Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.
Text
Begründung
Der Antragsteller behauptet, dem Antragsgegner für die Weitergabe seines Mietrechtes am Reihenhaus R*****gasse 7 in Wien eine Ablöse von S 424.000,- gezahlt zu haben, wovon nur S 171.000,- durch den Wert übergebener Gegenstände gedeckt gewesen seien. Er hat daher vom Antragsteller gemäß § 27 Abs 3 MRG iVm Abs 1 Z 1 leg cit die Rückzahlung von S 253.000,- s.A. verlangt.
Die Schlichtungsstelle der Gemeinde Wien (Magistratisches Bezirksamt für den ***** Bezirk) gab dem Sachantrag mit Bescheid vom 10.9.1992 statt. Die betreffende Entscheidung wurde dem Antragsgegner am 1.10.
1992 zugestellt, der daraufhin mit Schriftsatz vom 15.10.1992 das
Gericht anrief. Nach der Aktenlage wurde dieses Schriftstück am
15.10.1992 zur Post gegeben und langte - ohne Beilagen - beim
Erstgericht am 16.10.1992 ein; auf der noch vorhandenen Fotokopie der
Eingabe ist die Rückstellung (des Originals) an den Vertreter des
Antragsgegners zur Verbesserung "i.S. § 40 (3) MRG" verfügt. Ein
Abfertigungsvermerk zu dieser Verfügung fehlt, doch befindet sich ein
Rückschein im Akt, der die Übernahme eines Schriftstückes "GZ 7 Msch
31/92 Org z Vb zr" durch eine Arbeitnehmerin des
Antragsgegnervertreters bestätigt.
Mit Beschluß vom 3.3.1993 wies das Erstgericht die Anrufung des Gerichtes durch den Antragsgegner gegen die bereits erwähnte Entscheidung der Schlichtungsstelle als verspätet zurück, weil der Antragsgegner dem Verbesserungsauftrag innerhalb der ihm gesetzten 14-tägigen Frist nicht entsprochen habe.
Der dagegen vom Antragsgegner erhobene Rekurs blieb erfolglos. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Zurückweisung der Anrufung des Gerichtes aus folgenden Erwägungen:
Die Ausführungen des Antragsgegners, wonach ihm niemals ein Verbesserungsauftrag erteilt worden sei, stünden im Widerspruch zur Aktenlage. Aus einem Aktenvermerk des Erstrichters vom 15.2.1994 (AS 43) ergebe sich nämlich, daß die Anrufung des Erstgerichtes durch den Antragsgegner mittels Fernkopie erfolgt sei, die seinem Vertreter im Original zur Verbesserung binnen 14 Tagen durch Unterfertigung
zurückgestellt worden sei. Versehentlich habe man - was zweckmäßig,
aber nicht zwingend erforderlich gewesen wäre - keine Kopie dieses Antrages für den Akt angefertigt. Der Aktenvermerk stehe im Einklang mit dem an ON 1 gehefteten Zustellnachweis sowie mit dem dazugehörigen (undatierten) Aktenvermerk, wonach der am 16.10.1993 (richtig: 1992) eingelangte "Originalantrag" dem Antragsgegnervertreter zur Verbesserung zurückgestellt worden sei; die Zustellung dieses Verbesserungsauftrages sei am 29.10.1993 (richtig: 1992) erfolgt.
Entgegen der Rechtsansicht des Antragsgegners sei der
Verbesserungsauftrag zu Recht ergangen. Gemäß § 75 Z 3 ZPO, der
gemäß § 37 Abs 3 MRG iVm § 4 Abs 3 AußStrG auch im
wohnrechtlichen Außerstreitverfahren gelte, habe nämlich jeder
Schriftsatz, somit auch die Anrufung des Gerichtes gemäß § 40 MRG,
die Unterschrift der Partei selbst oder ihres Vertreters zu
enthalten. Eingaben per Telefax seien zwar aufgrund der analog
anzuwendenden § 89 Abs 3 GOG und § 60 Geo (vgl 1 Ob 525/93
mit Hinweis auf 3 Ob 569/92) zulässig und wahrten die 14-tägige Frist
des § 40 Abs 1 MRG; sie seien aber nur wirksam, wenn ein
formgerechter, unterfertigter Schriftsatz nachfolge, wobei das Gericht zur Verbesserung eine Frist zu setzen habe (vgl EvBl 1977, 496). Da der Antragsgegner dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen sei, habe das Erstgericht den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht zutreffend als zur geschäftlichen Behandlung ungeeignet zurückgewiesen (Fasching, ZPR2, Rz 515).
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Hinweis auf die verwertete höchstgerichtliche Judikatur.
Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs (der im Hinblick auf die
Verlängerung der Rechtsmittelfrist durch den mittlerweile
abgewiesenen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe fristgerecht
erhoben wurde) macht der Antragsgegner geltend, daß die
rekursgerichtliche Entscheidung durch den Akteninhalt nicht gedeckt
sei und auf eine Verweigerung des Rechtes auf den gesetzlichen
Richter hinauslaufe. Ihm sei niemals ein Verbesserungsauftrag erteilt
worden, er habe dementsprechend auch keine Frist zur Verbesserung
versäumen können und wisse im übrigen (auch heute noch) nicht, was
überhaupt zu verbessern gewesen sein sollte. Der
Revisionsrekursantrag geht dahin, die Beschlüsse der Vorinstanzen
ersatzlos aufzuheben und dem Rekursgericht - allenfalls dem
Erstgericht - die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Aufhebungsbegehrens im Ergebnis auch berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß die Zurückweisung eines Schriftsatzes, mit
dem das Gericht in einer im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG
abzuhandelnden Angelegenheit gemäß § 40 Abs 1 MRG angerufen
wurde, kein Sachbeschluß iSd § 37 Abs 3 Z 15 MRG ist, weil
nicht in der Sache selbst entschieden wurde (vgl WoBl 1992, 123/90
ua). Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses gegen die
zweitinstanzliche Bestätigung einer solchen Entscheidung richtet sich
daher allein nach § 528 ZPO (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG). Nach
dessen Absatz 2 könnte das Rechtsmittel - auch wenn das
Rekursgericht nur den ordentlichen Revisionsrekurs für unzulässig
erklärte - sogar jedenfalls unzulässig sein. Es ist zu prüfen, ob
der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt (§ 528
Abs 2 Z 1) und ob eine Rechtsschutzverweigerung aus formellen
Gründen vorliegt, die der Zurückweisung einer Klage gleichzuhalten
ist (§ 528 Abs 2 Z 2).
Um die streitwertabhängige Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs
2 Z 1 ZPO beachten zu können, bedarf es gemäß § 526 Abs 3 ZPO
iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO eines Ausspruches des Rekursgerichtes
über den Wert des Entscheidungsgegenstandes, wenn dieser nicht
ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Letzteres ist in
Angelegenheiten, die gemäß § 37 Abs 1 MRG ins außerstreitige
Verfahren verwiesen sind, die Regel, doch stellt die im
gegenständlichen Fall anzuwendende Kompetenznorm des § 37 Abs 1 Z
14 MRG eine Ausnahme dar. Hier entscheidet der Außerstreitrichter
(seit der Erweiterung seines Zuständigkeitskatalogs durch das 2.WÄG)
über ein Begehren, das schlicht auf Rückzahlung verbotener Leistungen
und Entgelte gerichtet ist (vgl WoBl 1994, 217/59), womit der
Entscheidungsgegenstand selbst in einem Geldbetrag besteht. Ein
allenfalls mit diesem Leistungsbegehren verbundenes
Rechtsgestaltungsbegehren wäre - wie im vergleichbaren Fall eines
Anfechtungsbegehrens, das letztlich auf Rückzahlung des
rechtsgrundlos Geleisteten abzielt (vgl RZ 1989, 119/43; SZ 61/101
ua) - nicht streitwertbestimmend, sodaß der Wert des
Entscheidungsgegenstandes allein durch den begehrten Geldbetrag
vorgegeben ist. Richtig hat daher das Rekursgericht von einem
Bewertungsausspruch abgesehen; ein solcher könnte - weil im Gesetz
nicht vorgesehen - den Obersten Gerichtshof auch gar nicht binden
(vgl MietSlg 40.800).
Die außerdem vorweg zu prüfende Anfechtbarkeit verfahrensrechtlicher
Konformatsbeschlüsse hängt nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO davon ab,
ob eine Klage bzw ein Sachantrag (für den nach der Judikatur gleiches
gilt: EWr III/528 Z/16 ua) ohne Sachentscheidung aus formellen
Gründen zurückgewiesen worden ist. Das scheint bei vordergründiger
Wortinterpretation auf die Zurückweisung einer "Anrufung des
Gerichtes" iSd § 40 Abs 1 und 2 MRG nicht zuzutreffen, doch steht
einer analogen Anwendung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zum Schließen
von Lücken des Rechtsschutzes nichts entgegen, war diese Regelung
doch als wirksamer Rechtsbehelf gegen die Verweigerung gerichtlichen
Rechtsschutzes gedacht, der zwar normalerweise, aber nicht immer mit
Klage in Anspruch genommen wird. Ein Ausnahmefall von der
Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gegen einen bestätigenden
Beschluß des Rekursgerichtes liegt daher immer schon dann vor, wenn
unabhängig von der Bezeichnung des Prozeßschritts Rechtsschutz gleich
einer Klage beansprucht und dieser Antrag aus formellen Gründen
zurückgewiesen wird (vgl EFSlg 73.038). Diese Gleichbehandlung, die
- wie erwähnt - in Ansehung von Sachanträgen nach § 37 Abs 1
MRG bereits praktiziert wird, drängt sich auch im gegenständlichen
Fall auf, da die Anrufung des Gerichtes gemäß § 40 Abs 1 und 2
MRG wie immer in Fällen der sukzessiven Zuständigkeit, die Trennung
von Justiz und Verwaltung respektiert - nichts anderes ist als die
erstmalige und ausschließliche Befassung des Gerichtes mit einem
Sachantrag. Die Entscheidung der Gemeinde tritt außer Kraft (§ 40
Abs 1 Satz 2 MRG); deren Verfahrensergebnisse können vom Gericht
zwar verwertet werden, sind aber nicht per se Teil der gerichtlichen
Rechtsschutzgewährung. Dem Antragsgegner kommt somit, wie das
Rekursgericht durch seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des
"ordentlichen" Revisionsrekurses zum Ausdruck brachte, die
Anfechtungsmöglichkeit des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zugute.
Schließlich ist in den Vorwegbemerkungen zum vorliegenden
Rechtsmittel zu erwähnen, daß das Rechtsmittelverfahren - wie schon
von den Vorinstanzen angenommen - einseitig ist. § 521 a Abs 1 Z
3 ZPO, auf den § 37 Abs 3 Z 16 MRG verweist, sofern nicht die
Sonderbestimmungen für die in Z 18 leg cit erwähnten Beschlüsse
gelten, sieht nämlich eine Beantwortung des Rekurses gegen die
Zurückweisung einer Klage (oder eines Sachantrages) nur dann vor,
wenn die Sache bereits streitanhängig ist. Diese Streitanhängigkeit
wird gemäß § 232 Abs 1 ZPO durch die Zustellung der Klageschrift
an den Beklagten (bzw die Zustellung des Sachantrages [vgl 5 Ob
156/92 ua] oder - wie hier - des Schriftsatzes nach § 40 Abs 1
MRG) begründet, was nach der Aktenlage bisher nicht geschehen ist.
Einer sofortigen Erledigung des vorliegenden Revisionsrekurses steht somit nichts im Weg.
Diese Erledigung hat bei der Frage anzusetzen, ob eine erhebliche
Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend gemacht wurde. Auch in
den Fällen der Zurückweisung eines Rechtsschutzantrages aus formellen
Gründen, für die § 528 Abs 2 Z 2 ZPO eine
Anfechtungsbegünstigung vorsieht, ist nämlich die Anrufung des
Obersten Gerichtshofes nur unter den Voraussetzungen des § 528 Abs
1 ZPO zulässig (WoBl 1994, 151/28; EWr III/528 Z/6; EWr III/528
Z/16 ua). Dabei genügt das Aufzeigen eines Verfahrensfehlers der
zweiten Instanz, dem unter dem Aspekt der Rechtssicherheit erhebliche
Bedeutung zukommt (ÖBl 1987, 102). Das ist etwa dann der Fall, wenn
die Entscheidungsgrundlagen der zweiten Instanz vom Akteninhalt
abweichen, überhaupt keine Entsprechung in den Akten finden oder
durch Erhebungsergebnisse eine entscheidungsrelevante Änderung
erfahren. Hier wird - mit Rückhalt in den Akten - ein solcher
Fehler geltend gemacht, womit die Zulässigkeit und letztlich auch die Berechtigung des Rekurses dargetan ist.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes basiert auf einem Aktenvermerk des Erstrichters vom 15.2.1994 (ON 17, AS 43), in dem dieser seine vermeintliche Erinnerung festhielt, die Anrufung des Gerichtes durch den Antragsgegner sei mittels Fernkopie (Fax) erfolgt, was den Erstrichter veranlaßt habe, dem Antragsgegnervertreter das Original der Eingabe mit dem Auftrag zurückzustellen, sie binnen 14 Tagen durch Unterfertigung zu verbessern. Grund der Zurückweisung des Schriftsatzes vom 15.10.1992 sei somit - zu Recht - die Nichtbefolgung dieses Verbesserungsauftrages gewesen. Tatsächlich wurde die Eingabe vom 15.10.1992, wie sich jetzt durch eine (nachträglich aufgetauchte) Fotokopie dieses Schriftsatzes belegen läßt, dem Gericht nicht im Wege der Telekopie, sondern normal im Postweg überreicht. Da diese Eingabe offensichtlich vom Antragsgegnervertreter unterschrieben war und im handschriftlichen Verbesserungsauftrag des Erstrichters auf § 40 Abs 3 MRG hingewiesen wurde, scheint auch nicht die fehlende Unterfertigung, sondern die Nichtvorlage der Entscheidung der Schlichtungsstelle der Grund für den Verbesserungsauftrag gewesen zu sein. Auch für die von beiden Vorinstanzen unterstellte Befristung des Verbesserungsauftrages findet sich kein Anhaltspunkt in den Akten. Die Verweigerung der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens über das Rückzahlungsbegehren des Antragstellers ist somit aus Gründen erfolgt, die in entscheidenden Punkten dem Akteninhalt widersprechen oder durch ihn - entgegen der Annahme des Rekursgerichtes - nicht gedeckt sind. Dies ist dem Rekursgericht zwar nicht vorwerfbar (bei der jetzt im Akt befindlichen Fotokopie der Eingabe vom 15.10.1992 dürfte es sich um das vom Erstrichter erst am 20.9.1994 hergestellte Stück handeln, siehe ON 28); es läßt sich jedoch nicht übersehen, daß ein wesentlicher Teil der gerügten Begründungsmängel tatsächlich vorliegt. Das Rekursgericht wird an Hand des nunmehr vervollständigten Aktes erneut zu entscheiden haben, ob die Eingabe des Antragsgegners vom 15.10.1992 verbesserungsbedürftig war, ob dem Antragsgegner ein Verbesserungsauftrag erteilt (und auch zugestellt) wurde (siehe den Rückschein vom 29.10.1992 sowie den AV vom 20.9.1994, ON 28), welchen Inhalt dieser Verbesserungsauftrag hatte und ob der Antragsgegner mit der Erfüllung dieses Verbesserungsauftrages säumig geworden ist (vgl die ON 1 und 4 dokumentierten die Bemühungen des Erstrichters bzw seiner Geschäftsabteilung, in den Besitz einer verbesserten Ausfertigung der Eingabe vom 15.10.1992 zu gelangen).
Es war daher, um dem Antragsgegner nicht den Rechtszug abzuschneiden, wie im Spruch zu entscheiden.
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