Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hatte bei der Beklagten ein anonymes Wertpapierkonto. Sie verkaufte der Beklagten am 13.1.1992 Wertpapiere um S 99.672,50.
Mit ihrer am 26.8.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Zahlung von S 80.000 sA. Sie habe der Beklagten die Weisung gegeben, den Verkaufserlös der Wertpapiere teilweise bar (nach ihrer Erinnerung S 9.000) auszubezahlen und den Restbetrag auf ein Sparbuch der Klägerin zu buchen. Die Beklagte habe jedoch lediglich den geforderten Barbetrag ausbezahlt, die Buchung auf das Sparbuch aber nicht vorgenommen. Die Beklagte treffe die Beweislast für die Erbringung ihrer Gegenleistung aus dem Wertpapierverkauf.
Die Beklagte bestritt das Klagsvorbringen, beantragte die Abweisung der Klage und wandte ein, daß der Klägerin der gesamte Betrag bar ausbezahlt worden sei. Die Klägerin habe auch den Barerhalt des Betrages von S 99.672,50 bestätigt. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen hätte die Klägerin binnen einer Woche Reklamationen erheben müssen. Trotz mehrerer Behebungen vom Sparbuch zwischen dem 3.6. und dem 11.12.1992 habe die Klägerin jedoch nicht reklamiert.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte folgenden (vom Berufungsgericht übernommenen) wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Klägerin hatte bei der beklagten Partei ein Effektendepot, wofür von letzterer, wie üblich, ein Stammblatt mit dem Vermerk eröffnet worden war, daß Erlöse auf das Sparbuch Nr.3875276 bei ***** der beklagten Partei, gutzubuchen sind. Grundsätzlich, bis zur Ausführung von jeweils erteilten Einzelaufträgen, ist die beklagte Partei auch gebunden, bei Endfälligkeit die Erlöse dorthin zu buchen, was ohne Mitwirkung der Kunden möglich ist. Von der Klägerin wurde dieses Stammblatt nur mit dem eigenhändig in Schreib- und in Blockschrift geschriebenen Losungswort "Wien" und dem Datum "9.3.1899" versehen, wobei es sich beim Datum um das Geburtsdatum ihres Vaters handelte.
Am 13.1.1992 wollte die Klägerin einen Teil ihres Effektendepots - mit Endfälligkeit Mai 1992 - verkaufen. Sie wies zu diesem Zweck ihren Effektenkassabon vor und nannte das Losungswort. Dieses wurde vom Schalterbeamten der beklagten Partei mit dem Stammblatt überprüft und sodann die Klägerin unter Vorlage des Depotsausdrucks gefragt, was sie zu verkaufen wünsche. Sie gab die entsprechende Auskunft und schrieb auf dem ihr vorgelegten Depotbeleg das Losungswort in Blockschrift und daneben das - zur weiteren Sicherung als Losungswort festgehaltene - Datum "8.3.1899", strich jedoch das Datum wieder durch, nachdem erklärt worden war, daß dieses nicht nowendig sei.
Danach wurde vom Schalterbeamten der beklagten Partei die Effektenabrechnung in den Terminal eingegeben und ausgedruckt und der Klägerin der Depotbeleg vierfach ausgefolgt. Der Depotbeleg war datiert mit 13.1.1992, zum Depot war vermerkt die Effektenkassa-Kontonummer vom Stammblatt des Effektendepots und die Nominale, der jeweilige Kurs und der sich daraus errechnende Betrag von S 99.672,50. Links von diesem Endbetrag wurde in einer Rubrik ausgedruckt "Auszahlung 130192" und darunter zum Vordruck "Obigen Wert haben wir" ausgedruckt "bar verrechnet".
Die Klägerin folgte alle vier Ausfertigungen dieses Depotbeleges dem(r) am Kassaschalter tätigen Mitarbeiter(in) der beklagten Partei aus. Dieser Depotbeleg bestätigte ihren Anspruch auf Auszahlung des darin genannten Betrages von S 99.672,50. Wenn auch bereits auf dem Depotbeleg - wie festgehalten -, schon ausgedruckt war "Auszahlung 13.1.1992 S 99.672,50", so stellt dies noch keine Bestätigung der - tatsächlich auch noch nicht erfolgten - Barauszahlung dar, sondern eben nur den Anspruch auf Barauszahlung, unabhängig davon, ob nun die Klägerin als Kundin der beklagten Partei die Barauszahlung tatsächlich wollte oder nicht. Unabhängig von der Verfügung des Kunden über seinen Anspruch auf Barauszahlung - sei es, daß er diesen in Bargeld haben möchte, sei es in Form einer Gutbuchung auf irgendein Konto -, erfolgte bei der beklagten Partei ein Effektenverkauf auf Depoterlag auf Losungswort - wie im vorliegenden Falle - immer mit Barverrechnung.
Am Kassaschalter wurde die Klägerin gefragt, in welcher Form sie das Geld wünsche, worauf von ihr eine - nicht mehr feststellbare - Summe genannt wurde. Den Restbetrag wolle sie auf ihr - gleichzeitig vorgelegtes - Sparbuch gebucht haben, nämlich das, dessen Kontonummer im Stammblatt vermerkt war; jedoch ohne weiter darauf zu achten, was daraufhin der/die Schalterbeamte/in machte, insbesondere auch betreffend ihr Sparbuch. Vom Schalterbeamten der beklagten Partei wurde im Kassenterminal der gesamte Betrag von S 99.672,50 als Ausgang gebucht. Der Klägerin wurde auch ein - betragsmäßig nicht mehr feststellbarer - Geldbetrag ausgefolgt. Sie übernahm diesen Geldbetrag und das Sparbuch, ohne zu kontrollieren, ob die gewünschte Gutbuchung im Sparbuch erfolgte bzw ohne überhaupt noch einmal in das Sparbuch zu schauen. Tatsächlich war auch weder im Sparbuch der Klägerin irgendetwas eingetragen noch im Kassenterminal bezüglich einer Gutbuchung im Sparbuch etwas eingetippt worden. Generell ist es bei der beklagten Partei so, daß, soferne ein Kunde wünscht, daß der Geldbetrag, auf dessen Auszahlung er einen Anspruch hat, nicht zur Gänze bar ausbezahlt, sondern teilweise auf ein Konto bzw Sparbuch gutgebucht werden soll, auch dies im Kassenterminal - nach Verbuchung des Ausgangsbetrages - einzutragen ist, und zwar mit der Sparbuchbzw Kontonummer, dem Betrag und der Uhrzeit. Im übrigen gibt es für eine solche Gutbuchung nur einen - bei der beklagten Partei verbleibenden - internen Beleg, während der Kunde zur Bestätigung lediglich das Sparbuch ausgefolgt erhält.
Die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen" setzen für Verbrauchergeschäfte die Frist für Reklamationen mit einer Woche fest. Die klagende Partei hat zwar bei Eröffnung des Effektendepots und Unterfertigung des dafür eröffneten Stammblattes mit den beiden Losungsworten "die dort angeführten Bedingungen zur Kenntnis genommen", es kann jedoch nicht festgestellt werden, daß es sich dabei um die vorerwähnten allgemeinen Geschäftsbedingungen handelte. Grundsätzlich war und ist der Klägerin bekannt, daß die Geschäfte mit der beklagten Partei nach "allgemeinen Geschäftsbedingungen" abgewickelt werden, es waren ihr die Geschäftsbedingungen auch insoweit bekannt, als sie dies für ihre mit der beklagten Partei abgeschlossenen Geschäfte bzw die dafür notwendige Tätigkeit brauchte; inwieweit ihr der Inhalt all dieser "allgemeinen Geschäftsbedingungen" bekannt war oder gemacht wurde, ist jedoch konkret nicht feststellbar.
Der von den Leuten der beklagten Partei täglich zu erstellende Kassabericht über den gesamten Bargeldbestand stimmte auch am 13.1.1992 mit dem Endausdruck des Kassenterminals überein. Eine Manipulation seitens eines oder mehrerer Mitarbeiter der beklagten Partei bei diesem Kassabericht bzw die nicht vollständige Aufnahme des tatsächlichen Bargeldbestandes kann nicht festgestellt werden. Erst als die Klägerin die Abrechnung des Effektendepots Anfang 1993 erhielt, wurde ihr bewußt, daß eine Gutbuchung von zwei Effektenverkäufen und damit zweimal ein größerer Betrag ihrem Sparbuch gutgebucht sein müßte. Zu diesem Zeitpunkt bemerkte sie erstmals, daß die Eintragung einer Einzahlung bzw Gutbuchung am 13.1.1992, als sie Effekten vor deren Endfälligkeit verkaufte, überhaupt nicht verbucht worden war.
Im Rahmen der Beweiswürdigung traf das Erstgericht noch die Negativfeststellung, daß nicht festgestellt werden könne, daß der der Klägerin am 13.1.1992 aufgrund des vorgewiesenen Depotbeleges ausbezahlte Barbetrag (deutlich) unter der im Beleg genannten Summe von S 99.672,50 gelegen sei.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß die Klägerin eine Barauszahlung quittiert habe. Daß der zugezählte Barbetrag unter S 99.672,50 gelegen sei, habe die beweispflichtige Klägerin nicht nachgewiesen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht statt. Es übernahm die schon zitierten Feststellungen des Erstgerichtes und führte dazu in rechtlicher Hinsicht aus, daß zwischen den Parteien ein "depotähnliches Rechtsverhältnis mit einem anonymen Kunden" bestanden habe. Die angeschafften Wertpapiere sollten in der Verwahrung und Verwaltung der Bank bleiben. Aus dem Verkauf der Wertpapiere habe sich ein Auszahlungsbetrag von S 99.672,50 ergeben. In diesem Umfang hätte die Klägerin einen Auszahlungsanspruch gehabt. Den Schuldner - hier also die Bank - treffe nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für die Erfüllung. Der Depotbeleg (Beil 3) sei als Quittung im Sinne des § 1426 ABGB aufzufassen. Daß der Name des Gläubigers fehle schade im vorliegenden Fall eines anonymen Effektendepots nicht. Durch die Nennung des Losungswortes habe die Gläubigerin ihre Verfügungsberechtigung dargetan. Ein Quittungsformular könne grundsätzlich auch durch den Schuldner hergestellt werden. Aufgrund der erfolgte Quittierung treffe die Klägerin die Beweislast, daß der quittierte Betrag nicht zur Gänze bar ausbezahlt worden sei. Da nicht feststehe, welchen Restbetrag die Klägerin auf dem Sparbuch buchen habe lassen wollen, sei sie ihrer Beweislast nicht nachgekommen.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Mit ihrer Revision strebt die Klägerin die Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin an, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Die Lösung des Falls hängt nicht von den Rechtsfolgen einer "Vorausquittung", also einer vor Erfüllung des Schuldners von diesem übergebenen Quittung, ab. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Klägerin den Depotbeleg am Kassenschalter übergeben und teilweise eine Barauszahlung des Kaufpreises, teilweise aber die Überweisung des restlichen Betrages auf ihr Sparbuch verlangt. Der Depotbeleg ist in Ansehung des Wertpapierverkaufs als Quittung im Sinne des § 1426 ABGB zu qualifizieren, weil darin der Erhalt des Kaufpreises in barem bestätigt wurde. Die Übergabe der Quittung erfolgte anläßlich der Erfüllung der Anordnungen der Gläubigerin, also uno actu. Dabei kann es nach Auffassung des erkennenden Senates keinen Unterschied machen, ob die Quittung unmittelbar vor oder unmittelbar nach der Erfüllungshandlung des Schuldners (hier durch den Bankangestellten der Bank) übergeben wird. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhanges zwischen Erfüllung und Übergabe der Quittung ist diese nicht als sogenannte Vorausquittung aufzufassen, zu welcher tatsächlich eine oberstgerichtliche Rechtsprechung in der Frage der Beweislast fehlt und nur zwei in der Revision zitierte widersprüchliche Lehrmeinungen vorliegen. Der Umstand, daß die Übergabe der Quittung und die Erfüllung zeitlich praktisch zusammenfallen, ist im Geschäftsleben durchaus üblich. Der Wortlaut der Gesetzesbestimmung über die Quittung (§ 1426 ABGB) umfaßt auch den Fall der gleichzeitig durchgeführten Erfüllung unter Ausstellung des schriftlichen Zeugnisses der erfüllten Verbindlichkeit.
Die Quittung gilt als Beweis, daß der Gläubiger die geschuldete Leistung erhalten hat; es obliegt dem Gläubiger die Unrichtigkeit der Quittung zu beweisen, also den Beweis des Gegenteils zu erbringen (SZ 62/17). Das Berufungsgericht ist von dieser Beweislastverteilung nicht abgewichen. Wohl ist das Erstgericht der Version der Klägerin gefolgt und hat ihren Auftrag zur nur teilweisen Barauszahlung des Kaufpreises festgestellt, danach aber im Rahmen der Beweiswürdigung die weitere Feststellung getroffen, daß nicht konkret festgestellt werden könne, daß der am 13.1.1992 "ausbezahlte Barbetrag (deutlich) unter der im Beleg genannten Summe von S 99.672,50 lag". Diese Negativfeststellung geht zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin. Ihr oblag der Beweis des Gegenteils, daß der quittierte Betrag mit dem tatsächlich ausbezahlten Betrag nicht übereinstimmte und in welchem Umfang dies der Fall war. Wegen Nichterbringung dieses Beweises sind die Vorinstanzen im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einer Klagsabweisung gelangt. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen hat, war die Klägerin zum Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens zu verpflichten (§§ 41, 50 ZPO).
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