OGH 8ObA208/95(8ObA209/95)

OGH8ObA208/95(8ObA209/95)20.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely und Dipl.Ing.Raimund Tschulik als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Annelore G*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Konrad Ferner und Dr.Walter Wienerroither, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei ***** Allgemeine Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Tögl und Dr.Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung und Kündigungsanfechtung, infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.Oktober 1994, GZ 7 Ra 49/94-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.Februar 1994, GZ 22 Cga 158/93g-12, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.058,88 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 676,48 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Klägerin hat weder in der Berufungsbeantwortung noch in der Revision die von ihr bekämpften nachteiligen Feststellungen des Erstgerichtes bestimmt bezeichnet, sondern sich lediglich gegen den vom Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gezogenen Schluß gewendet, die Klägerin habe die Außendienstmitarbeiter der beklagten Partei gegeneinander ausgespielt. Was die von der Revisionswerberin vermißten ergänzenden Feststellungen betrifft ist sie darauf zu verweisen, daß sie - obwohl anwaltlich vertreten - ein entsprechendes Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht erstattet hat.

Auch die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das Berufungsgericht hat aus den von ihm übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes über das unkollegiale Verhalten der Klägerin gegenüber einem Außendienstmitarbeiter lediglich den logischen Schluß gezogen, daß die Klägerin damit ein gespanntes Betriebsklima geschaffen habe; ebenso zog das Berufungsgericht aus dem im einzelnen festgestellten Verhalten der leitenden Angestellten der beklagten Partei den Schluß, daß die beklagte Partei der Klägerin nach der Aussprache vom 19.Mai 1993 eindeutig zu erkennen gegeben habe, daß sie sich von ihr trennen wolle. Eine Aktenwidrigkeit liegt jedoch nicht vor, wenn eine Feststellung durch Schlußfolgerungen gewonnen wurde (siehe 3 Ob 532/79; 1 Ob 564/94 ua; Kodek in Rechberger Komm ZPO § 503 Rz 4).

Was die rechtliche Beurteilung betrifft genügt es, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Die beklagte Partei hat vorgebracht, daß Gründe in der Person der Klägerin vorlägen, die die Kündigung rechtfertigten. Die ursprünglich für den Innendienst aufgenommene Klägerin habe infolge des im Bereich der Akquisition bestehenden Personalmangels auch Versicherungsverträge vermitteln können. Als es der beklagten Partei gelungen sei, Außendienstmitarbeiter zu gewinnen, habe die Klägerin darin eine Gefahr für ihr Zusatzeinkommen gesehen und versucht, diese hinauszuekeln. Sie habe die Außendienstmitarbeiter bei der Zentrale und diversen Kunden verleumdet. Die Klägerin hat sich mit einer Bestreitung dieses Vorbringens begnügt und ungeachtet ihrer Beweislast für die für den Untergang des Kündigungsrechtes maßgeblichen Umstände (siehe Floretta in Floretta/Strasser Komm ArbVG 645; vgl Kuderna Entlassungsrecht2 50) im Verfahren erster Instanz weder vorgebracht, ihr Verhalten sei ihr von ihrem Vorgesetzten verziehen worden, noch auch, die Kündigung sei verspätet erfolgt. Mit dem Vorbringen, ihr Vorgesetzter Gerald St***** - nach der von der Klägerin verfaßten und vorgelegten Sachverhaltsdarstellung Beilage H, in der von "meinem Personalchef Herrn S*****" die Rede ist, war allerdings nicht Gerald St*****, sondern Direktor Franz S***** ihr Vorgesetzter - habe ihr ihr Verhalten verziehen, nach dieser Verzeihung habe sie kein derartiges Verhalten mehr gesetzt, macht die Klägerin daher unzulässige und damit unbeachtliche Neuerungen geltend.

Soweit die Revisionswerberin vermeint, das von den Vorinstanzen festgestellte Fehlverhalten der Klägerin, das sich dahin zusammenfassen läßt, daß sie die Außendienstmitarbeiter gegeneinander aufbrachte und dadurch - wie das Berufungsgericht zu Recht folgerte - ein gespanntes Betriebsklima herbeiführte, rechtfertige nicht die Kündigung, ist ihr zu erwidern, daß das erhebliche schuldhafte Fehlverhalten der Klägerin die betrieblichen Interessen der beklagten Partei jedenfalls soweit nachteilig berührte, daß sie das wesentliche Interesse der Klägerin an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses überwogen (vgl SZ 63/198; DRdA 1994/29 [Eypeltauer]).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 58 Abs 1 Satz 1 ASGG iVm §§ 41, 50 ZPO. Hiebei war mangels rechtzeitiger Bewertung durch die Klägerin gemäß § 56 Abs 2 letzter Satz JN von einem Streitwert des Kündigungsanfechtungsbegehrens von 30.000 S auszugehen; die subsidiäre Vorschrift des § 14 RATG kommt nicht zum Tragen, da der Streitwert nach den gemäß § 4 RATG anzuwendenden §§ 54 bis 59 JN bestimmt werden kann.

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