OGH 6Ob1583/95

OGH6Ob1583/9518.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Schinko und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosmarie S*****, vertreten durch Dr.Thomas Herzka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Adolf S*****, vertreten durch Dr.Friedrich Aichberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 28.Juni 1994, AZ 47 R 2115/94 (ON 22), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Es trifft nicht zu, daß es zur Wahrung der Rechtssicherheit einer oberstgerichtlichen Interpretation der Begriffe "Alkoholmißbrauch" und "Alkoholexzeß" bedarf. Beide Begriffe sind im allgemeinen Sprachgebrauch verankert, verständlich und als qualifizierendes Werturteil über das Verhalten des Beklagten nach den erstinstanzlichen Feststellungen (S.4, 6 und 7 in ON 12) überprüfbar.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kann ein Alkoholmißbrauch durchaus auch nur aufgrund von Zeugen- oder Parteiaussagen festgestellt werden (mehrmalige Betrunkenheit pro Woche als Mißbrauch, Mißhandlungen in alkoholisiertem Zustand als Exzeß). Die mangelnde Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen wurde in der Berufung (ON 15) nicht gerügt. Ein (allfälliger) Mangel des Verfahrens erster Instanz ist daher kein Revisionsgrund (Kodek in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 503 mwN).

Daß der Alkoholmißbrauch des Beklagten wegen einer Alkoholkrankheit nicht schuldhaft sei (§ 50 EheG), wurde im Verfahren erster Instanz nicht geltend gemacht. Der Beklagte hat vielmehr bestritten, alkoholkrank zu sein. Nach den Feststellungen ist von einem grundlosen, nicht verziehenen Alkoholmißbrauch auszugehen. Die Klägerin hat die eheliche Gemeinschaft immer nur unter der (nicht eingehaltenen) Bedingung der Besserung des Beklagten fortgesetzt. Die Eheverfehlung ist nicht verfristet, weil der Alkoholmißbrauch des Beklagten bis März 1993 festgestellt (S.7 in ON 12) und die Klage im Mai 1993 eingebracht wurde.

Aus der Berufstätigkeit der Frau ist kein relevantes Mitverschulden an der Zerrüttung der Ehe abzuleiten. Der Beklagte hat der Aufnahme der Berufstätigkeit zugestimmt (Vorschlag zur Verkaufstätigkeit in der Schmuckbranche: S.5 in ON 12). Diese Zustimmung konnte er (auch in einer katholischen, konservativen Ehe) einseitig nicht wieder zurücknehmen und die Führung einer Hausfrauenehe verlangen.

Nach den Feststellungen ist die Zerrüttung der Ehe auf den jahrelangen übermäßigen Alkoholkonsum des Beklagten zurückzuführen. Dieser Umstand war auch für die Einstellung des ehelichen Geschlechtslebens kausal.

Die Revisionsausführungen sind ausschließlich in dem Punkt berechtigt, daß das Berufungsgericht in einer Kontoüberziehung des Beklagten eine zusätzliche Eheverfehlung erblickte. Eine solche hatte die Klägerin tatsächlich nicht geltend gemacht. Sie hatte die Kontoüberziehung nur als Motiv für ihren Wunsch nach Aufnahme einer Berufstätigkeit zur Absicherung ihrer Existenz angeführt. Auf eine zusätzliche Eheverfehlung des Beklagten kommt es hier aber nicht an, weil auch ohne diese bei der Gewichtung des Gesamtverhaltens beider Eheleute ein Alleinverschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe gegeben ist.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte