OGH 2Ob531/95

OGH2Ob531/9513.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Graf, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wider die beklagte Partei G***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Karl Ludwig Vavrovsky, Dr.Ingrid Stöger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 28.Juni 1993, GZ 21 R 36/93-14, in der Fassung des Beschlusses vom 20.April 1995, AZ 21 R 36/93, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 21.Oktober 1992, GZ 22 C 1425/91t-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.175,36 (darin enthalten S 362,56 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hatte vor dem 31.10.1972 durch den Bundesminister für Unterricht der Universität Salzburg Räumlichkeiten zugewiesen, von welchen diese ihrerseits der Österreichischen Hochschülerschaft an der Universität Salzburg einen Teil überlassen hatte. Zu diesen Räumlichkeiten zählt der nunmehr streitgegenständliche Raum, der ua von dem am 31.10.1972 von der Österreichischen Hochschülerschaft an der Universität Salzburg mit der beklagten Partei abgeschlossenen Bestandvertrag über die Führung eines Kultur- und Kommunikationszentrums umfaßt ist. Diesem Vertrag war vom Akademischen Senat der Universität Salzburg am 5.12.1972 die Zustimmung erteilt worden. Die klagende Partei schenkte im Jahr 1974 ihr Eigentumsrecht an der "Salzburger Resizdenz" dem Land Salzburg und hat seither zumindest bis zum Jahr 2004 die bücherlich einverleibte Dienstbarkeit des Gebrauches zugunsten der Hochschulverwaltung.Die beklagte Partei betreibt derzeit in den von ihr in Bestand genommenen Räumlichkeiten eine Galerie. Dieses Bestandverhältnis wurde vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 617/80 (MietSlg 32.163) als Mietvertrag beurteilt.

Mit Bescheid vom 7.5.1991 (Blg A) entzog der Akademische Senat der Universität Salzburg der Hochschülerschaft an der Universität Salzburg die Befugnis zur Nutzung des klagsgegenständlichen Raumes mit der Begründung, dieser Raum werde für andere hoheitliche Zwecke, nämlich als Zugang zu einem Raum eines wissenschaftlichen Beamten benötigt. Dem bis 16.5.1991 angeordneten Räumungsauftrag kamen weder die Hochschülerschaft noch die beklagte Partei nach.

Die klagende Partei stützt ihr Räumungsbegehren auf titellose Benützung des der Nutzung durch die Hochschülerschaft wieder entzogenen Raumes durch die beklagte Partei.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens mit folgendem Gegenvortrag: Die Hochschülerschaft an der Universität Salzburg habe ihr mit dem Mietvertrag ua den ihr zur Nutzung überlassenen strittigen Raum mit Zustimmung des Akademischen Senates der Universität Salzburg und mit Wissen des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vermietet. Dieser Vertrag hätte nur gerichtlich aus wichtigen Gründen aufgekündigt werden können, sodaß sie den Raum nicht titellos benütze. Im übrigen sei die klagende Partei nicht aktiv klagslegitimiert. Jedenfalls sei das vertragliche Benützungsrecht der beklagten Partei nicht durch den Entziehungsbescheid des Akademischen Senates der Universität Salzburg erloschen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit folgender wesentlicher Begründung ab: Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (seinerzeit BMfU) habe der Universität Salzburg vor dem 21.10.1992 Räumlichkeiten der Residenz Salzburg im Rahmen der Hoheitsverwaltung zur Verfügung gestellt. Bei dem von der Universität Salzburg der Hochschülerschaft an dieser Universität über Teile dieser Räumlichkeiten erteilten Nutzungsrecht hingegen handle es sich mangels konkreter Ausformung der Begründung, des Umfangs und der Beendigung eines solchen Rechtes in den einschlägigen Verwaltungsgesetzen (Hochschulorganisationsgesetz bzw Universitätsorganisationsgesetz, Hochschülerschaftsgesetz) nicht um eine öffentlich-rechtliche Benützungsbefugnis, sondern um ein im Rahmen der in Privatautonomie erfolgten Privatwirtschaftsverwaltung erteiltes privatrechtliches Nutzungsrecht in der Art eines obligatorischen Fruchtgenußrechtes. Die Hochschülerschaft habe daher der beklagten Partei - mit Zustimmung (des Akademischen Senates) der Universität Salzburg - gemäß § 2 Abs 1 MRG Hauptmietrechte übertragen. Für die Beendigung des Mietvertrages sei daher entweder die Hochschülerschaft an der Unversität Salzburg oder die Universität selbst - nach Entziehung und Wiedererlangung der Benützungsrechte - im Wege der gerichtlichen Aufkündigung aktiv legitimiert, nicht hingegen die Republik, die weder Fruchtnießer, noch Eigentümer dieses Raumes sei.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes, bewertete den Streitgegenstand über S 50.000 und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts und äußerte noch folgende weitere Rechtsansichten:

Mit dem Zweck der Hochschulverwaltung sei gemäß § 105 Abs 4 UOG vereinbar, der Universität zugewiesene Räumlichkeiten etwa an Buffetbetriebe oder Lehrmittelstellen, sohin an Externe ungeachtet des Erwerbszweckes solcher Unternehmen auch längerfristig zu vermieten. Solches könne aber wie im gegenständlichen Fall nur durch privatrechtliche Vereinbarungen und auch durch die Hochschülerschaft als Rechtsnehmer der Universität mit deren Zustimmung geschehen, wobei das der Hochschülerschaft eingeräumte Gebrauchsrecht den tatsächlichen Charakter eines Fruchtgenußrechtes enthalte. Auf das Rechtsverhältnis, auf Grund dessen die Universität der Hochschülerschaft die Benützungsbewilligung einräumte - ob durch Hoheitsakt oder im Wege privatrechtlich zu beurteilender Vorgänge - komme es nicht an, weil die konstitutive Genehmigung des Mietvertrages zwischen der Hochschülerschaft der Universität Salzburg und der beklagten Partei durch den Akademischen Senat im Rahmen der Privatautonomie zulässig gewesen und damit für die Beurteilung des Streites entscheidend sei. Der Versuch, dieses Vertragsverhältnis durch eine einseitige Verfügung hoheitlichen Charakters, die sich überdies gar nicht direkt an die beklagte Partei richtete, zu beenden, müsse scheitern. Von einer titellosen Benützung des strittigen Raumes durch die beklagte Partei sei daher keine Rede.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Revision der klagenden Partei ist zwar zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin führt aus, das Berufungsgericht, das die Entscheidungsgründe des Erstgerichtes als zutreffend bezeichne weiche davon insoweit ab, als es - im Gegensatz zum Erstgericht - die Aktivlegitimation der klagenden Partei bejahe. Die Universität Salzburg habe die Räume der Österreichischen Hochschülerschaft durch hoheitliche Verfügung überlassen. Die beklagte Partei leite ihre Rechte am streitgegenständlichen Raum ausschließlich aus ihrem privatrechtlichen Rechtsverhältnis zur Österreichischen Hochschülerschaft ab. Die Tatsache, daß universitäre Behörden bzw das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung dieses Rechtsverhältnis zur Kenntnis genommen bzw genehmigt habe, ändere nichts daran, daß die Vertragsparteien die Österreichische Hochschülerschaft und die beklagte Partei gewesen und geblieben seien. Den beklagten Parteien sei vor Abschluß des Vertrages bewußt gewesen, daß der Österreichischen Hochschülerschaft das eingeräumte Benützungsrecht auch wieder entzogen werden könne und habe somit billigend als Vertragsbestandteil akzeptiert, daß das Vertragsverhältnis von der Bedingung der aufrechten Nutzungsberechtigung der Österreichischen Hochschülerschaft abhängig sei. Es sei nicht richtig, den auf Grund des Entziehungsbescheides bestehenden Räumungsanspruch der klagenden Partei deshalb zu verneinen, weil sie zufolge Kenntnis bzw Genehmigung selbst Partei der privatrechtlichen Vereinbarung geworden sei.

Dazu wurde erwogen:

Die Revisionswerberin gesteht zu, daß zwischen der Österreichischen Hochschülerschaft und der beklagten Partei ein privatrechtliches Rechtsverhältnis besteht. Dieses hat der Oberste Gerichtshof in der in MietSlg 32.163 veröffentlichten Entscheidung als Miete gewertet. Die Fragen der Rechtsnatur des der Österreichischen Hochschülerschaft eingeräumten Benützungsrechtes sowie ob die Österreichische Hochschülerschaft auf Grund der Bestimmungen des UOG und des HSG berechtigt war, einen Vertrag mit der beklagten Partei abzuschließen, müssen hier nicht näher untersucht werden. Abgesehen davon, daß die klagende Partei selbst von einem Privatrechtsverhältnis zwischen der Österreichischen Hochschülerschaft und der beklagten Partei ausgeht, könnten sich die klagende Partei und die Universität Salzburg nicht auf ein mangelndes Recht der Österreichischen Hochschülerschaft berufen, weil der Vertrag zur Kenntnis genommen bzw genehmigt wurde.

Auszugehen ist somit davon, daß die beklagte Partei Hauptmieterin wurde, wobei der klagenden Partei durchaus zugestanden werden kann, daß Partner des Mietvertrages die Österreichische Hochschülerschaft und die beklagte Partei waren. Dieses Mietverhältnis konnte die Universität Salzburg durch den Entziehungsbescheid nicht zur Auflösung bringen. Gemäß § 2 Abs 1 MRG bindet der Mietvertrag nämlich jeden Rechtsnachfolger in der Vermieterstellung (Würth in Rummel2, Rz 7 zu § 2 MRG). Ebenso, wie etwa der Eigentümer an einen vom Fruchtnießer abgeschlossenen Mietvertrag gebunden bleibt (Würth aaO), ist auch die Universität Salzburg nach Erlöschen des Gebrauchsrechtes der Österreichischen Hochschülerschaft an den von dieser abgeschlossenen Mietvertrag gebunden. Der beklagten Partei stehen daher trotz des Entziehungsbescheides Hauptmietrechte zu, weshalb von einer titellosen Benützung keine Rede sein kann. Daraus folgt, daß das Klagebegehren nicht berechtigt ist, ohne daß es erforderlich wäre, die Frage der Aktivlegitimation der klagenden Partei zu erörtern.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

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