OGH 7Ob545/95

OGH7Ob545/9531.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fritz K*****, vertreten durch Dr.Hansjörg Schiestl und Dr.Karl Janowsky, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Dipl.Ing.Rudolf H*****, und 2. Helene F*****, beide vertreten durch Mag.Dr.Gerhard Schartner, Rechtsanwalt in Telfs, wegen Entfernung (Streitinteresse S 300.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 9.Februar 1995, GZ 2 R 350/94-31, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.Oktober 1994, GZ 9 Cg 173/93m-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch T*****, zu deren Gutsbestand unter anderem das Grundstück Baufläche *****/K*****straße 1 gehört. Die Beklagten sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch T*****. Das dort inneliegende Grundstück ***** grenzt westlich an das Grundstück des Klägers *****. Die Beklagten haben auf ihrem zuvor genannten Grundstück einen Hotelanbau mit zum klägerischen Grundstück hin ausgerichteten Balkonen errichtet. Mit der Behauptung, daß diese Balkone teilweise in den Luftraum seines Grundstückes hineinragen, begehrt der Kläger von den Beklagten die Entfernung der in den Luftraum seines Grundstückes hineinragenden Bauteile (Balkone). Er bewertete dieses Begehren mit S 300.000,--. Die Beklagten wendeten ein, nur auf ihrem Grundstück gebaut zu haben.

Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- nicht übersteigt und erklärte die Revision für jedenfalls unzulässig. Beide Vorinstanzen gingen davon aus, daß der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß die strittigen Balkone in den Luftraum über sein Grundstück hineinragten. Die Beklagten hätten sich auch nicht gegenüber dem Kläger verpflichtet, eine bestimmte, von ihm behauptete Grenzlinie zu respektieren. Das Berufungsgericht sprach aus, daß beim unabhängig von der Bewertung des Streitgegenstandes durch die klagende Partei vorzunehmenden Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes im Sinne des § 500 Abs.2 Z 1 ZPO zu berücksichtigen sei, daß auch nach den Klagsbehauptungen nur eine Teilfläche von 0,21 m2 von der den Beklagten angelasteten Baumaßnahmen betroffen sein könne. Die Bewertung des Streitgegenstandes mit S 300.000,-- sei daher weit überzogen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß bei Baumaßnahmen schon geringfügigen Flächen eine gewisse Bedeutung zukommen könne, könne der Wert des Entscheidungsgegenstandes keinesfalls S 50.000,-- übersteigen, zumal der behauptete Eingriff in das Eigentumsrecht nur den Luftraum betreffe.

Die gegen die Berufungsentscheidung erhobene "außerordentliche" Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Ausspruch, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt, ist gemäß § 500 Abs.3 und 4 ZPO unanfechtbar und bindend, soferne nicht zwingende Bewertungsvorschriften (§ 500 Abs.3 ZPO) verletzt werden (vgl. Petrasch, ÖJZ 1989, 750). Eine Änderung dieser Bewertungsfreiheit durch das Berufungsgericht durch die WGN 1989 ist weder dem Gesetz noch den Materialien zu entnehmen. Der gegenteiligen Meinung Stohanzls (MGA ZPO14 § 500 Anm.4) und Steiningers (RZ 1989, 236 und 258) ist der Oberste Gerichtshof nicht gefolgt (vgl Jus extra 1990, 493).

Nach § 56 Abs.2 und § 59 JN kann der Kläger seinen nicht in Geld bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstand, soweit keine bindenden Bewertungsvorschriften verletzt werden, frei bewerten. Nach § 500 Abs.2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht in einem solchen Fall in seinem Urteil auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt oder nicht; nach Z 2 leg. cit. ist bei einer Bewertung unter S 50.000,--, falls nicht die Ausnahmsregelung nach § 502 Abs.3 ZPO zutrifft, auszusprechen, daß die Revision jedenfalls unzulässig ist. Die Bestimmung des § 60 Abs.2 JN kann auf den vorliegenden Fall nicht herangezogen werden, weil die klägerische Liegenschaft ebenso wie jene der Beklagten nicht selbst streitverfangen ist (vgl Mayr in Rechberger ZPO § 60 JN Rz 2 mwN), sondern nur die Entfernung von in den Luftraum hineinragenden Gegenständen begehrt wird. Die Erhebung einer Revision ist daher unzulässig.

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