OGH 4Ob560/95(4Ob561/95)

OGH4Ob560/95(4Ob561/95)10.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH, Wien 3, Schnirchgasse 11, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wider die beklagten Parteien 1. H***** GesellschaftmbH & Co KG, 2. H***** GesellschaftmbH, 3. T***** GesellschaftmbH, alle ***** alle vertreten durch Dr.Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 146.907,-- sA (Erst- und Zweitbeklagte) und S 12.482,-- sA (Drittbeklagte) (Revisionsinteresse S 145.437,93 sA), infolge Revision der Erst- und Zweitbeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5.April 1995, GZ 2 R 637/94-17, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 1. September 1994, GZ 26 C 1002/94v, 26 C 635/94y-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Erst- und Zweitbeklagte sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit S 7.672,50 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des Bundesamtes für Zivilluftfahrt. Die Erstbeklagte und die Drittbeklagte sind Halterinnen von Flugzeugen; die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

In der Zeit von Dezember 1993 bis Mai 1994 landeten Notarztjets und "Christophorus"-Hubschrauber der Erstbeklagten in Innsbruck, Linz, Salzburg und Wien. Die Flüge dienten der Rettung von Menschen, und zwar der Suche und Bergung von Vermißten und Abgängigen, der Versorgung von Verunglückten, der Beförderung von Notfallspatienten, die noch nicht in einer Krankenanstalt ärztlich versorgt worden waren, der Heranbringung von Rettungs- und Bergungspersonal und der Beförderung von Arzneimitteln, insbesondere von Blutkonserven, Organen oder medizinischen Geräten. Dazu wurden die Flugzeuge eingesetzt, wenn jede andere Beförderung ausgeschlossen oder nur mit medizinisch nicht vertretbarer Verzögerung durchführbar gewesen wäre. Für die Landungen schrieb die Klägerin Flugsicherungsan- und Abfluggebühren vor. 1 % der Gebühren entfiel auf Flüge, die bei Unfällen von Zivilluftfahrzeugen ohne Auftrag der Klägerin erfolgten; im Auftrag der Klägerin hat die Erstbeklagte keine derartigen Flüge durchgeführt.

Die Notarztjets der Drittbeklagten brachten in der Zeit von Juli 1993 bis Dezember 1993 Transplantate und Transplantationsteams nach Graz, Innsbruck und Klagenfurt. Auch für diese Flüge schrieb die Klägerin Flugsicherungsan- und Abfluggebühren vor.

Die Klägerin begehrt von der Erst- und Zweitbeklagten zur ungeteilten Hand S 146.907,-- sA, von der Drittbeklagten S 12.482,--.

Die Beklagten schuldeten als Halter der Luftfahrzeuge Restgebühren nach §§ 1 ff Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung 1993 (FSAG-V), BGBl 1993/423. Die von ihnen durchgeführten Flüge seien keine "Rettungsflüge" iS des § 9 lit b FSAG-V. Unter die Ausnahmebestimmung fielen nur Such- und Rettungsflüge im Zusammenhang mit dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges ("Such- und Rettungsdienst" laut Zivilluftfahrt-Störungsverordnung 1978 [ZSV 1978] BGBl 1978/152). Dies decke sich mit dem Ausnahmetatbestand im Eurocontrolsystem der Flugsicherungsstreckengebühren. Die Klägerin stelle auch der Republik Österreich An- und Abfluggebühren in Rechnung.

Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen.

Die Notarzt- und Transplantationsflüge seien "Such- und Rettungsflüge"; § 9 lit b und c FSAG-V erfaßten nicht nur Such- und Rettungsflüge iS der §§ 135, 145 Luftfahrtgesetz (LFG), § 9 lit c FSAG-V beziehe sich ausdrücklich auf § 145 LFG; ein Hinweis auf § 135 LFG fehle aber. Daher seien Rettungsflüge, wie sie in der Zivilluftfahrzeug-Ambulanz- und Rettungsflugverordnung (ZARV 1985) BGBl 1985/126 geregelt seien, generell von der Gebührenpflicht ausgenommen. In § 85 Abs 3 LFG idF BGBl 1993/898 seien Such- und Rettungsflüge genannt; im Bericht des Verkehrsausschusses zu dieser Bestimmung werde ausdrücklich auf den flächendeckenden Einsatz von Hubschraubern im Ambulanz- und Rettungsflugsystem hingewiesen.

Das Erstgericht erkannte die Erst- und Zweitbeklagte zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin S 145.437,93 sA zu zahlen; das Mehrbegehren von S 1.469,07 sA wies es ab. Dem Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte gab das Erstgericht zur Gänze statt.

Mit dem Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1973 BGBl 1973/505) seien Gebühren für die Bereitstellung von Flugsicherungsstreckennavigationseinrichtungen und -diensten festgesetzt worden. § 3 Abs 1 lit c leg cit enthalte eine Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Ausnahmen. Die Flugsicherungsstreckengebührenverordnung BGBl 1973/515 nehme in § 3 Abs 1 Z 2 Such- und Rettungsflüge von der Gebührenpflicht aus. In den Materialien (39 BlgNR 13.GP 5) werde in diesem Zusammenhang auf § 135 LFG verwiesen; auch § 145 LFG werde erwähnt. In § 135 LFG werde der Begriff "Such- und Rettungsdienst" für Such- und Rettungsmaßnahmen nach dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges verwendet.

Mit dem Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1984 BGBl 1986/137 sei das Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1973 außer Kraft getreten. Die mehrseitige Vereinbarung über Flugsicherungsstreckengebühren (BGBl 1986/136) sei als Staatsvertrag zwischen verschiedenen Vertragsstaaten, darunter Österreich, und der Europäischen Organisation für Flugsicherung, Eurocontrol, abgeschlossen worden. Nach Art 3 Z 2 lit f dieser Vereinbarung lege die erweiterte Kommission die Grundsätze für Befreiungen von Flugsicherungsstreckengebühren fest. Mit Kundmachung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 14.12.1992 betreffend die Beschlüsse der erweiterten Kommission der Eurocontrol über Anwendungs- und Zahlungsbedingungen für Flugsicherungsstreckengebühren sei laut Art 9 Z 1 lit e bestimmt worden, daß von einem zuständigen Such- und Rettungsdienst zugelassene Such- und Rettungsflüge von der Entrichtung der Gebühr befreit sind. Die Ausnahmen deckten sich zur Gänze mit den in § 3 Abs 1 Flugsicherungsstreckengebührenverordnung 1973 BGBl 1973/515 angeführten Flügen.

Mit der Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung 1993 (FSAG-V) BGBl 1973/423) sei für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung auf Flugplätzen eine Gebühr zur Deckung der entstehenden Kosten festgesetzt worden; diese Gebühr sei nach dem Willen des Gesetzgebers dazu bestimmt, die Einnahmen der Flugsicherung zu vervollständigen. § 9 lit b FSAG-V nehme Such- und Rettungsflüge von der Gebührenpflicht aus. Nach den Erläuterungen zum Entwurf der FSAG-V solle nur in einem sehr eingeschränktem Maß von den Gebühren befreit werden, weil es notwendig sei, die Kosten der Flugsicherung vollständig zu decken. Befreit seien daher nur Einsatzflüge iS des § 145 LFG, die für die Flugsicherung selbst oder für Such- und Rettungsaufgaben erfolgen. Der Gesetzgeber habe daher nicht einmal alle Flüge, die von den Flugsicherungsstreckengebühren befreit seien, auch von den Flugsicherungsan- und Abfluggebühren ausnehmen wollen; umso weniger habe er weitere Flüge von den Gebühren befreien wollen. Auch im internationalen Luftrecht würden unter "Such- und Rettungsdienst" Such- und Rettungsaktionen für in Not geratene Luftfahrzeuge verstanden.

Sowohl der Wortsinn als auch der Bedeutungszusammenhang und die klare Absicht des Gesetzgebers sprächen daher dafür, daß die Flüge der Beklagten nicht unter den Ausnahmetatbestand fallen. Rechtspolitische Überlegungen zur Zweckmäßigkeit gesetzlicher Regelungen könnten bei der Gesetzesauslegung nicht berücksichtigt werden. Was unter "Such- und Rettungsflügen" iS des § 85 Abs 3 Z 3 LFG zu verstehen sei, sei im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Diese Bestimmung sei erst am 1.1.1994 in Kraft getreten, die Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung 1993 hingegen schon am 1.7.1993. Der Klägerin stünden daher die begehrten Gebühren mit Ausnahme eines Teilbetrages von S 1.469,07 zu, welcher auf Flüge entfalle, die die Erst- und Zweitbeklagte bei Unfällen im zivilen Luftverkehr als Such- und Rettungsmaßnahmen durchgeführt hätten.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision der Erst- und Zweitbeklagten zulässig, jene der Drittbeklagten hingegen jedenfalls unzulässig sei.

Nach der Wortinterpretation des Begriffes "Such- und Rettungsflüge" seien mehrere Deutungen, auch die der Beklagten, möglich. Die historische und systematisch-logische Interpretation führe aber dazu, daß der Begriff "Such- und Rettungsflüge" in § 9 lit b FSAG-V iS des § 135 LFG und nicht iS der Zivilluftfahrzeug-Ambulanz- und Rettungsflugverordnung (ZARV 1985) zu verstehen sei.

Diese Verordnung sei erlassen worden, um die für die sichere Beförderung von kranken oder gebrechlichen Personen notwendigen Maßnahmen festzulegen. Dafür sei der Begriff "Rettungsflüge" zu eng; Regelungsgegenstand seien daher "Ambulanz- und Rettungsflüge". § 85 Abs 3 Z 3 LFG idF BGBl 1993/898 regle die Flugsicherheit bei Einsatzflügen in Gebieten mit häufigen Such- und Rettungsflügen. Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff "Such- und Rettungsflüge" sei dem Regelungszweck entsprechend weiter als in § 135 LFG, jedoch enger als in § 2 ZARV 1985. Es könne daher nicht auf einen allgemeinen Wandel des Begriffes "Rettungsflüge" geschlossen werden.

Im internationalen Luftfahrtrecht werde der "Such- und Rettungsdienst" (search and rescue) als luftfahrtspezifische Staatsaufgabe gesehen, die in Österreich nunmehr von der Klägerin wahrgenommen werde. Zur Flugsicherung gehöre nach § 119 lit h LFG auch die Mitwirkung an dem der Luftfahrt dienenden Such- und Rettungsdienst; das seien alle Such- und Rettungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges (§ 135 Abs 1 LFG). Zuständiger Such- und Rettungsdienst sei daher für den österreichischen Rechtsbereich allein die Klägerin; auf ihre Such- und Rettungsflüge sei die Gebührenbefreiungsbestimmung der Eurocontrol abgestellt.

Zweck der Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung 1993 (FSAG-V) sei nach den Gesetzesmaterialien, auch die - bisher aus dem Budget gedeckten - Kosten der Flugsicherung bei An- und Abflügen auf den Benützer zu überwälzen. Mit der Einführung der Flugsicherungsstreckengebühren im Jahre 1972 seien zunächst nur die Aufwendungen für Streckennavigationseinrichtungen und -dienste erfaßt worden.

Die mit der Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung verwirklichten Maßnahmen zur Entlastung des Budgets seien weder überholt noch untragbar, sondern aktuell und wünschenswert.

Staatliche und private Flugrettungseinrichtungen würden gleich behandelt. Von der Gebühr befreit seien nur jene Bereiche, in denen die Klägerin - im Dienste der Flugsicherung - selbst tätig werde.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision ist zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes "Such- und Rettungsflüge" in § 9 lit b FSAG-V fehlt. Die für verschiedene Abrechnungsperioden geltend gemachten An- und Abfluggebühren stehen in einem rechtlichen Zusammenhang: Die Berechtigung der Klägerin, diese Gebühren zu verrechnen, leitet sich unmittelbar aus dem Gesetz ab; die für den Zeitraum Dezember 1993 bis Mai 1994 verlangten Gebühren beruhen demnach auf einem einheitlichen Rechtsgrund. Außerdem liegt ein wirtschaftlicher Zusammenhang vor. Besteht aber zwischen mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang, so sind sie zusammenzurechnen (§ 55 Abs 1 Z 1 JN); diese Bestimmung ist auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend (§ 55 Abs 5 JN; s SZ 65/94 uva). Für die Revisionszulässigkeit ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin der Gesamtbetrag maßgebend, welcher über der Revisionsgrenze von S 50.000 (§ 502 Abs 2 ZPO) liegt.

Die Beklagten halten an ihrer Auffassung fest, daß die historische und teleologische Interpretation des Begriffes "Such- und Rettungsflüge" in § 9 lit b FSAG-V dazu führe, den Ausnahmetatbestand auf die von ihnen durchgeführten Flüge zu erstrecken. Schon § 3 Abs 1 Z 2 Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1973 befreie Such- und Rettungsflüge von der Gebührenpflicht. In den Materialien werde auf § 135 und § 145 LFG hingewiesen. Im Jahre 1973 habe sich jedoch nur das Bundesamt für Zivilluftfahrt mit Such- und Rettungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges befaßt. Zu Beginn der Achtzigerjahre habe die Entwicklung des privaten Rettungsflugwesens begonnen. In der Zivilluftfahrzeug-Ambulanz- und Rettungsflugverordnung 1985 sei daher der Begriff "Rettungsflüge" neu definiert worden. Auch § 85 Abs 3 LFG idF BGBl 1993/898 weise auf Such- und Rettungsflüge hin, unter denen Flüge des Bundesministeriums für Inneres, des Bundesministeriums für Landesverteidigung und der "Christophorus"-Hubschrauber der Beklagten zu verstehen seien. In der Kundmachung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 14.12.1992 betreffend die Beschlüsse der erweiterten Kommission der Eurocontrol über die Anwendungs- und Zahlungsbedingungen für Flugsicherungsstreckengebühren sei in Art 9 Abs 1 lit e normiert, daß von einem zuständigen Such- und Rettungsdienst zugelassene Rettungsflüge von der Entrichtung der Gebühr befreit seien. Jeder Hinweis, daß nur die Klägerin als zuständiger Such- und Rettungsdienst anzusehen wäre, fehle. Im Zuge der Entwicklung des Flugrettungswesens habe die Privatwirtschaft wesentliche Aufgaben des staatlichen Flugrettungswesens übernommen. Sinn und Zweck des § 9 lit b FSAG-V könne daher nur sein, die dem Recht im allgemeinen innewohnenden Zwecke wie Gerechtigkeit, sozialen Ausgleich und Rechtssicherheit zu berücksichtigen. Die Unterscheidung zwischen Rettungsflügen bei Unfällen von Zivilflugzeugen und anderen Such- und Rettungsflügen sei überholt. Such- und Rettungsflüge, wie sie die Beklagten durchführten, bildeten einen bedeutenden Anteil des Flugrettungswesens.

Die Ausführungen der Beklagten lassen sich dahin zusammenfassen, daß die Ausnahmebestimmung des § 9 lit b FSAG-V wegen der Ausweitung der privaten Flugrettungsdienste auf sämtliche Such- und Rettungsflüge zu erstrecken und nicht auf den der Klägerin obliegenden Such- und Rettungsdienst bei Unfällen von Zivilflugzeugen zu beschränken sei. Diese Argumentation haben schon die Vorinstanzen mit ausführlicher und überzeugender Begründung widerlegt:

Die Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung 1993 BGBl 1993/423 (FSAG-V) wurde aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 122 Abs 2 LFG idF BGBl 1992/452 erlassen. Die Verordnungsermächtigung wurde in das Luftfahrtgesetz aufgenommen, um der Kostenentwicklung der modernen Flugsicherung Rechnung zu tragen. Die Luftfahrtindustrie habe in den letzten Jahren erfreuliche Gewinne verzeichnet; die infolge der technischen und mengenmäßigen Entwicklung vor allem für die Flugsicherung der gewerblichen Luftfahrt stark gestiegenen Personal- und Investitionskosten hätten aber aus dem Bundeshaushalt bestritten werden müssen (295 BlgNR 18. GP 23).

Zweck der Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung 1993 ist es daher, die Kosten der Flugsicherung auch in diesem Bereich auf die Benützer zu überwälzen. Flugsicherungsstreckengebühren wurden schon mit dem Flugsicherungsstreckengebührengesetz BGBl 1972/57 eingeführt. Mit diesem Gesetz sollte der am 8.7.1971 unterzeichnete Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) über die Einhebung von Flugsicherungsstreckengebühren iS des Art 50 Abs 2 B-VG erfüllt werden. Vertrag und Gesetz sollten "der Anfang einer klaren Wegekostenrechnung in der Luftfahrt" sein; von den Flugsicherungskosten sollten zunächst nur die Aufwendungen für Streckennavigationseinrichtungen und -dienste erfaßt werden (39 BlgNR 13. GP 3).

Da der ursprüngliche Vertrag mit der Eurocontrol über die Einhebung von Flugsicherungsstreckengebühren zunächst nur für zwei Jahre abgeschlossen worden war, waren auch die innerstaatlichen Vorschriften bis 31.10.1973 befristet. Im Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1973 BGBl 1973/505 wurde die Gebührenpflicht unbefristet vorgesehen, nachdem mittlerweile auch der Vertrag mit der Eurocontrol auf unbestimmte Zeit verlängert worden war (765 BlgNR 13.GP 3 f).

Die Verträge einzelner Staaten mit der Eurocontrol wurden durch die Mehrseitige Vereinbarung über Flugsicherungs-Streckengebühren ersetzt (BGBl 1986/136); um diese Vereinbarung zu erfüllen, wurde das Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1984 BGBl 1986/137 erlassen. Mit seinem Inkrafttreten trat das Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1973 BGBl 1973/505 außer Kraft.

Österreich war demnach von Anfang an (1.11.1971) am Eurocontrol-Flugsicherungsstreckengebührensystem beteiligt (s Halbmayer/Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht I/1/3 506). Ebenfalls von Beginn an waren Such- und Rettungsflüge von der Gebührenpflicht ausgenommen (§ 3 Abs 1 lit b FlugsicherungsstreckengebührenG BGBl 1972/57; § 3 Abs 1 Z 2 FlugsicherungsstreckengebührenV 1973 BGBl 1973/515). In den Erläuterungen wurde zum Begriff der Such- und Rettungsflüge auf § 135 LFG und auch auf § 145 LFG verwiesen (39 BlgNR 13. GP 5; s auch 765 BlgNR 13. GP 5). § 135 Abs 1 LFG weist die Lenkung aller Such- und Rettungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges (Such- und Rettungsdienst) dem Bundesamt für Zivilluftfahrt zu.

Bis zum Außerkrafttreten des Flugsicherungsstreckengebührengesetzes 1973 BGBl 1973/505 durch das Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1984 BGBl 1984/137 war daher klargestellt, daß nur Such- und Rettungsflüge im Zusammenhang mit dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges von der Gebührenpflicht ausgenommen waren. Mit dem Flugsicherungsstreckengebührengesetz 1984 BGBl 1986/137 wurde dem Abschluß der Mehrseitigen Vereinbarung über Flugsicherungs-Streckengebühren (BGBl 1986/136) Rechnung getragen. In dieser Vereinbarung und in den unmittelbar verbindlichen, national nur kundzumachenden Beschlüssen der Erweiterten Kommission der Eurocontrol sind die Flugsicherungsstreckengebührenregelungen enthalten (s Halbmayer/Wiesenwasser aaO 602). Ausgenommen von der Flugsicherungsstreckengebühr sind (ua) von einem zuständigen Such- und Rettungsdienst zugelassene Such- und Rettungsflüge (Art 9 Z 1 lit e der Beschlüsse der Erweiterten Kommission der Eurocontrol). Zuständiger Such- und Rettungsdienst für Österreich war bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Austro Control GesellschaftmbH BGBl 1993/898 das Bundesamt für Zivilluftfahrt; nunmehr ist es die Klägerin. Flugsicherungsaufgaben sind hoheitliche Aufgaben; dazu zählt die Mitwirkung an dem der Luftfahrt dienenden Such- und Rettungsdienst (§ 119 lit h, § 120 LFG; s SZ 37/14; s auch Halbmayer/Wiesenwasser aaO II/1/1, 192b).

Für die Flugsicherungsstreckengebühren steht daher fest, daß nur Such- und Rettungsflüge im Zusammenhang mit dem Unfall eines Zivilluftfahrzeuges von der Gebührenpflicht ausgenommen sind. Für die An- und Abfluggebühr kann nichts anderes gelten: Nach § 9 lit b FSAG-V sind Such- und Rettungsflüge von der Gebührenpflicht befreit, ohne daß dieser Begriff in diesem Zusammenhang näher definiert würde. Da die Flugsicherungsan- und Abfluggebührenverordnung aber erlassen wurde, um, wie oben ausgeführt, die Kosten der Flugsicherung auch in diesem Bereich auf den Benützer zu überwälzen, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er - bei Verwendung des gleichen Begriffes - mehr Flüge von der Gebührenpflicht ausnehmen wollte als von den Flugsicherungsstreckengebühren befreit sind.

Daß der Begriff "Such- und Rettungsflüge" mittlerweile in anderem Zusammenhang auch in einem weiteren Sinn gebraucht wurde (zB Zivilluftfahrzeug-Ambulanz- und Rettungsflugverordnung 1985 BGBl 1985/126; 1247 BlgNR 18.GP 14), führt zu keiner anderen Beurteilung. Die An- und Abfluggebühren können nicht losgelöst von den Flugsicherungsstreckengebühren gesehen werden, dienen doch beide dazu, die Kosten der Flugsicherung auf den Benützer zu überwälzen. Wird die Ausnahmebestimmung des § 9 lit b FSAG-V daher nach systematisch-logischen Kriterien ausgelegt, so muß ihr der gleiche Inhalt wie § 3 Abs 1 lit b FlugsicherungsstreckengebührenG BGBl 1972/57, § 3 Abs 1 Z 2 FlugsicherungsstreckengebührenV 1973 BGBl 1973/515 und Art 9 Z 1 lit e der Beschlüsse der Erweiterten Kommission der Eurocontrol unterstellt werden.

Auch wenn Such- und Rettungsflüge, wie sie die Beklagten durchführen, heute einen bedeutenden Anteil des Flugrettungswesens bilden, kann daraus nicht abgeleitet werden, daß der Gesetzgeber alle diese Flüge von den Gebühren befreien wollte. Flüge dieser Art werden in der Regel entgeltlich durchgeführt werden; es ist nicht ersichtlich, warum die Aufwendungen für die Flugsicherheit nicht ebenso von denjenigen, denen sie zugute kommen (bzw ihren Versicherern), getragen werden sollen wie die Flugkosten. Auch die von den Beklagten geforderte objektiv-teleologische Auslegung kann daher, wie schon die Vorinstanzen überzeugend dargelegt haben, zu keinem anderen Ergebnis führen.

Die Revision mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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