Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:
"Die erst- und zweitbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die in ***** G*****, M***** Straße 53, im Parterre rechts vom Eingang befindliche Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Vorraum und WC, binnen 14 Tagen bei Exekution geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.
Die dritt- und viertbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die in ***** G*****, M***** Straße 53, im Parterre gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Kochnische, Bad, Vorraum, WC und Gang geräumt von ihren Fahrnissen binnen 14 Tagen bei Exekution zu übergeben."
Die Revisionsbeantwortung der dritt- und viertbeklagten Parteien wird zurückgewiesen.
Die erst- und zweitbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.586,02 (darin enthalten S 2.674,34 Umsatzsteuer und S 2.540 Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die dritt- und viertbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.095,26 (darin enthalten S 1.592,54 Umsatzsteuer und S 1.540 Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses G*****, M***** Straße 53. Sie brachte gegen die Beklagten Klagen auf Räumung von in diesem Haus gelegenen Wohnungen ein, und zwar am 13.1.1993 zu 3 C 71/93z des Bezirksgerichtes Mödling gegen die Erst- und Zweitbeklagten mit dem Begehren, ihr die im Parterre rechts vom Eingang gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad, Vorraum und WC, geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben, am 11.2.1993 zu 3 C 206/93b des Bezirksgerichtes Mödling gegen Dritt- und Viertbeklagte mit dem Begehren, die im Parterre gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Kochnische, Bad, Vorraum, WC und Gang, zu räumen und geräumt von eigenen Fahrnissen der Klägerin zu übergeben. Die Klägerin brachte vor, die Beklagten hätten befristete Mietverträge abgeschlossen, und zwar die Erst- und Zweitbeklagten bis 31.12.1992, die Dritt- und Viertbeklagten bis 31.1.1993; seit dem benützten sie die Wohnungen titellos.
Die Erst- und Zweitbeklagten sowie die Dritt- und Viertbeklagten brachten jeweils vor, die Befristung des Mietverhältnisses sei nach dem MRG unwirksam, weil in diesem Haus mehr als zwei, nämlich fünf, selbständige Wohneinheiten bestünden und das Gebäude unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet worden sei.
Die Klägerin replizierte hierauf jeweils, entsprechend Bewilligungsbescheid seien im Jahr 1989 zwei Wohnungen in den bestehenden Rohbau eingebaut worden. Nur eine Wohnung, nämlich diejenige der Klägerin, sei mit öffentlichen Mitteln gefördert, nicht aber die Parterre-Wohnung, deren Räumung begehrt werde. Diese Wohnung sei ursprünglich für die Tochter der Klägerin vorgesehen gewesen, die sie aber nicht genommen habe. Daher sei die zuerkannte Förderung aufgekündigt und zurückbezahlt worden. Das im Grundbuch eingetragene Pfandrecht beziehe sich somit nur auf die Wohnung der Klägerin. Das von den Erst- und Zweitbeklagten gemietete Bestandobjekt sei nach dem 31.12.1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet worden.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 15.9.1993 wurden die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden:
Das Erstgericht wies die Räumungsklagen ab; es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Klägerin erhielt mit Bescheid vom 31.7.1975 die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Zweifamilienhauses. Der ausschließlich aus Eigenmitteln der Klägerin finanzierte Rohbau wurde 1980 fertiggestellt.
Im Juli 1988 legte die Klägerin der Baubehörde einen Auswechslungsplan vor, der den Ausbau des Dachgeschosses und den Einbau von elf Garconnieren auf drei Etagen vorsah. Dieser Plan war jedoch nicht genehmigungsfähig. Die Klägerin ließ den Auswechslungsplan daher abändern und strebte nun den Ausbau einer Hausherrenwohnung sowie von drei Komfort-Einbett-Zimmern und sechs Garconnieren - auf drei Etagen - an. Über das im Oktober 1988 eingebrachte Ansuchen um Baubewilligung fand am 7.12.1988 die Bauverhandlung statt, bei der ein Anrainer Einwendungen erhob. Dieser Anrainer erhob auch Berufung gegen den Bescheid der Marktgemeinde G***** vom 19.12.1988, mit dem der Klägerin die Bewilligung zum Einbau einer Wohnung, eines Einbett-Zimmers und von drei Garconnieren in den bestehenden Rohbau erteilt wurde. Die Klägerin suchte hierauf Anfang 1989 um baubehördliche Bewilligung des Einbaus von zwei Wohnungen in den bestehenden Rohbau an. Dagegen erhoben die Anrainer keine Einwendungen. Der Vertreter der Klägerin erklärte in der Bauverhandlung am 30.3.1989, daß diese Wohnungen dem dringenden Wohnbedürfnis einerseits der Klägerin und andererseits ihrer Tochter dienten. Mit Bescheid vom 6.4.1989 wurde der Einbau von zwei Wohnungen bewilligt.
Im Mai 1989 stellte die Klägerin beim Amt der NÖ Landesregierung den Antrag auf Gewährung einer Förderung zur Schaffung von zwei Wohnungen. Sie erklärte, daß die Wohnungen nach Beendigung der Baumaßnahmen zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendet würden und daß die zweite Wohneinheit von ihrer Tochter Thekla J***** in Miete/Nutzung benützt werde. Am 7.11.1989 wurde von der NÖ Landesregierung ein Darlehen von S 300.000 zugesichert. Grundlage war, daß eine Wohnung von der Klägerin und eine Wohnung von ihrer Tochter zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses verwendet wird. S 200.000 bezogen sich auf die Wohnung der Klägerin, S 100.000 auf die von ihrer Tochter benützte Wohnung. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 17.11.1989 wurden im Lastenblatt der Liegenschaft die Einverleibung des Pfandrechtes von S 300.000 samt 2 % Zinsen, 9 % Verzugszinsen und S 30.000 Nebengebührenkaution sowie die Einverleibung des Veräußerungsverbotes für das Bundesland Niederösterreich bewilligt. Im Jänner 1990 wurden der Klägerin 90 % des Förderungsbetrages, somit S 270.000, überwiesen.
Die Klägerin sprach am 12.6.1990 beim Amt der NÖ Landesregierung vor und erklärte, die Darlehensbedingungen nicht einhalten zu können, weil die zweite Wohneinheit nicht von der großjährigen Tochter Thekla J***** bewohnt werde und die jüngste Tochter noch nicht großjährig sei. Das am 7.11.1989 bewilligte Wohnbauförderungsdarlehen für die zweite Wohneinheit war daher von der Behörde fällig zu stellen und der offene Darlehensrest zum Widerruf vorzumerken. Dementsprechend verpflichtete sich die Klägerin, den die zweite Wohneinheit betreffenden, bereits ausbezahlten Betrag von S 90.000 abzüglich des für die Wohnung der Klägerin noch anzuweisenden Betrages von S 20.000, somit S 70.000 bis 1.4.1991 zurückzuzahlen. Auf Ersuchen der Klägerin wurde die Rückzahlung bis 1.10.1992 gestundet. Als die Klägerin ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkam, wurde sie mit Schreiben vom 4.11.1992 aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen den aushaftenden Betrag einzuzahlen. Die Klägerin überwies am 18.11.1992 S 70.000 an den Wohnbauförderungsfonds für das Land Niederösterreich.
Die Klägerin bot dem Erstbeklagten, der als Mietinteressent erschien, das gesamte Erdgeschoß zur Anmietung an. Der Erstbeklagte meinte, dieser gesamte Wohnbereich sei ihm zu groß bzw zu teuer. Die Klägerin und der Erstbeklagte sowie seine Lebensgefährtin, die Zweitbeklagte, einigten sich dahin, daß die Erst- und Zweitbeklagten am 17.12.1989 den Mietvertrag über einen Teil des Erdgeschosses unterfertigten. Man verblieb so, daß sich zunächst der Erstbeklagte um einen Mietinteressenten für den restlichen Teil des Erdgeschosses umsehen sollte. Damals ging man davon aus, daß dann beide Mietparteien denselben Eingang und den Gangbereich gemeinsam benützen würden. Sollte der Erstbeklagte keinen Mieter finden, so würde die Klägerin die restlichen Räumlichkeiten an einen Fremden vermieten.
Nachdem der Erstbeklagte mit der Einrichtung der Wohnung begonnen hatte, fand er den ihm bereits bekannten Drittbeklagten, der sich gemeinsam mit seiner Ehegattin, der Viertbeklagten, für den restlichen Teil des Erdgeschosses interessierte. Dem Drittbeklagten war jedoch eine gänzliche Abtrennung der beiden Wohnbereiche wichtig. Bei einem Gespräch zwischen der Klägerin und den Dritt- und Viertbeklagten einigte sich man dahin, daß eine Ytong-Wand sowie eine Tür zwischen dem Stiegenaufgang und einem Zimmer errichtet wurde. Die Klägerin zahlte die Materialkosten für diese Maßnahmen, nach deren Abschluß die Dritt- und Viertbeklagten am 1.2.1990 den Mietvertrag unterfertigten. Die gänzliche Abtrennung der beiden Wohnbereiche war für die Dritt- und Viertbeklagten Voraussetzung der Anmietung.
Das Erstgericht stellte die örtlichen Gegebenheiten detailliert fest; der Wohnbereich der Erst- und Zweitbeklagten hat eine Nutzfläche von rund 75 m2, derjenige der Dritt- und Viertbeklagten eine Nutzfläche von rund 60 m2. Der erste Stock ist vom Grundriß her so wie das Erdgeschoß konzipiert und wurde zur Zeit des Abschlusses der Mietverträge mit den Beklagten von der Klägerin bewohnt.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, die Wirksamkeit der vereinbarten dreijährigen Befristung der Mietverhältnisse setze voraus, daß der Mietgegenstand ohne Förderung errichtet wurde oder daß es sich um ein Zweifamilienhaus handelt. Beide Ausnahmekriterien seien hier nicht erfüllt. Das geförderte Darlehen im Betrag von S 200.000 beziehe sich zweifellos nur auf den Wohnbereich im ersten Stock. Wirtschaftlich sei es durchaus möglich, die Herstellungskosten einer Wohnung im Rahmen der Gesamtkosten des Gebäudes exakt zu berechnen, sodaß auch Förderungsmittel bloß für die Herstellung einer Wohnung gewährt werden können. Die Klägerin müsse sich allerdings zurechnen lassen, daß sie auch für die Wohnung(en) im Erdgeschoß Förderungsmittel in Anspruch genommen habe. Sie habe letztlich ein zinsenloses Darlehen im Betrag von S 90.000 (respektive S 70.000) von Jänner 1990 bis November 1992 zur Verfügung gehabt. Daher sei auch der Wohnbereich im Erdgeschoß nicht ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet worden. Dabei sei vor allem darauf Bedacht zu nehmen, daß die vorzeitige Rückzahlung zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als das Mietverhältnis mit den Beklagten bereits in Geltung gewesen sei. Würde man aufgrund der Rückzahlung das Tatbestandsmerkmal "ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel" als erfüllt ansehen, dann hätte es der Vermieter in der Hand, nachträglich der - zunächst unbeachtlichen - Befristung Wirksamkeit zu verschaffen. Zu prüfen sei weiters, ob es sich um ein Zweifamilienhaus handelt. Dies sei zu verneinen, wenn man bereits den Wohnbereich im Erdgeschoß als zwei selbständige Wohnungen ansehe. Bei der Auslegung des Begriffes "Wohnung" sei auf den allgemeinen Sprachgebrauch, auf die Verkehrsauffassung sowie auf die Bauvorschriften abzustellen. Danach sei unter einer Wohnung ein selbständiger und in sich baulich abgeschlossener Teil eines Gebäudes zu verstehen, der geeignet sei, der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen. Die Klägerin habe ursprünglich ein Wohnhaus mit mehr als zwei Wohnungen errichten wollen; dieses Vorhaben sei jedoch an baubehördlichen Auflagen und Einwendungen von Anrainern gescheitert. Die Klägerin habe sich daher gegenüber der Baubehörde mit dem Einbau von "zwei Wohnungen in den bestehenden Rohbau" begnügt. Die tatsächliche Bauausführung sei dann aber von den genehmigten Bauplänen abgewichen; die Klägerin habe nicht ein Badezimmer und ein WC, sondern zwei sanitäre Räume errichtet, die jeweils ein kombiniertes Bad und WC sind. Schließlich habe die Klägerin in einem Zimmer die für eine Küche erforderlichen Anschlüsse installieren lassen. Es sei ihr daher möglich gewesen, zwei vollkommen voneinander abgetrennte Wohnbereiche zu schaffen. Diese Abtrennung sei wesentlicher Bestandteil des Vertrages mit den Dritt- und Viertbeklagten geworden. Die beiden Wohneinheiten seien vollkommen unabhängig voneinander vermietet worden und könnten daher nicht als eine einzige Wohnung im mietrechtlichen Sinn angesehen werden. Daraus folge, daß die dreijährige Befristung des Mietverhältnisses unzulässig und unwirksam sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und führte in rechtlicher Hinsicht aus, ein Hauptmietvertrag werde durch Zeitablauf gemäß § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG dann aufgelöst, wenn er über einen nach dem 31.12.1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten Mietgegenstand oder über eine Wohnung in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen (§ 1 Abs 4 Z 2 MRG) abgeschlossen und hiebei schriftlich vereinbart worden sei, daß er durch den Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt. Einer Errichtung ohne öffentliche Wohnbauförderungsmittel - welcher Art immer - stünden auch Landesförderungen entgegen. Die Ausnahmebestimmung sei restriktiv auszulegen. Der Wille des historischen Gesetzgebers habe darin bestanden, die private Wohnbautätigkeit "anzukurbeln". Weiters sei beabsichtigt, daß wirtschaftliche Vorteile des vermietenden Eigentümers, der anläßlich der Errichtung des Mietgegenstandes in den Genuß öffentlicher Förderungen gekommen sei, in dem gesetzlich determinierten Rahmen des Mietrechtsgesetzes gehalten werden. Berücksichtige man den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Erteilung der Baubewilligung am 6.4.1989, der Beantragung von Förderungsmitteln im Mai 1989 und der Darlehenszusage durch das Amt der NÖ Landesregierung am 7.11.1989, so zeige sich, auch wenn die Förderungsmittel erst nach Abschluß der tatsächlichen Bauausführung im Jänner 1990 ausbezahlt wurden, eine ausreichend enge Nahebeziehung der Förderung mit der Errichtung der Wohnräume. Es könne daher, zumal ein wirtschaftlich üblicher Vorgang eingehalten wurde, nicht davon gesprochen werden, daß die Errichtung nicht mit Hilfe öffentlicher Mittel erfolgt wäre. Sonst könnte durch eine rasche, vor Auszahlung der Förderungsmittel beendete Bauführung jede auf das Fehlen öffentlicher Förderungen abstellende Bestimmung umgangen werden.
Die Klägerin habe zwischen Jänner 1990 und 18.11.1992 S 90.000 (nach Verrechnung per 1.4.1991 S 70.000) als gefördertes Darlehen für die von den Beklagten gemieteten Wohnungen zur Verfügung gehabt. Hierin könne keinesfalls eine zu vernachlässigende wirtschaftliche Größe gesehen werden, die eine Anwendung der Ausnahmebestimmung ermöglichen könnte. Eine Rückzahlung der der Klägerin gewährten Zinsenbegünstigung sei nicht behauptet worden.
Der weitere Ausnahmetatbestand des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG setze eine Wohnung in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen (§ 1 Abs 4 Z 2 MRG) voraus. Unter "Haus" seien regelmäßig alle vermietbaren Teile eines Grundbuchskörpers zu verstehen. Dem Ausnahmetatbestand stehe schon entgegen, daß neben zwei Wohnungen im Haus - von hier nicht in Betracht kommenden privilegierten Dachbodenausbauten abgesehen - noch weitere einer Vermietung zugängliche Räume vorhanden waren. Hierunter falle jeder Wohnraum, der nicht Bestandteil dieser beiden Wohnungen sei, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es sich um eine weitere selbständige Wohnung handelt. Ausnahmen bestünden nur bei gesondert vermietbaren Nebenräumen in an sich typischen Ein- oder Zweifamilienhäusern, etwa Garagen oder Abstellräumen, nicht jedoch bei Vorliegen weiterer Wohnräume in beachtlichem Ausmaß (hier: 60 und 75 m2 Nutzflächen). Der Gesetzgeber habe nämlich nur zugunsten derjenigen Ein- und Zweifamilienhäuser Ausnahmen schaffen wollen, die zur Befriedigung der persönlichen Wohnbedürfnisse einer oder höchstens zweier Familien errichtet wurden. An der Vermietbarkeit der die Fläche von zwei Wohnungen übersteigenden Räume bestehe hier schon im Hinblick auf den tatsächlich abgeschlossenen Hauptmietvertrag kein Zweifel. Der Zustand der Räume sei für die Begründung des Ausnahmetatbestandes nicht entscheidend. Ebenso komme es auf die Art der Abtrennung der beiden im Erdgeschoß gelegenen Wohnungen sowie auf den Zeitpunkt und die Finanzierung dieser Abtrennung nicht an.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu, weil eine "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" nicht zu lösen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Die Klägerin hat mit dem Erst- und Zweitbeklagten sowie mit dem Dritt- und Viertbeklagten jeweils auf drei Jahre befristete schriftliche Mietverträge abgeschlossen und begehrt nach Ablauf der vereinbarten Mietdauer die Räumung der vermieteten Wohnungen. Das Erlöschen befristeter Mietverträge im Bereich des Kündigungsschutzes des MRG ist jedoch grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 29 Abs 1 Z 3 oder Abs 2 MRG durchsetzbar (vgl Würth in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 29 MRG mit Hinweisen auf weitere, hier nicht relevante Ausnahmefälle; Derbolav, Die Auflösung des Mietverhältnisses [§§ 29 bis 32, 36, 49 MRG], in Korinek/Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 429 [432 ff]). Hier kommen allein die Tatbestände des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG in Betracht; danach wird ein Mietvertrag durch Zeitablauf aufgelöst, wenn in einem Hauptmietvertrag über einen nach dem 31.12.1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten Mietgegenstand oder über eine Wohnung in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen (§ 1 Abs 4 Z 2 MRG) schriftlich vereinbart worden ist, daß er durch den Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt.
Für den ersten Fall des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG ist maßgeblich, daß ein Hauptmietvertrag über ein nach dem 31.12.1967 ohne öffentliche Wohnbauförderungsmittel welcher Art immer, also auch ohne Landesförderung, neu errichtetes Objekt (Wohnung oder Geschäftsraum) vorliegt; dabei kommt es auf die Benützungsbewilligung oder eine frühere Übergabe an den Mieter an; die Errichtung des Hauses und die Verwendung von Förderungsmitteln für andere Objekte ist dabei bedeutungslos (Würth aaO Rz 6 zu § 29 MRG mwN).
Der Begriff "öffentliche Mittel" ist im Sinn der bisherigen Spruchpraxis zu § 1 Abs 3 Z 1 MG auszulegen (MietSlg 38.602/32; MietSlg 32.265/22; Palten, Zeitmietverträge, ImmZ 1983, 7 [8]; vgl Call/Tschütscher, Mietrechtsgesetz 17). Die Wendung "öffentliche Mittel" muß unter Bedachtnahme auf den Willen des Gesetzgebers (vgl EB zu RV des MRÄG 500 BlgNR 11. GP) sowie den Bedeutungszusammenhang und den Regelungszweck (die Ankurbelung der Wohnbautätigkeit) ausgelegt werden; daß darnach unter "öffentlichen Mitteln" im Zusammenhang mit dem Mieterschutz nur jene Mittel, die von der öffentlichen Hand kraft gesetzlicher Anordnung zur Neuschaffung von Wohn- und Geschäftsräumen zur Verfügung gestellt werden (Wohnbauförderung), zu verstehen sind, ergibt sich aus der Erwägung, daß auf Räume, die auf solche Art geschaffen wurden, weder der Regelungszweck (der Lockerung der Mieterschutzbestimmungen zur Förderung der Wohnbautätigkeit) zutrifft noch die Ausschaltung (zumindest) des Kündigungsschutzes gerechtfertigt wäre (MietSlg 28.602/32).
Weiters ist entscheidend, ob die Errichtung des Mietgegenstandes selbst gefördert wurde; darauf, ob andere Mietgegenstände oder die gemeinsamen Teile des Hauses gefördert wurden, kommt es nicht an (WoBl 1988/65; Würth aaO Rz 6 zu § 29 MRG).
Das hier vom Amt der NÖ Landesregierung gewährte geförderte Darlehen fällt grundsätzlich unter diesen Begriff der "öffentlichen Mittel". Derjenige Teil des Darlehens, der auf die von der Klägerin selbst benützte Wohnung im ersten Stock entfällt, ist jedoch nicht zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Umstand, daß auch für die Wohnung im Erdgeschoß - die durch entsprechende bauliche Maßnahmen in zwei Wohnungen geteilt wurde, die an die Beklagten vermietet wurden - ein gefördertes Darlehen gewährt, (teilweise) ausbezahlt und in der Folge von der Klägerin ohne Erstattung von Zinsen zurückgezahlt wurde, den ersten Tatbestand des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG erfüllt.
Dies ist entgegen der Rechtsmeinung der Vorinstanzen nicht der Fall.
Der Klägerin wurde diese Förderung - in dem hier relevanten, auf die im Erdgeschoß gelegene Wohnung entfallenden Teil - deshalb zuerkannt, weil diese Wohnung von ihrer Tochter bewohnt werden sollte. Da die Klägerin diese geplante Nutzung entsprechend den Förderrichtlinien nicht verwirklichen konnte, wurde der entsprechende Darlehensanteil fällig gestellt.
Bei dieser Sachlage kann nicht davon die Rede sein, daß die Errichtung der an die Beklagten vermieteten Wohnungen öffentlich gefördert worden wäre. Eine derartige Nutzung der Wohnung war bei Antragstellung wegen der Förderung im Mai 1989 von der Klägerin nicht geplant; der Mietvertrag mit dem Erst- und Zweitbeklagten wurde am 17.12.1989, derjenige mit den Dritt- und Viertbeklagten am 1.2.1990 geschlossen. Daß die Klägerin durch falsche Angaben über die Verwendung der Wohnräume eine Förderung mit öffentlichen Mitteln erschleichen wollte, ist aus dem zeitlichen Ablauf nicht abzuleiten; dies haben die Beklagten auch nicht vorgebracht.
Wohl aber unterließ es die Klägerin, unverzüglich dem Amt der NÖ Landesregierung Mitteilung davon zu machen, daß durch diese Art der Nutzung die Förderbedingungen nicht erfüllt werden. Nachdem ihr im Jänner 1990 90 % des Darlehens überwiesen worden waren, machte sie erst am 12.6.1990 die entsprechende Mitteilung an das Amt der NÖ Landesregierung. Aus diesem Verhalten der Klägerin folgt jedoch nicht, daß es sich nunmehr auch bei den an die Beklagten vermieteten Wohnungen um solche handeln würde, die aus öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Die öffentliche Förderung wurde nämlich nie für die Errichtung von Wohnungen mit einer derartigen Nutzung gewährt; die Klägerin mußte vielmehr den ihr zu Unrecht ausbezahlten, auf diese Wohnungen entfallenden Teilbetrag wieder zurückzahlen. Aus dem Umstand, daß die Klägerin durch die verspätete Rückzahlung einen finanziellen Vorteil erlangt hat, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die ausdrücklich bzw tatsächlich eingeräumte zinsenfreie Stundung der Rückzahlung durch das Amt der NÖ Landesregierung diente nämlich keinesfalls der Errichtung dieser Wohnung, sondern ist nur als Entgegenkommen der Klägerin gegenüber zu bewerten, deren finanzielle Situation offenbar berücksichtigt wurde. Das entscheidende Kriterium, daß die Errichtung des Mietgegenstandes selbst gefördert wird (WoBl 1988/65), ist durch einen finanziellen Vorteil, den die Klägerin durch die Stundung der Rückzahlung erlangt hat, nicht erfüllt. Bei der gegebenen Sachlage ist somit die für die Heranziehung des Ausnahmetatbestandes des ersten Falles des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG normierte Voraussetzung der Zuhilfenahme öffentlicher Mittel bei der Errichtung des Mietgegenstandes nicht gegeben.
Die schriftliche Vereinbarung, daß der Hauptmietvertrag durch den Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt, ist somit aus diesem Grund rechtswirksam, sodaß den nach Ablauf der Mietdauer eingebrachten Räumungsklagen stattzugeben war.
Was den zweiten Fall des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG betrifft, so setzt dieser Ausnahmetatbestand einen Mietvertrag über eine Wohnung in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen (§ 1 Abs 4 Z 2 MRG) voraus. Hier ist davon auszugehen, daß jedenfalls neben den beiden an die Beklagten vermieteten Wohnungen im Erdgeschoß eine weitere Wohnung im ersten Stock vorhanden ist, die von der Klägerin benützt wird. Die Argumentation der Klägerin, zumindest bei Abschluß des Mietvertrages mit dem Erst- und Zweitbeklagten sei nur eine Wohnung im Erdgeschoß vorhanden gewesen, geht an der festgestellten Tatsache vorbei, daß von vornherein zwei getrennte, selbständige Wohneinheiten (vgl MietSlg 38.262/37; Würth aaO Rz 16 b zu § 1 MRG) im Erdgeschoß vermietet werden sollten. Ein Fall der getrennten Benützung baulich voneinander nicht abgesonderter Wohnräume (vgl MietSlg 37.235; Würth aaO) liegt hier nicht vor. Somit war schon im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Mietverträge (MietSlg 38.263, MietSlg 37.234/33; Würth aaO Rz 16 zu § 1 MRG) die maßgebliche Situation so, daß drei Wohneinheiten vorlagen, sodaß dieser Ausnahmetatbestand des § 29 Abs 1 Z 3 lit a zweiter Fall MRG nicht erfüllt ist.
Die von den Dritt- und Viertbeklagten erstattete Revisionsbeantwortung war zurückzuweisen. Sie wäre gemäß § 508 a Abs 2 ZPO beim Revisionsgericht einzubringen gewesen. Da sie aber beim Erstgericht eingebracht wurde, ist für die Rechtzeitigkeit der Tag des Einlangens beim Obersten Gerichtshof maßgebend. Dieser liegt aber nach dem Ablauf der den Dritt- und Viertbeklagten für die Revisionsbeantwortung gemäß § 507 Abs 2 ZPO offenstehenden Frist, weshalb die Revisionsbeantwortung verspätet eingebracht wurde (JBl 1995, 376; 3 Ob 519/93; 1 Ob 627/84; 5 Ob 14/84).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO. Gemäß § 10 Z 2 lit b, c RAT beträgt die Bemessungsgrundlage die Erst- und Zweitbeklagten betreffend S 12.000 (Größe der Wohnung 75 m2), die Dritt- und Viertbeklagten betreffend S 6.000 (Größe der Wohnung 60 m2). Gemäß § 12 Abs 1 Satz 2 RAT sind die Werte der Streitgegenstände für die Dauer der Verbindung mehrerer Rechtsstreite zusammenzurechnen; da nur die Erst- und Zweitbeklagten einerseits und die Dritt- und Viertbeklagten andererseits solidarisch haften, waren die Gesamtkosten ab Verbindung entsprechend dem Verhältnis der Werte der Streitgegenstände aufzuteilen (auf Erst- und Zweitbeklagte zwei Drittel, auf Dritt- und Viertbeklagte ein Drittel).
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