OGH 13Os46/95

OGH13Os46/9531.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Svatek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Horst P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Horst P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 27.Februar 1995, GZ 33 Vr 1574/94-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Horst P***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er im Jänner oder Februar 1994 Prisca St***** (1) mit Gewalt, indem er ihr Faustschläge ins Gesicht versetzte und sie (laut Urteilsgründen) in eine hockende Stellung und ihren Kopf gegen sein erigiertes Glied drückte, zur Vornahme eines Oralverkehrs ohne Schutzgummi, somit einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, nachdem er sie vorher aus dem Auto gezerrt und zum Anuslecken zu nötigen versucht hatte, und (2) durch die Äußerung: "Wenn ich dich nochmals sehe, dann passiert dir etwas", gefährlich mit einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Seine dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Die Verfahrensrüge (Z 4) ist nicht im Recht, weil durch die Ablehnung des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages (155) auf Beischaffung der Verwaltungsstrafakten betreffend die Zeugin Prisca St***** zum Beweis, daß sie sonst Geschlechtsverkehr auch ohne Präservativ durchgeführt habe, keine Verteidigungsrechte beeinträchtigt wurden. Dem Antrag kommt nämlich schon wegen Unerheblichkeit des genannten Beweisthemas, keine Bedeutung zu. Fehlt doch dazu einerseits jede Relevanz zu der dem Angeklagten vorgeworfenen Vergewaltigung, andererseits könnte durch den Umstand, daß die Zeugin ihr früheres Verhalten in bezug auf die Benutzung von Präservativen (wofür ihr der Befreiungsgrund nach § 153 Abs 2 StPO sogar zugestanden wäre) nicht ganz zutreffend geschildert hätte, weder generell noch im besonderen bezüglich des inkriminierten Vorfalles etwas abgeleitet werden. Außerdem hat der Schöffensenat seine Entscheidung - wie aus der im Urteil (US 9) enthaltenen Begründung hervorgeht - ohnehin auch auf das Zutreffen der im Beweisantrag geltend gemachten Behauptung ausgerichtet (s. auch Mayerhofer/Rieder, StPO3 ENr 63 a zu § 281 Z 4).

Ebenfalls zu Unrecht moniert die Mängelrüge, der Schöffensenat habe sich damit nicht auseinandergesetzt, daß die Zeugin St***** in ihrer Niederschrift vor der Polizei am 25.Februar 1994 den inkriminierten Vorfall mit 23.Februar datiert habe, an welchem Tag jedoch der Angeklagte nach den Angaben des Zeugen Horst P***** jun. nicht in Linz gewesen sei. Demzuwider setzten sich die Tatrichter nämlich - wie die Beschwerde später selbst zugesteht - beweiswürdigend ohnehin mit dieser Problematik auseinander. Von einer Scheinbegründung - wie die Beschwerde meint - kann bei der den Denkgesetzen entsprechenden und damit formell ausreichenden Begründung für das einen Irrtum nicht ausschließende Zustandekommen der Protokollangaben über den Tatzeitpunkt (US 6) keine Rede sein. Die bloße Anfechtung der Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung ist im kollegialgerichtlichen Strafverfahren nicht zulässig.

Der von der Beschwerde erwähnte Widerspruch zwischen der Aussage der Zeugin Prisca St*****, der Angeklagte habe einen "großen Bauch" gehabt (143), und der Protokollierung im Hauptverhandlungsprotokoll, wonach beim Angeklagten "im wesentlichen kein Bauch ersichtlich" sei (157), liegt nicht zuletzt im Hinblick auf den langen zeitlichen Abstand zwischen Tatzeitpunkt und der genannten Feststellung nicht vor, sodaß eine diesbezügliche Erörterung in den Urteilsgründen - bei der gesetzlich verlangten gedrängten Darstellung der Urteilsgründe nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO - unterbleiben konnte. Wird doch auch nicht der (vorhandene oder fehlende) Bauch des Angeklagten, sondern sein Gesicht als zur Wiedererkennung geeignet, im Urteil genannt (US 8).

Mit der Aussage des Zeugen Dietmar P***** setzte sich das Schöffengericht - wie die Beschwerde zutreffend selbst bemerkte - ohnehin auseinander, indem es auf eine bloß vage Erinnerung dieses Zeugen hinwies (US 9). Damit schlägt aber auch der Einwand, dieser Zeuge habe angegeben, daß die Zeugin Prisca St***** im Zusammenhang mit ihrer Mitteilung von der Vergewaltigung - die doch einen Oralverkehr zum Gegenstand hatte - auch über Unterleibsschmerzen geklagt habe (153), nicht durch. Dies umsomehr, als dem Wortlaut der Aussage im übrigen gar nicht eindeutig entnommen werden kann, daß die Unterleibsschmerzen von der Zeugin auf die Vergewaltigung zurückgeführt worden seien.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a), in der die Beschwerde weitgehend sinngemäß die zur Mängelrüge erhobenen Einwände wiederholt, kann keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken erzeugen. Das gilt schließlich auch für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, angesichts des monierten Umstandes, daß der Angeklagte erst Faustschläge versetzte, nachdem Prisca St***** schon Forderungen des Angeklagten abgelehnt hatte. Gingen doch sowohl die Faustschläge als auch die anschließenden Gewaltanwendungen durch Drücken der Zeugin in eine hockende Stellung und schließlich mit ihrem Kopf gegen das erigierte Glied des Angeklagten dem Oralverkehr voraus. Wenngleich im Urteilstenor nur die Faustschläge als Gewaltakte inkriminiert sind, so ergibt sich im Zusammenhang mit den Urteilsgründen, daß die Tatrichter neben den Faustschlägen auch das erwähnten Drücken gegenüber der Zeugin zutreffend - und ausreichend - als Gewaltanwendung ansahen.

Mit ihrer Rechts- (Z 9 lit a) und Subsumtionsrüge (Z 10) weicht die Beschwerde von den Urteilsannahmen ab, gegen die sie in erster Linie erneut einwendet, daß der Angeklagte seinem Opfer die Faustschläge bloß aus Zorn wegen dessen vorheriger Verweigerung von Liebesdiensten zugefügt habe. Hingegen waren nach den Feststellungen sowohl die Faustschläge als auch das Hinunterdrücken des Kopfes zum Glied (das alleine bereits das Merkmale der Gewalt erfüllt) vom Vorhaben des Angeklagten getragen (US 4 f iVm US 9), damit den Oralverkehr zu erzwingen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Über die vom Angeklagten erhobene Berufung wird das Oberlandesgericht Linz zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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