OGH 4Ob574/95(4Ob1642/95)

OGH4Ob574/95(4Ob1642/95)10.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Q***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Herbert Pflanzl und andere, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Dkfm.Dr.Josef M*****, vertreten durch Dr.Reinhard Junghuber, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 732.688 und Feststellung (Streitwert S 150.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 21.Juni 1995, GZ 1 R 89/95-30, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision und der in ihr enthaltene Rekurs werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mag es auch an einer Entscheidung des OGH zu einem völlig gleichgelagerten Sachverhalt, bei dem ein Wirtschaftstreuhänder seine Fachkompetenz überschritten hat, fehlen, so hält sich doch die angefochtene Entscheidung durchaus im Rahmen der stRsp des OGH zu § 1299 ABGB:

Demnach haftet auch derjenige nach § 1299 ABGB, der, ohne Fachmann zu sein, eine Arbeit übernimmt, die in der Regel wegen der notwendigen Kenntnisse nur von einem Fachmann besorgt zu werden pflegt (SZ 43/221). Wer als Sachverständiger bei seiner Gutachtertätigkeit eine Fachkompetenz außerhalb seines eigenen Zuständigkeitsbereichs arrogiert, die er nicht hat, obwohl er wissen mußte, daß ihm die dazu erforderlichen Kenntnisse fehlen, haftet auf Grund des Übernahmeverschuldens (SZ 62/146 mwN). Nimmt ein erst in Facharztausbildung befindlicher Arzt selbständig eine dem Facharzt vorbehaltene Maßnahme vor, haftet er ebenso wie der Fachmann in gleicher Lage gehaftet hätte (JBl 1987, 104).

All diese Grundsätze liegen auch der Beurteilung durch das Gericht zweiter Instanz zugrunde: Der Beklagte hat sich nicht darauf beschränkt, in seiner Eigenschaft als Wirtschaftstreuhänder seinen fachlichen Rat darüber zu erteilen, welche Art der von den Klienten gewünschten Trennung zweier Geschäftsbereiche die steuerlich günstigste wäre. Er hat vielmehr auf Grund seiner bloß steuerlichen Erwägungen die Gründung einer GmbH für den einen Teilbereich vorgeschlagen und sogar den Gesellschaftsvertrag verfaßt, ohne vorher entweder bei Fachleuten aus anderen Rechtsbereichen Erkundigungen über mögliche sonstige Konsequenzen der von ihm vorgeschlagenen Vorgangsweise einzuholen, oder seine Klienten darauf hinzuweisen, daß seine Empfehlung nur aus dem Blickwinkel der Steuerbelastung getroffen wurde, andere mögliche Aspekte aber nicht in seine Fachkompetenz fielen, so daß dazu andere Fachleute beigezogen werden müßten.

Da somit das Berufungsgericht die Rechtslage keineswegs verkannt hat, liegt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor; insoweit war die Revision gemäß § 508 a Abs 2 ZPO zurückzuweisen.

Soweit sich die "außerordentliche Revision" ausdrücklich auch gegen die Aufhebung des Ausspruches über das Feststellungsbegehren (und den Kostenersatzanspruch) wendet, liegt hierin in Wahrheit ein Rekurs gegen einen Beschluß des Berufungsgerichtes vor. Da das Gericht zweiter Instanz nicht aussprach, daß der Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluß zulässig sei (§ 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 ZPO), ist der Rekurs dagegen - auch ein "außerordentlicher" (RZ 1992/18 ua; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 519) - jedenfalls unzulässig. Er war daher zurückzuweisen, selbst wenn eine erhebliche Rechtsfrage vorhanden gewesen wäre.

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