OGH 8ObS24/95

OGH8ObS24/9522.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer sowie die fachkundigen Laienrichter Robert Letz und Hofrat Robert List in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Thomas C*****, Eishockeyspieler, ***** vertreten durch Dr.Michael Kinberger und Dr.Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in Zell am See, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen für Salzburg, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 310.000 S an Insolvenzausfallgeld, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Februar 1995, GZ 13 Rs 130/94-12, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 4.Mai 1994, GZ 19 Cgs 155/93-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ein renommierter Eishockeyspieler, der von der E***** Eishockey GmbH bei den Vertragsverhandlungen die Absicherung eines Teiles seiner Gehaltsansprüche mittels Bankgarantie forderte. Dies wurde ihm von der E***** Eishockey GmbH auch zugesichert; die Übergabe der Bankgarantie sollte bei Meisterschaftsbeginn Ende September, Anfang Oktober 1992 erfolgen. Der Klagevertreter Dr.Michael K*****, der einen 10 %igen Gesellschaftsanteil an der E***** Eishockey GmbH treuhändig für seinen Vater hält und deren ständiger Rechtsvertreter ist, aber nicht zur Geschäftsführung befugt war, nahm, als der Kläger die zugesagte Bankgarantie urgierte, telefonisch Kontakt mit der Mehrheitsgesellschafterin der E***** Eishockey GmbH auf, die über die Sponsorgelder verfügte und auch die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger geführt hatte. Aus Zeitgründen - die Ausstellung der Bankgarantie auf die E***** Eishockey GmbH hätte einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen - beschaffte der Klagevertreter selbst die Bankgarantie und übergab sie dem Kläger. Der Kläger nahm sodann im Dezember 1992 oder Jänner 1993 die Bankgarantie in Höhe von 310.000 S in Anspruch und befriedigte daraus seine Gehaltsforderungen für den Zeitraum vom 1.August 1992 bis 31. Oktober 1992. Eine Vereinbarung über die Rückzahlung dieses Betrages wurde zwischen dem Kläger und dem Klagevertreter nicht getroffen. Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 23.März 1993 wurde über das Vermögen der E***** Eishockey GmbH der Konkurs eröffnet.

Mit Bescheid vom 14.Oktober 1993 wurde dem Kläger Insolvenzausfallgeld von 345.823 S zuerkannt, und zwar Lohn und Prämien für den Zeitraum vom 1.Jänner bis 7.März 1993 (145.741 S), Urlaubsentschädigung für 30 Tage (77.280 S), Saisonprämie für den Zeitraum vom 1.August 1992 bis 7.März 1993 (116.311 S) sowie Zinsen und Kosten (4.562 S und 1.929 S). Mit einem nachträglichen Antrag, der am 26.Juli 1993 beim Arbeitsamt einlangte, begehrte der Kläger unter anderem zusätzlich Insolvenzausfallgeld für Lohn und Prämien im Zeitraum vom 1.August 1992 bis 31.Oktober 1992 im Betrage von 310.000 S. Dieses Begehren lehnte die beklagte Partei mit weiterem Bescheid vom 14.Oktober 1993 mit der Begründung ab, er habe diesen Betrag vom Gesellschafter Dr.Michael K***** erhalten. Die Zahlung sei als solche des Dienstgebers anzusehen.

Der Kläger begehrt die Zuerkennung dieses Betrages aus Mitteln des Insolvenzausfallgeldfonds mit der Begründung, dieser Betrag sei vom Klagevertreter lediglich zur Bevorschussung der Gehaltsansprüche des Klägers in Form der Aushändigung einer unwiderruflichen Bankgarantie übergeben worden. Der Klagevertreter sei Minderheitsgesellschafter (zu 10 %) und auch dies nur als Treuhänder für eine dritte Person; es handle sich daher nicht um eine Zahlung des Dienstgebers.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor: Die nunmehr geltend gemachten Entgeltansprüche seien durch die Inanspruchnahme der Bankgarantie erfüllt worden. Die Bevorschussung der Entgeltansprüche des Arbeitnehmers einer sanierungsbedürftigen GmbH durch einen Gesellschafter - statt der Gesellschaft das zur Unternehmensfortführung notwendige Eigenkapital zuzuführen - sei gemäß § 879 ABGB nichtig, soweit daraus Ansprüche gegen den Insolvenzausfallgeldfonds abgeleitet würden. Durch eine derartige Vorgangsweise würde nämlich das Finanzierungsrisiko auf den an der Vereinbarung nicht beteiligten Fonds überwälzt werden, was letztlich auf eine staatliche Subventionierung insolventer Betriebe hinauslaufen würde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Kläger habe den Betrag von 310.000 S erhalten, so daß seine Gehalts- und Prämienansprüche befriedigt seien; eine Rückzahlungsvereinbarung sei nicht getroffen worden. Die geltend gemachten Ansprüche seien daher für den Dienstgeber - wenn auch mittels der zu Lasten des Klagevertreters gehenden Finanzierungsform - zur Gänze beglichen worden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes, sprach aus, daß die Revision zulässig sei und führte aus: Der Garant, der die Gefahr für die Leistung eines Dritten übernommen habe, könne sich trotz fehlender Akzessorietät auf § 1358 ABGB berufen, wenn er mit seiner Garantieleistung die Schuld des Dritten tilge. Ein solcher Forderungsübergang sei aber hier nicht in Betracht zu ziehen, weil der Klagevertreter bei der Beschaffung der Bankgarantie ohnehin auf Rechnung des Dienstgebers tätig geworden sei. Als der Kläger die Übergabe der vom Dienstgeber zugesagten Bankgarantie urgiert habe, habe der Klagevertreter telefonisch Kontakt mit der Mehrheitsgesellschafterin aufgenommen und es übernommen, die Bankgarantie zu beschaffen. Bei Überlegung aller Umstände sei davon auszugehen, daß der Klagevertreter zwar nach außen hin auf eigene, im Innenverhältnis aber auf Rechnung der Dienstgeberin tätig geworden sei. Erfolgte aber die Sicherstellung letztlich auf Rechnung des Dienstgebers, sei auch die Befriedigung des Klägers aus der Bankgarantie als Zahlung des Dienstgebers und nicht als Leistung eines Dritten zur Tilgung einer (fremden) Schuld zu sehen. Der Anspruch des Klägers scheitere daher am Nichtbestehen eines aufrechten Lohnanspruches gegen die Gemeinschuldnerin.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Ziel der Insolvenzentgeltsicherung ist es, Arbeitsentgelt, das zur Bestreitung des Lebensunterhaltes des Arbeitnehmers und seiner Familie dringend benötigt wird, im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers gerichtlich zu sichern. Versichertes Risiko ist demnach im Kernbereich die von den Arbeitnehmern selbst typischerweise nicht abwendbare und absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche, auf die sie regelmäßig zur Bestreitung des Lebensunterhaltes angewiesen sind (ErläutRV 464 BlgNR

14. GP, 6 ff; SZ 64/54 = WBl 1991, 328 = RdW 1991, 333 = ecolex 1991, 336; ecolex 1992, 354; WBl 1994, 165). Gemäß § 1 Abs 2 IESG sind aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gesichert, auch wenn sie gepfändet, verpfändet oder übertragen worden sind. Gemäß § 7 Abs 6 IESG sind im Falle der Pfändung, Verpfändung oder Übertragung der gesicherten Ansprüche die entsprechenden Teilbeträge des Insolvenzausfallgeldes dem Berechtigten zu zahlen, sofern die diesbezüglichen Urkunden oder gerichtlichen Entscheidungen dem Arbeitsamt vor Erlassung des Bescheides vorgelegt werden. Bei Bedachtnahme auf den Zweck des IESG, die Arbeitnehmer gegen das von ihnen typischerweise nicht absicherbare Risiko des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche bei Insolvenz des Arbeitgebers zu sichern, muß aus den zitierten Gesetzesbestimmungen erschlossen werden, daß der Gesetzgeber mit dem Begriff "Übertragung" nur die in der Regel im Interesse des Arbeitnehmers erfolgte und seine Haftung für die Einbringlichkeit begründende rechtsgeschäftliche Zession, nicht aber den Übergang der Ansprüche des Arbeitnehmers nach den §§ 1358 und 1423 ABGB erfassen wollte, da eine Garantie oder Bürgschaft zur Sicherung von Entgeltansprüchen in der Regel im Interesse und über Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt und der Arbeitnehmer, dem es gelingt, vom Arbeitgeber oder einem Dritten eine ausreichende Sicherung gegen den Verlust seiner Entgeltansprüche bei Insolvenz des Arbeitgebers zu erlangen, nicht vom Schutzzweck des Gesetzes erfaßt wird.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; Gründe, die einen Kostenzuspruch an den Kläger nach Billigkeit rechtfertigen würden, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.

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