OGH 1Ob591/95

OGH1Ob591/9527.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Edgar I*****, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichts vom 27.Jänner 1995, GZ 43 R 1046/94-138, womit infolge Rekurses des Minderjährigen, vertreten durch das Magistrat der Stadt Wien, der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 17.November 1994, GZ 3 P 545/86-133, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der dem minderjährigen Edgar I***** gemäß § 4 Z 2 UVG gewährte Unterhaltsvorschuß für die Zeit vom 31.8.1994 bis 31.12.1994 auf monatlich S 1.500,- und für die Zeit vom 1.1.1995 bis 28.2.1995 auf monatlich S 1.600,- herabgesetzt wird. Die zu Unrecht ausbezahlten Beträge sind von den künftig fällig werdenden Vorschüssen in monatlichen Raten von je S 300,- einzubehalten.

Text

Begründung

Dem Minderjährigen wurden mit Beschluß ON 118 für die Zeit vom 1.3.1992 bis 28.2.1995 gemäß § 4 Z 2 UVG monatliche Unterhaltsvorschüsse in der jeweiligen Höhe des § 6 Abs 2 UVG weitergewährt. Der Minderjährige bezieht seit 1.9.1994 als Versicherungslehrling eine Lehrlingsentschädigung einschließlich Sonderzahlungen von monatlich durchschnittlich S 5.035,- netto.

In Anbetracht dieses Einkommens setzte das Erstgericht den Unterhaltsvorschuß mit Wirksamkeit vom 31.8.1994 auf monatlich S 1.500,- herab. Es ordnete weiters an, daß der bereits entstandene Übergenuß in monatlichen Raten von je S 300,- einzubehalten sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß die Unterhaltsvorschüsse lediglich auf monatlich S 2.100,- herabgesetzt werden. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Wie der Rekurswerber glaubhaft darlege, habe der Minderjährige als Versicherungslehrling einen berufsbedingten Bekleidungsaufwand, der in der Größenordnung von rund S 600,- monatlich angenommen werden könne. Das verbleibende Einkommen von rund S 4.400,- rechtfertige Unterhaltsvorschüsse in der Höhe von S 2.100,-.

Der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Minderjährigen werden Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Abs 2 UVG gewährt. In diesem Fall des sogenannten Richtsatzvorschusses hat das Gericht gemäß § 7 Abs 1 Z 2 UVG die Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist. Das Eigeneinkommen des Kindes ist dabei - anders als beim sogenannten Titelvorschuß des § 4 Z 1 UVG (siehe die Entscheidung des verstärkten Senates SZ 64/114) - auf den Pauschalbetrag des § 6 Abs 2 UVG anzurechnen (3 Ob 569/91; 7 Ob 512/92; 2 Ob 579/93).

Es ist nunmehr gesicherte Rechtsprechung, daß ein vom Minderjährigen erzieltes Einkommen auf die von den Eltern gemeinsam geschuldeten Unterhaltsleistungen anzurechnen ist, weil anderenfalls eine ungerechtfertigte Entlastung des Elternteiles, der Geldunterhalt leistet gegenüber jenem, der das Kind betreut, stattfinden würde. Dieser Grundsatz ist auch bei Anrechnung eigenen Einkommens des Kindes gemäß § 7 Abs 1 Z 2 UVG anzuwenden, weil auch im Bereich des UVG keine einseitige Entlastung des geldleistungspflichtigen Unterhaltsschuldners stattfinden soll. Dies ergibt sich schon aus § 7 Abs 3 UVG, wonach Vorschüsse nicht deshalb versagt werden dürfen, weil die Unterhaltspflicht eines sonst Unterhaltspflichtigen besteht. Die vollständige Berücksichtigung der eigenen Einkünfte des Kindes würde aber dazu führen, daß die Vorschüsse durch die weiter zu erbringenden Leistungen des anderen Elternteiles teilweise ersetzt werden müßten (3 Ob 569/91; 2 Ob 579/93).

§ 7 Abs 1 Z 2 UVG ist daher in dem Sinne zu verstehen, daß eigene Einkünfte des Kindes den Vorschuß nur mit dem Anteil verringern, der auf den geldleistungspflichtigen Elternteil entfällt. Hiezu folgt aus der bereits zitierten Entscheidung des verstärkten Senates SZ 64/144, daß eigene Einkünfte des Kindes in der auch hier bedeutsamen Altersgruppe von 15 bis 19 Jahren auf die Unterhaltsleistungen der Eltern in der Regel zu gleichen Teilen anzurechnen sind.

Der Berechnung des Vorschusses sind in Anbetracht des Alters des Minderjährigen gemäß § 6 Abs 2 Z 3 UVG drei Viertel des Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach § 293 Abs 1 lit c bb erster Fall ASVG zugrundezulegen. Dieser Richtsatz betrug im Jahre 1994 S 4.976,- und ist für das Jahr 1995 mit S 5.115,- festgelegt. Drei Viertel davon ergeben für das Jahr 1994 S 3.732,- und für das Jahr 1995 S 3.837,-.

Ausgehend von einem monatlichen Durchschnittseinkommen des Minderjährigen von S 5.035,- und einem vom Revisionsrekurswerber nicht bestrittenen berufsbedingten Mehraufwand von monatlich S 600,- ergibt sich ein anrechenbares durchschnittliches monatliches Eigeneinkommen von rund S 4.400,-. Hievon ist die Hälfte, somit S 2.200,-, anzurechnen, sodaß für das Jahr 1994 ein Betrag von S 1.500,- und für das Jahr 1995 ein solcher von rund S 1.600,- als nicht durch Eigeneinkommen gedeckt verbleibt.

Es war daher der erstinstanzliche Beschluß für das Jahr 1994 wiederherzustellen, jedoch für das Jahr 1995 die eingetretene Steigerung des Richtsatzes zu berücksichtigen. Die bereits vom Erstgericht gemäß § 19 Abs 1 UVG angeordnete Einbehaltung des Übergenusses erfolgte in Teilbeträgen, die die Bedürfnisse des Kindes angemessen berücksichtigten. Daß durch die Einbehaltung eine Gefährdung des Unterhalts eintreten könnte, ist in Anbetracht des Eigeneinkommens nicht anzunehmen.

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