigen für das nächste Schuljahr an und unterfertigte das Anmeldungsformular mit R.S*****. Im Text des Anmeldeformulars wird erwähnt, daß die Anmeldung unter anderem dann erlischt, wenn der Schulbesuch vor Beginn des Schuljahres fachärztlicherseits zufolge einer Neuerkrankung untersagt werde. Der Kläger riet der Ehegattin des Beklagten, nachdem diese erklärt hatte, daß sie Hausfrau und ihr Ehemann der Familienerhalter sei, das Anmeldeformular zu unterschreiben, weil sie es sonst von ihrem Ehemann in K***** unterfertigen lassen und dann rückübermitteln müsse. Der Kläger sagte, Maria Juliana S***** könne die Anmeldung ohneweiteres für ihren Ehemann unterschreiben. Es konnte nicht festgestellt werden, daß sie den Kläger darüber informierte, daß der Beklagte mit einem Schulwechsel seines Sohnes nicht einverstanden sei. Sämtliche im Zusammenhang mit der Anmeldung des Minderjährigen zur Schule des Klägers abgegebenen Unterschriften stammen von der Mutter des Minderjährigen, wobei sie stets mit R.S***** unterfertigte. Am 9.Juli 1991 richtete Maria Juliana S***** unter Verwendung einer Stampiglie des Beklagten als Briefkopf handschriftlich ein Schreiben an den Kläger, in dem sie ihm mitteilte, daß sie bereit sei, den mj.R***** nach positiver Ablegung der Wiederholungsprüfungen in die Schule des Klägers zu geben. Der Beklagte hat erst am 11.September 1991 nach den beiden positiv bestandenen Wiederholungsprüfungen des mj.R***** durch einen Anruf des Schulleiters der klagenden Partei "von der ganzen Sache Kenntnis erlangt". Am 12.9.1991 teilte Maria Juliana S***** der klagenden Partei mit, daß der Minderjährige die Schule nicht besuchen könne, weil er "an einer Allergie leide". Am 13.9.1991 wurde dem Minderjährigen im Landeskrankenhaus K***** attestiert, daß er an einer allergisch bedingten spastischen Bronchitis leide und daß sich seine asthmaoiden Beschwerden seit ca. vier Wochen deutlich verschlechtert hätten und eine intensive kontinuierliche medizinische Überwachung bzw. Behandlung erforderlich machten. Am 26.4.1994 wurde ärztlich bestätigt, daß sich der Minderjährige im Zusammenhang mit diesen gesundheitlichen Beschwerden am 26.9., 22.10., 28.11.1991 und am 20.Feber und 23.April 1992 in ärztlicher Behandlung befunden hat. Im Elternfragebogen der klagenden Partei vom 25.6.1991 wurde das Vorliegen von "Asthma bronchiale" beim Minderjährigen verneint, das Vorliegen von Allergien aber bejaht.
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung eines Betrages von S 61.266,--, der sich aus dem Schulgeld für 12 Monate in Höhe von S 30.960,-- und der Übernachtungsgebühr für denselben Zeitraum in der Höhe von S 21.000,-- sowie vereinbarten Verzugszinsen und Mahnspesen zusammensetze. Der Beklagte habe seinen damals 15jährigen Sohn verbindlich in der Datenverarbeitungsschule des Klägers in K***** für das Schuljahr 1991/92 angemeldet. Ein rechtlich beachtlicher Rücktritt vom Vertrag liege nicht vor.
Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, mit dem Kläger keinen Vertrag geschlossen und nie einem Schulwechsel des Minderjährigen vom Gymnasium in K***** in die Schule des Klägers in K***** zugestimmt zu haben. Der Minderjährige leide an allergisch bedingter spastischer Bronchitis und benötige regelmäßige ärztliche Behandlung und Überwachung. Der Facharzt habe geraten, die Schulausbildung in K***** abzuschließen und das Kind nicht in ein Internat in einem anderen Bundesland zu geben. Dies sei dem Kläger mitgeteilt worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es folgerte rechtlich, daß zwischen dem Beklagten und seiner Gattin Gütertrennung herrsche. Die im § 96 ABGB normierte direkte Stellvertretung des Alleinerhalters durch den den gemeinsamen Haushalt führenden und keine eigenen Einkünfte erzielenden Ehegatten (Schlüsselgewalt) gelte nur für Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens für den gemeinsamen Haushalt, die ein den Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechendes Maß nicht übersteigen. Die Anmeldung des Minderjährigen in eine Schule mit einem monatlichen Entgelt von nahezu S 5.000,-- zähle nicht zu derartigen Rechtsgeschäften, weshalb auch keine Solidarhaftung der beiden Ehegatten zum Tragen komme. Die Mutter sei zwar berechtigt gewesen, den Minderjährigen in einer anderen Schule verbindlich anzumelden, doch werde hiedurch der Beklagte nicht verpflichtet.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit der angefochtenen Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Ob bei der Anmeldung des mj.R***** zur Schule des Klägers für das Schuljahr 1991/92 noch von einem Geschäft des täglichen Lebens mit ausreichender Haushaltsnähe gesprochen werden könne, bei welchem die haushaltsführende Mutter den Vater als Familienerhalter unmittelbar schon aufgrund des Gesetzes vertrete, hänge von den konkreten Lebensverhältnissen der Familie des Beklagten und insbesondere von seinem Einkommen und sonstigem Vermögen ab. Erst wenn dies feststehe, könne abschließend beurteilt werden, ob ein Fall der Schlüsselgewalt vorliege oder nicht. Dazu lägen keine Feststellungen vor. Das erstgerichtliche Verfahren sei auch noch aus einem anderen Grund unvollständig geblieben. Der Kläger habe eine Anzahl von Fakten behauptet, aus denen auf eine der Gattin des Beklagten zukommende Duldungs- bzw Anscheinsvollmacht zu schließen sei, so etwa daß diese seine Namensstampiglie gebrauchen durfte, was nichts anderes bedeuten könne, als daß der Beklagte von seiner Gattin in seinem Namen abgegebene Erklärungen offenbar duldete. Es bedürfe jedoch noch präziserer Ermittlungen des vom Kläger dazu behaupteten Sachverhaltes. Abgesehen von vertraglich vereinbarten Auflösungsgründen könne sich eine Partei im allgemeinen nicht auf das Nichtvorhandensein oder auf den Wegfall einer Vertragsvoraussetzung berufen, wenn diese sich auf Tatsachen, die in der eigenen Sphäre lägen, beziehe. Stamme das Hindernis, das der Vertragserfüllung entgegenstehe, aus dem Bereich des Bestellers, sei von einer von diesem zu vertretenden Leistungsvereitelung auszugehen, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese auch schuldhaft erfolgt sei. Allerdings habe sich der Kläger in diesem Fall all das auf den vereinbarten Preis anrechnen zu lassen, was er sich durch die Nichtannahme seiner Leistung durch den Beklagten erspart habe. Auch zu diesem Punkt sei das erstgerichtliche Verfahren ergänzungsbedürftig.
Der gegen diese Entscheidung vom Beklagten erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 96 ABGB ist die haushaltsführende einkommenslose Ehegattin gesetzlich bevollmächtigt, ihren Gatten bei Rechtsgeschäften des täglichen Lebens für den gemeinsamen Haushalt in einem die Lebensverhältnisse der Ehegatten nicht übersteigenden Maß zu vertreten. In der Rechtsprechung (zum Teil zur früheren Gesetzeslage) wurde der Auftrag zur Reparatur einer Waschmaschine (vgl. SZ 36/64), der Ankauf von Heizöl für zwei Monate (EFSlg 28.534), aber auch der Ankauf von Einrichtungsgegenständen, Kleidungsstücken und Spielzeug für die gemeinsamen Kinder, alles Anschaffungen, die nur einen Bruchteil des Monatseinkommens des Ehegatten ausmachten, als von der Schlüsselgewalt umfaßt beurteilt, nicht aber Anschaffungen, die ein Monatsgehalt des Ehegatten überstiegen (vgl. Pichler in Rummel ABGB2 § 96 Rz 1 ff mwN). Dem Rekurswerber ist daher beizupflichten, daß die Anmeldung eines gemeinsamen Kindes zu einem einjährigen Schul- und Internatsbesuch in eine vom Wohnort rund 300 km entfernte Schule den Rahmen der Haushaltsführung übersteigt und daß daher die Lebensverhältnisse der Ehegatten ungeprüft bleiben können, weil kein Fall der sogenannten Schlüsselgewalt vorliegt. Eine derartige Maßnahme ist nicht mit einer Anmeldung eines Kindes in eine am Wohnort der Ehegatten gelegene Musikschule bzw. Anmeldung des Kindes zu einer sonstigen Freizeitbeschäftigung vergleichbar, weil das Kind durch die klagsgegenständliche Maßnahme weitestgehend aus dem gemeinsamen Haushalt ausgegliedert worden wäre.
Dennoch erweist sich der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes als berechtigt. Obwohl sich die klagende Partei zur Begründung ihres Anspruches auch auf das Vorliegen einer Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht berufen hat (AS 19 in ON 5), hat das Erstgericht dazu keine Feststellungen getroffen. Zu den in diesem Zusammenhang zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium nichts weiter hinzuzufügen (§ 510 Abs.3 ZPO). Im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes unberücksichtigt geblieben sind jedoch die Klagsbehauptungen (vgl. AS 17 in ON 5) und die dafür sprechenden Verfahrensergebnisse, daß der Beklagte gegenüber dem Kläger ausdrücklich oder zumindest schlüssig zum Ausdruck gebracht habe, die Vorgangsweise seiner Gattin nachträglich zu billigen. Eine schlüssige Genehmigung setzt voraus, daß der Dritte oder der Vertreter nach den Umständen des Falles darauf vertrauen durfte und auch darauf vertraut hat, der vollmachtslos Vertretene wolle ihm gegenüber zum Ausdruck bringen, daß er mit dem Geschäft doch einverstanden ist (vgl. Strasser in Rummel ABGB2 §§ 1016, 1017 Rz 12 mwN). Das Erstgericht wird daher auch Feststellungen über die Gespräche zwischen den Streitteilen, insbesondere über das Telefongespräch vom 11.9.1991 festzustellen haben. Sollte die vom Kläger behauptete Äußerung des Beklagten, dann müsse er in den sauren Apfel beißen und das Schulgeld bezahlen, festgestellt werden, könnte dies nur als eine Genehmigung des vollmachtslosen Handelns seiner Gattin gewertet werden. Die vom Erstgericht zu treffenden Feststellungen müssen auch in einen Zusammenhang mit dem Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 13.9.1991 (Beilage H) gebracht werden, in dem sich der Beklagte beim Kläger für die Bemühungen, daß er seinen Sohn in die Datenverarbeitungsschule unterbringen konnte, herzlichst bedankt.
Die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichtes geben die Rechtsprechung zum Fehlen bzw. Wegfall der festen Geschäftsgrundlage nur unvollständig wieder. Grundsätzlich ist dazu auszuführen, daß die Eignung des Bewerbers für den Besuch eines Ausbildungskurses zum Programmierer eine "von beiden Parteien dem Vertragsschluß unterstellte Voraussetzung, infolgedessen Geschäftsgrundlage ist". Lag diese Eignung des Minderjährigen nicht vor, so fehlte ein Teil der festen Geschäftsgrundlage, bzw fiel diese Eignung durch einen sich verschlechternden Gesundheitszustand des Minderjährigen weg, so führte dies zum Wegfall der festen Geschäftsgrundlage. Nur eine Fehleinschätzung der eigenen Eignung ist dem persönlichen Risikobereich des Bestellers zuzurechnen (vgl. Rummel in Rummel ABGB2 § 901 Rz 4 ff mwN). Die ins Gewicht fallende Verschlechterung einer Erkrankung des Kindes kann unter Umständen zu einem Wegfall der festen Geschäftsgrundlage führen, sodaß ergänzende Feststellungen über den früheren und den sich im Sommer 1991 ergebenden Gesundheitszustand des mj.R***** erforderlich sind, um daraus beurteilen zu können, ob sich nach der Anmeldung in der Schule des Klägers erst die Notwendigkeit ergab, daß das Kind im elterlichen Haushalt aus gesundheitlichen Gründen zu verbleiben hatte, weil das gesundheitliche Risiko einer weiteren Verschlechterung der allfälligen Dislozierung aus dem elterlichen Haushalt nicht einkalkulierbar war.
Aus diesen Gründen erweist sich der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes im Ergebnis als berechtigt.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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