Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Hauptmieterin der Wohnung top 9, 10 und 11 im Haus *****, das dem Antragsgegner gehört.
Noch der frühere Hauseigentümer hatte der Antragsgegnerin zum 1.8.1988 einen Erhaltungsbeitrag vorgeschrieben, der sich auf Basis der Ausstattungskategorie C sowie einer (damals angenommenen) Nutzfläche von 124,23 m2 mit S 585,41 errechnete (Mietzins von S 1.010,41 abzüglich der bezahlten S 524,-). Die Vorschreibung enthielt die Verpflichtungserklärung des Vermieters, den Erhaltungsbeitrag gemäß § 45 Abs 2 MRG im gesetzlichen Sinn zu verwenden.
Auf Grund einer den Indexsprung geltend machenden Vorschreibung vom 27.11.1992 wurde der Hauptmietzins inklusive Erhaltungsbeitrag ab 1.1.1993 auf S 1.123,- erhöht. Diesem Erhöhungsbetrag liegt die nunmehr außer Streit gestellte Wohnungsgröße von 113,82 m2 Nutzfläche zugrunde.
Mit Schreiben vom 11.5.1994 begehrte der Antragsgegner von der Antragstellerin ab 1.7.1994 einen Erhaltungsbeitrag von S 1.016,69, und zwar zwei Drittel des Kategoriemietzinses, S 1.123,03, abzüglich des vertraglichen Hauptmietzinses von S 106,34.
Die Antragstellerin beantragte zunächst bei der Schlichtungsstelle, dann in dem vom Antragsgegner bei Gericht anhängig gemachten Verfahren (§ 40 Abs 1 MRG) die Überprüfung des ihr seit 1.1.1994 vorgeschriebenen Mietzinses von insgesamt S 3.674,- monatlich sowie die Schaffung eines Rückzahlungstitels für die das gesetzliche Zinsausmaß überschreitenden Beträge; der Antragsgegner vertrat dazu den Standpunkt, daß die Mietzinsvorschreibung - insbesondere der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag - den gesetzlichen Vorschriften entspreche.
Das Erstgericht stellte auf Grund des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes fest, daß der vom Antragsgegner der Antragstellerin vorgeschriebene Hauptmietzins samt Erhaltungsbeitrag das gesetzlich zulässige Zinsausmaß zum 1.3., 1.4., 1.5. und 1.6.1994 um monatlich S 1.016,69 überschritten habe; den Antrag, eine gleich hohe Mietzinsüberschreitung auch zum 1.1. und 1.2.1994 festzustellen, wies es hingegen ab.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der Antragsgegner im Jänner und Februar 1994 berechtigt gewesen sei, den Hauptmietzins und Erhaltungsbeitrag mit maximal 2/3 des Kategoriemietzinses zu bemessen. Bei der Größe der Wohnung ergebe sich damit ein zulässiger Monatszins von S 1.123,-. Der "neue" Erhaltungsbeitrag könne jedenfalls seit 1.7.1994 begehrt werden; es sei jedoch strittig, ob der Antragsgegner in den Monaten März bis Juni 1994 den "alten" Erhaltungsbeitrag weiter vorschreiben durfte.
Nach dem Gesetzeswortlaut sei die Möglichkeit zur Vorschreibung des "alten" Erhaltungsbeitrages mit Ende Februar 1994 weggefallen. Das Fehlen einer diesbezüglichen gesetzlichen Übergangsregelung führe dazu, daß der Erhaltungsbeitrag "alt" nach diesem Zeitpunkt nicht mehr eingehoben werden dürfe. Da andererseits der Erhaltungsbeitrag "neu" der Antragstellerin erst mit 1.7.1994 vorgeschrieben worden sei, sei diese nicht verpflichtet, für die Monate März bis inkl. Juni 1994 mehr als den Grundmietzins zu bezahlen.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung insoweit ab, als es das Begehren der Antragstellerin, eine Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes festzustellen, auch hinsichtlich der Monate März und April 1994 abwies. Mietzinsüberschreitungen wurden demnach nur zu den Zinsterminen 1.5.1994 und 1.6.1994 konstatiert, und zwar aus folgenden rechtlichen Erwägungen:
Der Rechtsansicht des Erstgerichtes sei soweit zu folgen, als es die Einhebung des Erhaltungsbeitrages "alt" in den Monaten Jänner und Februar 1994 und eines Erhaltungsbeitrages "neu" ab 1.7.1994 für zulässig erachtete und die beiden Erhaltungsbeiträge als völlig unterschiedliche Zinsbestandteile behandelte. Richtig sei auch, daß durch das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz der Weitergeltung des Erhaltungsbeitrages "alt" der Boden entzogen worden sei und die Vorschreibung des Erhaltungsbeitrages "neu" frühesten mit 1.5.1994 hätte erfolgen können. Der Unterschied zwischen den Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen vor und nach dem 1.3.1994 liege zwar für den Vermieter in reinen Formalismen, doch dürfe nicht übersehen werden, daß nunmehr der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag seit 1.3.1994 klar als Mietzinsbestandteil definiert werde. Das ergebe sich insbesondere aus § 45 Abs 4 MRG idF des 3. WÄG, wonach "im übrigen für die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge die sonstigen Bestimmungen über die Mietzinse gelten". Mögen auch nach einer Neuvorschreibung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge auf der Grundlage des § 45 MRG idF des 3. WÄG die Beiträge in den meisten Fällen gleichbleiben, so spreche doch für die Notwendigkeit einer Neuvorschreibung, daß sich Änderungen im Bereich der Wertsicherung sowie der Möglichkeit der Rückforderung bei nicht widmungsgemäßer Verwendung ergeben hätten. Weil in Hinkunft eine Verletzung der Verwendungspflicht sanktionslos bleibe, könnte in Zukunft aus der Sicht des Mieters mehr dafür sprechen, bereits anläßlich der Erstvorschreibung die Voraussetzungen für die zulässige Einhebung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages näher zu überprüfen und allenfalls zu bestreiten (s Dirnbacher, Das MRG idF des 3. WÄG, ÖVI, 138 f). Es ergebe sich daher die Problematik, wie lange ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag "alt" noch eingefordert werden dürfe.
Würth führe in WoBl 1994, 4 dazu aus, daß Art II Abschnitt II Z 4 des
3. WÄG lediglich die bis einschließlich Februar 1994 fällig gewordenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge erfasse; § 45 MRG trete erst mit 1.3.1994 in Kraft, sodaß dem Mieter erst ab diesem Zeitpunkt die für die Vorschreibung des neuen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages erforderliche Verpflichtungserklärung des Vermieters übermittelt werden könne. Da der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag dann aber erst ab dem Zinstermin gefordert werden könne, der einen Monat nach Einlangen der Erklärung beim Mieter liege, sei der früheste denkbare Termin der 1.5.1994. Das Fehlen einer Übergangsregelung für die Monate März und April 1994 stelle daher eine Gesetzeslücke dar. Unter der Annahme, daß der Gesetzgeber eine Unterbrechung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge nicht beabsichtige, biete sich zur Schließung dieser Gesetzeslücke die Analogie aus der durch das 3. WÄG in das WGG als § 39 Abs 19 eingefügten Übergangsregelung an (s auch Würth - Zingher, WohnR '94, Anm 6 zu § 45 MRG). Dort habe der Gesetzgeber ausdrücklich normiert, daß die für den Monat Dezember 1993 gemäß § 14 Abs 1 Z 5 WGG eingehobenen Beträge ab 1.1.1994 als "vorgeschriebene und nicht rückzahlbare Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge gelten". Auch § 14 d Abs 4 WGG sehe eine dem § 45 Abs 2 MRG ähnliche Verpflichtungserklärung vor, die einen Monat vor dem Entgeltstermin, zu dem Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge begehrt würden, dem Mieter zukommen müsse. Damit hätte sich im WGG - wie im MRG für März und April 1994 - eine Einhebungslücke für die Monate Jänner und Februar 1994 ergeben, die jedoch durch § 39 Abs 19 WGG idF des 3. WÄG überbrückt worden sei. Mit Hilfe dieser Analogie ergebe sich, daß die für Februar 1994 eingehobenen "alten" Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge für März und April 1994 ohne weitere Erklärung, allerdings auch ohne Änderung, weiter eingehoben werden dürfen; diese Beträge gälten allerdings bereits als neue Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iSd § 45 MRG neue Fassung, und teilten daher deren rechtliches Schicksal.
Diesen schlüssigen und praktikablen Überlegungen sei beizupflichten. Im konkreten Fall ergebe sich daraus, daß der Antragsgegner, weil er den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag "neu" erst ab 1.7.1994 vorgeschrieben hat, den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag "alt" in den Monaten März und April zu Recht, in den Monaten Mai und Juni 1994 aber zu Unrecht verlangt habe.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß es zur Frage der Übergangsregelung des § 45 MRG idF des 3.WÄG noch keine oberstgerichtliche Judikatur gebe.
Rechtliche Beurteilung
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs (der versehentlich als Revision bezeichnet wurde) macht die Antragstellerin geltend, daß das Fehlen einer dem § 39 Abs 19 WGG idF des 3. WÄG entsprechenden Übergangsregelung im MRG nur bedeuten könne, daß der "alte" Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag mit 28.2.1994 ausgelaufen sei und der "neue" frühestens seit 1.5.1994 eingehoben werden dürfe. Da die tatsächliche Vorschreibung des EVB im konkreten Fall erst mit 1.7.1994 erfolgte, sei - so der Revisionsrekursantrag - die erstinstanzliche Entscheidung wieder herzustellen.
Der Antragsgegner hat dazu fristgerecht eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und darin die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung beantragt.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß der erkennende Senat die von Würth, Dreimal Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, WoBl 1994, 1 [4 f] mit überzeugenden Argumenten vorbereitete rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes als richtig erachtet, wonach die durch das Fehlen einer Übergangsbestimmung entstandene zeitliche (Regelungs-)Lücke zwischen "altem" und "neuem" Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag im Wege der Gesetzesanalogie durch Anwendung des § 39 Abs 19 WGG idF des
3. WÄG zu schließen ist. Die Revisionsrekurswerberin bringt dagegen nichts Stichhältiges vor, weshalb es mit einer kurzen Zusatzbegründung sein Bewenden haben kann (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm §§ 510 Abs 3 Satz 2, 528 a ZPO).
Die Rechtsmittelausführungen der Antragstellerin erschöpfen sich im Grunde darin, daß sie im Fehlen einer Übergangsregelung für den am 28.2.1994 auslaufenden "alten" EVB, an dessen Stelle gemäß § 45 Abs 2 MRG idF des 3. WÄG iVm Art II Abschnitt II Z 4 sowie Abschnitt III Abs 1 des 3. WÄG der erst ab 1.5.1994 einhebbare "neue" EVB tritt, eine gewollte Gesetzeslücke sieht, also die für einen Analogieschluß notwendige "planwidrige Unvollständigkeit" des Gesetzes (vgl Bydlinski in Rummel2, Rz 2 zu § 7 ABGB) bestreitet. Hinweise auf die Absicht des Gesetzgebers, die für die Erhaltung und Verbesserung des Hauses eingehobenen Beträge im unmittelbaren Anwendungsbereich des MRG anders zu behandeln als im Anwendungsbereich des WGG, oder wenigstens mögliche Motive für eine solche Verschiedenbehandlung rechtsähnlicher Sachverhalte vermochte aber auch die Antragstellerin nicht zu geben. Tatsächlich drängt sich in diesem Zusammenhang eine ungewollte Gesetzeslücke geradezu auf. Einerseits geben die Gesetzesmaterialien keinerlei Auskunft über eine bewußte Differenzierung, andererseits sind gerade Fehler in Übergangsbestimmungen - wegen der besonderen Schwierigkeit der Regelung - sehr leicht durch ein bloßes Versehen des Gesetzgebers erklärbar (vgl Würth aaO).
Die von Würth vorgeschlagene Gesetzesanalogie vermeidet ein den Gleichheitsgrundsatz verletzendes Ergebnis. Ihr ist daher der Vorzug gegenüber jener Interpretation zu geben, die ohne ersichtlichen Grund dem Gesetzgeber unterstellt, rechtsähnliche Probleme verschieden lösen zu wollen. Da die Zwecksetzung des § 39 Abs 19 WGG offensichtlich jener entspricht, die bei Erkennen der Lücke in der Übergangsbestimmung des Art II Abschnitt II Z 4 des 3. WÄG das Handeln des Gesetzgebers bestimmt hätte, entspricht die angefochtene Entscheidung dem in § 7 ABGB vorgegebenen Auslegungsgrundsatz.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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