OGH 11Os21/95

OGH11Os21/959.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gottfried R***** und andere wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten Gottfried R***** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Christa Fr*****, Margarete K*****, Roman H*****, Friedrich G***** und Thea T***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 8. November 1994, GZ 29 Vr 168/91-84, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Zehetner, der (sechs genannten) Angeklagten und der Verteidiger Dr.Broinger und Dr.Lichtl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Freispruch des Franz W***** unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Es haben in K*****

A) Gottfried R***** in der Zeit von 1.Juli 1988 bis Sommer 1990 in

zahlreichen Angriffen als Leiter der Molkereigenossenschaft K***** reg.GenmbH mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten Genossenschaftsmitglieder unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte des Milchwirtschaftsfonds durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung verfälschter Beweismittel, nämlich Vorlage von Milchübernahmebögen, deren Eintragungen über seine Veranlassung durch Streichungen, Auslackungen und Ergänzungen verändert worden waren, zu Handlungen und Unterlassungen, nämlich zu ungerechtfertigter Gewährung von Prämien für die freiwillige [Abstandnahme von der Forderung] Milchlieferrücknahme und zusätzlicher Absatzförderungsbeiträge verleitet, welche die vom Milchwirtschaftsfonds vertretene Republik Österreich mit einem Betrag von mindestens 4 Mill S am Vermögen schädigten;

B) in zahlreichen, ziffernmäßig nicht mehr feststellbaren Fällen

echte Beweismittel, nämlich Milchübernahmebögen der Molkereigenossenschaft K***** auf die zu A bezeichnete Weise verfälscht, wobei sie mit dem Vorsatz handelten, daß die Beweismittel in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren vor dem Milchwirtschaftsfonds gebraucht werden, und zwar

1. Christa F***** in der Zeit vom 1.Juli 1988 bis Oktober 1989,

2. Margarete K***** und Thea T***** in der Zeit vom 1.Juli 1988 bis Sommer 1990;

C) Roman H***** und Friedrich G***** in der Zeit vom 1.Juli 1988 bis

Sommer 1990 zur Ausführung des unter B angeführten Vergehens der Fälschung eines Beweismittels dadurch beigetragen, daß sie aus den monatlichen Abrechnungsjournalen feststellten, welche Landwirte die Richtmengen nicht ausgenutzt hatten, deren Zustimmung zu Eintragungen fremder Liefermengen im Rahmen ihrer unausgenützten Kontingente einholten und für die dadurch erforderliche interne Abrechnung zwischen den Landwirten sorgten.

Es haben hiedurch begangen

Gottfried R***** zu A das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB,

Christa F*****, Margarete K***** und Thea T***** zu B sowie Roman H***** und Friedrich G***** zu C das Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB, die beiden Letztgenannten als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall StGB, und werden hiefür zu Freiheitsstrafen, und zwar

Gottfried R***** in der Dauer von 20 (zwanzig) Monaten,

Christa F*****, Margarete K*****, Thea T*****, Roman H***** und Gottfried G***** in der Dauer von je 4 (vier) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB werden sämtliche Freiheitsstrafen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Angeklagte Gottfried R***** wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde auf diese Entscheidung verwiesen; die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft im übrigen wird verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte R***** auf die Strafneubemessung verwiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Franz W***** enthält, wurden Gottfried R***** des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB schuldig erkannt, Christa F*****, Margarete K*****, Roman H*****, Friedrich G***** und Thea T***** hingegen von der Anklage des - von Roman H***** und Friedrich G***** als Beitragstäter gemäß § 12 (dritter Fall) StGB begangenen - schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den wesentlichen - zusammengefaßt wiedergegebenen - Feststellungen des Erstgerichtes waren in den im Urteil detailliert angeführten fraglichen Deliktszeiträumen Gottfried R***** Leiter der Molkereigenossenschaft Königswiesen registrierte Genossenschaft mbH, Christa F*****, Margarete K***** und Thea T***** in der Buchhaltung beschäftigte Angestellte sowie Roman H***** und Friedrich G***** Hofberater dieser Genossenschaft.

Da sich viele Milchbauern des Genossenschaftsgebietes durch das Ausmaß der ihnen durch das Marktordnungsgesetz zugeteilten Milchlieferrichtmengen benachteiligt fühlten, traten sie an Gottfried R***** heran, ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, ohne Einkommensverlust größere als die ihnen zustehenden Milchkontingente an die Molkerei abzuliefern. Gottfried R***** beauftragte daraufhin Christa F*****, Margarete K***** und Thea T***** die Listen, in welchen die von der Molkerei übernommenen Milchmengen beurkundet waren, zu verfälschen, nämlich Teilliefermengen in das folgende Wirtschaftsjahr vorzutragen und Richtmengen überschreitende Liefermengen jenen Lieferanten gutzuschreiben, die ihre Kontingente nicht oder nicht voll ausgenützt hatten oder als sogenannte Lieferrücknehmer - unter Ausnützung der für die Verringerung der Produktion vorgesehenen Prämienregelung - mit der Übernahme von Fremdmengen einverstanden waren. Die Hofberater Roman H***** und Friedrich G***** hatten den Auftrag, entsprechende Vereinbarungen der Landwirte herbeizuführen und intern für die produktionskonforme Auszahlung des Milchgeldes Sorge zu tragen.

Die verfälschten Übernahmelisten reichte Gottfried R***** an das Rechenzentrum Linz weiter, welches auf dieser Grundlage die Auszahlung des Milchgeldes veranlaßte, ohne daß die Lieferanten den bei Anlieferung von Übermengen fälligen zusätzlichen Absatzförderungsbeitrag abzuführen hatten oder die Prämie für die freiwillige Lieferrücknahme verloren. Durch die beschriebene Vorgangsweise entstand der vom Milchwirtschaftsfond vertretenen Republik Österreich im Wirtschaftsjahr 1988/89 ein Schaden von 2,181.162,10 S und im Wirtschaftsjahr 1989/90 ein solcher von 2,668.265,55 S.

Als im Herbst 1990 eine Revision der Molkereigenossenschaft Königswiesen heranstand und eine Aufdeckung der Manipulationen befürchtet werden mußte, beauftragten die Angeklagten einen Rechtsanwalt mit der Verfassung eines Schreibens an den Milchwirtschaftsfond, in welchem sie ihr Verschulden einbekannten und volle Schadensgutmachung bis zu einer Höhe von S 6,5 Mio spätestens bis 1.Jänner 1991 zusicherten. Dieses Schreiben langte im Wege eines Telefax am 12.Oktober 1990 sowohl beim Milchwirtschaftsfond als auch beim Bundesministerium für Land- Forstwirtschaft ein. Diese Dienststellen bestätigten am 15. bzw 16.Oktober 1990 das Einlangen des Schriftstückes. Der Milchwirtschaftsfond hatte bereits am 11. Oktober 1990 eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Linz verfaßt, welche dort am 17.Oktober 1990 einlangte. Am 28.Dezember 1990 hinterlegten unter anderem die Angeklagten beim Bezirksgericht Unterweißenbach einen Bargeldbetrag von S 6,500.000,--.

Aufgrund dieses Sachverhaltes gelangte das Erstgericht in rechtlicher Beziehung zur Ansicht, daß Gottfried R***** das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 und Christa F*****, Margarete K*****, Roman H*****, Friedrich G***** sowie Thea T***** das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 Abs 2 StGB - Roman H***** und Friedrich G***** als Beitragstäter gemäß § 12 dritter Fall StGB - begangen hätten, ihnen jedoch tätige Reue gemäß § 167 Abs 2 Z 2 StGB zugute komme. Sie hätten daher nur das "verdeckte" Vergehen der Fälschung eines Beweismittels zu verantworten; insoweit lägen aber - außer bei Gottfried R***** - die Voraussetzungen des § 42 StGB vor.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch des Angeklagten R***** (bloß) wegen des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels und gegen die Freisprüche der weiteren genannten Angeklagten richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft; Gottfried R***** bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch - ebenso wie die Anklagebehörde zu seinem Nachteil - mit Berufung. Nur der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Linz kommt teilweise Berechtigung zu.

Zu Recht wendet die Staatsanwaltschaft in der Rechtsrüge (Z 9 lit b) ein, daß das Anbot der Angeklagten auf Schadensgutmachung in dem von ihrem Anwalt verfaßten Schreiben vom 12.Oktober 1990 keine (rechtzeitige) vertragliche Verpflichtung im Sinne des § 167 Abs 2 Z 2 StGB darstelle.

Dem Täter einer der im § 167 Abs 1 StGB angeführten reuefähigen Delikte, darunter auch des Betruges, kommt nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle nur dann tätige Reue zustatten, wenn er, bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren hat, wenngleich auf Andringen des Verletzten, so doch ohne hiezu gezwungen zu sein, den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht (Z 1) oder sich vertraglich verpflichtet, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit solche Schadensgutmachung zu leisten (Z 2).

Vertragliche Verpflichtung kann aber nur als eine zweiseitige - somit von der Einwilligung des Verletzten abhängige - Vereinbarung verstanden werden (JBl 1979/102). Ein Vertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das erst durch übereinstimmende Willenserklärungen (mindestens) zweier Personen zustande kommt (§ 861 ABGB). Die einleitende Willenserklärung (Anbot) ist nur ein Vorschlag, einen Vertrag bestimmten Inhalts abzuschließen. Die zweite für das Zustandekommen des Vertrages ausschlaggebende Erklärung ist eine (ausdrückliche oder schlüssige) Äußerung des anderen Teiles darüber, ob er mit dem vorgeschlagenen Abschluß einverstanden ist. Erst mit der Annahme wird das Angebot von beiden Parteien übereinstimmend zur rechtsgeschäftlichen Norm erhoben (SSt 49/24, Mayerhofer-Rieder StGB4 § 167 E 64, Koziol-Welser, Grundriß I8 S 99).

Fallbezogen lag mit dem erwähnten Schreiben des Vertreters der Angeklagten vom 12.Oktober 1990 nur ein Anbot zu einem Vertragsabschluß über die Schadensgutmachung vor. Mit Antwortschreiben vom 15.Oktober 1990 (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, 17/I) bzw 16.Oktober 1990 (Milchwirtschaftsfond 19/I) bestätigten die Behörden lediglich das Einlangen des Schreibens, wobei eine förmliche Annahme deshalb unterblieb, weil zum damaligen Zeitpunkt das genaue Schadensausmaß noch nicht eruierbar war (US 23).

Daraus ergibt sich aber entgegen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes, daß rechtzeitig eine vertragliche, also auf zweiseitiger Willenserklärung beruhende (zumindest konkludente) Vereinbarung nicht zustande kam, sondern eben nur ein durch das Einlangen beim präsumtiven Vertragspartner verbindliches Angebot vorlag. Daran vermag auch die weitere Feststellung, "eine Schadensgutmachung als Bundesabgabenbehörde abzulehnen, wäre völlig ausgeschlossen gewesen" (US 23), nichts zu ändern, da sich dies nur auf eine tatsächliche, nicht aber auf eine nur angebotene Schadensgutmachung bezieht (siehe insbesondere Aussage des Zeugen Dr.Wolfgang B***** 93/IV). Eine förmliche Annahme des Anbots wurde von den Zeugen Dr.Wolfgang B***** und Dr.Franz A***** jedenfalls in Abrede gestellt (91 ff, 95 ff/IV).

Unzutreffend ist auch der vom Erstgericht gezogene Schluß, einem bei einer Abgabenbehörde tätigen Beamten fehle schon "begrifflich" die Kompetenz zur vertraglichen Regelung, weil er auf Abgabeforderungen nicht verzichten dürfe. Eine "vertragliche Verpflichtung" im Sinne des § 167 Abs 2 Z 2 StGB erfordert nämlich eine Verpflichtung zur vollen Schadensgutmachung und eine Willenseinigung über die genauen Modalitäten des Ersatzes zwischen den Vertragsteilen. Warum dazu eine entsprechende Willenserklärung seitens eines Beamten einer Abgabenbehörde - allenfalls nach interner Abklärung und Ermächtigung (wie zB im Insolvenzverfahren durchaus üblich) hier nicht in Betracht kommen sollte, ist nicht nachvollziehbar.

Dem Charakter der tätigen Reue als Ausnahmeregelung kann jedenfalls nur durch strenge restriktive Interpretation der gesetzlichen Voraussetzungen Rechnung getragen werden. Es lag somit eine vertragliche Verpflichtung zur Schadensgutmachung nicht vor, sodaß den Angeklagten tätige Reue nicht zugute kommt, zumal der tatsächliche Erlag des Schadensbetrages erst am 28.Dezember 1990 erfolgte, also zu einem Zeitpunkt, als die Staatsanwaltschaft vom Verschulden der Angeklagten bereits durch die ihr am 17.Oktober 1990 zugegangene Anzeige des Milchwirtschaftsfonds Kenntnis erlangt hatte (5/I).

Dessen ungeachtet ist aber das vom Erstgericht festgestellte Verhalten nur Gottfried R***** als das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB anzulasten. Nur hinsichtlich dieses Angeklagten hat nämlich das Erstgericht neben dem Täuschungsvorsatz auch die (weiteren) subjektiven Tatbestandserfordernisse, nämlich ein Handeln (auch) mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz, als erwiesen angenommen, während es bei den übrigen Angeklagten letztlich zur Überzeugung gelangte, daß diese ohne "Schädigungs- und Bereicherungsabsicht" handelten (US 28). Da dies von der Staatsanwaltschaft (in ihrem Rechtsmittel) nicht bekämpft wurde, ist ein Schuldspruch der (fünf) Mitangeklagten wegen Betruges nicht (mehr) möglich.

Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft aber, soweit sie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 StGB bei den Angeklagten Christa F*****, Margarete K*****, Roman H*****, Friedrich G***** und Thea T***** in bezug auf das Vergehen der Fälschung eines Beweismittels bekämpft.

Dieser Straflosigkeitsgrund setzt voraus, daß alle im § 42 StGB angeführten materiellen Voraussetzungen vorliegen; nur dann mangelt es an der Strafwürdigkeit der Tat. Fehlt auch nur eine von ihnen ist die Tat strafbar (Leukauf-Steininger Komm3 § 42 RN 43). Ohne daß auf die Frage der Schuld der Angeklagten näher eingegangen werden muß, sprechen vorliegend jedenfalls schon generalpräventive Gründe gegen die Anwendung des § 42 StGB. Eine Bagatellisierung der hier aktuellen, durch eine Vielzahl von Angriffen geprägten strafbaren Handlungen, die in der Öffentlichkeit bereits als "Skandal" bezeichnet wurden, könnte den Eindruck entstehen lassen, strafbare Handlungen, - wie etwa "Subventionsbetrug" - die letztlich "nur" einen Schaden des Staates bewirken, seien nicht als besonders gravierend zu beurteilen. Die Anwendung des § 42 StGB ist demnach vorliegend nicht geeignet, eine entsprechende abhaltende Wirkung bei anderen potentiellen Tätern zu erzeugen, die Bestrafung daher zur Erhaltung und Stärkung der allgemeinen Normentreue geboten.

In diesem Umfang war daher der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben und der Angeklagte R***** mit seiner Beschwerde darauf zu verweisen. Zu letzterer ist nur der Vollständigkeit halber noch zu bemerken, daß es sich bei Hinterziehung von (zusätzlichen) Absatzförderungsbeiträgen um kein Finanzvergehen im technischen Sinn handelt und die Strafbestimmung des § 88 MOG bei Begehung auf betrügerische Weise einer Anwendung (hier) der §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 StGB nicht entgegensteht. Nach § 1 FinStrG sind Finanzvergehen die in den §§ 33 bis 52 mit Strafe bedrohten Taten (Handlungen oder Unterlassungen) natürlicher Personen sowie auch andere ausdrücklich mit Strafe bedrohte Taten, wenn sie in einem Bundesgesetz als Finanzvergehen oder als Finanzordnungswidrigkeiten bezeichnet sind. Diese Voraussetzungen treffen auf die Bestimmung des § 88 MOG, anders als auf jene des § 116 MOG (idFd Nov BGBl 1994/664 betreffend die Ein- oder Ausfuhr von Marktordnungswaren ohne die erforderlichen Papiere), die ausdrücklich als Finanzvergehen determiniert ist, nicht zu. Zur Frage der Eignung einer inhaltlich unrichtigen Urkunde als falsches Beweismittel im Sinne des § 293 Abs 1 StGB und damit auch als qualifikationsbegründendes Täuschungsmittel beim Betrug aber genügt der Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994, AZ 13 Os 81/83 - verstärkter Senat (EvBl 1995/21), wonach echte Urkunden mit unwahrem Inhalt (sogenannte Lugurkunden) Deliktsobjekte des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 StGB und überdies zufolge Identität des Beweismittelbegriffes auch qualifikationsbegründendes Täuschungsmittel nach § 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB sind. Schließlich vermag der Umstand, daß mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8.März 1991 jene Vorschriften des Marktordnungsgesetzes, welche die Einzelrichtmengen für Milchlieferungen betreffen, als verfassungswidrig erklärt und (mit Ablauf des 29.Feber 1992) aufgehoben wurde, die Strafbarkeit des Verhaltens des Angeklagten im Tatzeitpunkt nicht nachträglich zu beseitigen.

Bei der beim Angeklagten R***** erforderlichen Strafneubemessung und der Strafbemessung bei den Angeklagten F*****, K*****, H*****, G***** und T***** wertete der Oberste Gerichtshof bei sämtlichen Angeklagten als erschwerend die Fortsetzung der strafbaren Handlungen durch einen längeren Zeitraum, beim Angeklagten R***** überdies den hohen Schaden, die Anstiftung mehrerer Personen zu strafbaren Handlungen und die zweifache Qualifikation der Tat, als mildernd hingegen bei allen Angeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Geständnis, und den Umstand, daß sie keinen persönlichen Vorteil aus den strafbaren Handlungen zogen, bei den Angeklagten F*****, K*****, H*****, G***** und T***** überdies die Tatbegehung unter Einwirkung des Angeklagten R*****, zu dem sie in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis standen.

Davon ausgehend erweisen sich die verhängten Freiheitsstrafen als tat- und tätergerecht; sie konnten, da die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachgesehen werden. Der Verhängung von Geldstrafen standen insbesondere generalpräventive Gründe entgegen.

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte R***** waren mit ihren Berufungen auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Stichworte