OGH 11Os74/95

OGH11Os74/9520.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Prof.Dr.Hager, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Radichevich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian Josef D***** wegen des Verbrechens der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27.Februar 1995, GZ 32 Vr 910/94-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Christian Josef D***** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB (1) und des Vergehens der Schändung nach § 205 Abs 2 (2) schuldig erkannt, weil er in Linz Anita T*****, eine Person weiblichen Geschlechtes, die sich infolge Schwachsinns, nämlich einer höhergradigen Debilität, in einem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte, aber auch auf Grund dieses Umstandes unfähig war, die Bedeutung des Vorganges einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln,

1. am 6.August 1993, am 11.Februar 1994 und ein weiteres Mal zu einem nicht näher konkretisierbaren Zeitpunkt zum außerehelichen Beischlaf mißbrauchte und

2. zur Unzucht mißbrauchte, indem er sich zu einem nicht näher konkretisierbaren Zeitpunkt im Jahre 1992 oder 1993 von Anita T***** den Penis waschen ließ, wobei dies zu einer Erektion führte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf die Z 4 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch nicht berechtigt ist.

In der Verfahrensrüge (Z 4) erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Abweisung seines Antrages auf Einholung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß er keinen Geschlechtsverkehr mit Anita T***** hatte, "weil bei ihm ein extrem kleines männliches Glied vorliegt und auf Grund der anatomischen Gegebenheiten auch des Angeklagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, daß die Zeugin nach einem angeblich dreimaligen Mißbrauch noch virgo intacta wäre" (289), in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt.

Dieser Beweisantrag wurde vom Schöffensenat mit der Begründung abgewiesen, durch die Aussage des fachkundigen Zeugen Dr. N***** sei ausreichend dargetan, daß ein Geschlechtsverkehr auch ohne Defloration stattfinden könne; die (für eine zielführende Befundaufnahme erforderliche) neuerliche Untersuchung der Zeugin T***** könne schließlich zufolge versagter Zustimmung ihrer Sachwalterin nicht durchgeführt werden (291). In der Urteilsbegründung setzte sich das erkennende Gericht mit der gegenständlichen Frage erneut auseinander und kam auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens zu der Schlußfolgerung, daß die unterbliebene Defloration des Opfers einen stattgefundenen Geschlechtsverkehr nicht auszuschließen vermag (US 11 iVm US 23).

Gerade angesichts der vorliegenden Beweisergebnisse, insbesondere der Aussage des Zeugen Oberarzt Dr.N*****, wonach mit einer Untersuchung des Angeklagten die nachträgliche weitere Klärung des Sachverhaltes nicht möglich wäre (241), und der faktischen Unmöglichkeit einer weiteren Untersuchung der Zeugin T*****, wäre es erforderlich gewesen, im Beweisantrag außer Beweisthema und Beweismittel auch darzutun, inwieweit und aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung des beantragten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde (Mayerhofer/Rieder, StPO3 E 19 zu § 281 Z 4). In Ermangelung eines solchen Vorbringens wurde der Beschwerdeführer daher durch die Abweisung seines Beweisantrages in seinen Verteidigungsrechten nicht verkürzt.

In der Tatsachenrüge (Z 5a) versucht der Beschwerdeführer schließlich, auf Grund selbständiger beweiswürdigender Überlegungen zu anderen Schlüssen - auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite - zu gelangen als die Tatrichter und bekämpft damit auf eine im Rahmen der Tatsachenrüge ebenfalls unzulässige Weise (14 Os 183/93 = NRsp 1994/176) deren Beweiswürdigung. Die Beschwerde vernachlässigt mit ihrem Vorbringen vor allem, daß die Frage der Wahrheitlichkeit der Defloration des Opfers Gegenstand ausführlicher Erörterung in der Hauptverhandlung war und die erkennenden Richter dieses Problem daher in Abwägung mit den übrigen Ergebnissen des Beweisverfahrens in ihre beweiswürdigenden Erwägungen mit einbezogen haben.

Das Vorbringen ist unter Berücksichtigung der durch die Zeugen Rudolf F***** und Christian P***** dokumentierten geständigen Primäreinlassungen des Angeklagten (159, 165, 185) auch im Zusammenhang mit der Aussage der Zeugin Claudia D*****, wonach die Erzählung des Angeklagten ihr gegenüber die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs zumindest offengelassen habe (257), im Verein mit dem Umstand, daß das Verfahren keinen Hinweis auf eine Neigung der Anita T***** ergeben hat, unwahre Behauptungen aufzustellen (siehe insbesondere die Aussage der Zeugin Anita F*****, 261), auch nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d StPO zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zu erkennen haben wird (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Stichworte