OGH 1Ob546/94

OGH1Ob546/9417.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelmine ***** A*****, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1. Hubert S*****, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander und Dr. Harald Vill, Rechtsanwälte in Innsbruck, und 2. Konrad W*****, vertreten durch Dr. Johann Tischler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 2,599.100,-- bzw. S 2,499.100,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsstreitwert S 1,635.028,-- bzw. S 1,735.028,-- s.A.) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 11. Jänner 1994, GZ 1 R 197/93-65, womit infolge von Berufungen der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 2. Juni 1993, GZ 20 Cg 228/91-50, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil insgesamt zu lauten hat:

„1. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen S 1,635.028,-- samt 4 % Zinsen seit 26.7.1991 zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere S 864.072,-- samt 4 % Zinsen seit 26.7.1991 zu bezahlen, wird abgewiesen.

3. Das Klagebegehren, die zweitbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 2,599.100,- - samt 4 % Zinsen seit 26.7.1991 zu bezahlen, wird abgewiesen.

4. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 179.224,40 (darin S 25.416,24 USt. und S 26.726,75 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen.

5. Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit S 286.056,45 (darin enthalten S 47.676,07 USt.) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen.“

Text

Entscheidungsgründe:

In dem auf einer im Eigentum der Klägerin stehenden Liegenschaft errichteten Tennengebäude brach am 26.7.1988 ein von den Beklagten gelegter Brand aus. Der Erstbeklagte, der am 26.9.1971 geboren ist und zum Zeitpunkt der Brandlegung daher noch nicht ganz 17 Jahre alt war, wurde vom Landesgericht Innsbruck mit Urteil vom 17. März 1989 schuldig erkannt, am 26.7.1988 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem am 27.1.1976 geborenen und somit (damals) strafunmündigen Zweitbeklagten als unmittelbare Täter durch Anzünden von im Tennengebäude der Klägerin gelagertem Heu, wodurch das Tennengebäude niederbrannte, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht und am 2.8.1988 dadurch, daß er mit einem Schraubenzieher die Scheibe eines Fensters beim Postamtsgebäude einschlug, wodurch ein Schaden in der Höhe von S 504,-- entstand, eine fremde Sache beschädigt und dadurch das Verbrechen der Brandstiftung nach dem § 169 Abs.1 StGB und das Vergehen der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB begangen zu haben. Er wurde nach § 169 Abs.1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB in Anwendung des § 5 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten und zur Zahlung eines Schadensteilbetrages von S 100.000,-- an die privatbeteiligte Klägerin und gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Die ausgesprochene Freiheitsstrafe wurde gemäß § 43 Abs.1 StGB unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Der durch den Brand verursachte Schaden der Klägerin beläuft sich auf insgesamt S 1,735.028,- -.

Die Klägerin begehrte mit der Behauptung, die beiden Beklagten hätten den Schaden vorsätzlich herbeigeführt, von diesem zur ungeteilten Hand ursprünglich die Zahlung eines Schadensbetrages von S 2,599.100,-- samt 4 % Zinsen seit 26.7.1991. In der Verhandlungstagsatzung vom 2.4.1992 schränkte die Klägerin das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren um S 100.000,-- (d.i. der Betrag, der im Strafverfahren zugesprochen wurde) ein. Die Haftung des Zweitbeklagten wurde auf § 1310 ABGB gestützt.

Der Erstbeklagte, der ursprünglich bloß eingewendet hatte, der Schadensbetrag belaufe sich nicht auf das von der Klägerin begehrte Ausmaß und diese habe auch einen Teil des Schadens durch eine Versicherung ersetzt erhalten, sodaß ihr Klagsanspruch infolge Legalzession auf den Versicherer übergegangen sei, wendete in der Verhandlungstagsatzung vom 7.10.1992 seine mangelnde Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Brandlegung ein (AS 261).

Der Zweitbeklagte wendete ein, er sei an der Brandlegung nicht beteiligt gewesen. Er wäre gemäß §§ 1309 und 1310 ABGB auch sonst nicht zum Schadenersatz verpflichtet, verfüge er doch über keinerlei Vermögen (AS 32 f).

Das Erstgericht erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin S 867.514,-- samt 4 % Zinsen seit 26.7.1991 zu bezahlen; der Erstbeklagte wurde darüber hinaus zur Zahlung eines weiteren Betrags von S 73.502,86 samt 4 % Zinsen seit 26.7.1991 verurteilt. Das Mehrbegehren wies es ab.

Es stellte fest, die Handlungsfähigkeit der beiden Beklagten sei bei der Brandlegung aufgrund deren Unfähigkeit zur emotionalen Steuerung beschränkt gewesen. Sie seien zwar in der Lage gewesen, die Gefährlichkeit ihrer Handlungen einzusehen, eine Kontrolle dieser Handlungen und die Vermeidung des Schadens wäre ihnen aber nicht möglich gewesen. Beim Erstbeklagten habe zum Tatzeitpunkt eine psychische Erkrankung (Neurose) bestanden. Bei beiden Beklagten sei am Tag der Brandlegung ein derartiger Konflikt aufgetreten, daß sämtliche vernunftmäßigen Steuerungsmöglichkeiten versagt hätten. Es sei ihnen ein Verschulden an der Brandlegung daher nicht vorzuwerfen. Sie hätten infolge Ausschaltung ihres Willens die Brandstiftung nicht verhindern können, sie seien vielmehr neurotisch dazu getrieben worden. Der Erstbeklagte erziele als Facharbeiter ein monatliches Einkommen von S 10.500,- -; er habe eine monatliche Miete von S 4.500,-- und Schulden in der Höhe von S 140.000,- - - in monatlichen Raten S 3.200,-- auf die Dauer von 3 bis 4 Jahren - zu bezahlen. Vermögen besitze er ebenso wie der Zweitbeklagte nicht. Dieser beziehe lediglich eine Lehrlingsentschädigung. Mit ihm habe es zu Hause nie Schwierigkeiten gegeben. Die Klägerin beziehe eine Ehrenpension von etwa S 10.000,-- monatlich, die sie an eine Bank habe abtreten müssen; von der Bank würden ihr monatlich S 2.000,-- bis S 5.000,-- ausgefolgt. Die in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften seien mit ausgenützten Höchstbetragshypotheken von insgesamt 23,2 Mio S sowie mit weiteren Pfandrechten von insgesamt S 3,275.103,-- belastet. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen verpachte die Klägerin um jährlich S 4.400,-- je Hektar. Für den Fall der Realisierung eines Kaufvertrages vom 4.8.1988 verblieben der Klägerin Liegenschaften im Wert von S 10,610.000,- -.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Beklagten hafteten gemäß § 1310 ABGB für den Schaden der Klägerin; davon sei dem Erstbeklagten ein Ersatz von 60 % und dem Zweitbeklagten ein solcher von 50 % aufzuerlegen. Infolge des vorhandenen Schuldeinsichtsvermögens liege ein „anlastbares Verhalten“ vor. Die Schadensreduzierung habe mit Rücksicht auf die Vermögenslage der Schädiger und der Beschädigten zu erfolgen.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, daß es das gegen die beiden Beklagten gerichtete Klagebegehren zur Gänze abwies; es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen mit Ausnahme der in der rechtlichen Beurteilung des Ersturteils enthaltenen „Feststellung“, daß die Brandlegung beiden Beklagten infolge deren Schuldeinsichtsvermögens anzulasten sei und führte in rechtlicher Hinsicht aus, eine Vernachlässigung der Aufsichtspflicht der Eltern im Sinne des § 1309 ABGB sei auszuschließen. Der erste Fall des § 1310 ABGB sei nicht anzuwenden, weil die Beklagten kein Verschulden treffe. Die strafgerichtliche Verurteilung des Erstbeklagten wegen Brandstiftung entfalte infolge Aufhebung des § 268 ZPO durch den Verfassungsgerichtshof keine Bindungswirkung. Der zweite Fall des § 1310 ABGB komme ohnehin nicht in Betracht. Die Beklagten seien aber auch nach § 1310 dritter Fall ABGB nicht zum Schadenersatz verpflichtet. Selbst unter Berücksichtigung ihres geringfügigen Einkommens müßten sie als vermögenslos bezeichnet werden. Die Klägerin könne trotz Bedachtnahme auf die von ihr ausgenützten Höchstbetragshypotheken den Schaden leichter tragen als die Beklagten. Der Erstbeklagte sei ohnehin im Strafverfahren bereits zur Zahlung eines Schadenersatzbetrages von S 100.000,-- an die Klägerin verurteilt worden. Auch die vom Gericht anzustellenden Billigkeitserwägungen führten zur Abweisung des Schadenersatzbegehrens gegen beide Beklagte.

Die Revision der Klägerin ist teilweise berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und die gerügte Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).

A. Zum Begehren gegen den Erstbeklagten:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin weist zutreffend darauf hin, der Erstbeklagte sei bei der Brandstiftung bereits mündig (knapp 17 Jahre alt) gewesen, sodaß seine Deliktsfähigkeit - jedenfalls soweit sie vom Alter bestimmt wird - im Tatzeitpunkt gegeben gewesen sei. Die Vorinstanzen stellten einerseits die Tatsache der strafgerichtlichen Verurteilung dieses Beklagten wegen Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs.1 StGB fest, sie gingen aber zum andern davon aus, daß der Erstbeklagte wegen einer Neurose außerstande gewesen sei, seine Handlungen zu kontrollieren und den am Vermögen der Klägerin eingetretenen Schaden zu vermeiden. Das Gericht zweiter Instanz vertrat trotz der straftgerichtlichen Verurteilung des Erstbeklagten die Ansicht, die dort erfolgte Bejahung der Deliktsfähigkeit dieses Beklagten entfalte auf das Zivilverfahren keine Bindungswirkung, weil der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 268 ZPO aufgehoben habe.

In der Tat wurde diese Bestimmung, nach der der Richter, wenn die Entscheidung von dem Beweise und der Zurechnung einer strafbaren Handlung abhing, an den Inhalt eines hierüber ergangenen rechtskräftigen verurteilenden Erkenntnisses des Strafgerichts gebunden war, vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.10.1990 aufgehoben (BGBl 1990/706).

In der Folge lehnte der Oberste Gerichtshof eine Bindung des Zivilrichters an vorangegangene rechtskräftige präjudizielle strafgerichtliche Erkenntnisse mehrfach ab (so etwa in ecolex 1992, 89 = ZVR 1992/106 = RZ 1992/39; SZ 65/47 = EvBl 1992/178 = ZVR 1992/142; ecolex 1994, 491 = RdW 1994, 287 = ARD 4555/14/94; 2 Ob 1022/92; dagegen allerdings 9 Ob A 240/91).

Nun aber hat der erkennende Senat nach Verstärkung gemäß § 8 Abs 1 Z 2 OGHG mit Beschluß vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95, ausgesprochen, wirke die materielle Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung derart, daß der Verurteilte das Urteil gegen sich gelten lassen muß, und wirke dieses für den Rechtskreis des Verurteilten, für diesen aber gegen jedermann, so könne sich niemand im nachfolgenden Rechtsstreit einer anderen Partei gegenüber darauf berufen, daß er eine Tat, derentwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, nicht begangen habe, gleichviel ob der andere am Strafverfahren beteiligt war oder in welcher verfahrensrechtlichen Stellung er dort aufgetreten ist. Daran ist festzuhalten. Die Klägerin, der im Adhäsionsverfahren ohnedies bereits gegen den Erstbeklagten ein Teilschadenersatzbetrag zuerkannt worden war, hat sich auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Erstbeklagten schon in der Klageschrift berufen. Das Erstgericht hätte demnach den rechtskräftigen strafgerichtlichen Schuldspruch von Amts wegen unter Ausschluß der neuerlichen Behandlung und Prüfung des Gegenstands der strafgerichtlichen Verurteilung - unter Einschluß der damit erfolgten Bejahung der Zurechnungsfähigkeit - seiner Entscheidung zugrunde legen müssen, zumal der Erstbeklagte im Strafverfahren von keiner sein rechtliches Gehör sichernden Rechtsschutzmöglichkeit ausgeschlossen war. Die dieser Verurteilung, nach der der Erstbeklagte die Brandstiftung im Zustand der Zurechnungsfähigkeit verübt hat, entgegenstehenden Feststellungen der Vorinstanzen, er sei im Tatzeitpunkt von einer Neurose betroffen gewesen, sodaß sämtliche vernunftbestimmten Steuerungsmöglichkeiten ausgeschaltet gewesen seien, können demgemäß die Bindung des Zivilrichters an die strafgerichtliche Verurteilung nicht entkräften: Er hat daher den - auf die Brandstiftung zurückzuführenden - Schaden am Tennengebäude nicht bloß rechtskräftig, sondern auch schuldhaft herbeigeführt.

Demgemäß hat er auch für den Schaden voll einzustehen; vor allem können ihm die in § 1310 ABGB mangels dessen Anwendbarkeit auf die dem Erstbeklagten gegenüber erhobenen Schadenersatzansprüche vorgesehenen Haftungsbeschränkungen nicht zugute gehalten werden.

Er ist deshalb, da die Schadenshöhe im Berufungsverfahren nicht mehr strittig war, unter Bedachtnahme auf den Zuspruch an die Klägerin im Adhäsionsverfahren zum Ersatz des - ihm gegenüber noch - offenen Schadens im Betrag von S 1,635.028,- - sA zu verhalten; die Behauptung der Klägerin, der Erstbeklagte habe eine allfällige Sinnesverwirrung selbst zu verantworten, ist nicht weiter zu prüfen.

Die Kostenentscheidung im Verfahren gegen den Erstbeklagten beruht auf § 43 Abs 1 und 2 sowie § 50 ZPO:

Die Klägerin hat bis zur Einschränkung ihres Begehrens um S 100.000,-- (Tagsatzung am 2.4.1992) vom Erstbeklagten den Ersatz eines Schadens von S 2,599.100,-- sA gefordert. Die Höhe dieses Schadens war von der Ausmittlung durch Sachverständige abhängig. Daß die Klägerin bis zum Bekanntwerden des Gutachtens anstelle des ausgemittelten und zuerkannten Schadensbetrages von S 1,532.028 einen solchen von S 2,298.100,-- begehrte, fällt ihr nicht als Überklagung zur Last, sodaß bis zur Vorlage des Gutachtens im Grundsatz § 43 Abs 2 ZPO anzuwenden ist. Allerdings hat sich der von der Klägerin geforderte Ersatz des Maschinenschadens (S 98.000,- -) ebensowenig als berechtigt erwiesen als das Begehren im Teilbetrag von S 100.000,- -, um das die Klägerin dieses bei der Tagsatzung am 2.4.1992 eingeschränkt hat. Bis zum Bekanntwerden des Gutachtens ist deshalb von einem fiktiven Streitwert von S 1,833.028 auszugehen: Da der Klägerin hievon ein Teilbetrag von S 1,635.028,- - - also etwa 90 % - zugesprochen wrde, hat sie Anspruch auf den Ersatz von 80 % ihrer bis dahin aufgelaufenen Kosten bzw auf Ersatz von 90 % ihrer Barauslagen, von welchen aber 35 % der dem Erstbeklagten im zweiten Verfahrensabschnitt aufgelaufenen Fahrtkosten (daher S 1.291,15) abzuziehen sind.

Nach der Zustellung des Gutachtens hätte die Klägerin ihr Begehren um S 766.072,-- einschränken müssen. Für das restliche erstinstanzliche Verfahren ist daher - nach der Einschränkung um S 100.000,- - - von einem kostenersatzbestimmenden Streitwert von S 2,499.100,-- auszugehen. Der Zuspruch von S 1,635.028 entspricht in diesem Verfahrensabschnitt einem Obsiegen mit etwa 65 %, sodaß ihr der Erstbeklagte 30 % ihrer darauf entfallenden Kosten zu ersetzen hat (§ 43 Abs 1 ZPO).

Im Berufungsverfahren obsiegte die Klägerin gegen den Erstbeklagten zur Gänze, sodaß ihr dieser die halben Kosten ihrer Berufung zu ersetzen hat. Für die von ihr im Verfahren gegen den Erstbeklagten erstattete Berufungsbeantwortung gebührt ihr voller Kostenersatz. Für die Revision steht ihm - ebenso wie für die Berufung - die Hälfte der auf der Basis eines Streitwerts von S 1,735.028,-- zu errechnenden Kosten zu.

B. Zu dem gegen den Zweitbeklagten gerichteten Begehren:

Die Klägerin vertritt nach wie vor die Ansicht, der Zweitbeklagte sei, weil er nicht sinnesverwirrt gewesen sei und die erforderliche Einsicht in die Folgen seiner schädigenden Handlungsweise gehabt habe, ersatzpflichtig (§ 1310 erster Fall ABGB). Nun bedeutet der Umstand, daß der Zweitbeklagte nicht sinnesverwirrt und deshalb einsichtsfähig war, noch nicht, daß die von ihm gesetzte Handlung (Brandlegung) auch von seinem Willen umfaßt gewesen wäre. Hiezu haben die Vorinstanzen festgestellt, daß beim Zweitbeklagten eine Neurose vorlag, die den Willen des Zweitbeklagten bei der Brandlegung ausschaltete. War das Erstgericht noch davon ausgegangen, daß dem Zweitbeklagten infolge der Schuldeinsicht trotz der Ausschaltung des Willens sein Verhalten „anlastbar“ sei - eine Wertung, die seinen Feststellungen widerspricht -, nahm das Berufungsgericht aufgrund dieser Feststellungen an, daß ein Verschulden des Zweitbeklagten zu verneinen sei. Die Verschuldenshaftung nach § 1310 erster Fall ABGB würde aber ein subjektives Verschulden des Zweitbeklagten voraussetzen (Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1310; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 120).

Daß § 1310 zweiter Fall ABGB im vorliegenden Fall keine Anwendung finden kann, ist unstrittig. Es kommt daher nur eine Billigkeitsentschädigung nach § 1310 dritter Fall ABGB in Betracht. Nach dieser Bestimmung soll der Richter „mit Rücksicht auf das Vermögen des Beschädigers und des Beschädigten auf den ganzen Ersatz oder doch einen billigen Teil desselben erkennen“. Bei dieser Billigkeitsentscheidung kommt es nicht ausschließlich auf das beiderseitige Vermögen an, und es kann auch nicht einfach gesagt werden, daß ein umso größerer Teil des Schadens zu ersetzen ist, je größer das Vermögen des Schädigers im Vergleich zu dem des Geschädigten ist. Die richterliche Ermessensentscheidung hat sich vielmehr danach auszurichten, wer von den beiden mit Rücksicht auf seine Vermögenslage den Schaden leichter tragen könne (ZVR 1984/323; RZ 1982/67; SZ 47/43 uva; Reischauer, aaO, Rz 9 zu § 1310). Die Vorinstanzen haben ausreichende und soweit auch unbekämpfte Feststellungen für jene Umstände getroffen, die eine Prüfung in dieser Richtung ermöglichen. Der Zweitbeklagte ist vermögenslos und bezieht lediglich eine Lehrlingsentschädigung. Mehrere der Klägerin gehörige Liegenschaften sind mit ausgenützten Höchstbetragshypotheken von insgesamt S 23,2 Mill. sowie mit weiteren Pfandrechten von S 3,275.103,-- belastet. Von einer an eine Bank abgetretenen Ehrenpension erhält die Klägerin monatlich S 2.000,-- bis S 5.000,-- ausgefolgt. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen werden von der Klägerin um jährlich S 4.400,-- je Hektar verpachtet. Im Fall der Realisierung eines Kaufvertrages verbleiben der Klägerin Liegenschaften im Wert von S 10,610.000,- -. Diese Feststellungen rechtfertigen die vom Berufungsgericht gezogene Schlußfolgerung, daß die Klägerin den in ihrem Vermögen eingetretenen Schaden leichter tragen kann als der Zweitbeklagte. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind - ausreichende - Feststellungen über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorhanden. Die Frage nach der Behauptungs- und Beweispflicht für die vom Gericht anzustellenden Billigkeitserwägungen (VersRdSch 1989, 355; JBl 1982, 149; RZ 1977/87 ua; Reischauer aaO Rz 11 zu § 1310; Schwimann, ABGB, Rz 28 zu § 1310) stellt sich somit nicht. Soweit die Klägerin rügt, sie sei dazu nicht einmal vernommen worden, genügt zur Widerlegung dieses Vorbringens der Hinweis, daß sie selbst auf ihre Parteivernehmung verzichtet hat.

Im Verfahren gegen den Zweitbeklagten ist der Revision der Klägerin daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht in diesem Umfang auf §§ 41 und 50 ZPO.

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