OGH 7Ob559/95

OGH7Ob559/9510.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Leasing GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1. "M*****" *****gesellschaft mbH, und 2. Hans-Jörg M*****, und 3. Gerlinde M*****, alle vertreten durch Dr.Bernhard Aschauer und Dr.Helfried Krainz, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 532.514,53 (Revisionsinteresse S 359.054,85 sA), infolge Revision der drittbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 20.Oktober 1994, GZ 6 R 78/94-31, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 14. Februar 1994, GZ 3 Cg 18/92h-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der drittbeklagten Partei wird Folge gegeben und die angefochtene Berufungsentscheidung, soweit sie nicht hinsichtlich der erst- und zweitbeklagten Partei unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, dahin abgeändert, daß sie zu lauten hat:

Die drittbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 64.113,96 samt 14,4 % Zinsen zuzüglich 20 % USt aus diesen Zinsen seit 20.10.1989 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 294.940,89 sA wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der drittbeklagten Partei die mit S 45.450,07 bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz und die mit S 7.416,33 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 21.117,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die nicht mehr am Verfahren beteiligte erstbeklagte Partei, vertreten durch ihren ebenfalls nicht mehr am Verfahren beteiligten Geschäftsführer, den Zweitbeklagten - beide wurden rechtskräftig zur Zahlung der Klagsforderung verurteilt - stellte am 29.9.1987 einen Leasingantrag auf 60 Monate für das von ihr betriebene Hotel eine Hotelcomputer- und Schankanlage zu den Allgemeinen Leasingbedingungen der Klägerin (ALB = Beilage A) anzumieten. Dieser Antrag wurde von der Klägerin am 21.10.1987 angenommen. Die Klägerin forderte als Bedingung für den Abschluß des Leasingvertrages die Beibringung von "Garantieerklärungen" des Zweitbeklagten und einer weiteren Person, wozu sich die geschiedene Ehegattin des Zweitbeklagten, die Drittbeklagte, bereit fand. Sie unterfertigte (am 3.10.1987) nachstehende Urkunde:

"... Der (oben) angeführte Kunde hat zu den mir bekannten Leasingbedingungen Ihnen gegenüber den oben angeführten Leasingantrag erstellt. In diesem Zusammenhang übernehme ich Ihnen gegenüber die unwiderrufliche Garantie, daß der Kunde sämtliche Verpflichtungen aus dem mit Ihnen im Falle Ihrer Antragsannahme zustandekommenden Leasingvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Ich verpflichte mich somit unter Verzicht auf alle Einwendungen aus dem zugrundeliegenden Rechtsgeschäft, über Ihre erste schriftliche Aufforderung und Mitteilung, daß der angeführte Kunde seine Verpflichtungen nicht erfüllt hat, die jeweiligen Zahlungen an Sie in der von Ihnen festgestellten Höhe zu leisten.

E*****, am 3.10.1987 Gerlinde M*****".

Die Drittbeklagte wurde zwar vom Erstbeklagten 1983 geschieden, beide lebten aber mindestens bis zum Jahr 1991 weiterhin zusammen. Sie ist (zu 10 %) Gesellschafterin der erstbeklagten Partei.

§ 8 der ALB lautet:

"Vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages

1. Die P***** ist berechtigt, das Vertragsverhältnis aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Wichtige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn der Kunde jeweils entweder

1.1. mit der Zahlung einer Leasingrate oder anderen fälligen Zahlungen, ganz oder teilweise, trotz Mahnung mehr als 4 Wochen (bei Verbrauchergeschäften mehr als 6 Wochen) in Verzug ist

1.2. gegen sonstige Bestimmungen des Vertrages verstößt und trotz Mahnung und mindestens 14-tägiger Nachfristsetzung den vertragsgemäßen Zustnd binnen dieser Nachfrist nicht wiederherstellt

1.3. eine Zahlungseinstellungserklärung abgibt, oder über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet bzw. abgewiesen wird, oder einen Offenbarungseid ablegt, oder in sein Vermögen ergebnislos Exekution geführt wird

1.4. seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthaltsort) bzw. Firmensitz ins Ausland verlegt, oder verstirbt bzw. sonst handlungs- oder geschäftsunfähig wird.

Falls ein seitens der P***** mit dem Kunden abgeschlossener Leasingvertrag aus einem der angeführten Gründe vorzeitig aufgelöst wird, ist die P***** berechtigt, sämtliche sonstigen mit dem Kunden bestehenden Leasingverträge zu den in dem jeweiligen Vertrag angeführten Rechtsfolgen vorzeitig aufzulösen.

2. Falls das Vertragsverhältnis von der P***** aus einem der angeführten Gründe aufgelöst wird, hat der Kunde unverzüglich einen (pauschalierten) Schadenersatz in Höhe der - zum Zinssatz der zuletzt gültigen Bankrate der Oesterreichischen Nationalbank auf den jeweiligen Barwert abgezinsten - Summe der auf die vereinbarte restliche Vertragsdauer entfallenden Leasingraten zu leisten. In diesem Fall hat die P***** dem Kunden Erlöse aus einer allfälligen weiteren Verwertung des LO (abzüglich Verwertungskosten sowie eines in diesem Vertrag angeführten kalkulierten Restwertes) nach Maßgabe des Einganges und höchstens bis zu dem vom Kunden geleisteten Ersatzbetrag gutzuschreiben. Die Art der Verwertung sowie die Beurteilung der Angemessenheit des Verwertungserlöses liegt im Ermessen der P*****. Im Interesse einer möglichst günstigen Verwertung sollte jedoch auch der Kunde bemüht sein für die P***** akzeptable Angebote über eine unverzügliche, seitens der P***** gewährleistungsfreie Verwertung mittels Barverkaufes beizubringen. Falls die Verwertung nicht mittels Verkauf sondern z.B. über einen Miet- bzw. Leasingvertrag erfolgt, ist als Verwertungserlös der von einem seitens der P***** beauftragten gerichtlich beeideten Sachverständigen ermittelte Schätzwert (Verkehrswert) anzusetzen. (Die angeführten Schadenersatzansprüche bestehen auch bei einer auf Seiten des Kunden erfolgten insolvenzrechtlichen vorzeitigen Auflösung.)"

Ab Dezember 1988 wurden die Leasingraten für den Hotelcomputer und die Schankanlage nicht mehr bezahlt. Der Zweitbeklagte teilte dem Geschäftsstellenleiter der Klägerin mit, daß er den Betrieb der erstbeklagten Partei in E***** verkaufen will, wobei auch die Schankanlage und der Hotelcomputer mitverkauft werden sollten. Der Geschäftsstellenleiter der Klägerin hatte dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden, er ging aber davon aus, daß bis zur tatsächlichen Auflösung des Leasingvertrages nach Verwertung der Leasingobjekte die Leasingraten weiter bezahlt würden. Dieses Gespräch fand einige Zeit vor dem 31.5.1989 statt. Mit der erstbeklagten Partei zugegangenem Schreiben vom 30.4.1989 mahnte die Klägerin diese unter Bekanntgabe der offenen Leasingraten. Mit Schreiben vom 16.5.1989 mahnte die Klägerin neuerlich den Leasingratenrückstand vermehrt um die Mairate unter der Bezeichnung "letzte Mahnung" und drohte an, daß bei Nichtzahlung des eingemahnten Betrages innerhalb von 14 Tagen ab Datum der Mahnung die Vertragsauflösung wegen Zahlungsverzuges und die Verrechnung von Schadenersatz sowie der Objekteinzug von der Klägerin ausgesprochen werde. Mit Schreiben vom 31.5.1989 teilte die Klägerin der Erstbeklagten (unter Bezug auf § 8 ALB) die vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages wegen Nichtbezahlung der Mietzinsraten mit und kündigte die Verrechnung von Schadenersatzansprüchen an. Mit Schreiben vom 23.6.1989 gab die Klägerin der Erstbeklagten neben dem Leasingratenrückstand von S 64.113,96 und "sonstigen Rückständen" von S 2.478,46 auch den (nicht näher aufgeschlüsselten) geforderten Schadenersatz wegen vorzeitiger Vertragsauflösung in Höhe von S 327.462,43 bekannt.

Die erstgerichtliche Feststellung, daß von dieser Vorgangsweise auch die Drittbeklagte von der Klägerin verständigt worden ist (vgl AS 132 in ON 25 = S.14 der Urteilsausfertigung), hat das Berufungsgericht nicht übernommen.

Die geleaste Anlage wurde um nur S 35.000,-- am 2.4.1991 (also während des laufenden Verfahrens) verkauft, ohne daß es zu einer weiteren, die zuvor beschriebenen Rechtsfolgen verändernden Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Beklagten gekommen wäre.

Mit der am 30.11.1989 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin letztlich den noch offenen Klagsbetrag von S 359.054,85 s.A. (der sich aus noch offenen Leasingraten in Höhe von S 64.113,96 sowie Schadenersatz von S 327.462,42 sowie aus Zinsen und Spesen in Höhe von S 2.478,46 abzüglich des Verkaufserlöses von S 35.000,-- zusammensetzt). Die zweit- und die drittbeklagte Partei seien vor der vorzeitigen Auflösung des bisherigen Vertrages ordnungsgemäß gemahnt worden.

Die Beklagten beantragen die Klagsabweisung und wenden ein, eine die Rechtsfolgen der §§ 7 f der ALB abändernde außergerichtliche Vereinbarung, insbesondere eine Stundung mit der Klägerin, getroffen zu haben. Die Klägerin sei nicht zur Verrechnung von Schadenersatz berechtigt, überdies sei das Klagebegehren unschlüssig und nicht nachvollziehbar.

Das Erstgericht verpflichtete alle Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von S 359.054,85 sA. In seiner rechtlichen Beurteilung setzte es sich mit der Zahlungsverpflichtung der drittbeklagten Partei nicht gesondert auseinander.

Das Berufungsgericht gab der noch von allen drei Beklagten erhobenen Berufung keine Folge und erklärte die Revision für unzulässig. Nach einer Beweisergänzung durch Urkundenverlesung stellte es fest, daß der Drittbeklagten keine Mahnungen zugegangen sind. Dieser Umstand stünde aber nicht dem gegen sie gerichteten Anspruch der Klägerin entgegen, weil die Drittbeklagte ja zumindest mit der Klage erfahren habe, daß der Garantiefall eingetreten sei. Der Leasingvertrag enthalte keine Warnpflicht der Klägerin gegenüber der drittbeklagten Garantin, bevor der Vertrag aufgelöst werde. Dies widerspreche auch nicht den guten Sitten. Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß die Drittbeklagte als Gesellschafterin der Erstbeklagten und Lebenspartnerin des zweitbeklagten Geschäftsführers der Erstbeklagten von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten Kenntnis gehabt haben müsse. Es habe daher der Vertrag ihr gegenüber nicht gesondert zur Auflösung gebracht werden müssen. Es erübrige sich daher auch eine Auseinandersetzung, ob für die Drittbeklagte die bei Verbrauchergeschäften vorgesehene längere sechswöchige Frist für die Vertragsauflösung einzuhalten gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die allein von der Drittbeklagten erhobene außerordentliche Revision ist teilweise berechtigt.

Mit dem Garantievertrag übernimmt der Garant eine gegenüber der Hauptschuld selbständige - und damit von ihrem Bestand unabhängige (nicht akzessorische) - Haftung für die Leistung durch einen Dritten. In dieser Selbständigkeit des Garantieversprechens liegt der dogmatische Unterschied zur Bürgschaft, die in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig (akzessorisch) ist. Im Einzelfall ist mitunter schwer feststellbar, ob die Vertragsteile eine akzessorische oder eine selbständige Sicherheit schaffen wollten (ÖBA 1991, 822). Die im Gesetz nicht ausgeformte (und daher jedenfalls atypische), teilweise von der Lehre abgelehnte Bürgschaft auf erstes Anfordern ist dadurch gekennzeichnet, daß der Bürge dem Zahlungsbegehren des Gläubigers Einwendungen aus dem gesicherten Grundverhältnis (Gläubiger-Hauptschuldner) grundsätzlich nicht entgegenhalten kann. Stellt sich hingegen nach Zahlung die fehlende Berechtigung des Gläubigers heraus, kann der Bürge den geleisteten Betrag zurückfordern. Demgegenüber ist die (dreipersonale) Garantie auf erstes Anfordern auch im Ergebnis abstrakt, sie ist vom gesicherten Grundverhältnis losgelöst; auf die Beziehungen des Garantieauftraggebers zum Begünstigten gestützte Einwendungen kommen somit regelmäßig nicht in Betracht (vgl P.Bydlinski, Moderne Kreditsicherheiten und zwingendes Recht AcP 1990, 165 ff mwN sowie Gamerith in Rummel ABGB2 § 1346 Rz 3a). Im Ergebnis stellt die Bürgschaft auf erstes Anfordern somit das Musterbeispiel einer Zwischenform von akzessorischer Bürgschaft und weitestgehend abstrakter Garantie dar (vgl P.Bydlinski aaO, 170). Bei Verkehrsgeschäften gilt nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht die Willens-, sondern die Vertrauenstheorie. Unter der gemäß § 914 ABGB zu erforschenden Absicht der Parteien ist daher nicht die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter und nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jede der vertragschließenden Parteien redlicherweise der Vereinbarung unterstellen mußten. Die Bedeutung einer Willenserklärung richtet sich daher danach, wie sie unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden mußte. Vor allem die Interessenlage ist für die Abgrenzung von Garantie und Bürgschaft von wesentlicher Bedeutung. Forderte die Interessenlage erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Stellung im Vergleich zu bloßer Bürgenhaftung, spricht das nachdrücklich für die Annahme einer Garantie (vgl Canaris, Bankvertragsrecht, Rz 1124, ÖBA 1991, 822 mwN). Während der Bürge und Zahler auch ohne gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung der Hauptschuld belangt werden kann, leistet der Garant erst, wenn der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit auf die außergerichtliche Aufforderung des Garantiebegünstigten nicht erfüllt, es sei denn, daß eine solche Aufforderung für die Inanspruchnahme der Garantie überhaupt nicht erforderlich ist (vgl ÖBA 1989, 1026). Für den Eintritt des Garantiefalls trifft den die Beweispflicht, der die Garantie in Anspruch nimmt (vgl. EvBl 1990/7 = WBl 1989, 345).

Nach dem Garantiewortlaut hatte die drittbeklagte Partei bei Inanspruchnahme nur dann zu leisten, wenn die erstbeklagte Gesellschaft ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem Vertrag nicht ordnungsgemäß nachkommt. Damit wurde eine Zwischenstufe zwischen Bürgschaft und Garantie geschaffen. Da der Bürge dem Wesen der Bürgschaft entsprechend nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Hauptschuldner leisten müßte, sind auch solche Verpflichtungen, bei denen dem Versprechenden nur bestimmte Einwendungen aus dem Grundverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger eingeräumt werden, als Garantien zu beurteilen. Wie in der Rechtsprechung mehrfach ausgesprochen wurde, muß der Begünstigte nach herrschender, auf internationalen Gepflogenheiten beruhender Auffassung die Garantie beim Garanten form- und fristgerecht in Anspruch nehmen. Diese formstrengen Anforderungen an die Inanspruchnahme einer Garantie sind aus dem Grundsatz der formellen Garantiestrenge, nach dem die Erklärung, der Garantiefall sei eingetreten, in der Weise und mit dem Inhalt abgegeben werden muß, wie dies die Garantieurkunde vorschreibt, abzuleiten. Da der Garant bei einer Garantie "auf erstes Anfordern", bei der der Begünstigte bloß behaupten muß, der Garantiefall sei eingetreten, schon um allfälligen Einwendungen des Auftraggebers im Rückgriffsweg begegnen zu können, prüfen muß, ob der Begünstigte sein form- und fristgerecht erhobenes Zahlungsbegehren eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, muß dies umso mehr dann gelten, wenn der Garant so wie im vorliegenden Fall seine Zahlungspflicht an die Erfüllung seiner der Absicherung dem Auftraggeber gegenüber dienenden Bedingung geknüpft hat. Solche Klauseln sind in Entsprechung der Grundsätze der formalen Auftragsstrenge und der - auch als Auslegungsmaxime fungierenden - Garantiestrenge ihrem Wortsinn gemäß so auszulegen, daß der Garant den Eintritt des Garantiefalls - hier also die Verletzung der vertraglich übernommenen Zahlungsverpflichtung durch die Leasingnehmerin - voll nachprüfen kann und der Begünstigte ihn voll zu beweisen hat, im übrigen aber unabhängig von Einwendungen aus dem Grundverhältnis zum Auftraggeber gezahlt werden muß (ÖBA 1993, 985). Diesem Erfordernis ist die Klägerin nach dem vorliegenden Feststellungsstand erst mit der Klagsführung nachgekommen.

Tatsächlich sieht aber die von der Drittbeklagten abgegebene Garantieerklärung zugunsten der Klägerin eine "erste Aufforderung" vor. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Klagszustellung die Zahlungsaufforderung ersetzte, trifft, wie im folgenden noch ausgeführt wird, nur hinsichtlich der Leasingraten zu, nicht aber hinsichtlich des darüber hinaus geltend gemachten Schadenersatzanspruches. Die Annahme des Berufungsgerichtes, daß die Drittbeklagte als Lebensgefährtin des Zweitbeklagten ohnedies über die Situation voll informiert gewesen sei, ist nach der vom Berufungsgericht geschaffenen Tatsachengrundlage nicht begründet. Eine derartige Kenntnis konnte auch nicht die vertraglich vereinbarte "erste Aufforderung" ersetzen. War aber die Drittbeklagte nicht oder nicht ausreichend informiert, so trifft sie kein Mitverschulden wie den Zweitbeklagten an der vorzeitigen Auflösung des Leasingvertrages, die letztlich das Schadenersatzbegehren auslöste.

Richtig ist, daß nach ständiger Rechtsprechung der Leasinggeber bei Verschulden des Leasingnehmers, das in der nicht fristgerechten Zahlung der Leasingraten besteht, zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung und zur Geltendmachung des daraus ihm entstehenden Schadenersatzes berechtigt ist (vgl zuletzt SZ 63/215). Eine Verpflichtung der Drittbeklagten zur Leistung eines derartigen Schadenersatzes ist jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Garantieversprechen, daß der Kunde sämtliche Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag ordnungsgemäß erfüllt, bezieht sich schon von seinem Wortlaut (arg.: ordnungsgemäß) her, zunächst auf die fristgerechte und vollständige Bezahlung der einzelnen Leasingraten. Aus der von der klagenden Partei übernommenen Verpflichtung, den Garanten von einem Verzug des Leasingnehmers zu verständigen, ergibt sich dadurch für den Garanten die Möglichkeit, durch die Bezahlung der (rückständigen) Leasingraten eine durch eine vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages ausgelöste Schadenersatzforderung abzuwehren. Eine solche Gelegenheit ist der Drittbeklagten aber nicht geboten worden, weil im Zeitpunkt der Klagserhebung der Leasingvertrag von der Klägerin bereits zur Auflösung gebracht worden ist. Im Gegensatz zur echten Garantie wurde daher im vorliegenden Fall nicht abstrakt die Bezahlung einer Summe bei Vorliegen urkundlich nachzuweisender Umstände unabhängig vom Valutaverhältnis garantiert, sondern erstreckte sich die Zusage der Drittbeklagten (zunächst) nur auf die jeweils zufolge verschuldeter Säumnis fällig gewordenen Ratenzahlungen des Leasingnehmers. In diesem Punkt der vorliegenden Garantieerklärung treten die Merkmale des Bürgschaftsvertrages wesentlich stärker als die der Garantie hervor, was die Heranziehung der in gleichgelagerten Fällen zu Bürgschaftsverträgen ergangenen Rechtsprechung erlaubt. In dieser wird aber einhellig die Meinung vertreten, daß der Bürge für die Folgen des Verzuges, insbesondere für Schadenersatzforderungen oder Konventionalstrafen grundsätzlich nicht zu haften hat, sofern er sich nicht für den jeweiligen Bestand der Hauptverbindlichkeit verbürgt hat (vgl Gamerith in Rummel ABGB2 § 1353 Rz 4 ff mwN). Daraus ergibt sich, daß die Drittbeklagte der Klägerin nur für den bis zur Auflösung des Leasingvertrages angewachsenen und vom Erstgericht unbekämpft mit S 64.113,96 festgestellten Leasingratenrückstand samt den ab Klagszustellung anfallenden Zinsen garantierte und daher nur diesen Betrag zu bezahlen hat. Auf diesen Betrag muß sich die Klägerin aber nicht den Verwertungserlös der Anlage anrechnen lassen, weil die Verwertung eine Folge der vom Leasingnehmer verschuldeten Vertragsauflösung war und daher in einem untrennbaren Zusammenhang mit der diesem gegenüber geltend gemachten Schadenersatzforderung steht.

Es war daher der Revision der Drittbeklagten teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf den §§ 41, 43 Abs.1 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf den §§ 43 Abs.2 und 50 ZPO. Die gegen die Drittbeklagte ursprünglich eingeklagte Forderung betrug S 494.034,85, diese wurde am 18.9.1991 auf S 359.054,85 eingeschränkt. Vom nunmehrigen Zuspruch ausgehend ist die Klägerin gegenüber der Drittbeklagten im ersten Verfahrensabschnitt nur mit 13 %, im zweiten Verfahrensabschnitt mit rund 17,5 % durchgedrungen und daher ihr gegenüber teilweise kostenpflichtig geworden. Im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren ließ sich die Drittbeklagte vom gleichen Vertreter wie die beiden Erstbeklagten vertreten und hat daher nur Anspruch auf ein Drittel der von ihr ersiegten Kosten. Diese Beschränkung gilt jedoch nicht mehr für das Revisionsverfahren.

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