OGH 13Os92/95(13Os93/95)

OGH13Os92/95(13Os93/95)16.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.August 1995 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Mag.Strieder, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Eckert als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter G***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wolfgang K***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 24.April 1995, GZ 16 Vr 343/95-32, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Wolfgang K***** gegen den zugleich gefaßten Beschluß nach § 494 a StPO, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, des Angeklagten Wolfgang K***** und der Verteidigerin Mag.Sonja Scheed zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch rechtskräftige Schuldsprüche gegen einen Mitangeklagten enthaltenden) Urteil wurde Wolfgang K***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und 4 zweiter SatzStGB (III.) schuldig erkannt, weil er Sachen an sich brachte, die (der rechtskräftig verurteilte) Peter G***** jeweils durch Einbruchsdiebstahl erlangt hatte, wobei die mit Strafe bedrohten Handlungen, durch die die Sachen erlangt worden sind, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht sind, die fünf Jahre erreicht, und ihm die diese Strafdrohung begründenden Umstände bekannt waren, und zwar am 9. Februar 1995 ein zum Nachteil der Hertha L***** gestohlenes Grillhuhn samt Gewürzen im Wert von ca 100 S (1.) sowie zwischen 16. und 24.Februar 1995 zum Nachteil von Verfügungsberechtigten der Firma B***** gestohlene Becher Dani + Sahne von nicht näher bekanntem Wert (2.).

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Mängelrüge (Z 5) moniert zunächst, das Erstgericht habe seine Kenntnis vom Einbruchsdiebstahl, aus dem das bezeichnete Grillhuhn stammte, nur unzureichend und im wesentlichen mit dem Lachen des Erstangeklagten Peter G***** begründet. Sie übergeht dabei die ausführliche Auseinandersetzung der Tatrichter mit der Kenntnis des Angeklagten von Tatort, Verkaufszeiten für halbfertige Grillhühner, bestehende Sperrverhältnisse bei geschlossenen Grillständen sowie mit den Einbruchsvorstrafen des Beschwerdeführers. Erst aus der Gesamtschau aller Umstände hat das Erstgericht die Feststellung abgeleitet, daß der Angeklagte von der Herkunft der Hühner aus einem Einbruchsdiebstahl wußte (US 13 f).

Des weiteren wird unzureichende Begründung der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers gerügt; dieser wäre zur Tatzeit erheblich alkoholisiert gewesen. Diesfalls läßt der Angeklagte unbeachtet, daß das Erstgericht die Zurechnungsfähigkeit aus seinem realitätsnahen und orientierten Verhalten im Tatzeitpunkt ableiten konnte und die von ihm behaupteten Erinnerungslücken als unwahre Schutzbehauptungen zurückwies (US 14).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) zu Punkt III./2. erschöpft sich im Zweifel an der Glaubwürdigkeit des dem Beschwerdeführer belastenden Erstangeklagten unter Hinweis auf dessen wechselnde Verantwortung, vermag aber keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen darzutun. Insbesondere übergeht sie, daß sich das Erstgericht ohnehin mit der den Beschwerdeführer möglichst gering belastenden Aussagetendenz des Erstangeklagten auseinandersetzte und vorrangig dessen Aussage in der Hauptverhandlung als glaubwürdig ansah (US 11 f).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) mangelnde Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz behauptet, übersieht sie, daß zur Erfüllung des Tatbestandes der Hehlerei nach § 164 StGB Bereicherungsvorsatz nicht vorausgesetzt ist.

Auch unter besonderer Berücksichtigung der durch die Strafgesetznovelle 1993 (BGBl Nr 527/1993) in den Vordergrund gerückten Perpetuierungstheorie (vgl Kienapfel, BT II3, § 164 Rz 13 ff) ist die Übernahme von gestohlenen Lebensmitteln zum sofortigen Verbrauch ("Mitgenuß") als eigentümerähnliche Verfügung zu werten (Leukauf/Steininger, Komm3 § 164 RN 37; Mayerhofer/Rieder, StGB4 § 164 E 44), die darauf abzielt, die Verkehrsfähigkeit der gestohlenen Sache durch eine über die Sache erlangte tatsächliche Verfügungsmacht zu beschränken (EBRV zur Strafgesetznovelle 1993, 7; bei Pleischl/Soyer StGB und JGG). Der Mitverzehr von Nahrungs- und Genußmitteln, die der Vortäter durch Diebstahl erlangt hat, ist somit weiterhin als Ansichbringen im Sinne des § 164 StGB zu werten. Der vom Beschwerdeführer behaupteten gegenteiligen Rechtsauffassung in der Bundesrepublik Deutschland oder der Schweiz ist zu entgegnen, daß auf die in Österreich begangene Tat österreichisches Recht anzuwenden ist (§ 62 StGB).

Die in der Subsumtionsrüge (Z 10, teilweise schon mit Z 9 lit a) geltend gemachten Feststellungsmängel zur Kenntnis der Einbruchsqualifikation der Vortaten liegen nicht vor. Das Erstgericht konstatierte, dem Angeklagten sei bewußt gewesen, "daß der Erstangeklagte, der die Hühner noch immer am Bratspieß trug, diese fremden Sachen durch Einbruch an sich gebracht hatte" (US 8). Darüber hinaus stellte es (im Zuge der Beweiswürdigung zum vorsätzlichen Handeln, siehe oben) fest, daß der Beschwerdeführer vor dem Verzehr Kenntnis vom Tatort, den Verkaufszeiten für halbfertige Grillhühner sowie den Sperrverhältnissen von geschlossenen Grillständen hatte und ihm daher mit Rücksicht auf seine einschlägigen Vorstrafen "zwingend ... zu unterstellen (ist), daß er von der Herkunft der Hühner aus einem Einbruchsdiebstahl wußte" (US 14). Solcherart nahm das Erstgericht zu III./1. des Schuldspruches sogar eine auch die Wollenskomponente verstärkt zum Ausdruck bringende Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) an.

Gleiches gilt für die Feststellung zu Punkt III./2., wonach sich der Angeklagte anläßlich der Konsumation von Desserts bewußt war, daß "diese Waren vom Erstangeklagten durch einen Einbruchsdiebstahl an sich gebracht worden waren" (US 9). Auch dazu ergänzte das Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung, daß der Erstangeklagte dem Beschwerdeführer die Herkunft dieser Becher ausdrücklich mitteilte (US 11) und dieser sodann "im vollen Bewußtsein, daß diese Desserts aus einem Einbruch stammen, mehrere derartige Becher ... konsumiert (hat)" (US 12). Damit bringt das Erstgericht neuerlich eine die Wollenskomponente einschließende Vorsätzlichkeit (siehe oben) zum Ausdruck.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten (unter Anrechnung der Vorhaft) nach § 164 Abs 4 StGB zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, wobei es als erschwerend vier einschlägige Vorverurteilungen, zwei Angriffe und raschen Rückfall, als mildernd den geringen Wert des verhehlten Gutes wertete.

Zugleich widerrief es die mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 15. Dezember 1994 (BMfJZl 4722/100-IV 5/94, ON 74 in 11 E Vr 828/94 des LG Klagenfurt) mit den Wirkungen der bedingten Strafnachsicht (§ 43 StGB) erfolgte gnadenweise Entlassung aus dem Strafvollzug hinsichtlich eines Strafrestes von drei Monaten und vierundzwanzig Tagen wegen raschen Rückfalles.

Gegen den Strafausspruch richten sich Berufungen der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer Straferhöhung und des Angeklagten, der Strafherabsetzung anstrebt. Dieser beschwert sich auch gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht hinsichtlich des gnadenweise bedingt erlassenen Strafrestes.

Beiden Berufungen kommt Berechtigung nicht zu.

Jene der Staatsanwaltschaft geht davon aus, das Erstgericht habe angesichts der Strafdrohung die richtig festgestellten Strafzumessungsgründe fehlerhaft gewichtet. Dies ist nicht der Fall, bedenkt man im Rahmen der (von der Strafbegründungsschuld streng zu trennenden) Strafzumessungsschuld auch das verschuldete Tatunrecht als verschuldeten Erfolgsunwert der Tat sowie das Gewicht der verschuldeten Rechtsgutbeeinträchtigung (Leukauf/Steininger, aaO, § 32 RN 6). So besehen ist trotz der Anwendung der Mindeststrafe auch im Hinblick auf den qualifizierten Rückfall eine Straferhöhung nicht begründet.

Ebensowenig kann aber auch die Berufung des Angeklagten zum Ziel führen. Auch sie ist (angesichts der berechtigterweise festgestellten Erschwerungsgründe) auf die vom Erstgericht verhängte Mindeststrafe zu verweisen. Allfällige Alkoholisierung zur Tatzeit kann infolge bereits in der Vergangenheit im alkoholisierten Zustand verübter Eigentumsdelikte (siehe etwa ON 5 in 11 E Vr 828/94 des LG Klagenfurt) nicht als mildernd im Sinn des § 35 StGB veranschlagt werden. Die übrigen weiter als mildernd ins Treffen geführten Umstände sind vom Erstgericht im Rahmen der Strafbemessungsschuld im Ergebnis beachtet worden, weswegen keine Strafherabsetzung erfolgen kann.

Auch die Beschwerde gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsichtswirkungen nach gnadenweiser Entlassung muß unter dem Gesichtspunkt, daß bisher bei allen Vorverurteilungen bedingte Nachsicht gewährt wurde, diese einschlägigen (und raschen) Rückfall nicht verhindern konnte und das Erstgericht auch vom Widerruf eines bedingt nachgesehenen Strafteiles von zwölf Monaten Freiheitsstrafe zu 11 E Vr 579/91 des Landesgerichtes Klagenfurt abgesehen hat, erfolglos bleiben.

Es war somit wie im Spruch zu erkennen.

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