OGH 9ObA54/95

OGH9ObA54/9526.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Prohaska und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Eduard E*****, Vertragsbediensteter (Musiklehrer), ***** vertreten durch Univ.Doz.Dr.Bernd A.Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Land Tirol, vertreten durch die Tiroler Landesregierung, diese vertreten durch Dr.Jörg Lindpaintner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 120.000 S), infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.November 1994, GZ 5 Ra 186/94-23, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.Juli 1994, GZ 47 Cga 288/93y-17, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.337,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.056,30 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 1.Oktober 1977 als Lehrer für Violine am Konservatorium Innsbruck tätig. Diese Lehranstalt wurde bis August 1990 von der Stadt Innsbruck betrieben. Mit Bescheid des Einigungsamtes Innsbruck vom 5.Mai 1986, GZ Re 10/86-4, wurde ausgesprochen, daß diese Musiklehranstalt ein dem II.Teil des ArbVG unterliegender Betrieb im Sinne des § 34 Abs 1 ArbVG sei. Diese Entscheidung wurde damit begründet, daß es für die Personalvertretung der Bediensteten der Stadt Innsbruck keine gesetzliche Regelung gebe. Mit Vereinbarung vom 16.Juli 1990, abgeschlossen zwischen der Stadt Innsbruck und dem nunmehr beklagten Land Tirol, wurde das Konservatorium ab 1.September 1990 vom Land Tirol als Schulerhalter einschließlich des Personals übernommen. Es wird vom beklagten Land als Rechtsträger und Schulerhalter in Form einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht geführt. Der Kläger ist nunmehr Vertragsbediensteter des Landes. Am 27. und 28.April 1992 fand eine Personalvertretungswahl statt, gegen deren Durchführung der bisherige Vorsitzende des Betriebsrates des Konservatoriums protestierte.

Mit 1.September 1980 war der Kläger befristet auf ein Jahr zum Vorstand der Fachgruppe "Streich- und Saiteninstrumente" bestellt worden. Diese Funktion wurde dem Kläger dann wieder auf ein Jahr und danach wiederholt jeweils auf zwei Jahre befristet verlängert. Mit Erklärung der Tiroler Landesregierung vom 17.Oktober 1991 wurde der Kläger neuerlich vom 1.September 1990 bis 31.August 1992 zum Leiter dieser Fachgruppe bestellt. Für die Dauer dieser Bestellung wurde dem Kläger eine Mehrleistungszulage von 10 % gewährt. Mit Schreiben der beklagten Partei vom 11.September 1992 wurde dem Kläger mitgeteilt, daß seine Funktion als Abteilungsleiter mit 30.September 1992 ende. Mit diesem Zeitpunkt wurde dem Kläger auch die 10 %ige Zulage entzogen. Zum Leiter der Fachgruppe wurde ein anderer Lehrer bestellt.

Nach dem Statut des Konservatoriums hat es neben bzw in Verbindung mit der fachlichen Ausbildung auch die Festigung der charakterlichen Anlagen der Schüler und Studierenden in sittlicher Hinsicht anzustreben (§ 1 Abs 3). Gemäß § 2 des Statuts umfassen die Lehraufgaben des Konservatoriums:

1. die Vermittlung praktisch-künstlerischer Fähigkeiten bis zur höchsten Stufe;

2. die Vermittlung pädagogischer Kenntnisse und Fähigkeiten in den dafür in Betracht kommenden Studienrichtungen;

3. die Unterrichtserteilung zu allen der Kunstausübung erforderlichen theoretischen Dsiziplinen;

4. die Entwicklung der geistigen und moralischen Anlagen der Schüler und Studierenden zu einem hohen Ethos künstlerischer Aufgabenerfüllung.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß er im Rahmen seines Dienstverhältnisses zur beklagten Partei die Funktion eines Abteilungsleiters der Fachgruppe Streich- und Saiteninstrumente am Tiroler Landeskonservatorium ausübe. Mit der Übernahme des Konservatoriums durch die beklagte Partei sei die Funktion des Betriebsrates nicht erloschen. Der Entzug der Funktion des Abteilungsleiters sei mangels Zustimmung des Betriebsrates unwirksam.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der II.Teil des ArbVG komme auf das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht zur Anwendung. Die beklagte Partei beantragte weiters mit Zwischenantrag die Feststellung, daß das Tiroler Landeskonservatorium seit 1.September 1990 kein dem II.Teil des ArbVG unterliegender Betrieb im Sinn des § 34 Abs 1 ArbVG sei und von der Anwendung des II.Teiles des ArbVG ausgenommen sei.

Das Erstgericht wies sowohl den Zwischenantrag auf Feststellung als auch das Klagebegehren ab. Der II.Teil des ArbVG sei aufgrund der Ausnahmebestimmungen des § 33 Abs 2 Z 2 und 4 ArbVG auf das Landeskonservatorium nicht anzuwenden. Das Feststellungsbegehren sei abzuweisen, weil sich die von der beklagten Partei aufgeworfene Frage der Bindungswirkung der Entscheidung des Einigungsamtes nach dem dreifach gegliederten Geltungsbereich des II.Teiles des ArbVG nicht stelle.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß der Feststellungsantrag zurückgewiesen wurde und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt. Die Frage einer Bindung an die Entscheidung des Einigungsamtes über das Vorliegen eines Betriebes im Sinne des § 34 Abs 1 ArbVG stelle sich nicht, weil diese Bestimmung gar nicht anzuwenden sei, wenn gemäß § 33 ArbVG der II.Teil des ArbVG insgesamt nicht zur Anwendung komme. Für die Frage der Geltung des II.Teiles des ArbVG auf das Landeskonservatorium sei entscheidend, ob es eine Unterrichts- und Erziehungsanstalt im Sinne des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG sei. Mit diesem Begriff seien im üblichen Sprachgebrauch Schulen gemeint. Nach § 2 Abs 1 PrivatschulG seien Schulen Einrichtungen, in denen eine Mehrzahl von Schülern nach einem festen Lehrplan unterrichtet werde und in denen neben allgemein bildenden oder berufsbildenden Kenntnissen auch ein erzieherisches Ziel angestrebt werde. Da dem Tiroler Landeskonservatorium das Öffentlichkeitsrecht verliehen worden sei, handle es sich um eine Unterrichts- und Erziehungsanstalt im Sinne des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG. Nach Art 14 Abs 1 B-VG sei das Schulwesen - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Schulen - in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Ein Bundesland könne daher im hier maßgeblichen Bereich eine Schule nur als Privatschule betreiben. Nach § 4 Abs 3 SchulorganisationsG müßten öffentlich-rechtliche Schulerhalter von Privatschulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung allerdings die allgemeine Zugänglichkeit ihrer Schulen gewährleisten. Daraus könne der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, daß eine von einem Bundesland erhaltene Schule öffentlich zugänglich sein müsse. Dazu komme, daß das Konservatorium aufgrund eines Bescheides des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattet und damit gemäß § 13 Abs 1 PrivatschulG hinsichtlich seiner Zeugnisse öffentlichen Schulen gleichgestellt sei. Die Geltung des Bundespersonalvertretungsgesetzes (im folgenden: PVG) als weiteres Begriffsmerkmal für die Ausnahmebestimmung des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG fehle allerdings. Die enge Formulierung des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG, die lediglich auf den Geltungsbereich des PVG abstelle, sei in der damaligen Verfassungslage begründet. Durch die nach dem Inkrafttreten des ArbVG beschlossenen B-VG Novellen 1974 und 1981 sei eine Änderung der Kompetenzen hinsichtlich Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiete der Personalvertretung erfolgt. Der Bund sei nur mehr für das Personalvertretungsrecht für Bundesbedienstete zuständig, während für Bedienstete der Länder und Gemeinden nach Art 21 B-VG in der neuen Fassung nunmehr die Länder zuständig seien. Dieser geänderten Verfassungslage sei aber das ArbVG nicht angepaßt worden, weshalb eine planwidrige Gesetzeslücke entstanden sei, da der Gesetzgeber die durch Personalvertretungsrecht geschützten Dienstnehmer aus dem Geltungsbereich des ArbVG ausnehmen wollte. Es sei daher für die Geltung der Ausnahmsbestimmung nicht nur darauf abzustellen, ob für die Unterrichtungsanstalt das PVG gelte, sondern auch darauf, ob ein gleichartiges Landespersonalvertretungsgesetz anzuwenden sei. Es sei daher zu prüfen, ob das Tiroler Landespersonalvertretungsgesetz (im folgenden Tiroler LPVG) auf das Landeskonservatorium anzuwenden sei. Es gelte gemäß seinem § 1 Abs 1 für alle in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Personen, die an einer Dienststelle tätig seien. Ausgenommen vom Geltungsbereich des Gesetzes seien nach seinem § 1 Abs 2 Bedienstete, die in einem Betrieb tätig seien. Damit entspreche der Landesgesetzgeber der bundesverfassungsrechtlichen Einschränkung seiner Kompetenz zur Regelung des Personalvertretungsrechtes von Personen, die in Betrieben im Sinne des Art 21 Abs 2 B-VG beschäftigt seien. Der Betriebsbegriff nach § 1 Abs 2 des Tiroler LPVG sei daher in Übereinstimmung mit dem Betriebsbegriff des Art 21 Abs 2 B-VG zu sehen, der im Gegensatz zum organistorischen Betriebsbegriff des § 34 Abs 1 ArbVG einen sachbezogenen Inhalt habe. Unter Berücksichtigung der Gesamtregelung des Art 21 B-VG ergebe sich, daß Betriebe gemäß Abs 2 dieser Bestimmung nur solche im Sinne eines Wirtschaftsbetriebes seien. Betriebe seien demnach weder Behörden, noch Ämter, noch sonstige Organisationseinheiten von Landesbediensteten, deren Aufgaben nicht im wirtschaftlichen Bereich, sondern in der Erfüllung von Staatsaufgaben hoheitlicher oder kultureller Bedeutung liege. Demnach seien im Sinne dieser Verfassungsbestimmung weder Museen noch Bibliotheken noch Schulen als Betriebe anzusehen. Die zweite in § 1 Abs 2 des Tiroler LPVG enthaltene Ausnahmsbestimmung beziehe sich auf Lehrer in öffentlichen Pflichtschulen und öffentlichen land- und fortwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen. Damit entspreche das Tiroler LPVG der Kompetenzeinschränkung, die sich aus den Art 14 und 14a B-VG ergebe. Aus der Aufzählung bestimmter Schulen in der lit b des § 1 Abs 2 des Tiroler LPVG ergebe sich damit ebenfalls, daß Schulen grundsätzlich nicht als Betriebe, sondern als Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes anzusehen seien, weil sonst die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 lit b nicht erforderlich gewesen wäre. Schließlich regle § 1 Abs 3 des Tiroler LPVG analog § 34 ArbVG die organisatorische Seite dessen, was als Dienststelle im Sinne des Gesetzes zu verstehen sei, nämlich nur solche Verwaltungsstellen, die nach ihrem organisatorischen Aufbau eine verwaltungsmäßige und betriebstechnische Einheit bildeten. Der Begriff einer Verwaltungsstelle in dieser Gesetzesbestimmung sei nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Verwaltungsstelle im Sinne des § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG, weil dort die in Z 4 genannten Schulen von vorneherein ausgenommen seien, während in § 1 Abs 3 des Tiroler LPVG, wie sich aus der Regelung des § 1 Abs 2 dieses Gesetzes ergebe, die Schulen mitumfaßt seien. Es sei daher für das Vorliegen einer Dienstbzw Verwaltungsstelle im Sinne des Tiroler LPVG nicht erforderlich, daß es sich um eine im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig werdende Stelle handle. Die sich aus dem Öffentlichkeitsrecht des Landeskonservatoriums ergebenden Befugnisse nach § 13 PrivatschulG, nämlich Zeugnisse mit Beweiskraft öffentlicher Urkunden auszustellen, Prüfungen abzunehmen und Anwärter für das Lehramt in dieses einzuführen, rechtfertigten zusätzlich die Unterstellung des Konservatoriums unter die Regelungen des Tiroler LPVG und nicht unter die des für Wirtschaftsbetriebe konzipierten ArbVG. Dies werde auch dadurch untermauert, daß die in Österreich von Gebietskörperschaften geführten Konservatorien nach der Rechtslage weitgehend - insbesondere im Studienförderungsrecht und bei der Anrechnung von Studienzeiten (gemäß § 55 KunsthochschulG) - den Kunsthochschulen gleichgestellt seien. Der II.Teil des ArbVG und damit auch die Bestimmung des § 101 ArbVG, auf die der Kläger sein Begehren stütze, gälten daher für das Konservatorium nicht.

Lediglich für eine Übergangsfrist bis zur Wahl der Personalvertretung könne bei verfassungskonformer Auslegung von einer Weitergeltung der bisherigen Rechtslage ausgegangen werden. Art III der B-VG-Novelle 1981, mit der Art 21 Abs 2 B-VG neu gefaßt worden sei, bestimme, daß bundesgesetzliche Vorschriften in Angelegenheiten, die nach der neuen Regelung in die Zuständigkeit der Länder fielen, als Bundesgesetze solange in Kraft blieben, als nicht eine vom Land erlassene Regelung der Angelegenheiten in Kraft getreten sei. Eine analoge Übergangsbestimmung habe auch die B-VG-Novelle 1974 in Art XI Abs 2 enthalten. Die Länder hätten bei Regelung dieser Angelegenheiten darauf Bedacht zu nehmen, daß bis zur Wahl von Personalvertretungen bestehende betriebliche Vertretungen der Bediensteten in Funktion blieben. Wende man diese Übergangsbestimmungen auf den Übergang des Konservatoriums aus dem Bereich, in dem mangels eines Personalvertretungsrechtes das ArbVG anzuwenden gewesen sei, in den Bereich des Landes an, für welches ein Personalvertretungsrecht bestehe, könne die Funktion des vorher gewählten Betriebsrates nur bis zur Wahl der Personalvertretung nach dem Tiroler LPVG, also bis 28. April 1992, aufrechtgeblieben sein. Im Zeitpunkt der Beendigung der Funktion des Klägers als Abteilungsleiter am 1.Oktober 1992 habe aber bereits eine nach dem Tiroler LPVG gewählte Personalvertretung bestanden.

Der Feststellungsantrag sei zurückzuweisen, weil die darin relevierte Frage nicht Gegenstand eines Verfahrens zwischen dem Dienstgeber und einzelnen Dienstnehmern sein könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Nichtigkeit liegt nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers erfaßt die bindende Wirkung des Bescheides des Einigungsamtes Innsbruck vom 5.Mai 1986 nicht die Beurteilung der Frage der Anwendbarkeit des II.Teiles des ArbVG. Wenn der Revisionswerber auf § 34 Abs 2 ArbVG verweist, wonach die Entscheidung des Einigungssamtes solange bindende Wirkung habe, bis sich die Verhältnisse wesentlich geändert hätten und dies in einem neuerlichen Verfahren nach § 34 Abs 2 Satz 1 ArbVG festgestellt worden sei, ist ihm zu erwidern, daß es im vorliegenden Fall nicht um eine organisatorische, den Betriebsbegriff im Sinne des § 34 Abs 1 ArbVG berührende Änderung der Verhältnisse geht, sondern um eine Änderung, die die im Bescheid des Einigungsamtes lediglich als Vorfrage für die Zulässigkeit der Feststellung der Betriebseigenschaft - wegen des Fehlens eines auf die damalige Schulerhalterin Stadtgemeinde Innsbruck anzuwendenden, dem PVG adäquaten Personalvertretungsrechtes - bejahte Anwendbarkeit des II.Teiles des ArbVG betrifft. Die in § 34 Abs 2 Satz 2 ArbVG normierte Bindungswirkung erfaßt lediglich die vom Einigungsamt im Rahmen der Entscheidung nach § 34 Abs 2 Satz 1 ArbVG entschiedene Hauptfrage, ob eine bestimmte Arbeitsstätte ein Betrieb im Sinne des § 34 Abs 1 ArbVG ist (siehe auch Strasser in Floretta-Strasser Handkomm ArbVG 208), nicht aber auch die vom Einigungsamt im Rahmen der Begründung dieser Entscheidung beurteilte Vorfrage der Anwendbarkeit des II.Teiles des ArbVG.

Der behauptete Verstoß gegen die Bindungswirkung des Bescheides des Einigungsamtes vom 5.Mai 1986 liegt daher nicht vor.

Soweit sich der Revisionswerber gegen die Qualifikation des Konservatoriums als Dienststelle im Sinne des § 1 Abs 1 und 3 des Tiroler LPVG und gegen die analoge Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG wendet, ist ihm folgendes zu erwidern:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Tiroler Landesberufsschulheime betreffenden Entscheidung 9 ObA 246/94 ausgesprochen hat, ist aus dem rechtssystematischen Zusammenhang zwischen den Ausnahmstatbeständen des § 33 Abs 2 Z 2 und Z 4 ArbVG zu folgern, daß öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten unter der dort angeführten Bedingung jedenfalls - ohne Rücksicht darauf, ob sie ihrer rechtlichen oder organisatorischen Struktur nach Merkmale einer "sonstigen Verwaltungsstelle" aufweisen - allein aus dem Grund des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG vom Anwendungsbereich des ArbVG ausgenommen sind. Hinsichtlich des Vorliegens einer Unterrichts- und Erziehungsanstalt ist von einem weiten Erziehungsbegriff auszugehen. Dieser umfaßt jede planmäßige Einwirkung auf die Entwicklung des Menschen im Sinne einer Unterstützung und Förderung, aber auch die Beeinflussung der Persönlichkeitsentwicklung sowie jeglichen Unterricht oder jegliche Ausbildung, gleichgültig, ob in allgemeiner oder fachlicher Hinsicht. Das Konservatorium entspricht bei Bedachtnahme auf die ihm nach seinem Statut obliegenden Aufgaben (neben fachlicher Ausbildung auch die Festigung der charakterlichen Anlagen der Schüler und Studierenden in sittlicher Hinsicht) diesen Voraussetzungen. Eine Unterrichts- und Erziehungsanstalt ist im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn öffentlich, wenn sie - wie das Konservatorium - von einer Gebietskörperschaft geführt wird (siehe Strasser aaO 196; Schrammel, Das Sonderrecht der Gebietskörperschaften auf dem Prüfstand, ZAS 1988, 187 ff [193]; Thienel, öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, 190; Schragel, Handkommentar zum PVG § 1 Rz 6; VwSlg 9313 A = Arb 9584). Öffentliche Unterrichts- und Erziehungsanstalten sind nur dann vom Geltungsbereich des ArbVG ausgenommen, wenn sie der Geltung des (Bundes-)PVG unterliegen. Das ArbVG statuiert damit den Vorrang dieses Gesetzes als lex specialis. Diese umfassende Bundeskompetenz ist allerdings seit dem Inkrafttreten der B-VG-Novellen 1974 und 1981 sowie der Schulverfassungs-Novelle 1975 nicht mehr gegeben. Die betriebliche Vertretung der in landeseigenen Unterrichts- und Erziehungsanstalten beschäftigten Personen obliegt nur mehr im Rahmen der Art 14 und 14a B-VG dem Bund. Nur für diese landeseigenen Anstalten kann der Bund daher den Vorrang des Bundespersonalvertretungsrechtes statuieren. Alle anderen landes- und gemeindeeigenen Anstalten würden damit dem ArbVG unterliegen. Dies wäre aber mit der Kompetenzverteilung auf dem Gebiet des Betriebs- und Personalvertretungsrechtes nicht vereinbar (vgl Schrammel aaO 193; Cerny in Cerny/Haas-Laßnigg/B.Schwarz, ArbVG Band 2 § 33 Erläuterung 1). Unterrichts- und Erziehungsanstalten der Länder und Gemeinden können daher nicht mehr in den Geltungsbereich des ArbVG fallen, wenn das Land entsprechende Personalvertretungsvorschriften erlassen hat.

Soweit das ArbVG, auf das § 1 Abs 1 des Tiroler LPVG verweist, auf dieses zurückverweist und sich damit wieder auf § 1 Abs 1 dieses Gesetzes bezieht, muß dies auch im Verhältnis der Abs 1 und 2 des § 1 des Tiroler LPVG gelten. Andernfalls wären zufolge § 1 Abs 3 des Tiroler LPVG die Ausnahmstatbestände des § 33 Abs 2 ArbVG auf den § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG reduziert. Liegt daher der Ausnahmetatbestand des § 33 Abs 2 Z 4 ArbVG vor, kann dem nicht entgegengehalten werden, es handle sich dennoch um einen Betrieb im Sinne der §§ 33 Abs 1 und 34 Abs 1 ArbVG bzw des § 1 Abs 2 lit a des Tiroler LPVG (vgl VwSlg 9313 A = Ab 9584).

Soweit sich der Revisionswerber schließlich gegen die Auffassung wendet, mit der Wahl der Personalvertretung sei die Funktion des beim Konservatorium bestehenden Betriebsrates beendet worden, ist er auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist dem Hinweis des Revisionswerbers auf die Betriebsübergangsrichtlinie der EU noch zu erwidern, daß der gegenständliche Betriebsübergang zu einem Zeitpunkt stattfand, als dieser Richtlinie für den österreichischen Rechtsbereich noch keine Bedeutung zukam.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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