OGH 10Ob511/95

OGH10Ob511/959.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Bauer, Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma G***** & Co Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer, Dr. Martin Prunbauer und Dr. Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B***** Vertriebsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,017.301,60 s. A., infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. April 1994, GZ 1 R 54/94-53, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15. November 1993, GZ 13 Cg 178/92-47, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 562.788,86 samt 8 % Zinsen aus S 89.252,15 vom 24.1. bis 11.4.1988, aus S 284.342,27 vom 12.4. bis 17.6.1988, aus S 311.460,04 vom 18.6. bis 9.7.1988, aus S 419.864,36 vom 10.7. bis 13.10.1988, 8,8 % Zinsen aus S 506.208,56 vom 14.10.1988 bis 21.1.1989, aus S 562.788,86 vom 22.1.1989 bis 31.1.1990, 9,5 % Zinsen aus S 562.788,86 vom 1.2. bis 30.4.1990, 10,25 % Zinsen aus S 562.788,86 vom 1.5. bis 13.11.1990 und 10,75 % Zinsen aus S 562.788,86 seit 14.11.1990 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei einen weiteren Betrag von S 454.512,74 samt Stufenzinsen binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Kosten aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin lieferte in ständiger Geschäftsbeziehung dem beklagten Handelsunternehmen Keramikwaren und Sanitärartikel. Am 18.11.1985 vereinbarten die Parteien Liefer- und Zahlungskonditionen, die in einem "Lieferantenstammblatt" festgehalten wurden. Danach war die Beklagte berechtigt, von den ihr in Rechnung gestellten Beträgen ab 1.4.1986 vierteljährlich einen sogenannten "Werbebonus" von 3 % für gemeinsame Werbeeinschaltungen in Abzug zu bringen. Dieser Bonus war als eine Art pauschalierter Werbekostenbeitrag gedacht, weil die Beklagte in ihren Werbeeinschaltungen auch Produkte der Klägerin bewarb. Weitere Vertragspunkte wie 5 % Skonto, Lieferung frei Haus, Lieferzeiten von maximal 10 Tagen und eine Preisgarantie wurden auf dem Lieferantenstammblatt eingetragen und von beiden Teilen unterschrieben. Hingegen wurde die zeitliche Befristung dieser Vereinbarung auf das Jahr 1986 nur mündlich vereinbart. Die Parteien wollten im nächsten Jahr die beiderseits erwartete Umsatzsteigerung neuen Verhandlungen zugrunde legen. Diese mündlich vereinbarte Befristung zunächst auf das Jahr 1986 wurde in einem am selben Tag der Klägerin übersandten Bestätigungsschreiben festgehalten, die Klägerin erhob dagegen keine Einwände. Im Jahr 1986 verlief die Geschäftsbeziehung der Streitteile unter Vollzug der Vereinbarung reibungslos. Obwohl im Jahr 1987 der Umsatz der Geschäfte zwischen der Parteien um 50 % stieg, verschlechterte sich das Gesprächsklima, weil die Beklagte bessere Liefer- und Preisbedingungen, hingegen die Klägerin Preiserhöhungen erreichen wollte. Ein Abschluß neuer Konditionsvereinbarungen wurde immer unwahrscheinlicher. Um noch weitere Aufträge, insbesondere für schwer absetzbare Sondermodelle zu erhalten, die die Klägerin seinerzeit für die Beklagte eingelagert hatte, beanstandete die Klägerin nicht, daß die Beklagte auch im Jahr 1987 weiterhin Werbeboni in Abzug brachte. Auf Anraten ihres Steuerberaters forderte die Klägerin die auf die Werbeboni entfallenden Umsatzsteuerbeträge mit Erfolg vom Finanzamt zurück. Die Klägerin unterzeichnete aber mit dem Hinweis, daß man sich erst über die neuen Konditionen einigen müsse, kein neues "Lieferantenstammblatt". Erst gegen Ende 1987 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, daß die Bonusvereinbarung mit Ende 1986 ausgelaufen sei. Schriftlich reklamierte sie diesen Umstand mit Schreiben vom 22.2.1988. Seit Beginn des Jahres 1988 kam es zu Lieferschwierigkeiten und Umsatzrückgängen. Mit Schreiben vom 19.4.1988 forderte die Klägerin sämtliche Bonusabbuchungen seit 1.1.1987 zurück. Im einzelnen hatte die Beklagte der Klägerin folgende Bonusbelastungen ausgestellt:

Belastung vom 8. 4.1987 über S 181.552,18

Belastung vom 9. 7.1987 über S 119.962,88

Belastung vom 10.10.1987 über S 152.997,68

Belastung vom 23. 1.1988 über S 89.252,15

Belastung vom 11. 4.1988 über S 195.090,12

Belastung vom 17. 6.1988 über S 27.117,77

Belastung vom 9. 7.1988 über S 108.404,32

Belastung vom 13.10.1988 über S 86.344,20

Belastung vom 21. 1.1989 über S 56.580,30

insgesamt daher S 1,017.301,60.

Mit ihrer am 14.4.1989 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung der von der Beklagten unter dem Titel "Werbebonus" getätigten Abzüge in der eben genannten Höhe samt Stufenzinsen. Die Vereinbarung, wonach die Beklagte zu solchen Abzügen berechtigt war, sei auf das Jahr 1986 befristet gewesen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Vereinbarung über den Abzug eines Werbebonus sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, lediglich die Höhe des Bonus von 3 % sei für das Jahr 1986 befristet worden. Danach sollte die Höhe der Belastungen von den jeweiligen Umsätzen abhängig sein. 1987 sei es zu einer Umsatzsteierung gekommen, weshalb sogar eine höhere Bonusbelastung vereinbart werden hätte müssen. Dennoch habe die Beklagte aus Entgegenkommen die 3 %-Regelung beibehalten. Die Klägerin habe mit ihrem Stillschweigen bezüglich der in Abzug gebrachten Bonusbeträge und auch mit der Rückforderung der Umsatzsteuer-Anteile vom Finanzamt die Forderung der Beklagten anerkannt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (mit Ausnahme eines geringen Zinsenteilbegehrens) statt. Es beurteilte den Sachverhalt rechtlich im wesentlichen dahin, daß die Bonusvereinbarung mit 31.12.1986 befristet gewesen sei. Das Schweigen der Klägerin auf die Abzüge in den Jahren 1987 und 1988 sei nicht als Anerkenntnis zu werten. Auch die Rückforderung der Umsatzsteuerbeträge, die ausschließlich dem Finanzamt zugegangen sei, habe von der Beklagten nicht als konkludente Zustimmung gewertet werden können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das gesamte Klagebegehren ab. Es verneinte das Vorliegen des gerügten Verfahrensmangels, übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis unbedenklicher Beweiswürdigung und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Der Ansicht der Beklagten, dem Schweigen der Klägerin zu den Werbebonusabzügen komme ein zustimmender Erklärungswert zu, sei beizupflichten. Dem Schweigen sei immer dann eine Willenserklärung zu unterstellen, wenn der Schweigende nach der Verkehrssitte, dem Gesetz oder dem Grundsatz von Treu und Glauben hätte reden müssen. Der Klägerin habe zumindest seit dem ersten Abzug eines Werbebonus durch die Beklagte für das erste Vierteljahr 1987 klar sein müssen, daß sie die Waren in der Weitergeltung der Bonusvereinbarung bestellt habe. Gehe einem Kaufmann ein Offert eines Kunden zu, mit dem er in Geschäftsverbindung stehe, so sei er verpflichtet, unverzüglich zu antworten; sein Schweigen gelte als Annahme des Antrages (§ 362 Abs 1 HGB). Die bestehende Geschäftsverbindung habe die Klägerin nach den Umständen des redlichen Verkehrs verpflichtet, zu den nach dem ersten Abzug des Werbebonus weiters einlangenden Bestellungen der Beklagten sofort Stellung zu nehmen und offenzulegen, daß sie nur zu Lieferungen ohne Abzug bereit sei. In der vorbehaltlosen weiteren Belieferung und der Duldung weiterer Bonusabzüge durch die Beklagte liege eine schlüssige Zustimmung der Klägerin zu der von der Beklagten gewünschten Verlängerung der Bonusvereinbarung. Die Klägerin könne sich daher nicht mehr auf die ehemals vereinbarte Befristung für das Jahr 1986 berufen. Damit bestehe der Rückforderungsanspruch nicht zu Recht.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache. Sie beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Wiederherstellung des der Klage stattgebenden erstgerichtlichen Urteils.

Die Beklagte erstattete eine - ihr freigestellte - Revisionsbeantwortung und beantragte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist - entgegen dem nicht bindenden Ausspruch im angefochtenen Urteil - zulässig, weil das Berufungsgericht teilweise von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist auch teilweise berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen allerdings nicht vor. Die Klägerin meint, das Berufungsgericht habe aktenwidrig, ohne Begründung, daher unüberprüfbar und unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes abweichend vom Erstgericht als "zentrale Grundlage der rechtlichen Beurteilung" festgestellt, daß die Beklagte die Waren im Jahre 1987 "in der Meinung der Weitergeltung" der zunächst für 1986 geschlossenen Bonusvereinbarung bestellt habe. Im Gegensatz dazu habe das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung ausgeführt, daß die vergeblichen Versuche, die Klägerin zur Unterfertigung eines neuen Lieferantenstammblattes zu bewegen, zeigten, daß die Beklagte die Existenz eines Anerkenntnisses zumindest bezweifelte. Der Einkaufsleiter der Beklagten habe auch gewußt, daß die Bonusvereinbarung 1986 abgelaufen sei.

Die mit diesen Ausführungen bemängelte Feststellung steht in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes und findet tatsächlich in den Feststellungen des Erstgerichtes keine Grundlage. Darin liegt aber kein erheblicher Verfahrensmangel: Entscheidend ist nämlich nicht, welche "Meinung" die Beklagte über die Weitergeltung des Bonusabkommens hatte, ausschlaggebend ist vielmehr, daß sie durch Fortsetzung der Bonusabzüge mittels Ausstellung von Gegenrechnungen im Jahr 1987 so handelte, als gelte die Vereinbarung weiter. Es braucht auch nicht geprüft zu werden, ob dieses Handeln sogar möglicherweise wider besseres Wissen erfolgte. Der betreffende Satz im Urteil des Berufungsgerichtes ist daher so zu verstehen, daß die Beklagte die Waren "unter Beharrung auf der Weitergeltung der Bonusvereinbarung" bestellte. Dieser Schluß ist aus dem festgestellten Sachverhalt erlaubt; welche Meinung hingegen die Beklagte hatte, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt, ist aber auch nicht rechtserheblich.

Die Rechtsausführungen der Revisionswerberin lassen sich dahin zusammenfassen, daß die Klägerin Ende 1987 telefonisch der Beklagten erklärt habe, die Bonusabzüge seien wegen Ablaufes der Vereinbarung 1986 zu Unrecht erfolgt. Nur die Bonusbelastungen vom 8.4., 9.7. und 10.10.1987 seien vor diesem Telefonat ausgestellt worden, dennoch weise das Berufungsgericht das ganze Klagebegehren ab, also auch hinsichtlich der weiteren Bonusbelastungen im Zeitraum vom 23.1.1988 bis zum 21.1.1989. Dieser Einwand ist durchaus zutreffend. Das Berufungsgericht dürfte nämlich, ohne dies allerdings klar auszusprechen, zu der Ansicht gelangt sein, daß die zunächst nur für 1986 geltende Bonusvereinbarung stillschweigend, nämlich durch widerspruchsloses Akzeptieren der drei genannten Bonusbelastungen am 8.4., 9.7. und 10.10.1987 auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Demgegenüber ist jedoch zu untersuchen, ob der Vertrag nicht nur für ein weiteres Jahr (also für das Jahr 1987) oder - was auf dasselbe hinauskommt - nur bis zu dem Ende 1987 erfolgten Widerspruch stillschweigend verlängert worden ist. Dabei ist von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen:

Das Schweigen auf ein Vertragsanbot ist grundsätzlich weder Annahme noch Ablehnung, sondern überhaupt keine Willenserklärung (Koziol/Welser, Grundriß10 I 88 mwN bei FN 22). Obwohl im Handel ein besonders starkes Bedürfnis nach rascher Klärung der Sach- und Rechtslage besteht und jede Ungewißheit im geschäftlichen Verkehr hemmend wirkt, gilt Schweigen auch im kaufmännischen Verkehr nicht generell als Zustimmung oder Annahme, sonst hätte es der Sonderregel des § 362 Abs 1 HGB nicht bedurft (Karsten Schmidt, Handelsrecht4 555 mwN; Schlegelberger/Hefermehl, HGB5 IV § 346 Rz 97, § 362 Rz 1; Canaris in Großkomm. HGB III/2 Anhang § 362 Anm 2; Schuhmacher in Straube HGB I2 § 362 Rz 1).

Das Berufungsgericht hat sich freilich zu Unrecht auf § 362 Abs 1 HGB berufen, weil diese Norm nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung nur im Bereich der "Geschäftsbesorgung" für andere gilt, nicht aber etwa für Kaufgeschäfte (Karsten Schmidt aaO 563 f; Schlegelberger/ Hefermehl aaO § 346 Rz 96, § 362 Rz 5 und 10 bis 12; Canaris aaO § 362 Anm 6 und 7; Schuhmacher aaO Rz 7 jeweils mwN) und auch nicht

analog anzuwenden ist (Canaris aaO § 362 Anm 5 und 7; 3 Ob 636/86 =

WBl 1988, 32; 5 Ob 555/87 = ÖBA 1988, 399). Anders wäre dies

höchstens, wenn man in den Werbemaßnahmen der Beklagten für die von ihr vertriebenen Produkte eine Geschäftsbesorgung für die Klägerin sehen wollte, die durch den Bonus abgegolten werden sollte. Diese Konstruktion wäre aber zu weit hergeholt: Die Werbung erfolgte ja im Interesse der Beklagten selbst und kam nur indirekt auch der Klägerin als Produzentin der Waren zugute; wirtschaftlicher Zweck waren ganz einfach Kaufpreisnachlässe von 3 % unter dem Namen "Werbebonus". Für die Klägerin konnte die B*****-Werbung nur ein Nebeneffekt ihrer Kaufverträge sein.

Auch darf - entgegen den möglicherweise so zu verstehenden Ausführungen des Berufungsgerichtes - nicht aus der Tatsache allein, daß unter den Parteien eine laufende Geschäftsverbindung bestand, ein Vertragsabschluß durch Stillschweigen hergeleitet werden. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn sich in der Geschäftsverbindung etwa der einseitige Abruf von Vertragsleistungen eingespielt hätte (Schlegelberger/Hefermehl aaO § 346 Rz 104; K. Schmidt aaO 557), wenn also das Schweigen durch die bisherigen Gepflogenheiten der Partner im Rahmen einer Geschäftsverbindung in diesem Sinn geprägt worden wäre (Canaris aaO Anhang § 362 Anm 2). Dies ist hier nicht der Fall. Auch im Handelsverkehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, ein Schweigen als Willenserklärung zu deuten, wenn auch hier eher als im bürgerlichen Recht eine solche Deutung möglich ist (Schlegelberger/Hefermehl aaO § 346 Rz 97). Im vorliegenden Fall geht es vielmehr darum, daß aus der Sicht beider Parteien Vertragsverhandlungen über die Weitergeltung oder inhaltliche Änderung der Bonusvereinbarung erforderlich waren und teilweise auch geführt wurden. Nur dann, wenn Vertragsverhandlungen einen Punkt erreicht haben, an dem beide Partner mit einem Abschluß rechnen durften, so kann in der Nichtbeantwortung des Anbots eine Annahmeerklärung gesehen werden (Schlegelberger/Hefermehl aaO § 346 Rz 104; K. Schmidt, aaO 556).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Klägerin schon im Jahr 1986 wußte, daß die Beklagte auch für die Folgejahre weiterhin Bonusabzüge anstrebte, wenngleich die Vereinbarung vorerst nur für das Jahr 1986 getroffen wurde. Die Klägerin wollte zwar überhaupt keinen Bonus zahlen (so wie vor dem Jahr 1986), wußte aber, daß die Beklagte sogar für das Jahr 1987 einen höheren Bonus anstrebte als 3 %. Der Klägerin mußte an sich seit dem ersten Einlangen einer Bonusbelastung im Jahr 1987 (nämlich vom 8.4.) klar sein, daß die Beklagte auf der Weitergeltung der alten Vereinbarung beharrte. Unter diesen besonderen Umständen hätte man von der Klägerin erwarten müssen, auf die in der Folge einlangenden Bestellungen der Beklagten mit einem Protest gegen die Abzüge zu antworten und offenzulegen, daß sie zu weiteren Lieferungen nur ohne Abzüge bereit sei. Entscheidend ist, daß die Klägerin erst Ende des Jahres 1987 gegen die Annahme protestierte, daß die Bonusvereinbarung weiter gelten sollte. Bis zu diesem Protest durfte die Beklagte aber davon ausgehen, daß die Klägerin gegen die Fortgeltung der Bonusvereinbarung auch für das Jahr 1987 im Rahmen der ständigen Geschäftsverbindung keinen Einwand erheben würde. Nach Zugang der gegenteiligen Erklärung Ende 1987 durfte allerdings die Beklagte diese Meinung nicht länger vertreten:

Die Klägerin hatte unmißverständlich offengelegt, daß sie Bonusabzüge nicht tolerieren würde und die bisherigen Abzüge sogar zurückfordere. Daraus folgt, daß der Vertrag nur für ein weiteres Jahr (1987) stillschweigend verlängert wurde, nicht aber, wovon das Berufungsgericht ausgeht, auch für die folgenden Jahre. Für die trotzdem weiterhin von der Beklagten vorgenommenen Bonusbelastungen fehlt daher eine schlüssige Vertragsgrundlage. Dies führt zu dem Ergebnis, daß die Klägerin die im Zeitraum 23.1.1988 bis 21.1.1989 vorgenommenen Bonusbelastungen in der Höhe von zusammen S 562.788,86 zurückfordern kann, nicht hingegen die im Jahr 1987 erfolgten Belastungen von S 454.512,74. In teilweiser Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen in diesem Sinne abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 ZPO iVm § 50 ZPO. Wiewohl an sich die Klägerin mit 55 % ihres Begehrens durchgedrungen und nur mit 45 % unterlegen ist, rechtfertigt dieser Prozeßausgang die Kostenaufhebung (vgl M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozeß 237 mwN bei FN 199; Fucik in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 43 mwN). Dies gilt auch für die im dritten Satz des § 43 Abs 1 ZPO genannten Gerichtsgebühren und anderen Kosten, weil sich im gegenständlichen Fall die von beiden Streitteilen getragenen Pauschalgebühren, Sachverständigen- und Zeugengebühren annähernd die Waage halten. Durch die gegenseitige Kostenaufhebung wird auch ausreichend berücksichtigt, daß die Klägerin die durch ihren Wiedereinsetzungsantrag verursachten Kosten zu tragen hätte.

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