OGH 1Ob1571/95

OGH1Ob1571/9529.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert F*****, vertreten durch Dr.Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Dr.Iris Barbara G*****, vertreten durch Dr.Werner Neuner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 500.820,52 S sA und Feststellung (Streitwert 7.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtsachen Wien als Berufungsgerichts vom 7. Dezember 1994, GZ 41 R 952/94-35, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der klagende Mieter von Geschäftsräumlichkeiten in zwei nebeneinander liegenden Häusern begehrte von der beklagten Wohnungseigentümerin (in einem der Häuser) aus dem Titel des Schadenersatzes frustrierte Aufwendungen (Mietzinszahlungen) und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden. Die Beklagte habe sich geweigert, die von der früheren (Allein-)Hauseigentümerin und Vermieterin gegebene Zusage zu gewissen Baumaßnahmen (Durchbruch zwischen den beiden Häusern) zu erfüllen und einen Wechselplan zu fertigen, sei jedoch im Vorverfahren unterlegen. Das Berufungsgericht wies beide Begehren ab.

Bei Prüfung der Rechtswidrigkeit von Verfahrenshandlungen ist der auch sonst geltende materiellrechtliche Maßstab anzulegen (4 Ob 168/93 = EvBl 1994/97; 1 Ob 600/86 = SZ 59/159 = JBl 1987, 102 = EvBl 1987/50; vgl auch F.Bydlinski, Schadenersatz wegen materiell rechtswidriger Verfahrenshandlungen in JBl 1986, 626 ff). Nach der Rechtsprechung ist der aus einem Prozeß resultierende Verzögerungsschaden wegen der ohnehin bestehenden Kostenersatzpflicht nur bei rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme der Rechtsschutzeinrichtung zu ersetzen (Binder in Schwimann, § 918 ABGB Rz 73). Nur wer bei gehöriger Aufmerksamkeit voraussehen kann, daß eine Prozeßführung aussichtslos ist, wird ersatzpflichtig (Reischauer in Rummel2, § 1305 ABGB Rz 1 mwN). Zugunsten desjenigen, der gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt, ist nach ständiger Rechtsprechung ein milder Maßstab anzulegen; vor allem ist zu berücksichtigen, daß das Recht jedes Rechtssuchenden, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckenden Verantwortlichkeit für die Rechtsverteidigung belastet werden darf (EvBl 1994/97; 7 Ob 583/92 = JBl 1993, 394 = EvBl 1993/15; SZ 59/159 ua; Reischauer aaO). Nur wenn die konkrete Rechtslage bei gehöriger Aufmerksamkeit selbst für die interessierte, gewiß nicht kühl objektive Sicht eines Betroffenen so klar ist, daß sein gegenteiliger Standpunkt schlechthin aussichtslos erscheinen muß, wird ein Verfahren mißbraucht (SZ 59/159 ua) und rechtswidrig gehandelt. Das trifft zu, wenn der später zur Leistung Verurteilte weiß oder doch hätte wissen müssen, daß sein Rechtsstandpunkt entweder der tatsächlichen Voraussetzungen entbehrt

oder von vornherein unhaltbar ist (JBl 1993, 394; 1 Ob 641-643/81 =

NZ 1982, 154; JBl 1972, 144 mit Anm von Mayer-Maly = EvBl 1971/138 =

NZ 1972, 125). Der in der Revision als maßgeblich erachtete Sorgfaltsmaßstab entspricht daher nicht dem der Rechtsprechung. Da die Vermutung für eine gutgläubige Anrufung des Gerichts spricht, ist § 1298 ABGB insoweit nicht anwendbar. Vielmehr muß der Kläger behaupten und beweisen, daß der Beklagte den Vorprozeß schuldhaft geführt hat (SZ 59/159 ua). Ob im konkreten Fall der Kläger solche Umstände ausreichend deutlich behauptet hat und ob unter der Annahme ausreichender Behauptungen das Verhalten einer Prozeßpartei in einem Vorverfahren als mutwillig beurteilt werden muß - hier, weil sich die Beklagte nicht über die Rechte des klagenden Mieters erkundigt habe -, betrifft aber wegen des Abstellens auf die maßgeblichen Umstände des Einzelfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1

ZPO.

Bei dieser Sachlage ist die Frage, ob der Kläger überhaupt oder in der geltendgemachten Höhe einen Schaden erlitt, weil nach den von der zweiten Instanz ungeprüft gebliebenen Feststellungen der ersten Instanz ein Dritter die Mietzinszahlungen leistete und somit die frustierten Aufwendungen trug, nicht mehr relevant.

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