OGH 9ObA106/95(9ObA107/95)

OGH9ObA106/95(9ObA107/95)13.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekurs- und Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Ing.Peter Pata und Dr.Franz Zörner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Reinhard L*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei ***** Z***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Jörg Hobmeier und Dr.Hubertus Schumacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 289.341,32 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei und Revision sowie Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.März 1995, GZ 5 Ra 27/95-29, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 16.November 1994, GZ 46 Cga 30/94a-21, zum Teil bestätigt und im übrigen aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

2. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.605,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.267,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes im Aufhebungsbeschluß als auch im Teilurteil zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist lediglich folgendes auszuführen:

Zu den Rekursen:

Der Kläger stützt seine Ansprüche auf Abfertigung und Abschlagszahlung auf den Sozialplan, der den Geltungsbereich auf alle Arbeitnehmer im Sinne des § 36 ArbVG einschränkt. Der Prüfung der durch die Rechtsprechung aufgestellten, vom Berufungsgericht zutreffend aufgezeigten Kriterien durch das Erstgericht, wann einem Angestellten als leitenden im Sinne der genannten Gesetzesstelle maßgebender Einfluß auf die Betriebsführung zukommt, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz, nicht entgegentreten. Die Feststellungen, daß der Kläger Niederlassungsleiter ohne Prokura und Bankvollmacht, ohne Zahlungsbefugnisse und ohne Vertretungsbefugnisse nach außen war, sagen über den maßgebenden Einfluß auf die Betriebsführung allein noch nichts aus, schließen ihn aber auch nicht aus.

Die Betriebsvereinbarung (Sozialplan) knüpft alle darin geregelten finanziellen Leistungen an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der in ihrem Punkt 6. erwähnte gesetzliche Abfertigungsanspruch ist zwingend von der Dauer und Beendigung des Dienstverhältnisses abhängig. Mangels einer anders lautenden Regelung der Betriebsvereinbarung ist davon auszugehen, daß der maßgebliche Wortlaut: "Alle Arbeitnehmer, die innerhalb eines Zeitraumes von sieben Monaten einen Anspruch auf eine gesetzliche Abfertigung.......... erwerben würden, erhalten diese Zahlung als freiwillige Abfertigung auf Basis der gesetzlichen Abfertigungsberechnung," so zu verstehen ist, daß der Zeitraum von sieben Monaten an die Dienstvertragsdauer im Zeitpunkt der vereinbarten Auflösung des Dienstverhältnisses anzuknüpfen ist. Der Zeitpunkt der Entlassung ist nicht von Bedeutung, weil es sonst der Dienstgeber in der Hand hätte, durch ungerechtfertigte Entlassungen den Erwerb eines Anspruches auf freiwillige Abfertigung nach dem Sozialplan zu verhindern. Ist die Entlassung unberechtigt, so ist ein zu Unrecht entlassener Arbeitnehmer so zu stellen, als ob sein Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß aufgelöst worden wäre (Arb 10.407, SZ 64/116, 9 ObA 1023/95). Daß der Zeitraum von 7 Monaten ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung zu laufen hätte, wie der Rekurswerber vermeint, hätte einer ausdrücklichen Regelung bedurft.

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Zur Revision:

Auch wenn bei einem Angestellten mit einer größeren Vertrauensstellung ein strengerer Maßstab hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit anzulegen ist als bei Dienstnehmern mit bloß untergeordneten Tätigkeiten, so entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers, sondern ein objektiver Maßstab, der nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles anzuwenden ist, ob der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit verwirklicht wurde (Arb 10.636; 8 Ob A 337/94). Vor endgültiger Kenntnis der Ablehnung des zwischen Walter W*****, Dipl.Ing.A***** und dem Kläger besprochenen Vorschlages, die Reparaturrechnung des Privat-PKW des Walter W***** auf den Dienstwagen des Klägers ausstellen zu lassen durch den Dienstgeber, war die Übergabe des Typenscheines des Dienstwagens durch den Kläger an Walter W***** zur Anfertigung einer Fotokopie nur als Vorbereitung der besprochenen Variante während des Schwebezustandes bis zur abschließenden Erklärung des Dienstgebers anzusehen. Zwar hätte den Kläger die Pflicht getroffen, Walter W***** unverzüglich von der Ablehnung dieser Kostenvariante durch den Dienstgeber zu informieren, jedoch hat er weder bei Übergabe des Typenscheines noch nach Kenntnis der Ablehnung des Dienstgebers von sich aus aktiv diesen Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des Dienstgebers gefördert oder genehmigt. Der Kläger, der für die Kontrolle und Abzeichnung von Rechnungen zuständig war, hat im Gegenteil nach Übergabe der auf den Dienstwagen ausgestellten Rechnung Walter W***** ausdrücklich erklärt, daß die beklagte Partei die Kostenbeteiligung abgelehnt habe und hat in der Folge die Rechnung auch nicht abgezeichnet und in die Zentrale weitergeleitet. Daß der Kläger anläßlich der Dienstfreistellung die Beklagte nicht von der auf die Beklagte ausgestellte aber nicht von ihm genehmigte noch offene Rechnung hingewiesen hat, begründet aber Vertrauensunwürdigkeit nicht. Er selbst setzte keine Handlung, die darauf schließen hätte lassen, er werde seine Dienstpflichten nicht mehr getreulich erfüllen (Kuderna, Entlassungsrecht2, 86). Die Mahnung der nicht saldierten Rechnung unter Anschluß einer Kopie derselben durch das Reparaturunternehmen vor einer Rücksprache und vor Aufklärung dieser Umstände durch den Kläger hatte lediglich den Verdacht einer pflichtwidrigen Handlung begründen können, der aber nicht zur Entlassung berechtigt (Kuderna aaO, 87). Ein Inkaufnehmen, daß die Rechnung doch zufällig bezahlt würde, läßt sich dem Verhalten des Klägers nicht entnehmen. Ob eine Weiterbeschäftigung des Klägers zumutbar gewesen wäre und ob die Entlassung rechtzeitig erfolgte, ist infolge Nichtvorliegens des Entlassungsgrundes ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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