OGH 9Ob517/95

OGH9Ob517/9513.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier, Dr.Petrag, Dr.Bauer und Steinbauer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Kurt F*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Klaus Reisch und Dr.Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die Antragsgegnerin Helga F*****, Hausfrau, ***** wegen Benützungsregelung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21.April 1995, GZ 54 R 73/95-5, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 7.März 1995, GZ 5 Nc 10/95i-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Gericht erster Instanz wird die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens über den Antrag des Antragstellers aufgetragen.

Text

Begründung

Der Kläger ist seit 1969 bücherlicher Alleineigentümer einer Liegenschaft in St.U*****, auf der ein Bungalow mit einer Wohnnutzfläche von 115 m2 errichtet ist.

Er begehrt, eine Benützungsregelung dahin zu treffen, daß ihm die Benützung des Wochenendhauses monatlich abwechselnd mit der Antragsgegnerin überlassen werde; in eventu beantragt er, die Räumlichkeiten dieses Hauses je zur Hälfte zur ausschließlichen Benützung durch ihn und die Antragsgegnerin aufzuteilen.

Er sei mit der Antragsgegnerin seit 17.9.1955 verheiratet. Der Bungalow sei Anfang der 70iger-Jahre errichtet worden. Die Antragsgegnerin behaupte, daß sie nach besten Kräften hiezu beigetragen habe, so daß nach ihrer Vorstellung Miteigentum am Wohnhaus entstanden sei. Der Bungalow sei dann auch eine Zeit lang gemeinsam benützt worden.

Die häusliche Gemeinschaft sei jedoch spätestens Ende des Jahres 1993 auf Grund unüberbrückbarer Differenzen aufgehoben worden. Der letzte gemeinsame Wohnsitz habe sich zu dieser Zeit in B***** befunden. Die Antragsgegnerin habe in der Folge den Antragsteller von der Benützung des Wochenendhauses dadurch ausgeschlossen, daß sie dieses immer öfter selbst benützte, zahlreiche Gäste beherbergte und zum Teil sogar Vermietungen vornahm. Sie weigere sich beharrlich, eine Benützungsregelung zu treffen.

Eine Benützungsregelung dergestalt, daß das Haus gleichzeitig bewohnt wird, würde zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Es werde daher eine solche Regelung vorgeschlagen, daß jeder Teil für näher festzulegende sechs Monate des Jahres das Haus für sich allein benützen könne. Hiebei werde es am günstigsten sein, diese Benützung monatlich abwechselnd zu ermöglichen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Benützungsregelung zurück. Anträge gemäß § 835 ABGB erforderten aufrechtes Miteigentum an der Sache. Da der Antragsteller Alleineigentümer der Liegenschaft sei, sei sein Begehren unzulässig. Allfällige Aufteilungsansprüche oder Ansprüche auf einstweilige Benützung könnten allenfalls im Rahmen eines Scheidungsverfahrens durch einstweilige Verfügungen gesichert werden. Ein derartiges Begehren könne den Antrag des Antragstellers jedoch nicht entnommen werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 50.000,- übersteige, der (ordentliche) Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Regelung der §§ 825 ff ABGB entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht auf die Gemeinschaft dinglicher Rechte beschränkt, sondern auch für die Rechtsbeziehungen einer Mehrheit von Subjekten eines Schuldverhältnisses im Innenverhältnis anzuwenden sei. Für die Zulässigkeit einer gerichtlichen Benützungsregelung genüge ein nach § 372 ABGB qualifizierter Mitbesitz. Der Antragsteller habe einen solchen qualifizierten Mitbesitz der Antragsgegnerin aber nicht behauptet. Er habe nur vorgebracht, daß die Antragsgegnerin Mitwirkung behaupte, so daß sie nach ihrer Vorstellung Miteigentum am Wohnhaus erworben habe.

Dem Vorbringen des Antragstellers sei nicht zu entnehmen, daß es sich bei dem Wochenendhaus um ein Superädifikat handle. Das auf fremden Grund errichtete, auf Dauer bestimmte Gebäude werde gemäß § 297 ABGB Bestandteil des Grundstücks, ohne daß Miteigentum des Bauführers im Sinne des § 415 ABGB entstehe. Ein Titel für einen qualifizierten Mitbesitz ergebe sich sohin weder aus dem Gesetz noch aus einer Vereinbarung. Gemäß § 1233 iVm § 1237 ABGB gelte der Grundsatz der Gütertrennung, so daß jeder Ehegatte Alleineigentümer des von ihm Erworbenen werde. Eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht könne im bloßen Erwerb eines Grundstückes und der Errichtung eines Wohnhauses noch nicht erblickt werden.

Dem Einwand des Antragstellers, daß sein Begehren gemäß § 40 a JN in ein Räumungsbegehren gegen die Antragsgegnerin als titellose Benützerin umgedeutet werden müsse, sei entgegenzuhalten, daß er dieser die weitere Benützung nach seinem Vorbringen gar nicht untersagen wolle. Abgesehen von der mangelnden Konkretisierung sei ein solches Räumungsbegehren, das auf eine auf jeden zweiten Monat begrenzte Räumung gerichtet sei auch nicht zulässig.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung - gegebenenfalls in der richtigen Verfahrensart - an das Erstgericht zurückzuverweisen; in eventu in der Sache selbst im Sinne des Antrages zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage, ob hinsichtlich eines von Ehegatten bisher gemeinsam benützten Wochenendhauses eine Benützungsregelung während aufrechter Ehe zulässig ist, eine einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt. Die außerordentliche Revision ist auch berechtigt.

Nach ständiger Judikatur kann die Benützung einer als Ehewohnung gewidmeten gemeinsamen Liegenschaft von Ehegatten während des aufrechten Bestandes der Ehe nicht ausschließlich nach sachenrechtlichen Grundsätzen (§§ 834, 835 ABGB) durch Zuweisung bestimmter Teile des Hauses an jeden Ehegatten geregelt werden, weil dies mit § 90 (und § 97) ABGB nicht vereinbar wäre (vgl Gamerith in Rummel2, ABGB § 835 Rz 6 mwH; vgl auch § 831 Rz 3; SZ 37/7; MietSlg 21.070; EFSlg 56.912 ff; LGZ Wien EFSlg 59.958, 66.272 ua). Soweit eine Liegenschaft aber nicht den Wohnbedürfnissen der Ehegatten gedient hat, ist die Vornahme einer Benützungsregelung bei aufrechter Ehe durchaus zulässig und möglich (vgl Gamerith aaO; MietSlg 33.080, 35.002 ua). Dabei kommt es nicht nur auf die bücherlichen Eigentumsverhältnisse an. Die Rechtsgemeinschaft kann vielmehr durch zufällige Ereignung, Gesetz oder Rechtsgeschäft entstanden sein; die Regelung der §§ 825 ff ABGB ist auch auf nicht dingliche Gemeinschaften analog anzuwenden, die über bloße Einzelansprüche hinausgehen (vgl Gamerith aaO § 825 Rz 9 f mwH).

Nach den Behauptungen des Antragstellers handelt es sich bei dem nunmehr ausschließlich von der Antragsgegnerin benützten Bungalow um ein Wochenendhaus, das beide Teile bis spätestens Ende 1993 gemeinsam benützt haben (S 24) und an dem die Antragsgegnerin kraft Mitwirkung am Erwerb Hälfteeigentum geltend macht. Ein Haus, das nur als Ferien- oder Wochenendhaus benützt wurde, ist zwar keine Ehewohnung im Sinne der §§ 81 f EheG (EFSlg 48.904); es bildet aber, soweit es während der aufrechten Ehe errichtet wurde, einen Teil der ehelichen Ersparnisse (EFSlg 46.331, 48.907). Dazu kommt, daß das Wochenendhaus nach den Behauptungen des Antragstellers der gemeinsamen Benützung gewidmet war und über 24 Jahre lang auch gemeinsam benützt wurde. Die Teilnehmer der dadurch entstandenen Rechtsgemeinschaft können daher nicht darauf verwiesen werden, daß eine Benützungsregelung erst im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe zulässig wäre (§ 382 Abs 1 Z 8 c EO) oder erst ein Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG, dem durch die begehrte Benützungsregelung ohnehin nicht vorgegriffen wird, abgewartet werden müsse. Eine analoge Anwendung der §§ 825 ff ABGB auch auf diese Rechtsgemeinschaft erscheint daher begründet.

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