OGH 2Ob536/95

OGH2Ob536/9524.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S***** B*****, infolge Revisionsrekurses des Kindesvaters John B*****, vertreten durch Dr.Ilse Kromer, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien als Rekursgericht vom 26.August 1994, GZ 22 R 20, 32/94-79, womit die Beschlüsse des Jugendgerichtshofs Wien vom 28. März 1994, GZ 13 P 58/93-72, und vom 22.Dezember 1993, GZ 13 P 58/93-5 des Teilaktes (ON 78), bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses hängt vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ab. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist der Oberste Gerichtshof an den diesbezüglichen Ausspruch des Rekursgerichtes nicht gebunden. Ist ein ordentlicher Revisionsrekurs - wie hier - wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig und daher zurückzuweisen, so kann sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Das Rekursgericht hat seine Entscheidung zwar durch zahlreiche Judikaturzitate insbesondere zum Haager Minderjährigenschutzabkommen BGBl 1975/446 (MSA) belegt, den Revisionsrekurs aber für zulässig erklärt, weil die Entscheidung eine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes betreffe, zu der eine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Inwiefern höchstgerichtliche Rechtsprechung uneinheitlich sein oder fehlen soll, wird nicht näher ausgeführt. Auch der Revisionsrekurs gibt hiezu keine Hinweise, sondern enthält überwiegend im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof unzulässige Neuerungen über die zwischenzeitige Entwicklung der Verhältnisse.

Die Obsorgezuteilung fällt in den Anwendungsbereich des MSA (EFSlg 69.658, 72.729 ua). Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die inländische Gerichtsbarkeit gegeben ist, weil die Minderjährige ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (Art 1 MSA). In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung hat das Rekursgericht die Verhältnisse im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung als maßgebend angesehen (vgl EFSlg 49.231, 60.656 ua; zuletzt 7 Ob 598/93). Zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes existiert eine umfangreiche Judikatur (vgl nur die Nachweise bei Mayr in Rechberger § 66 JN Rz 3, § 109 JN Rz 3, § 110 JN Rz 2 und 8); als hinreichend wird häufig ein Aufenthalt von 6 Monaten, nicht jedoch von 3 Monaten angesehen; es bedarf allerdings jedenfalls einer genauen Prüfung der jeweiligen Umstände.

Im vorliegenden Fall hatte die Minderjährige seit ihrer Geburt (ausgenommen die Zeit vom 15.11. bis 25.12.1992) mit ihrer Mutter in Wien gewohnt; im Dezember 1993 reisten beide zu einem Weihnachtsbesuch bei der Großmutter nach Kalifornien; der dortige Aufenthalt verlängerte sich durch behördliche Aktivitäten des Kindesvaters; die Obsorgeentscheidung des Erstgerichtes erfolgte im März 1994, somit ca 3 Monate nach der Abreise aus Wien. Unter diesen Umständen ist die Auffassung des Rekursgerichtes, im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt sei der gewöhnliche Aufenthalt noch immer in Wien - und (noch) nicht in den USA - gewesen, durchaus vertretbar. Das Rekursgericht hat sich hiebei im Rahmen der Grundsätze der ständigen Rechtsprechung bewegt und seine Entscheidung ohne krasse Fehlbeurteilung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles getroffen, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt (vgl Kodek in Rechberger § 502 ZPO Rz 3).

Auch wenn man der Ansicht folgt, daß das MSA in Unterhaltssachen keine Anwendung findet (JBl 1989, 394 mwN), so kommt es im vorliegenden Fall auch insoweit gemäß den §§ 109, 110 Abs 1 Z 2 JN auf den gewöhnlichen Aufenthalt an. Hiezu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, zumal die Unterhaltsentscheidung bereits im Dezember 1993 gefällt wurde.

Der Revisionsrekurs war somit trotz des Zulässigkeitsausspruches des Rekursgerichtes zurückzuweisen.

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