Spruch:
Das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 31. März 1994, GZ 39 E Vr 1329/93-32, verletzt hinsichtlich der Verurteilten Hans Peter Sch***** und Werner H***** das Gesetz in der Bestimmung des § 223 Abs 1 StGB.
Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem Hans Peter Sch***** und Werner H***** betreffenden Schuldspruch sowie demzufolge auch in dem die beiden Genannten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Hans Peter Sch***** und Werner H***** werden von der wider sie erhobenen Anklage, sie haben im August 1991 in Salzburg zur Straftat des Harald P*****, der am 23.August 1991 in Golling im gemeinsamen Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Reinhard H***** als Mittäter mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Raiffeisenkasse G***** durch Auftreten unter dem falschen Schein eines redlichen, zahlungsfähigen und zahlungswilligen Kreditnehmers und unter Vorlage einer falschen Lohnbestätigung, sohin unter Benützung eines falschen Beweismittels, zu einer Handlung, die den Schaden herbeiführte, nämlich zur Auszahlung eines Kredites in der Höhe von 100.000 S verleitete, wodurch die genannte Raiffeisenkasse einen (25.000 S übersteigenden) Schaden in Höhe von 100.000 S erlitt, - dadurch beigetragen, daß Hans Peter Sch***** über Vermittlung des Josef G***** und des Werner H***** die falsche Lohnbestätigung zur Erlangung des Kredites ausstellte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 31. März 1994, GZ 39 E Vr 1329/93-32, wurden Hans Peter Sch***** und Werner H***** (rechtskräftig) des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen haben die Genannten im August 1991 in Salzburg eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt, daß diese im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich eines Arbeitsverhältnisses des Harald P***** in der Hans Peter Sch***** gehörenden Firma "H***** Shop", gebraucht werde, indem Sch***** eine von Josef G***** verfertigte und ihm von Werner H***** übergebene Blankolohnbestätigung mit dem Firmenstempel versah und eigenhändig unterfertigte.
Mit demselben Urteil wurden Harald P*****, der in weiterer Folge diese inhaltlich unrichtige Lohnbestätigung zur Herauslockung eines Bankkredites verwendete, und Josef G***** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (G***** als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB) schuldig erkannt. Ausdrücklich stellte der Einzelrichter fest, daß Sch***** und H***** bei der Herstellung der falschen Lohnbestätigung keine Kenntnis von der geplanten (betrügerischen) Kreditaufnahme durch P***** hatten (203 und 204).
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil steht - wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - zum Nachteil der Verurteilten Hans Peter Sch***** und Werner H***** mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Es beruht nämlich auf der rechtsirrigen Bewertung der bloß inhaltlich unrichtigen Lohnbestätigung (= einer sogenannten "Lugurkunde") als Falschurkunde.
Eine falsche Urkunde zur Verwendung im Rechtsverkehr im Sinn des § 223 Abs 1 StGB stellt nämlich nur her, wer über die Identität des Ausstellers der Urkunde täuscht, somit einen falschen Ausstelleranschein erweckt. In dieser Gesetzesstelle ist das auf eine Urkunde bezogene Attribut "falsch" daher im Sinn von "unecht" und nicht von "unrichtig" zu verstehen. Geschützt durch § 223 StGB ist daher nur die Urkundenechtheit, nicht die Urkundenwahrheit (Leukauf/Steininger, Komm3 § 223 RN 24).
Anders als die zur Identitätstäuschung errichtete unechte Urkunde wird die (inhaltlich) unrichtige Urkunde, die sogenannte schriftliche Lüge, vom Echtheits- (Fälschungs-) Begriff des § 223 StGB nicht erfaßt. Sohin begeht keine Urkundenfälschung, wer eine rechtserhebliche Erklärung niederschreibt (und mit einem ihm zustehenden Namen unterfertigt), die mit der Wahrheit nicht übereinstimmt (Kienapfel, WK § 223, Rz 152, 156).
Im vorliegenden Fall hat Hans Peter Sch***** die wahrheitswidrige schriftliche Erklärung, Harald P***** sei in seiner Firma beschäftigt, mit dem Stempel der ihm gehörenden Firma versehen und mit eigenem Namen unterfertigt. Entgegen der Rechtsansicht des Einzelrichters (vgl 206) hat Hans Peter Sch*****, der hiezu von Werner H***** bestimmt worden ist, keinen falschen Ausstelleranschein erweckt. Die von ihm erstellte Urkunde ist damit keine falsche Urkunde im Sinne des § 223 StGB, sondern (nur) eine - von dieser Gesetzesbestimmung nicht erfaßte - inhaltlich unrichtige Urkunde.
Eine derartige echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt kann allerdings
Deliktsobjekt des Vergehens der Beweismittelfälschung nach § 293 StGB
sein. Im Gegensatz zu den in einem eigenen Abschnitt des StGB
geregelten Sonderbestimmungen über die Urkundendelikte, die den
Schutz der ausstellerbezogenen Echtheit von Urkunden zum Ziel haben,
kann dem Wortsinn nach im § 293 StGB unter einem falschen
Beweismittel nämlich sowohl ein inhaltlich unrichtiges als auch ein
formell unechtes Beweismittel verstanden werden, wobei unter den
Beweismittelbegriff auch die Urkunde im strafrechtlichen Sinn fällt
(vgl OGH 5.Oktober 1994, 13 Os 81/93 verstärkter Senat = EvBl 1995/21
= JBl 1995, 386 = RZ 1995/11).
Vorliegend kommt jedoch eine Unterstellung des hier aktuellen Verhaltens der Verurteilten Hans Peter Sch***** und Werner H***** unter § 293 Abs 1 StGB nicht in Betracht; setzt doch dieses Vergehen auf der subjektiven Tatseite den erweiterten Vorsatz voraus, daß das (falsche oder verfälschte) Beweismittel (vom Täter oder von einem Dritten) in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht werde (Leukauf/Steininger, aaO, § 293 RN 10). Im vorliegenden Fall wurde das falsche Beweismittel lediglich anläßlich einer privaten Kreditaufnahme - ohne Wissen von Sch***** und H***** - dem zuständigen Sachbearbeiter des Kreditinstitutes vorgelegt. Eine Feststellung über den in § 293 Abs 1 StGB geforderten (erweiterten) Vorsatz der Genannten auf Verwendung der inhaltlich falschen Lohnbestätigung in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren hat der Einzelrichter nicht getroffen. Nach der Aktenlage könnte eine derartige Feststellung auch in einem erneuerten Verfahren mit mängelfreier Begründung nicht getroffen werden.
Letztlich kommt auch ein Schuldspruch der beiden Verurteilten Sch***** und H***** wegen Betruges als Beitragstäter infolge ihrer (festgestellten) mangelnden Kenntnis von der tatsächlichen Zweckbestimmung und Verwendung der Urkunde nicht in Betracht, zumal sie glaubten, P***** benötige die inhaltlich unrichtige Arbeitsbestätigung für ein Stellengesuch (203).
Dagegen gereicht die rechtsirrige Bezeichnung der inhaltlich unrichtigen Lohnbestätigung als "Falschurkunde" den beiden weiteren Verurteilten Harald P***** und Josef G***** nicht zum Nachteil. Eine derartige "Lugurkunde" kann nämlich zufolge der Identität des Beweismittelbegriffes nicht nur Deliktsobjekt des Vergehens der Beweismittelfälschung, sondern auch qualifikationsbegründendes Täuschungsmittel nach der zweiten Alternative des § 147 Abs 1 Z 1 StGB sein (vgl abermals EvBl 1995/21).
Es war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
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