OGH 7Ob519/94

OGH7Ob519/9431.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann K*****, vertreten durch Dr.Peter Hajek, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wider die beklagte Partei Österreichische Lotterien GesellschaftmbH, Wohllebengasse 12-14, 1044 Wien, vertreten durch Dr.Barbara Hofmann-Schöll, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 4,470.910 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 15.November 1993, GZ 4 R 174/93-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9.Juni 1993, GZ 14 Cg 51/93-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 29.815,20 (darin enthalten S 4.969,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Maria S***** ist in P***** aufgrund eines am 8.9.1986 mit der beklagten Partei abgeschlossenen Annahmestellenvertrages als Lottokollektantin tätig. Der Kläger ist im Besitze eines mit der Registriernummer ***** versehenen Wettscheines, der von Maria S***** nicht an die beklagte Partei weitergeleitet, sondern dieser nur als fehlend gemeldet wurde.

Der Kläger begehrt in nunmehr getrennten Verfahren die Bezahlung eines Betrages von S 4,470.910 sowohl von Maria S***** als auch von der beklagten Partei mit der Begründung, seine Ehefrau habe zwecks Teilnahme an der 23. Lottorunde in seinem Auftrag einen Lottoschein der Lotto-Toto-Kollektur der Maria S***** abgegeben. Ihr sei ein Wettscheindoppel ausgefolgt worden. Infolge mangelnder Sorgfalt der Annahmestelle, insbesondere bei der Verwahrung der Scheine, sei der Originalwettschein verloren gegangen. Die Annahmestelle sei als Erfüllungsgehilfin der beklagten Partei im vorvertraglichen Schuldverhältnis tätig geworden. Die beklagte Partei hafte daher für die durch die Annahmestelle verursachten Schäden im vorvertraglichen Bereich. Bei ordnungsgemäßer Weiterleitung hätte der Kläger aufgrund der von ihm gespielten Zahlen Anspruch auf einen Gewinn in der Höhe des Klagebetrages gehabt. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Parteei, wonach ein Spielvertrag mit ihr erst nach Einlangen und Registrierung bei ihr zustande komme, sei sittenwidrig; es liege ein Mißbrauch einer Monopolsteellung vor. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei, wonach ihre Haftung ausgeschlossen sei, widerspreche der Schutznorm des § 864 a ABGB und sei auf vorvertragliche Pflichten nicht anwendbar. Das Klagebegehren werde außer auf Schadenersatz ausdrücklich auch darauf gestützt, daß ein Erfüllungsanspruch gegenüber der beklagten Partei bestehe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage mit der Begründung, die Betreiberin der Lottoannahmestelle sei nicht sorglos mit den entgegengenommenen Lottoscheinen umgegangen und werde überdies laufend von der beklagten Partei überwacht. Die Heranziehung der Bestimmungen der §§ 1298 und 1313 a ABGB sei verfehlt, weil die Lottokollektantin nicht als Erfüllungsgehilfin der beklagten Partei tätig werde. Der Kläger sei daher auf die §§ 1296 und 1315 ABGB zu verweisen. Die Verlagerung des Vertragsabschlußzeitpunktes auf den Zeitpunkt des Einlangens des Wettscheines bei der beklagten Partei sei nicht sittenwidrig, sondern international üblich. Eine Haftungsbeschränkung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei trotz der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 9 KSchG möglich und zulässig. Im vorliegenden Fall sei daher nur zu prüfen, ob die beklagte Partei ein Auswahlverschulden treffe. Dies sei zu verneinen. Der Mißbrauch einer Monopolstellung liege schon deshalb nicht vor, weil die beklagte Partei kein Versorgungsunternehmen betreibe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch nachstehende Feststelelungen:

Die Ehegattin des Klägers gab in der Lottoannahmestelle der Maria S***** in P***** einen Lottoschein zur Teilnahme an der 23. Spielrunde ab. Der Teilnahmeschein wurde registriert und ein Wettscheindoppel ausgefolgt. Das Original wurde von Maria S***** nicht an die Lottogesellschaft weitergeleitet, sondern dieser mit einem anderen fehlenden Schein noch vor der Ziehung als fehlend gemeldet. Da auch die Blaupause fehlte, wurden zur Einziehung der Blaupause Mitarbeiter der beklagten Partei entsendet und eine Kontrolle der Annahmestelle durchgeführt. Die Blaupause konnte nicht gefunden werden. Nach den amtlich genehmigten Spielbedingungen gilt ein Spielvertrag erst dann als abgeschlossen, wenn der Lottoschein bei der Lottogesellschaft eingelangt und gesichert ist. Der Wettschein nahm daher an der 23. Spielrunde nicht teil. Es kam wiederholte Male vor, daß Wettscheine von der Annahmestelle nicht an die Lottogesellschaft weitergeleitet werden konnten. Der Kläger wandte sich mit einer Kopie seines von der Annahmestelle registrierten Wettscheindoppels, aus dem ersichtlich war, daß er die in dieser Runde gezogenen Zahlen angekreuzt hatte, an die Lottogesellschaft. Diese lehnte das Ersuchen des Klägers auf Überweisung des auf ihn entfallendenn Gewinnanteiles ab.

Das Erstgericht gelangte rechtlich zur Ansicht, daß die Lottokollektantin in einem Vertragsverhältnis zur beklagten Partei stehe, daß aber auch ein Vertrag zwischen dem Kläger und der Kollektantin zustande gekommen sei, weil der Kläger sie beauftragt habe, den ausgefüllten Wettschein weiterzuleiten. Die Haftung für Erfüllungsgehilfen nach § 1313 a ABGB komme nur dann zur Anwendung, wenn der Erfüllungsgehilfe, dessen sich der Schuldner bediene, nicht selbst in einem Vertragsverhältnis zum Gläubiger stehe. Ein solches Vertragsverhältnis liege vor, sodaß die beklagte Partei weder für die Verletzung vertraglicher noch vorvertraglicher Pflichten durch die Lottokollektantin einzustehen habe. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei seien weder sittenwidrig noch im Sinne des § 864 a ABGB nichtig.

Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge. Es erörterte rechtlich, daß von Betrieben mit Monopolstellung aufgestellte Geschäftsbedingungen nur dann als sittenwidrig anzusehen seien, wenn Abschlußzwang bestehe und diese Bedingungen derart drückend seien, daß eine auffallende Inäquivalenz zwischen den Pflichten der Vertragspartner bestehe. Bei der im Einzelfall gebotenen Betrachtungsweise sei zu berücksichtigen, daß einem Lottospieler zu relativ geringen Einsätzen die Chance eines Millionengewinnes geboten werde, während die beklagte Partei gezwungen sei, ein weitverbreitetes Vertriebsnetz zu erhalten, um einen möglichst breiten Kundenkreis im gesamten Bundesgebiet ansprechen zu können, wobei zwangsläufig Übermittlungsfehler als auch Manipulationen nicht auszuschließen seien. Die Interessenabwägung müsse daher zugunsten der beklagten Partei ausfallen. Die beanstandete Bestimmung über das Zustandekommen des Vertrages sei nicht als ungewöhnlich oder unvorhersehbar im Sinne des § 864 a ABGB anzusehen und bestehe im vergleichbaren Sporttoto schon seit Jahrzehnten. Mangels Zustandekommens des Vertrages entbehre der vertragliche Erfüllungsanspruch einer rechtlichen Grundlage. Zu prüfen bleibe die Frage, ob im vorliegenden Fall die Lottokollektantin als Erfüllungsgehilfin der beklagten Partei im vorvertraglichen Bereich tätig geworden sei oder aber ein eigener Vertrag mit dem Kläger als Wetter vorliege, der eine Gehilfenhaftung der beklagten Partei ausschließe. Ein Teil der Lehre (Binder in Schwimann IV/2, Rz 4 zu § 1274 ABGB; Reischauer in Rummel II2 Rz 4 zu § 1313 a ABGB) vertrete hiezu den Standpunkt, daß Lottokollektanten auch im vorvertraglichen Verhältnis als Erfüllungsgehilfen der Lotteriegesellschaft tätig würden und ihr Verhalten der Lotteriegesellschaft als Geschäftsherr zuzurechnen sei. Die dazu von Binder (aaO) angeführte Entscheidung ZBl 1929/267 weiche jedoch im Sachverhalt vom hier zu beurteilenden Fall ab, weil dort der Kollektant nach der Ziehung falsche Nummern bekanntgegeben habe, sodaß der Spieler den als Beweis notwendigen Spielschein vernichtet hatte. In der Bekanntgabe eines Lottoergebnisses sei das Verhältnis zum Lottoausspieler wesentlich enger als gegenüber einem anonymen Publikum. Nach den Lottobedingungen seien vertragliche Beziehungen zwischen Teilnehmern und Annahmestellen bzw der Lotteriegesellschaft nur hinsichtlich des Ausfüllens des Wettscheines ausgeschlossen; daraus sei aber nicht zu schließen, daß nicht dennoch ein Vertrag zwischen Teilnehmern und Lottokollektanten hinsichtlich der Annahme und der Weiterleitung des Lottoscheines entstehe. Nach der neueren, zum vergleichbaren Totospiel ergangenen Rechtsprechung (SZ 27/268; EvBl 1983/72) entstehe ein Vertragsverhältnis zwischen dem Spieler und der Annahmestelle, in dessen Rahmen sich der Kollektant verpflichte, einen übernommenen Wettschein ordnungsgemäß an die ausspielende Stelle weiterzuleiten. Wenn es daher Gegenstand einer eigenen vertraglichen Verpflichtung der Annahmestelle sei, einen bei ihr registrierten Wettschein weiterzuleiteen, werde sie in diesem Umfang nicht als Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei, sondern als Vertragspartner des Teilnehmers tätig. Fehler bei der Übermittlung eines Lottoscheines bis zum Einlangen bei der beklagten Partei könnten daher nicht zu Lasten der beklagten Partei gehen. Im Verhältnis zur beklagten Partei erfolge die Übermittlung eines Lottoscheines auf Gefahr des Teilnehmers, der seine diesbezüglichen vertraglichen Ansprüche allenfalls gegenüber der Annahmestelle geltend zu machen habe. Ein darüber hinausgehendes Auswahl- oder Überwachungsverschulden der Lotteriegesellschaft hinsichtlich der Kollektantin habe der Kläger nicht unter Beweis stellen können. Mangels Verletzung vorvertraglicher Pflichten könnten Erwägungen darüber auf sich beruhen, ob eine Haftungsbeschränkung vorvertraglicher Pflichten durch AGB wirksam sein könne.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Rechtsfrage, ob ein Lottokollektant als Erfüllungsgehilfe der Lotteriegesellschaft anzusehen sei, bisher nicht einheitlich beurteilt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber verweist in seinem Rechtsmittel neuerlich auf die von ihm behauptete Sittenwidrigkeit der Spielbedingungen, wonach ein Spielvertrag zwischen dem Teilnehmer und der beklagten Partei erst dann als abgeschlossen gelte, wenn das registrierte Original des Wettscheines nach Einlangen bei der Gesellschaft mikroverfilmt, durch Verschluß gesichert und auswertbar sei. Die beklagte Partei besitze eine Monopolstellung auf dem Gebiet des Zahlenlottos und zwinge die Spieler dazu, ihre Wetteinsätze bei den Annahmestellen einzubringen. Dadurch verlagere sie das Risiko auf die Annahmestellen und beschränke sich darauf, die Gewinnermittlung vorzunehmen und die Gewinne auszuzahlen. Ein Lottospieler müsse mit dieser ungewöhnlichen Vertragsbestimmung nicht rechnen, sondern könne der berechtigten Meinung sein, daß er mit der Abgabe des Wettscheines bei der Annahmestelle Vertragspartner der Lottogesellschaft geworden sei.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst darauf verwiesen, daß Geschäftsbedingungen, die von Betrieben mit Monopolstellung aufgestellt wurden, nur dann als sittenwidrig anzusehen sind, wenn Abschlußzwang besteht und diese Bedingungen derart drückend sind, daß eine auffallende Inäquivalenz zwischen den Pflichten der Vertragspartner besteht.

Der beklagten Partei kommt zwar auf dem Gebiet des Lottos "6 aus 45" aufgrund der gemäß § 14 Glückspielgesetz erteilten Konzession tatsächlich Monopolstellung zu. Bei der gebotenen Interessenabwägung ist aber zu berücksichtigen, daß die beklagte Partei kein Versorgungsunternehmen betreibt, das zur Befriedigung lebenswichtiger Bedürfnisse einem allfälligen Kontrahierungszwang unterliegt, während ein Spielteilnehmer die Möglichkeit erhält, gegen verhältnismäßig geringfügigen Einsatz beträchtliche Gewinne zu erzielen. Gleichzeitig ist zu beachten, daß gerade im streitgegenständlichen "off-line"-Betrieb, bei welchem Wettscheine in einer Annahmestelle gesammelt und zur Spielteilnahme zur beklagten Partei gebracht werden, die Gefahr von Manipulationen durch abhandengekommene und verfälschte Wettscheine nicht auszuschließen ist. Es besteht daher ein Bedürfnis, die Masse der Spieler gegen Versuche zu schützen, mit Hilfe fingierter Wettscheine die Auszahlung vorgetäuschter Gewinne zu Lasten der wirklichen Gewinner zu erreichen (vgl Ulmer in Ulmer-Brandner-Hensen, Kommentar zum AGB-Gesetz7 1195). Da die vom Revisionswerber als sittenwidrig angesehene Bedingung, wonach der Spielvertrag erst nach Einlangen des Wettscheines, Mikroverfilmung und Verschlußsicherung zustande kommt, nicht nur im Bereich des Sporttoto seit Jahren besteht, sondern international üblich ist (vgl Ulmer aaO), kann sie weder als objektiv ungewöhnlich, noch als unvorhersehbar angesehen werden.

Entgegen der in der Revision vertretenen Rechtsmeinung konnte ein Spielteilnehmer nach Abgabe des Wettscheines an der Annahmestelle auch nicht der Ansicht sein, bereits Vertragspartner der beklagten Partei geworden zu sein. Dies gesteht der Revisionswerber indirekt selbst zu, weil er diese Ansicht nur mit der mangelnden Kenntnis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei begründen kann. Auf diese mangelnde Kenntnis kann er sich aber nicht berufen, weil die Spielbedingungen in jeder Annahmestelle aufliegen und der für die Teilnahme am Spiel unbedingt erforderliche Wettschein einen ausdrücklichen Hinweis auf die Spielbedingungen enthält. Es konnten daher sämtliche Beteiligte davon ausgehen, daß die Spielteilnahme nur zu den - gemäß § 16 Glückspielgesetz vom Bundesminister für Finanzen genehmigten - Spielbedingungen erfolgt. Nach diesen ist aber die Haftung der Annahmestellen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Eine solche Haftungsbeschränkung dient dem bereits erwähnten Bedürfnis der Masse der Spielteilnehmer, vor Manipulationenn geschützt zu werden und ist auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig (Welser in Krejci KSchG 362).

Zu der vom Berufungsgericht als wesentlich erachteten Rechtsfrage, ob die Lottokollektantin als Erfüllungsgehilfin der beklagten Partei anzusehen sei, ist noch auszuführen:

Erfüllungsgehilfe ist nach ständiger Rechtsprechung der, der nach den tatsächlichen Verhältnissen des gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeiten als seine Hilfsperson tätig wird (vgl JBl 1986, 789; SZ 63/201). Für die Beurteilung der Gehilfenhaftung nach § 1313 a ABGB ist daher maßgebend, ob der Gehilfe bei der Verfolgung der Interessen des Schuldners tätig war, d.h., ob er in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in seinen Risikobereich einbezogen war (JBl 1995, 177). In seiner Entscheidung vom 22.3.1929, ZBl 1929/267, hat der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob eine Lottokollektur hinsichtlich der Bekanntgabe der gezogenen Nummern als Erfüllungsgehilfin des Bundesschatzes anzusehen sei, nicht eindeutig Stellung genommen, sondern auf die Aufträge, die seitens des Bundesschatzes den Lottokollektanten erteilt wurden, insbesondere hinsichtlich der Bekanntmachung der gezogenen Nummern, verwiesen.

In der Entscheidung vom 27.10.1954, SZ 27/268, wurde zwar die Haftung der Lottoannahmestelle für den Verlust eines bei ihr abgegebenen Wettscheines im Verfahren erster Instanz mangels Anfechtung rechtskräftig bejaht; die Frage, ob die Annahmestelle als Erfüllungsgehilfin der dort beklagten Republik Österreich als Spielbetreiberin hafte, blieb ebenfalls offen. In der Entscheidung vom 25.11.1953 JBl 1954, 226 wurde die Erfüllungsgehilfenstellung der Annahmestellen für Sporttoto schon deshalb verneint, weil eine Verpflichtung der Übermittlung der Teilnahmescheine durch die Sporttoto-Annahmestelle nicht bestand und eine unmittelbare Übersendung der Teilnahmescheine an das Sporttoto-Wien möglich war.

Schließlich war in der Entscheidung vom 13.1.1983, EvBl 1983/72, ebenfalls nicht entscheidungsrelevant, ob jene Trafik, in der die Totoscheine der Österreichischen Glückspielmonopolverwaltung entgegengenommen wurden, als Erfüllungsgehilfin der Glückspielmonopolverwaltung anzusehen sei.

Bei neuerlicher Prüfung der Rechtslage ist zu bedenken, daß zur Teilnahme beim Spiel "6 aus 45" die Abgabe eines Wettscheines bei einem Kollektanten unbedingt erforderlich ist und eine unmittelbare Übersendung an den Glückspielbetreiber nicht möglich ist. Dies bedeutet aber, daß in diesem Fall der Lottokollektant tatsächlich als Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei agiert, weil sonst eine Teilnahme an dem Spiel nicht mehr möglich wäre.

Daraus ist aber für den Kläger nichts gewonnen.

Unbestritten ist, daß der Spielvertrag nach den vom Bundesministerium für Finanzen genehmigten Bedingungen nicht schon mit der Einreichung des Spielscheins bei der Annahmestelle, sondern erst dann zustande kommt, wenn der Spielschein beim Veranstalter eingegangen und rechtzeitig gesichert ist. Fraglich ist daher die Rechtsgrundlage eines (in den Spielbedingungen vorgesehenen) Haftungsausschlusses vor Vertragsschluß. Da der Haftungsausschluß vertraglicher Natur ist, bedarf es dafür einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen den Beteiligten vor Abschluß des Spielvertrages. Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, daß der Wille des Spielveranstalters ausweislich der Teilnahmebedingungen dahin geht, in einem mit dem Spielteilnehmer abzuschließenden, gesonderten Rahmenvertrag die Allgemeinen Geschäftsbedingungen schon bei Einreichung des Spielscheines verbindlich werden zu lassen (vgl Ulmer in Ulmer-Brandner-Hensen AGB-Gesetz § 23 Rz 42 a). Da in den für die Teilnahme am Spiel "6 aus 45" unbedingt erforderlichen Wettscheinen ausdrücklich auf die aufliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen wird, die Spielteilnehmer daher ausreichend auf den möglichen Haftungsausschluß hingewiesen wurden, konnte inhaltlich des erwähnten Rahmenvertrages ein Haftungsausschluß wirksam vereinbart werden. Der dem Kläger obliegende Beweis eines Sachverhaltes, der als grob fahrlässig qualifiziert werden könnte, ist ihm weder gelungen, noch aus dem Verfahren hervorgekommen (JBl 1993, 315).

Der Revision war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.

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